Sommerpause. Zumindest für die F1 und ihre unmittelbaren Support- und Nachwuchsserien. Was beim letzten Rennwochenende von Formel 2, Formel 3 und W Series passiert in Ungarn ist schauen wir uns gleich an, ebenso wie die FRECA in Spa. An dieser Stelle sei aber schon einmal auf das (dünne) Programm des nächsten Wochenende hingewiesen: die ADAC Formel 4 startet auf dem Nürburgring-Sprint-Kurs und die Indy Lights gehen auf dem Straßenkurs von Nashville an den Start. Auf beide Serien und den Ausgang dieser Events werden wir im Laufe des Augusts noch einen Blick werfen. Nun aber erstmal zum Geschehen des vergangenen Wochenendes.
Formel 2
Ein paar Pünktchen hat Theo Pourchaire mit seinem ersten Rennsieg seit Imola auf Felipe Drugovich aufholen können und kann nun mit einem etwas besseren Gefühl in die Sommerpause gehen: 21 Zähler beträgt die Differenz zwischen den beiden jetzt noch. Gleichzeitig konnte der Franzose seinen Vorsprung auf den zuletzt heranstürmenden Logan Sargeant ausbauen, der ein schwarzes Wochenende erwischte.
Beim Start zum Sprintrennen hatte Drugovich noch Glück: er war im Getümmel in Kurve 1 auf der Innenbahn einer 3-wide-Situation, schob Logan Sargeant in Dennis Hauger und damit beide ins Aus. Und auch Pourchaire musste wegen dieses Crashes eine weite Linie außen herum fahren und verlor eine Menge Plätze. Absicht war das nicht von Drugovich, auch kein strafwürdiges Vergehen, insofern hat er einfach Glück gehabt, dass sein Auto beim Kontakt mit Sargeant ganz blieb und sein erster Verfolger den Kürzeren zog. Jack Doohan sicherte sich in der ersten Runde Platz 1 und gab den auch bis zum Rennende nicht mehr ab, eine weitere starke Performance vom Australier aus der Alpine Academy.
Das Hauptrennen startete Le Castellet-Debütsieger Ayumu Iwasa nach starker Quali von der Pole, doch schon nach wenigen Metern war Marcus Armstrong an ihm vorbei. Doch von hinten stürmte bereits Theo Pourchaire heran, bereits vor Kurve 2 war auch er an Iwasa vorbei. Drugovich verbremste sich derweil noch einmal in Kurve 1, verschonte diesmal aber seine Konkurrenten. Er stoppte in Runde 8 von Platz 4 aus als einer der ersten, um auf die Medium-Reifen zu wechseln, was sich in diesem Rennen nicht als gute Entscheidung erweisen sollte, auch wenn der Brasilianer schonend mit den Reifen umgehen kann.
Kurz darauf eroberte Pourchaire in der Box die Führung: sein ART-Team fertigte ihn etwas schneller ab als den zeitgleich stoppenden Leader Marcus Armstrong, der von seinem Hitech-Team (richtigerweise) gehalten wurde, um einen Unsafe Release gegenüber Pourchaire und Iwasa zu vermeiden. Schade für den Neuseeländer, aber das war eine gute und saubere Entscheidung vom Team. Mit einem späteren Stopp brachte sich auch der an diesem Wochenende sehr starke Enzo Fittipaldi in den Kampf um den Sieg ein, konnte sich auf kalten Reifen aber nicht gegen Pourchaire wehren.
Einige Piloten waren auf der Alternate Strategy (Start mit den weichen, später Wechsel auf härtere Reifen) unterwegs, zuvorderst der zwischenzeitlich führende Frederik Vesti. Die hat in Budapest schonmal funktioniert, aber diesmal sollte es nicht für einen Podiumsplatz reichen. Vesti fand sich im Kampf gegen Drugovich um Platz 5 wieder, aber weiter nach vorn als bis auf P4 sollte es für den Dänen nicht mehr gehen. Drugovich dagegen hatte bereits zu viel Reifenperformance verloren und fiel in den letzten Runden noch auf Rang 9 zurück. Pourchaire siegte vor Enzo Fittipaldi und Ayumu Iwasa.
Mit seinen zwei Podiumsplätzen taucht nun plötzlich Enzo Fittipaldi in den Top 5 der Meisterschaftswertung auf. Er zieht unter anderem an Jehan Daruvala vorbei, der ein punkteloses Wochenende erlebte, ebenso wie sein Teamkollege Hauger. Prema liegt dieses Jahr damit nur auf Platz 5 der Teamwertung. Stattdessen hat ART mal wieder ein starkes Jahr mit zwei guten Autos, was ihnen seit vielen Jahren nicht gelungen ist. Carlin und MP Motorsport streiten sich um Platz 2 dieser Wertung, dahinter liegt Hitech mit Jüri Vips, der im Budapest-Sprint sein erstes Podium seit Monaco erreichen konnte.
Weiter geht es Ende August in Spa. Ein Fahrer ist dann nicht am Start: Alpine-Junior Olli Caldwell hat sich über eine zu große Zahl kleinerer Vergehen einen Race Ban eingehandelt. Nachfolgend einmal die Top Ten der Meisterschaftswertung, da es zwischen den Plätzen 4 und 10 so eng ist, dass sich hier mit jedem Wochenende wieder Verschiebungen ergeben können.
Stand:
- Felipe Drugovich (MP Motorsport) – 180 Punkte
- Theo Pourchaire (ART, Sauber Academy) – 159 Punkte
- Logan Sargeant (Carlin, Williams Academy) – 119 Punkte
- Enzo Fittipaldi (Charouz) – 100 Punkte
- Jehan Daruvala (Prema, Red Bull Junior Team) – 94 Punkte
- Frederik Vesti (ART, Mercedes AMG Junior Team) – 91 Punkte
- Ayumu Iwasa (DAMS, Red Bull Junior Team) – 90 Punkte
- Liam Lawson (Carlin, Red Bull Junior Team) – 88 Punkte
- Jack Doohan (Virtuosi, Alpine Academy) – 88 Punkte
- Jüri Vips (Hitech, Red Bull Junior Team) – 85 Punkte
Nächstes Rennwochenende: Spa-Francorchamps (F1), 26.-28. August
Formel 3
Die Formel 3 erlebte in Budapest zwei turbulente Rennen auf nasser Strecke, sodass wir am Ende mal andere Gesichter auf dem Podium zu sehen bekamen. Schon am Start des Sprints gab es ein neues Gesicht an der Spitze: Oliver Goethe konnte sich bei seinem F3-Debüt direkt die Reverse Grid-Pole sichern (P12 in der Quali ist für einen Neueinsteiger hoch zu bewerten!), aber halten konnte er die Top-Position nicht lange. Immerhin ein Achter Platz sprang für den aktuell Führenden der Euroformula Open heraus, der den verletzten Hunter Yeany vertrat. Auch der Zweitplatzierte dieser Serie, Christian Mansell, war erstmalig in der F3 am Start; er konnte sich als fünfter Pilot in diesem Jahr in das Charouz-Cockpit mit der #15 setzen, blieb aber mit den Plätze 22 und 23 (jeweils von Startplatz 24 aus) im Vergleich zu Goethe blass.
Den Sprint gewann Alpine-Junior Caio Collet vor Franco Colapinto, der eine wechselhafte Saison erlebt, aber es immerhin schon zum dritten Mal aufs Treppchen schaffte. Dritter wurde Kush Maini, für ihn war es das erste Podium. Alle drei sind Rookies, ihre starke Performance unter schwierigen Bedingungen ist daher umso bemerkenswerter. Etwa bis zur Rennmitte konnte Colapinto die Spitze verteidigen, dann ging Collet, der eindeutig schneller konnte, in Turn 2 an ihm vorbei.
MP Motorsport hatte anscheinend ein gutes Setup für die Strecke und die Bedingungen erwischt, denn neben Collet fährt auch Maini für das niederländische Team. Der Inder konnte zwei Runden vor Schluss an Isack Hadjar für P3 vorbeigehen, als der Red Bull-Junior in Kurve 2 weiter herausrutschte; er fiel zunächst auf P6 zurück, sollte aber am Ende Vierter werden. Denn für einen Aufreger sorgte in der letzten Runde noch Arthur Leclerc, der sich selber im Kampf um den Titel eine Wunde zufügte: in Kurve 12 versuchte der Monegasse, im Kampf um Platz 4 mit einem sehr optimistischen Manöver an seinem Teamkollegen Jak Crawford vorbeizugehen, was nur schiefgehen konnte. Crawford drehte sich und verlor sofort viele Plätze, Leclerc eine Kurve später, als er ohne Grip gleich nochmal rausrutschte.
Für diese Aktion wurde Arthur Leclerc eine Strafversetzung um fünf Startplätze für das Hauptrennen aufgebrummt, intern bei Prema dürfte es auch etwas Stress gegeben haben. Immerhin war das Hauptrennen für das italienische Team mit einem Podium für Ollie Bearman noch einigermaßen versöhnlich. In einem Foto Finish hätte sich der Brite beim Beschleunigen aus der letzten Kurve heraus fast noch P2 von Zane Maloney geholt. Doch der Trident-Pilot aus Barbados konnte den Platz knapp behaupten; so oder so war es sein erstes Podium in seiner Rookie-F3-Saison.
Den Sieg holte aber auch im Hauptrennen wieder ein MP-Fahrer, nämlich Victor Smolyar. Der Russe, der bereits seine dritte F3-Saison bestreitet, hatte bisher eine ordentliche Saison mit wenigen Highlights. Hier lieferte er unter schwierigen Bedingungen eine blitzsaubere Performance ab, münzte seine Pole Position ungefährdet in 25 Punkte um.
Aber hätte das Rennen nur eine Runde länger gedauert, wäre es eng geworden. Denn in Runde 19 von 24 kamen einige Piloten auf abtrocknender Strecke in die Box, um sich Slicks zu holen. Die bestplatzierten von diesen waren Juan Manuel Correa und Silverstone-Sprintsieger Zak O’Sullivan. Und die beiden fuhren dann – unbeobachtet von den Kameras – Kreise um die Konkurrenz. Zunächst fünf, später dann zehn Sekunden schneller pro Runde waren sie auf frischen Slicks als die Konkurrenz auf abgenudelten Regenreifen, die schon lange nicht mehr genug Wasser gesehen hatten.
O‘Sullivan hatte auf den Slicks zwischenzeitlich Correa überholt; zu Beginn der vorletzten Runde lagen die beiden noch auf den Plätzen 11 und 12, eine Runde später auf 7 und 9. Am Ende kam O‘Sullivan nur wenige Meter hinter dem Foto-Finish-Duo Maloney/Bearman ins Ziel. Eine Kurven mehr, und es wäre ein Podium gewesen – eine Runde mehr, und er hätte auf seinen Slicks noch gewonnen. Auch wenn der Stopp also vielleicht eine Runde zu spät kam, unterstrich Williams-Junior Zak O’Sullivan damit nochmal sein Talent.
Die Top-Piloten der Gesamtwertung hatten allesamt nicht ihr bestes Wochenende, wobei das bei Crawford vor allem durch den Leclerc-Abschuss bedingt war. Hadjar hatte im Hauptrennen einen schlechten Start und schaffte es nicht wieder zurück in die Punkte. Auch für die F3 geht es Ende August in Spa weiter, hier der Blick auf die Top Ten.
Stand:
- Isack Hadjar (Hitech, Red Bull Junior Team) – 104 Punkte
- Victor Martins (ART, Alpine Academy) – 104 Punkte
- Arthur Leclerc (Prema, Ferrari Driver Academy) – 95 Punkte
- Jak Crawford (Prema, Red Bull Junior Team) – 80 Punkte
- Oliver Bearman (Prema, Ferrari Driver Academy) – 80 Punkte
Nächstes Rennwochenende: Spa-Francorchamps (F1), 26.-28. August
W Series
Jamie Chadwicks perfekte Bilanz ist dahin, zum ersten Mal in der Saison wurde sie nur Zweite. Den Sieg am Hungaroring holte die von Pole gestartete Alice Powell. Die Position konnte sie auf feuchter Strecke bei einem fliegenden Start nach Beginn hinter dem Safety Car ohne Probleme gegen Beitske Visser verteidigen. Jamie Chadwick hing nur von P5 ins Rennen; einen Platz holte sie sich in der Startphase, den nächsten eine Runde später gegen Marta Garcia. Dann dauerte es etwas, bis sie Visser knacken konnte. Doch gegen Alice Powell, die Vizemeisterin des Vorjahres, konnte sie in der verbleibenden knappen Viertelstunde nichts mehr ausrichten.
Powell stürmt damit auf Platz 2 der Meisterschaftswertung nach vorn, punktgleich mit Beitske Visser und knapp vor Abby Pulling. Der enge Kampf um Platz 2 wird in den verbleibenden vier Rennen spannend zu beobachten sein. Das nächste Rennen ist allerdings erst Anfang Oktober in Singapur, bevor die Saison dann in Austin und mit einem Doubleheader in Mexico City abgeschlossen wird.
Stand:
- Jamie Chadwick (Williams Academy) – 143 Punkte
- Alice Powell – 68 Punkte
- Beiske Visser – 68 Punkte
- Abbi Pulling (Alpine Academy Affiliate) – 65 Punkte
- Belén García – 46 Punkte
Nächstes Rennwochenende: Singapur (F1), 01.-02. Oktober
Formula Regional European Championship by Alpine
Dino Beganovic ist zurück. Seit der Disqualifikation in Le Castellet hatte er nur einmal auf dem Podium stehen können, vor allem zuletzt in Budapest lief es gar nicht gut. Aber für Rennen 1 in Spa holte der Schwede doe Pole und konnte sie auch in einen Sieg umsetzen. Gabriele Mini sah lange wie der sichere Zweite aus, was seinen Aufwärtstrend in der Meisterschaftswertung bestätigt hätte, doch dann rollte er kurz vor Rennende am Ende der Kemmel-Geraden mit Defekt aus. Als ein Dreher kurz darauf die rote Flagge herausbrachte und das Rennen vorzeitig beendete, schien es kurz, als könne Mini seinen zweiten Platz doch behalten, da bei Abbruch eine Runde zurückgerechnet wird. Doch ein irregulär fehlendes Teil in der Getriebe-Ölpumpe sorgte für seine Disqualifikation, sodass der Italiener am Freitag letztlich doch punktelos blieb.
Stattdessen konnten Sami Meguetonif und Eduardo Barrichello Überraschungs-Podien feiern; beide schafften es im Rennen an Paul Aron vorbei, der zwar gute3 Qualifying-Pace hatte, aber im Rennen zurückfiel: im ersten Rennen von P3 auf P4 (P5 wäre es ohne die Mini-Disqualifikation gewesen), im zweiten Lauf dann von Pole aus wiederum auf P4. Irgendwo hakt es beim Esten in den Rennen, wenn er nicht (wie in Mugello 2021 oder Zandvoort vor einigen Wochen) ein absolut dominantes Auto hat.
Der Sieg im zweiten Lauf am Samstag ging an Gabriel Bortoleto, es ist sein erstes in anderthalb Jahren FRECA. Er arbeitete sich im Rennen unter anderem an Aron und Beganovic vorbei. Hadrien David konnte er nicht mehr schnappen, auch weil das Rennen hinter dem Safety Car zu Ende ging. Doch ein Vergehen in der ersten Safety Car-Phase kurz nach dem Start kostete David den Sieg: da hatte er nämlich Paul Aron auf der Kemmel-Geraden überholt, als wegen eines Startunfalls bereits seit einigen Sekunden die Gelbphase ausgerufen war.
Das Team fragte bei der Rennleitung wegen des Zeitpunktes nach und ob der Platz zurückgegeben werden müsse, die Rennleitung verneinte dies zu dem Zeitpunkt laut offizieller Dokumentation, startete dann aber doch nochmal eine Untersuchung der Safety Car-Phase. Am Ende dieses unschönen Vorgangs steht eine Rückversetzung Davids um einen Platz, was man wohl als „Kompromiss“ verstehen muss: eine 5 Sekunden-Strafe hätten ihn wegen des Endes unter Gelb weit zurückgeworfen und eigentlich war es weder der Fehler des Piloten noch des Teams. Nunja…
Ein gutes Wochenende erlebte in Spa der deutsche Rookie Tim Tramnitz mit den Plätze 8 und 7. Letzteres reichte im zweiten Rennen, um als bester Neuling auf den Podium zu stehen. Ein schwaches und vor allem punkteloses Wochenende erwischte der bisherige Top-Rookie Sebastian Montoya, der in dieser Wertung hinter Leonardo Fornaroli zurückfiel. Tramnitz liegt hinter den beiden auf P3. In der Gesamtwertung spielen diese drei keine große Rolle; der Umstieg aus der F4 auf die schwereren Tatuus-Boliden der FRECA fällt vielen Rookies schwer. Hinzu kommt, dass es im Vergleich zur F3 (mit vergleichbarem Fahrzeuggewicht) ohne DRS und Reverse Grids weniger Chance gibt, bei schwächerer Quali-Performance trotzdem noch zu glänzen.
Stand:
- Dino Beganovic (Prema, Ferrari Driver Academy) – 220 Punkte
- Gabriele Mini (ART Grand Prix) – 179 Punkte
- Paul Aron (Prema, Mercedes Junior Team) – 176 Punkte
- Hadrien David (R-ace GP, Alpine Academy Affiliate) – 147 Punkte
- Kas Haverkort (Van Amersfoort) – 128 Punkte
- Gabriel Bortoleto (R-ace GP) – 117 Punkte
Nächstes Rennwochenende: Red Bull-Ring (International GT Open), 09.-11. September
Beitragsbild: Theo Pourchaire (Quelle: Sauber F1)