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BTCC: Knockhill 2022 – Sutton sprengt BMW-Show

von Sebastian Focks
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Die BMWs von West Surrey Racing und Cicely Motorsport gaben bei den BTCC-Läufen im schottischen Knockhill klar den Ton an und beinahe hätte man einen Markenpokal auf den vorderen Positionen erwarten können, wäre da nicht Ford-Pilot Ash Sutton gewesen, der in der Lage war, das Tempo der 330e mitzugehen und sich neben Jake Hill und George Gamble einen der drei Tagessiege holte.

Wie gut die heckgetriebenen BMWs auf dem Knockhill Racing Circuit gingen, verdeutlichte bereits die Qualifikation, nach der sich alle fünf von WSR/MB Motorsport und Cicely eingesetzten Autos unter den ersten sechs Positionen wiederfanden. Nur Ash Sutton im Motorbase-Ford gelang es diese Phalanx zu durchbrechen und sich direkt neben Pole-Sitter Jake Hill in die erste Startreihe zu setzen. Dahinter folgten mit Colin Turkington, Adam Morgan, Stephen Jelley und George Gamble die weiteren BMWs, bevor mit Lokalmatador Rory Butcher im Toyota und dem als Meisterschaftsführenden nach Knockhill gereisten Tom Ingram im Hyundai auf den Plätzen sieben und acht erst die nächsten Fronttriebler folgten.

Der erste Lauf entwickelte sich dann vom Start weg an der Spitze zu einem genialen Duell zwischen Jake Hill und Ash Sutton. Bereits in der ersten Runde witterte Sutton seine Chance und setzte in der Hairpin eine Attacke auf den zu Rennbeginn BMW-typisch mit kalten Reifen kämpfenden Hill. Seite an Seite fuhren beide anschließend über Start-Ziel, bevor Sutton in einem tollen Manöver die Führung in Turn 1 übernehmen konnte.

Mit zunehmend wärmer werdenden Reifen versuchte Hill anschließend den Spieß umzudrehen und Sutton die Führung wieder abzunehmen. Eine erste Attacke zu Beginn der fünften Runde vereitelte Sutton eiskalt, indem er in der ersten Kurve rigoros die Türe zuschmiss. Drei weitere Runden hing der an der Front schon leicht verformte BMW von Hill unmittelbar im Heck des in allen Kurven quer stehenden Fords von Sutton, bevor Hill auf Start-Ziel vorbeigehen konnte, was Sutton aber nur zwei Kurven später wieder konterte.

Letzten Endes konnte Sutton gegen die Überlegenheit des heckgetriebenen BMWs mit durch die aggressive Fahrweise zunehmend abbauenden Reifen aber nichts mehr ausrichten und zu Beginn der zehnten Runde ging Hill schließlich endgültig vorbei und fuhr einen relativ sicheren Sieg mit drei Sekunden Vorsprung heraus. Sutton schaffte es derweil immerhin, den zweiten Platz gegenüber dem deutlich vorsichtiger als Hill agierenden Colin Turkington zu verteidigen, der sich mit Blick auf die Meisterschaft mit den Punkten für den dritten Platz begnügte.

Hinter den Podiumsplätzen sahen die BMWs von Stephen Jelley und George Gamble die Zielflagge vor Tom Ingram und Gordon Shedden, der sich nach einer eher mittelmäßigen Qualifikation auf seiner Heim-und-Hof-Strecke vom 13. Startplatz immerhin bis auf den siebten Platz nach vorne arbeiten konnte. Sheddens Schwager und zugleich Sohn vom Besitzer des Knockhill Circuits, Rory Butcher, sowie Dan Cammish und Ricky Collard komplettierten die Top Ten vor Tom Chilton, Bobby Thompson, Aiden Moffatt, Adam Morgan und Josh Cook. BMW-Pilot Morgan, ursprünglich auf Startplatz vier, musste das Rennen wegen eines kurz vor dem Start auftretenden technischen Defekts aus der Boxengasse starten und schaffte es trotzdem, fast das halbe Feld zu überholen und in den Punkten zu landen.

Im zweiten Lauf setze sich der Fight zwischen Ash Sutton und Jake Hill mit dem dahinter lauernden Colin Turkington nahtlos fort. Hill gelang es dieses Mal die Führung zunächst zu behalten und sich trotz kalter Reifen in den ersten Runden auch ein wenig abzusetzen. In der fünften Runde nahm Hill dann aber die legendäre Schikane vor der kurzen Gegengeraden ein wenig zu optimistisch und geriet am Ausgang quer stehend über den Randstein hinaus auf den Kies. Sutton ließ sich nicht zwei Mal bitten und übernahm recht mühelos vor Clarks Curve die Führung, die er anschließend sogar auf eine gute halbe Sekunde ausbauen konnte. Ein Setup-Wechsel zwischen Lauf eins und zwei hatte sich bezahlt gemacht und den Reifenabbau und damit auch das zuvor früh im Rennen einsetzende Übersteuern reduziert.

Aber trotz des insgesamt besser liegenden Autos, bekam Sutton spätestens ab der 17. Runde doch wieder mehr Probleme mit den Reifen und Hill war mit Teamkollege Turkington im Schlepptau schlagartig direkt am Heck des führenden Fords. Hill war klar schneller und es schien, als würde sich das Ergebnis des ersten Laufs auf den vorderen Plätzen wiederholen. In der Runde 18 geriet Hill jedoch plötzlich ein weiteres Mal ausgangs der Schikane zu weit nach außen in den Kies, was es dieses Mal Colin Turkington erlaubte, am schwarzen BMW vorbeizuziehen und Platz zwei zu erobern.

Hill bemühte sich zwar sogleich, die an den Teamkollegen verlorene Position wieder gut zu machen, aber die beiden nun mit sich selbst beschäftigten BMWs erlaubten es zugleich Sutton, sich an der Spitze wieder etwas mehr Luft zu verschaffen und damit auch schonender mit seinen Reifen umzugehen. Letzten Endes setze Hill Turkington dermaßen unter Druck, dass diesem in Turn 1 seinerseits einer seiner seltenen Fehler unterlief und Hill wieder den zweiten Platz übernehmen konnte. Kurz darauf war Hill dann auch wieder an Sutton dran, der erneut versuchte, seinen Ford so breit wie nur möglich zu machen, um den BMW hinter sich zu halten.

Letzten Endes gelang es Sutton tatsächlich, die Führung trotz einer letzten Attacke inklusive Berührung auf den letzten Metern über die Ziellinie zu bringen und seinen hochverdienten ersten Saisonsieg 2022 einzufahren, der zugleich sein erster in Diensten von Motorbase Performance ist. Die geschlagenen BMWs von Hill und Turkington belegten die Plätze zwei und drei vor Tom Ingram, Gordon Shedden und Rory Butcher, denen es in nicht minder sehenswerten Kämpfen gelungen war, an den beiden BMWs von George Gamble und Stephen Jelley vorbeizugehen, die in diesem Lauf „nur“ die Plätze sieben und acht belegten. Dan Cammish und Tom Chilton komplettierten dahinter die Top Ten vor Ricky Collard, Aiden Moffat, Josh Cook, Dexter Patterson und Dan Rowbottom.

Die schottische Tourenwagen-Legende John Cleland zog dann Rookie George Gamble auf die Pole Position für den dritten Lauf. Rory Butcher, neben Gamble aus der ersten Startreihe startend, probierte in den ersten Runden des dritten Laufs zwar, den Cicely-BMW-Piloten unter Druck zu setzen, solange dessen Reifen noch nicht auf Temperatur waren – die Hoffnung auf einen Heimsieg war jedoch gering und schnell war klar, dass Gamble den BMW-Vorteil voll ausspielen konnte und sich bereits nach wenigen Runden von Butcher absetzte.

Auf den Plätzen dahinter war es kurz nach dem Start im vorderen Mittelfeld turbulent geworden und unter den größten Leidtragenden waren Tom Ingram, der nach einer Fahrt durch das Kiesbett bis ans Ende des Feldes zurückfiel, und Dan Cammish, der direkt mit gebrochener Radaufhängung ausfiel. Durch das Durcheinander wurden ausgerechnet die drei Hauptprotagonisten der ersten beiden Läufe, Colin Turkington, Jake Hill und Ash Sutton, auf die Plätze drei bis fünf hinter das Spitzen-Duo Gamble und Butcher gespült. Und sogleich entbrannte zwischen Hill und Sutton ein drittes Mal an diesem Tag ein erbitterter Kampf, in dessen Folge Hill ein weiteres Mal ausgangs der Schikane ins Kies geriet und Sutton dadurch vorbeiziehen konnte. Hill korrigierte den Patzer dieses Mal aber umgehend und ging bereits zum Ende derselben Runde auf der Start-Ziel-Geraden wieder an Sutton vorbei.

In den nächsten Runden setze sich das BMW-Duo dann sukzessive von Sutton ab und machte Jagd auf den zweitplatzierten Rory Butcher. Nachdem der gewohnt eher defensiv agierende Turkington keinen Weg am Toyota-Piloten vorbei fand, ließ er seinem Teamkollegen Hill kampflos den Vortritt, der den Druck auf Butcher sogleich erhöhte und schließlich drei Runden vor Rennende vorbeigehen konnte. Das rundenlange Festhängen der BMWs hinter dem Toyota reichte gleichzeitig Ash Sutton, um wieder aufzuschließen, und der nun seinerseits versuchte, den weiterhin an der Heck-Stoßstange von Butcher klebenden Turkington zu attackieren.

Letzten Endes sollte sich auf den vorderen Positionen aber nichts mehr ändern. An der Spitze holte sich George Gamble mit mehreren Sekunden Vorsprung seinen ersten BTCC-Sieg vor Jake Hill und Rory Butcher, der es bei seinem Heimspiel somit immerhin aufs Podium schaffte. Colin Turkington und Ash Sutton belegten die Plätze vier und fünf vor Gordon Shedden, Stehen Jelley und Josh Cook, der in diesem Lauf als eigentlicher Mitfavorit auf den Titel mit Platz acht sein bestes Resultat an diesem Wochenende einfuhr. Generell taten sich sowohl die Werks-Hondas von Team Dynamics als auch die privat eingesetzten Hondas von BTC Racing schwer in Knockhill. Für Cook ist das nun jedoch schon das zweite schwache Wochenende in Folge nach einer ebenfalls eher mittelmäßigen Vorstellung in Croft, wodurch er in der Meisterschaft unweigerlich weiter zurückfällt. Tom Chilton, mit seinem dritten Top Ten-Resultat an diesem Tag ein wenig unter dem Radar unterwegs, Aiden Moffat, Adam Morgan, Tom Ingram, Dan Rowbottom, Ricky Collard und Árón Taylor-Smith komplettierten die weiteren Punkte-Plätze.

Angesichts des Zwischenfalls in der ersten Runde war der zwölfte Platz für Ingram die maximal mögliche Schadensbegrenzung, um in Sachen Meisterschaft nicht zu weit zurückzufallen. Und ohne die Kollision und ihre Folgen wäre mit Sicherheit auch ein Resultat in den Top 5 möglich gewesen, womit Ingram weiterhin die Meisterschaft angeführt hätte. So aber ist der Hyundai-Pilot auf den zweiten Platz mit fünf Punkten Rückstand zurückgefallen. Die Tabellenspitze übernimmt aber ein wenig überraschend weder Ash Sutton noch Jake Hill, der mit einem Sieg und zwei zweiten Plätzen die größte Punkteausbeute aus Knockhill mitnimmt, sondern Mr. Konstanz Colin Turkington, dessen defensive Fahrweise mit dem Ziel, kontinuierlich sichere Punkte einzufahren, sich einmal mehr auszahlt.

Hinter Turkington und Ingram liegt Sutton mit sechs Punkten Rückstand auf Meisterschaftsplatz drei, gefolgt von Hill mit 14 Punkten Rückstand und Cook mit 23. Die Lücke zu den dahinter folgenden Rory Butcher, Gordon Shedden, Dan Lloyd (der nach seiner eindrucksvollen Vorstellung in Croft ein katastrophales Wochenende erlebte und keinen einzigen Punkt aus Knockhill mitnehmen kann), Adam Morgan und Co. ist mittlerweile so groß, dass man davon ausgehen kann, dass der Titel in diesem Jahr unter den fünf erst genannten Fahrern ausgemacht werden wird. Der gesamte Meisterschaftsstand einschließlich Team-, Hersteller- und Independentwertung sowie die einzelnen Resultate der drei Läufe aus Knockhill können, wie gewohnt, auf der Website von TSL Timing noch einmal genau studiert werden.

Für die BTCC geht es bereits am kommenden Wochenende weiter, denn dann stehen in Snetterton die Saisonläufe 19, 20 und 21 auf dem Programm. Der recht ebene und vergleichsweise lange Kurs in Norfolk ist ein starker Kontrast zur kurzen Achterbahn-Strecke in Knockhill. Mit dem Sieg im dritten Lauf holte Tom Ingram hier im Vorjahr den ersten BTCC-Sieg überhaupt für Hyundai und in den beiden Läufen davor waren mit Colin Turkington und Ash Sutton (damals noch im Infiniti) zwei weitere der diesjährigen Meisterschafts-Favoriten erfolgreich.

Bilder: btcc.net

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