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BTCC: Silverstone 2022 – Die Weichen für ein spannendes Finale sind gestellt

von Sebastian Focks
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Mit je einem Sieg vor dem Saisonfinale haben Jake Hill und Tom Ingram ihren Meisterschaftsambitionen noch mal einen entscheiden Boost verliehen. Die Tabellenspitze behält jedoch auch nach den drei Rennen in Silverstone ganz knapp Ash Sutton. Die Vorzeichen für ein spannendes Saisonfinale sind somit gesetzt, auch wenn der vierte Mit-Favorit im Bunde, Colin Turkington, ein Wochenende zum Vergessen erlebte und Boden in der Meisterschaft eingebüßt hat.

Bei all der Spannung rund um den Meisterschaftskampf ging der Mann des ersten Laufs schon fast unter. Wie im Vorjahr konnte sich Toyota-Pilot Rory Butcher die Pole Position auf dem National Circuit von Silverstone sichern und ging somit als Favorit in den ersten Lauf. Beim Start schaffte der Schotte es dann auch, die beiden auf Startplatz zwei und drei platzierten BMWs von Jake Hill und Adam Morgan erfolgreich hinter sich zu halten und konnte anschließend in den ersten Rennrunden einen Vorsprung von mehreren Sekunden herausfahren.

Butcher profitierte dabei zum einen vom bekannten Problem der BMWs, ihre Reifen in den ersten Runden auf Temperatur zu bekommen und zum anderen von wilden Duellen, die nach dem Start auf den weiteren Positionen entbrannten. Insbesondere Hyundai-Pilot Tom Ingram zeigte sich dabei angriffslustig und attackierte vom Start weg die beiden BMWs. An Adam Morgan konnte Ingram sich noch in Laufe der ersten Runde in Luffield vorarbeiten und probierte nur einen Umlauf später an gleicher Stelle eine Attacke auf Hill.

Den Angriff seines Meisterschafts-Konkurrenten konnte Hill jedoch erfolgreich kontern, was für Ingram sogleich die Folge hatte, dass er vom dahinter aufgestauten Feld geschluckt wurde und Positionen gegen Dan Cammish, Ricky Collard und Gordon Shedden verlor. Eine Attacke von Ash Sutton in Luffield, die den Hyundai in einen spektakulären Quersteher geraten ließ, konnte Ingram jedoch erfolgreich abwehren und reihte sich zunächst auf Platz sechs hinter Cammish und Shedden ein. Der zwischenzeitlich ebenfalls vorbeigegangene Collard war parallel durch einen Schubser von Shedden in Brooklands aus dem Kampf geworfen worden.

An der Spitze drehte derweil Rory Butcher unbeeindruckt vom Geschehen hinter sich seine Runde und fuhr einem vermeintlich sicheren Start-Ziel-Sieg entgegen. Schnell wurde jedoch klar, dass die BMWs mit zunehmender Renndistanz immer stärker wurden, während beim Toyota allmählich die Reifen abbauten. Nach und nach kamen Hill und Morgan dem führenden Butcher näher und eine Safety Car-Phase zur Rennhalbzeit wegen des im Kies gestrandeten Vauxhall von Ash Hand pulverisierte Butchers Vorsprung endgültig.

Beim Restart sowie den nachfolgenden restlichen Rennrunden hielt Butcher die beiden BMWs aber erfolgreich hinter sich und sicherte sich seinen ersten Saisonsieg. Hill und Morgan komplettierten dahinter das Podium vor Gordon Shedden und Tom Ingram, denen es im Verlauf des Rennens gelungen war, an Dan Cammish vorbeizugehen. Trotz mehrerer Versuche biss Ingram sich jedoch an Shedden die Zähne aus und musste sich letzten Endes mit Platz fünf begnügen, was angesichts des famosen Rennstarts, den der Hyundai-Pilot zuvor hingelegt hatte, ein eher enttäuschendes Ergebnis war. Dahinter belegten die Motorbase-Fords von Ash Sutton und Dan Cammish, die im Hinblick auf Suttons Meisterschaftsambitionen in der letzten Rennrunde einen Positionstausch vornahmen, die Plätze sechs und sieben vor Ricky Collard, Stephen Jelley und Tom Chilton.

Ein Rennen für die Tonne erlebte derweil Colin Turkington, der als Zweitplatzierter in der Meisterschaft nach Silverstone gereist war. Dem BMW-Piloten mangelte es von Anfang an Speed und schaffte es nur, sich für Startplatz zehn zu qualifizieren. Nach dem Start verlor Turkington dann obendrein einige Positionen und geriet schließlich in der dritten Runde mit Josh Cook aneinander, was in einem Dreher und das Zurückfallen ans Ende des Feldes resultierte. Nachdem Turkington sich einige Runden später wieder ins Feld zurückgekämpft hatte, folgte eine weitere unverschuldete Kollision, in deren Folge der vierfache BTCC-Champion das Auto schließlich an der Box abstellen und eine Nullnummer hinnehmen musste.

Beim Start zum zweiten Lauf konnte Rory Butcher seine Spitzenposition zunächst erneut verteidigen und profitierte einmal mehr von den Kämpfen, die unmittelbar hinter ihm entbrannten. Jake Hill legte einen vergleichsweise schlechten Start hin und fiel noch vor der ersten Kurve hinter Adam Morgan zurück. Beim Versuch, den zweiten Platz auf der Wellington Straight zurückzuerobern, tauchte neben den beiden BMWs überraschend Gordon Shedden auf, der sich beim Anbremsen zu Brooklands an beiden vorbei auf den zweiten Platz setzen konnte. Im Windschatten von Shedden versuchte auch Sutton, die beiden BMWs zu übertölpeln, schaffte es aber nur an Morgan vorbeizugehen und somit sich hinter Hill auf Platz vier einzureihen.

Statt um die Führung musste Hill zunächst also mit Gordon Shedden um den verlorenen zweiten Platz kämpfen und hatte obendrein Meisterschafts-Konkurrent Ash Sutton direkt hinter sich. Der BMW-Pilot behielt jedoch einen kühlen Kopf und schaffte es nur wenige Runden später mit einem sehr schönen Manöver in Brooklands den zweiten Platz zurückzuerobern. Den zwischenzeitlich zum führenden Butcher entstandene Rückstand egalisierte dann praktischerweise eine Saftey Car-Phase zur Bergung des im Kies stehenden Infitnitis von Dexter Patterson.

Direkt nach dem Restart setzte Hill Butcher unter Druck und schaffte es dieses Mal dann auch mit einem sehenswerten Undercut ausgangs Luffield am Toyota vorbeizugehen und die Führung zu übernehmen. Butcher gelang es anschließend nicht, das Tempo des BMWs mitzugehen, woran auch eine weitere Saftey Car-Phase wegen des in Brand geratenen Toyotas von Teamkollege Ricky Collard nichts ändern konnte. Hill konnte somit seinen dritten Saisonsieg einfahren und sicherte sich kurz vor dem Saisonfinale wichtige Punkte für den Meisterschaftskampf.

Rory Butcher musste sich dahinter derweil mit dem kampflustigen Gordon Shedden auseinandersetzen, der dem Toyota in den letzten Rennrunden an der Stoßstange hing. Letzten Endes behielt Butcher im inner-familiären Duell aber die Oberhand gegen seinen Schwager und sicherte sich Platz zwei. Knapp hinter den Podiumsplätzen belegte Ash Sutton Platz vier vor Tom Ingram. Ingram war nach dem Start zunächst hinter beide Motorbase-Ford zurückgefallen, konnte sich aber schnell an Dan Cammish vorbeiarbeiten und schließlich auch BMW-Pilot Adam Morgan im Kampf um Platz fünf schlagen. Eine erfolgreiche Attacke auf Sutton gelang dem Hyundai-Piloten aber trotz mehrerer Versuche nicht, obwohl diese im Hinblick auf den Meisterschaftskampf äußerst wertvoll gewesen wäre.

Der von Sutton und Ingram geschlagene Morgan belegte am Ende Platz sechs vor Dan Cammish und Josh Cook sowie den beiden Cupras von Bobby Thompson und Árón Taylor-Smith, die ein gutes Top Ten-Resultat für ihr Team holten. Der Pechvogel des ersten Laufs, Colin Turkington, schaffte es aus der letzten Startreihe immerhin bis auf den 13. Platz nach und holte damit wenigstens ein paar Zähler zur Schadenbegrenzung.

Der dritte Lauf ging dann vom Start weg turbulent weiter. Der auf die Pole Position geloste Josh Cook kam nicht gut weg, probierte aber trotzdem die Tür gegen den von Platz zwei gestarteten Dan Cammish zuzuschmeißen und touchierte dabei dessen Frontstoßstange. Irgendwie schaffte Cook es anschließend trotz Querstehers nicht in die Boxenmauer einzuschlagen und obendrein trotzdem als Führender durch Copse Corner zu fahren. Cammish, durch den aus dem Nichts über seine Frontstoßstange fahrenden Cook irritiert, verlor allerdings direkt Plätze an Adam Morgan, Tom Ingram, Ash Sutton und Rory Butcher. Morgan, nun zweiter hinter Cook, probierte bei der Anfahrt zu Maggots sogleich eine Attacke auf die Führung, knallte Cook dabei aber unvermittelt ins Heck, was beide weit neben die Ideallinie rutschen ließ und es dem dahinter lauernden Tom Ingram erlaubte, die Führung beim Einbiegen auf die Wellington Straight zu übernehmen.

Neben Ingram schlüpften auch Ash Sutton und Rory Butcher an Cook und Morgan vorbei, womit die Positionen auf den ersten Plätzen bezogen waren. Das neu formierte Spitzentrio Ingram, Sutton und Butcher setzte sich anschließend leicht ab, aber weder Sutton noch Butcher gelang eine ernsthafte Attacke auf die Führung, womit sich Tom Ingram zum Abschluss des Tages seinen vierten Saisonsieg sicherte, der – ebenso wie der Sieg von Hill im vorangegangenen Lauf – äußerst wertvoll im Hinblick auf die Meisterschaft ist.

Jake Hill erlebte derweil ein zunächst schwieriges Rennen, in dem er nach dem Start zunächst im dichten vorderen Mittelfeld feststeckte und sich u.a. mit Ford-Pilot Ollie Jackson sowie den Cupras von Bobby Thomposn und Árón Taylor-Smith auseinandersetzen musste. Im Rennverlauf gelang es Hill dann aber sich von den Verfolgern zu lösen und anschließend auch an Cook und Cammish vorbeizugehen, womit er am Ende den sehr guten vierten Platz belegte. Cammish und Cook – ursprünglich aus der ersten Reihe gestartet – belegten als klare Verlierer dieses Laufs hinter Hill die Plätze fünf und sechs vor Tom Chilton, Gordon Shedden, Ollie Jackson und Árón Taylor-Smith.

Colin Turkington schaffte derweil erneut nur ein Resultat außerhalb der Top Ten und belegte am Ende den schwachen zwölften Platz. Mit Siegen für Hill und Ingram und konstant starken Punkteresultaten von Ash Sutton, legte der vierfache BTCC-Champion, der vor Kurzem noch die Meisterschaft mit einem recht komfortablen Vorsprung anführte, zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt eines seiner schlechtesten Rennwochenenden in diesem Jahr hin.

Mit nur drei ausstehenden Rennen, die am kommenden Wochenende auf dem GP Circuit von Brands Hatch stattfinden, sieht es in der Meisterschaft nun folgendermaßen aus: Ash Sutton bleibt mit hauchdünnem Vorsprung an der Tabellenspitze. Platz zwei mit gerade einmal fünf Punkten Rückstand belegt Jake Hill und Platz drei mit sieben Punkten Rückstand belegt Tom Ingram. Colin Turkington hat wie geschildert viel Boden verloren und liegt mit 27 Punkten Rückstand auf Meisterschafstrang vier – hat aber nach wie vor mehr oder weniger realistische Außenseiterchancen.

Mit seinem Sieg und dem zweiten und dritten Platz in den anschließenden Läufen hat sich dahinter Rory Butcher in der Meisterschaft an Josh Cook vorbeigearbeitet und liegt nun auf Platz fünf – allerdings ohne Chancen auf den Titel. Cook wiederum führt immerhin in der Independent-Wertung mit einem höchst komfortablen Vorsprung vor Adam Morgan und der diesjährige Independent-Titel ist dem BTC Racing-Piloten so gut wie sicher. Der gesamte Meisterschaftsstand kann ebenso wie die Resultate der drei Läufe aus Silverstone hier noch mal im Detail nachgelesen werden.

Mit drei Fahrern, die an der Tabellenspitze gerade einmal sieben Punkte auseinanderliegen, plus Colin Turkington als Dark Horse, sind die Vorzeichen für ein spannendes Saisonfinale also gesetzt. Verdient hätten den Titel zweifelsohne alle und einen klaren Favoriten auszumachen grenzt an Wahrsagerei. Das stärkste Paket dürfte man vermeintlich Jake Hill zuschreiben, denn der BMW kann seine Stärken auf dem langen GP Circuit gut ausspielen und ist generell fast auf jeder Art von Strecke konkurrenzfähig. Ein kleines Fragezeichen darf man aber hinter den Reifen machen. Ist es – wie Anfang Oktober fast schon zu erwarten – eher kühl, werden die BMWs Probleme haben ihre Reifen schnell genug auf Betriebstemperatur zu bringen.

Dass auch der Motorbase-Ford gut auf dem GP Circuit unterwegs ist, zeigte Rory Butcher hier vor zwei Jahren , als ihn nur ein Reifenplatzer stoppte. Dass Ash Sutton mit dem Ford ebenfalls gut in Brands Hatch zurechtkommen sollte, kann man als gesetzt betrachten. Einzig der Hyundai hat sich bislang nicht besonders auf dem GP Circuit von Brands Hatch hervorgetan und generell dürfte der Kurs dem Auto, das sich eher auf ebenen Kursen wohl fühlt, nicht so perfekt liegen. Gleichwohl muss man dagegen rechnen, dass Ingram und seine Ingenieure dem Hyundai mittlerweile viel Flexibilität beigebracht haben, weswegen man Fan-Favorit Ingram auf keinen Fall ausschließen sollte. Zudem hat Ingram als Dritter in der Meisterschaft etwas mehr Hybrid-Boost zur Verfügung als seine beiden vor ihm liegenden Konkurrenten.

Lassen wir uns also überraschen; es wird mit Sicherheit ein spannendes Finale 😉

Bilder: bttc.net

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