Wieder hatte Ferrari alle Trümpfe in der Hand. Wieder konnte man keinen Sieg erringen. Sergio Perez fuhr das vielleicht beste Rennen seines Lebens.
Der Regen kam eine Stunde vor dem geplanten Start. Und wie es sich für eine Stadt nahe des Äquators gehört, war es ein heftiger Monsun, der die Straßen von Singapur unter Wasser setzte. Die Kameras fingen das Safety Car auf einer Inspektionsrunde ein und der Mercedes glich einem Boot auf hoher See. Aber weil die Stadt ein solches Wetter gewohnt ist und die Strecke auf normalen Straßen stattfindet, gibt es ein vernünftiges Abwassersystem und das Rennen konnte mit einer Verspätung von einer Stunde starten.
Die Pole hatte sich Leclerc gesichert und Ferrari hatte Glück dabei. Verstappen war auf klarem Kurs zu Startplatz Eins, musste seine schnelle Runde aber abbrechen, weil er nicht genug Sprit im Tank hatte. Auch Lewis Hamilton hatte durchaus Chancen auf die erste Startreihe, fand aber im entscheidenden Moment nicht genug Grip. Dafür sicherte sich Sergio Perez den zweiten Platz in der Startaufstellung. Verstappen startete sogar nur von P8. Aufgrund des Regens und der etwas durch gewürfelten Startaufstellung versprach das Rennen durchaus spannend zu werden und man wurde auch nicht enttäuscht.
Die Voraussetzungen für Ferrari waren nicht schlecht. Pole und Start von der etwas besseren Außenseite für Leclerc, Sainz in aussichtsreicher Position auf P4. Aber Leclerc kam am Start nicht gut weg und Perez schnappte sich die Führung in der ersten Kurve. Hier muss sich der Monegasse dann die Schuld geben, wobei man auch sagen muss, dass Perez einen absolut perfekten Start hinlegte. Dass man bei den Bedingungen schnell komplett daneben liegen, zeigte sein Teamkollege Verstappen, der von P8 auf P12 zurückfiel. Auch Hamilton verlor einen Platz an Carlos Sainz.
Mal abgesehen von Ausfall von Alonso tat sich in den ersten 22 Runden überhaupt nichts. Das Rennen war, wie so oft, eine Prozession. Obwohl der Regen schon lange vor dem Start aufgehört hatte, änderten sich die Streckenverhältnisse nur wenig. Die Intermediates waren gut genug und zeigten auch wenig Verschleiß im Rennen. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit von knapp 90 Prozent trocknete die Strecke nur sehr langsam ab, was die Strategie der Teams sehr einschränkte.
Der erste Fahrer, der es auf Slicks wechselte, war George Russell. Der war ohnehin von ganz hinten gestartet und hatte sich kaum nach vorn arbeiten können. In Runde 22 versuchte man es dann mit den Medium-Slicks, aber das war deutlich zu früh. Dem Briten brachte der Stopp aber nichts und er verlor teilweise über vier Sekunden pro Runde. Dennoch blieb der Brite draußen, auch in der Hoffnung, dass ein Safety Car das Feld wieder zusammenführen wurde. Sein Wunsch wurde zwar erfüllt, aber da war es dann schon zu spät für ein gutes Ergebnis. Am Ende blieb nur der letzte Platz.
Der frühe Wechsel von Mercedes war eine Warnung an die Spitze. Perez lag hier weiter knapp vor Leclerc, der sich etwas von Sainz und Hamilton abgesetzt hatte. Die Frage, wann der beste Moment für einen Wechsel auf die Slicks sein würde, erübrigte sich allerdings. Gasly kam am Ende von Runde 32 und setzte schnelle Sektorenzeiten. Tsunoda folgte, versenkte den Alpha Tauri aber in den Tec-Pros. Die folgende SC-Phase nutzten dann alle für den Stopp, nachdem Gasly gezeigt hatte, dass die Zeit eh reif war. Leclerc verlor dabei etwas mehr als zwei Sekunden beim Stopp, weil er seine Markierung nicht traf, was Perez half, die Führung zu behalten.
Der Mexikaner lieferte und den schweren Bedingungen, mit etlichen Unterbrechungen durch VSC und SC, ein fantastisches Rennen ab. Bei diesen Bedingungen ohne einen einzigen Fehler das Rennen an der Spitze abzuschließen und das, obwohl Leclerc hinter ihm zeitweise das schnellere Auto hatte. Der Druck auf ihn war im gesamten Rennen groß, die sich verändernden Bedingungen machten ihm das Leben nicht gerade einfacher. Dass Perez im Regen nicht schlecht ist, war bekannt, aber das war eine Glanzleistung.
Deutlich mehr los war im Mittelfeld. Die Alpine hatten ein rabenschwarzes Wochenende und verloren beide Autos durch Probleme am Motor. Das war die Chance für die McLaren, deren Startpositionen aber wieder einmal weit auseinanderlagen. Norris hatte einen Wagen in der Quali auf P6 gebracht, Ricciardo schaffte es nicht mal aus der ersten Quali-Runde raus. Dafür lief das Rennen des Australiers deutlich besser, dank der besseren Strategie von McLaren.
Er legte einen guten Start hin und lag auf P13, konnte danach aber niemanden überholen. Die Ausfälle von Alonso und Ocon schoben ihn weiter nach vorn. In der SC-Phase in Runde 33 ließ McLaren ihn eine zusätzliche Runde fahren, was ihn von P10 auf P5 brachte. Sein Stopp am Ende der SC-Phase warf ihn dann wieder auf P6 zurück. Da Verstappen vor ihm einen massiven Verbremser hatte und noch mal an die Box musste, erbte Ricciardo dann wieder P5 hinter seinem Teamkollegen. Die sehr gute Punkteausbeute bugsierte die McLaren in der WM nun wieder vor die Alpine.
Ein gutes Rennen hatten auch die Aston Martin. Beide blieben in Q2 hängen, aber in aussichtsreicher Position. Beide Aston-Piloten hatten einen guten Start. Stroll blieb auf P11, aber Vettel sprang von P13 auf P8 und etablierte sich dort auch. Stroll, auf engen Stadtkursen immer gut, zwang Magnussen, der vor ihm lag, in einen Fehler und sicherte sich damit den Platz hinter Vettel. Am Ende landete Stroll sogar vor dem Deutschen, weil der eine Runde vor dem Kanadier an die Box kam. Da die Medium erst auf Temperatur kommen mussten, hatte Stroll mit dem späteren Stopp das bessere Ende für sich. Vettel musste in der letzten Runde auch noch Verstappen passieren lassen.
Hamilton beendete das Rennen auf P9. Das war seine eigene Schuld, denn auch er hatte einen Verbremser und stand in den Tec-Pro-Barrieren. Der Einschlag war sanft, aber hart genug, um seinen Frontflügel zu beschädigen. Statt mit Sainz um P3 zu kämpfen, blieben am Ende dann nur zwei Punkte. Da Russell komplett ohne Punkte blieb, Ferrari aber P2 und P3 belegte, bedeutet das schlechte Ergebnis für Mercedes, dass man in der Team-WM nun 66 Punkte Rückstand auf Ferrari hat. Das wird schwer aufzuholen sein.
Den letzten Punkt sicherte sich Pierre Gasly. Er behielt im Rennen lange seinen siebten Startplatz, aber der Wechsel auf die Slicks in Runde 32 war halt vor dem SC, er konnte also nicht profitieren, sondern verlor im Zuge der SC-Phase auch noch drei Plätze. Das war einfach Pech für den Franzosen. Aber am Ende ein gutes Ergebnis für Alpha Tauri. So ein Rennen ist meist auch eine gute Gelegenheit für kleinere Teams Punkte abzustauben, aber das passierte nicht. Beide Williams fielen nach leichten Unfällen aus, ebenso Zhou im Alfa. Bottas spielte ebenso wie beide Haas im Rennen keine Rolle.
Nächste Woche geht es in Japan weiter. Verstappen kann hier Weltmeister werden, wenn er acht Punkte mehr als Leclerc holt. Das wäre ein Sieg und die schnellste Runde. Was im Bereich des Erwartbaren liegt.
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