Home Formel EinsF1 Formel Eins: Vorschau Saison 2023 – Wo stehen die Teams nach dem Test?

Formel Eins: Vorschau Saison 2023 – Wo stehen die Teams nach dem Test?

von DonDahlmann
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Die Formel Eins ist zurück und die Frage wird sein, wer Red Bull vom Thron stoßen kann. Wenn das denn überhaupt machbar ist.

Die relativ kurze Winterpause ist vorbei, die Formel Eins ist zurück. Und damit auch unsere Berichterstattung. Einige werden vielleicht die Artikel zur Vorstellung der Autos vermisst haben, aber ich habe mich dieses Jahr dagegen entschieden. Der Grund ist einfach: Die meisten Teams zeigen nicht mehr das „echte“ Auto, sondern nur die Lackierung oder irgendeine Variante. Es ergibt wenig Sinn über ein Auto zu schreiben, dass zwei Wochen später komplett anders aussieht. Etwas anders ist es nach dem Test, zumal der nur eine Woche vor dem eigentlichen Rennen liegt. Hier hat man dann endlich die Autos gesehen, die zumindest die ersten Rennen fahren werden. Nach dem vierwöchigen Break im April wird das wieder anders aussehen.

Die Tests muss man natürlich immer mit großer Vorsicht genießen. Auch wenn die Teams über die drei Tage ähnliche Programme fahren, wissen wir nichts darüber, wie viel Leistung beim Motor freigegeben wurde und wie viel Sprit an Bord war. Eher durchschnittliche Zeiten wie bei Ferrari müssen also kein Warnzeichen sein. Auf der anderen Seite: Wenn das Auto halt schnell ist, lässt sich das nur schwer verbergen. Auch darf man nicht vergessen, dass der technologische Vorsprung, den die Top Drei haben, sich nicht wegdiskutieren lässt. Mercedes war im letzten Jahr selbst mit einem schlechten Auto immer noch besser als das Mittelfeld. Das irgendjemand aus dem Mittelfeld Red Bull gefährdet, ist eher unwahrscheinlich. Meine Rangordnung nach den Tests sieht daher so aus:

Red Bull
Die schnellste Zeit des Tests lieferte Sergio Perez, aber auch generell war Red Bull extrem gut unterwegs. Allein die absolvierte Rundenzahl spricht Bände. 157 Runden absolvierte Red Bull schon am ersten Tag. Das Auto lief problemlos und war aus dem Stand schnell. Das deutet darauf hin, dass Red Bull schon am Tag 1 mit den Arbeiten am Setup beginnen konnte. Ein Vorteil ist zudem, dass man im Grunde mit einer Evolution des letztjährigen Autos antritt, während zum Beispiel Mercedes da deutlich mehr ändern musste. Auch wenn vor allem Mercedes in den letzten Rennen der Saison 2022 näher dran war und einen Sieg holen konnte, sollte Red Bull ausreichend Vorsprung mitgenommen haben, um in den ersten Rennen gut aufgestellt zu sein. Schmerzhaft wird sich aber die per Reglement beschnittene Entwicklungszeit für CFD und Windtunnel sein, die sich im Verlauf der Saison auswirken könnte.

Ferrari

Neuer Chef, aber nicht unbedingt ein neues Auto. Für das zeigte sich ohnehin noch Matteo Binotto verantwortlich, der ja bis Dezember Ferrari noch geleitet hat. Auch Ferrari hat sich für eine Evolution und nicht für ein komplettes neues Chassis entschieden. Frontbereich, Seitenkästen und Unterboden sind deutlich überarbeitet, aber das Grundkonzept ist geblieben. Die Probleme des Ferrari aus dem letzten Jahr lagen vor allem beim Reifenverschleiß, beim Motor (Zuverlässigkeit und Verbrauch) und beim Topspeed. Das Auto war auf eine Runde sehr schnell (man hatte mit Abstand die meisten Pole), konnte die Performance aber nicht ins Rennen übertragen. Von daher waren die Baustellen klar und Ferrari ist das offenbar angegangen. Wie gut? Die Testzeiten waren nicht auffällig, aber die Onboards zeigten, dass das Auto wenig Probleme verursachte. Das ist parallel zum Eindruck, den man letztes Jahr hatte. Umgebaut hat Fred Vasseur aber schon die Strategieabteilung, denn dort passierten im letzten Jahr die größten Fehler. Wenn Ferrari die Long Run Schwäche beseitigt hat, dürfte man wieder eine echte Konkurrenz für Red Bull sein.

Mercedes
Der W14 ist nicht komplett neu, da Mercedes als einziges Team am „Keine Seitenkästen“ Konzept festgehalten hat. Aber man hat das Auto radikal verändert. Die Lufteinlässe sind anders, ebenso hat man die Mini-Seitenkästen etwas vergrößert und verlängert. Der Lufteinlass für den Motor ist nach unten gewandert. Dafür hat man die Schulter des Autos weiter noch oben gezogen und, etwas ungewöhnlich, bis zum Heck verlängert. Während fast alle anderen Teams auf größere Seitenkästen setzen und diese mit einem scharfen Undercut versehen haben, damit die Luft über den Unterboden nach hinten geleitet wird, setzt Mercedes also auf eine zweigeteilte Lösung. Ob das erfolgreich ist? Auffallend war, dass das Team bei den Tests nur davon sprach, dass man besser aufgestellt sei, als im letzten Jahr. Aber das war wohl auch zu erwarten. Wenig dagegen hörte man zu den Chancen Red Bull und Ferrari einzuholen. Offenbar kämpft man auch noch mit Setup-Problemen. Am Freitag probierte man etwas aus, was offensichtlich nicht funktionierte. Samstag war es dann wieder besser. Gegenwärtig sehe ich Mercedes wieder auf P3, mit gehörigem Abstand. Ob das Konzept von Mercedes das Potenzial hat, wird sich dann zeigen. Ich bleibe skeptisch.

Aston Martin

Die Briten überraschten mit einem guten Test und sehr außergewöhnlichen Seitenkästen. Man hat da auf eine Mischung aus Red Bull und Ferrari gesetzt. Die Innenseite der Sidepods sind aber nicht wie eine Badewanne geformt, sondern eher wie ein Keil, der nach den Lufteinlässen steil nach unten fällt. Eine sehr interessante und vor allem ungewöhnliche Lösung. Gleichzeitig hat man wie Mercedes einen hochgezogenen Schulterbereich. Das gesamte Auto wirkt sehr kompakt und sehr durchdacht. Hinter dem Fahrzeug steckt aber auch Dan Fellows, der der Stellvertreter von Adrian Newey bei Red Bull war. Newey selbst bemerkte bei den Tests, dass Aston Martin für eine Überraschung in dieser Saison sorgen würde. Das wäre in der Tat eine Überraschung, aber Aston Martin war schon am ersten Tag aus dem Stand schnell. Um dann in den anderen beiden Tagen etwas vom Radar zu verschwinden. Aber wenn das Auto so schnell ist, wie es auch in den Onboards aussah, dann dürfte sich zumindest Mercedes Sorgen machen. Es wäre eine schöne Abwechslung, wenn Aston zumindest zeitweise zu den Top 3 dazustossen könnte. Ich würde Alonso gerne da vorne sehen, das würde der Saison einiges an Würze geben.

Alpine

Die Franzosen haben ein komplett überarbeitetes Auto, das allerdings wenig auffiel. Man hat Anleihen bei Red Bull und Ferrari genommen, ohne allerdings große eigene Akzente zu setzen. Die Seitenkästen sind momentaner Formel Eins Standard, ohne allerdings auf den scharfen Undercut zu setzen, den andere Teams haben. Die etwas hoch gezogene Schulter mit den Luftauslässen ist ähnlich wie bei Mercedes weit nach hinten gezogen. Auch vorn gibt es kaum Auffälligkeiten. Das Auto wirkt solide, ohne spezielle, sichtbare Feature zu haben. Auch bei den Rundenzeiten konnte man wenig rauslesen. Priorität Nummer Eins sollte bei Alpine auch die Zuverlässigkeit sein, die im letzten Jahr eher schlecht war. Am Ende wirkt das Auto eher konservativ, was bei den Franzosen ja schon Standard ist. Chancen nach vorn sehe ich da nicht und wenn Aston wirklich ein so gutes Auto hat, wird es auch mit P4 in der WM schwer.

Alfa Romeo

Das zukünftige Audi-Team mit dem neuen CEO Andreas Seidl war die zweite kleine Überraschung bei den Tests. Abgesehen von der neuen Lackierung (neuer Hauptsponsor) fiel Alfa durch schnelle und sehr konstante Rundenzeiten auf. Das Auto ist auch deutlich überarbeitet und wie beim Aston fallen auch hier die Seitenkästen auf. Alfa hat eine scharf eingezogene Kante unter den Lufteinlässen, die die Luft aggressiv zur Seite und nach unten drückt. Auffallend ist auch die stark geschwungene Kante des Unterbodens im ebenfalls scharf eingezogenen Undercut. Auffallend ist ebenfalls, dass es in den Seitenkästen überhaupt keinen Luftein- oder Auslässe gibt. Die Kästen sind komplett geschlossen. Alfa muss den Ferrari-Motor also irgendwie anders kühlen. Hier kommt dann die Lufthutze oberhalb des Fahrers ins Spiel, die sehr ungewöhnlich ist, sowie die nach innen gezogene und eher sich früher öffnende Seitenverkleidung des Motors. Der Wagen hat also einiges an interessanten Ideen zu bieten und war bei den Tests auch schnell. Die Frage bei Alfa wird sein, wie viel Geld man im Laufe der Saison ins Auto stecken kann. Vielleicht wird es mit dem neuen Audi-Investment ja etwas besser. P5 am Ende der Saison wäre für Alfa schon ein sehr großer Erfolg.

Haas

Neues Auto, neuer Versuch. Die Haas sind aufgrund ihrer Partnerschaft mit Ferrari im Design darauf angewiesen, was Ferrari vor allem beim Motor und Getriebe so entwickelt. Das limitiert die Möglichkeiten des Teams, allerdings spart das natürlich Geld. Zum Auto gibt es wenig zu bemerken. F1-Standardware, würde ich sagen. Eher fette Seitenkästen mit der Ferrari-Badewanne oben und wenig Einzug an der Seite. Ein leichter Knick im Seitenkasten soll Luft nach unten führen. Auffallend ist der eher kleine, dreieckige Lufteinlass über dem Fahrer. Da Haas die Kühlung über die Seitenkästen unternimmt, kann man sich hier etwas sparen. Front und Heck sind auch eher Standard. Wirklich inspirierendes findet man am Auto nicht. Was Haas aber auch haben will, ist ein Auto fürs Mittelfeld, das auf allen Strecken funktioniert und regelmäßig irgendwo zwischen P7 und P10 einläuft. Es muss in der Quali schnell genug für irgendwas um P10 sein und im Rennen genügend Strategiemöglichkeiten bieten. Das Spannendste bei Haas in diesem Jahr ist die Frage, wie schnell Hülkenberg sein wird.

Alpha Tauri
Ich hätte Alpha Tauri auch vor Haas setzen können, da ich wenig Unterschiede zwischen dem Team sehe. Immerhin hat AT auch das etwas auffälligere Auto gebaut, vor allem mit Seitenkästen, die an jene von Alfa erinnern. Das Auto machte beim Test einen guten Eindruck, ohne jetzt besonders aufzufallen. Für AT wie Haas gilt in jedem Jahr, dass man vor allem in den ersten Rennen Punkte sammeln muss, denn gegen die Entwicklunggeschwindigkeit der anderen Teams hat man wenig Chancen. Auch bei AT sind das spannendste die Fahrer. DeVries schätze ich stärker ein als Tsunoda, der allerdings mehr Erfahrung in der F1 hat. Aber der Japaner wirkte auch im letzten Jahr bei etlichen Rennen etwas unmotiviert und ich denke, dass der Niederländer konstanter unterwegs sein wird. P6 wäre AT schon gut.

Williams
Die Briten hat sich über den Winter ein neues Führungsteam verschafft und von Mercedes James Vowles geholt, der dort hinter Toto Wolff und James Allison feststeckte. Vowles bringt sehr viel Erfahrung von Mercedes mit, aber bis er das Team umstrukturiert und neue Talente geholt hat, dürfte es etwas länger dauern. Das Team steckt weiter im Hinterfeld, auch wenn das neue Auto auf Anhieb einen guten Eindruck hinterließ. Das ist allerdings auch noch der Arbeit von Capito und Demaison zu verdanken. Den ersten Wagen unter der Ägide von Vowles wird man erst nächstes Jahr sehen. Das diesjährige Auto wirkt auch eher konservativ, die Seitenkästen hat man sich bei Red Bull abgeschaut. Ansonsten gibt es wenig zu bemerken. Ein Standard F1 ohne Überraschungen. Das Team selbst spricht von einem guten Schritt nach vorn und man wird hoffen, dass Albon bei einigen Rennen wieder Q3 erreichen kann, wenn alles passt. Es ist mir weiter ein kleines Rätsel, was Dorilton mit dem Team eigentlich vorhat. Die Verpflichtung von Vowles deutet zumindest hin, dass man weiterhin an Williams glaubt. Immerhin steckt man mehr Geld rein, als man rausbekommt.

McLaren
Der Test verlief nicht so katastrophal wie im letzten Jahr, aber gut war es auch nicht. Es mag ein unfair sein, das Team auf den letzten Platz zu setzen, aber überraschen würde es mich nicht McLaren zum Start der Saison in der Quali nur in Q1 zu sehen. Zak Brown und der neue Teamchef Andrea Stella haben selbst zugegeben, dass man im Herbst die Entwicklung des Autos umgestellt habe und deswegen zwei Monate hinterher hängt. In Baku soll dann das echte Auto für diese Saison kommen. Tatsächlich war der McLaren, zumindest auf den TV-Bildern, das am schwierigsten zu fahrende Auto und Norris zeigte sich sehr reserviert, was seine Chancen angeht. Die Frage ist allerdings, warum McLaren so schief gelegen hat und sich neu orientieren musste. Das spricht nicht wirklich für die Arbeit des Entwicklungsteams im Sommer. Auf der anderen Seite: immerhin hat man die Fehler erkannt. Positiv ist immerhin zu vermerken, dass die Daten exakt dem entsprechen, was man bei den Tests sehen konnte. McLaren wird mit dem neuen Auto dann vermutlich wieder im vorderen Mittelfeld zu finden sein.

Generell dürfte das Mittelfeld wieder eng gestaffelt sein. Je nach Strecke und Reifen wird es Unterschiede geben und am Ende wird die Konstanz den Ausschlag geben. Ich sehe auch nicht, dass der Abstand nach vorn geringer wird. Aston könnte eine Ausnahme sein, aber vermutlich nicht über die gesamte Saison. Bei den Top Teams habe ich weiter große Fragezeichen bei Mercedes. Die werden vermutlich ein paar Rennen benötigen, um richtig in Schwung zu kommen, wenn denn das Chassis dieses Jahr passt. Zwischen dem Mittel- und Hinterfeld dürfte es auch enger werden. Das war im letzten Drittel der letzten Saison schon der Fall und das wird auch dieses Jahr so sein, wenn die Teams ihre Autos besser verstehen und im Griff haben.

Bilder: Ferrari, Daimler AG, Aston Martin, Alpine, Alfa Romeo, Williams, McLaren

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