Die einzige Frage lautet: Kann irgendjemand Red Bull stoppen? Die Antwort ist einfach.
Es ist davon auszugehen, dass Red Bull auch in Australien das Maß aller Dinge sein wird. Die Abstände in den letzten beiden Rennen, vor allem in Bahrain, waren so deutlich, dass Verstappen und Perez den Sieg wohl unter sich ausmachen werden. Das Einzige, auf was die Konkurrenz hoffen kann, ist ein technisches Problem und so ganz frei davon waren die Red Bull bisher auch nicht. Gibt es also Hoffnung? Und wer könnte profitieren?
Aston Martin hat sich erstaunlicherweise als erster Konkurrent für Red Bull etabliert. Das ist eine willkommene Abwechslung an der Spitze, auch wenn die Briten noch etwas hinter den Österreichern liegen. Dass Alonso Verstappen ernsthaft gefährden könnte, ist nicht zu erwarten, aber er ist da, wenn es darum geht, von Fehlern oder Problemen zu profitieren. Eine kleine Schwäche des Aston ist noch seine Performance in der Quali. Hier scheint Ferrari tatsächlich noch einen Vorteil zu haben.
Das sieht im Rennen dann wieder anders aus, weil der Leclerc und Sainz mit den Reifen zu kämpfen haben, aber für Aston kann das bedeuten, dass man hinter mindestens einem Ferrari starten muss und im ersten Drittel des Rennens viel Zeit verliert. Ferrari ist sich der Probleme, die man schon im vergangenen Jahr hatte, bewusst, hat aber offenbar keine Lösung dafür. Frederic Vasseur sprach nach dem Rennen in Jeddah davon, dass das Auto an sich schnell sei, man aber das Potenzial nicht nutzen könne.
Lösungen für das Problem sind meist nicht leicht umzusetzen. Mercedes hatte das Problem gelegentlich, hauptsächlich auf den sehr weichen Reifen und man hat zwei Jahre benötigt, um das in den Griff zu bekommen. Warum der Verschleiß bei Ferrari so hoch ist, kann mehrere Gründe haben, wie zum Beispiel die Geometrie der Aufhängung, die Position der Aufhängungspunkte, Anströmung der Aerodynamik usw. Ein paar Sachen kann man anpassen, aber gerade bei der Aufhängung ist man meist festgelegt. Um die Aufhängungspunkte zu ändern, muss man ein neues Chassis entwickeln und dafür fehlt das Geld.
Ferrari wird über die Entwicklung des Setups besser werden, aber das wird nicht reichen, um Red Bull einzuholen. Aber vermutlich schaut man bei Aston, Ferrari und auch bei Mercedes schon jetzt nicht mehr so weit nach vorne, sondern sieht sich Kampf um P2 in der WM. Und hier ist es durchaus eng zwischen den drei Teams. Wobei vor allem Mercedes noch Nachholbedarf hat. Das erste Update für Hamilton und Russell kommt in Baku oder Imola, ein weiteres, sehr großes Update, Ende Juni oder Anfang Juli. Letzteres soll dann auch die Philosophie des Autos deutlich verändern.
Wenn der Abstand zu Red Bull schon besorgniserregend groß ist, so muss man auch den zwischen den drei Verfolgerteams und Alpine erwähnen. Die Franzosen liegen weit hinter den selbst gesteckten Zielen zurück. P3 sollte es in diesem Jahr sein, mehr als P5 und wenige Punkte sind es bisher geworden. Alpine plagt das Problem, dass man in der Quali Sorgen hat und im Rennen das Tempo vorn nicht mitgehen kann. Die Fahrer beklagen sich nicht über besondere Schwächen, was auch ein Alarmzeichen ist, denn das zeigt, dass das Auto generell zu langsam ist.
Ganz abschreiben kann man Alpine aber natürlich nicht. Sie haben im letzten Jahr eine erstaunliche Wandlung des Autos hinbekommen und waren am Ende der Saison richtig stark. Das zeigt, dass die Entwicklung stimmt. Die Frage muss aber sein, warum man das nicht auch über den Winter transportiert hat. Da vorn viel Geld in die Entwicklung gesteckt wird, dürfte es schwer werden, den Rückstand aufzuholen.
Immerhin ist man schneller als der Rest, vor allem schneller als Alfa Romeo, Alpha Tauri, Haas und Williams, die alle sehr eng beieinander liegen. Die Enttäuschungen hier sind sicher Alfa und Haas, die besser unterwegs sein sollten. Das gilt aber auch für McLaren, die völlig von der Rolle sind. Die sind in diesem Jahr ein solcher Fall, bei dem man sich fragt, ob es nicht besser gewesen wäre, mit dem Auto aus dem letzten Jahr anzutreten.
Immerhin hat man bekannt gegeben, dass man in drei Schritten wieder nach vorn will. Ein Update kommt in Baku und soll dann das vermurkste Chassis einigermaßen hinbiegen. Im Sommer soll dann eine B-Spec Variante folgen, im Herbst dann ein weiteres Update, wie Andrea Stella vermeldet hat. Mittlerweile nicht mehr bei McLaren ist Chef-Designer James Key, der das Auto und die Probleme damit, zu verantworten hat.
Ganz ehrlich gesagt bin ich nicht sonderlich verwundert über den Abgang. Ich war eher überrascht, dass man Key vor drei Jahren verpflichtet hat, denn seine bisherigen Arbeiten bei Toro Rosso und Alfa haben nicht überzeugt. Key mag gute Autos für ein Mittelfeld-Team bauen, aber nicht für ein Team, dass mindestens um P4 in der WM fahren will.
Zak Brown dürfte ebenfalls in der Kritik stehen. Zwar hat er McLaren aus einem Loch rausgeholt, dafür aber wieder ins Nächste gesteuert. Für den Abgang von Andreas Seidl zu Audi/Sauber kann er nichts, aber für den Rest schon. 2023 wird erneut ein „Jahr des Aufbaus“ für McLaren, was Sponsoren wie Anteilseigner wohl eher nicht zufriedenstellt.
Strategie:
Es gibt die C2, C3 und C4 Reifen und damit keine Überraschung. Man hat die Strecke in Albert Park neu asphaltiert und damit soll sie noch netter zu den Reifen sein, was Ferrari gefallen wird. Insgesamt wird es in diesem Jahr vier (!) DRS-Zonen geben, die aber, abgesehen von Start/Ziel, allesamt etwas kurz sind. Nur die zweite DRS-Zone nach Start/Ziel zeigte im letzten Jahr, das ein oder andere Manöver. Die Strecke an sich ist schnell, vor allem, nachdem man 2022 eine Schikane entfernt hat, was die Überholmöglichkeiten nicht verbessert.
Ein Stopp wird vermutlich die Regel sein, was bei der Reifenwahl keine Überraschung ist. Pirelli ist meiner Meinung nach weiter zu konservativ bei der Reifenwahl. Man kann in Australien auch eine Nummer weicher gehen, denn die C3, die dann die härtesten Varianten wären, halten keine halbe Distanz aus. Es würde mehr Strategien eröffnen, als der Start auf den Medium und dann der Wechsel auf die C1. Sicher wird es ein paar Fahrer geben, dies es mit C4-C4-C3 versuchen werden, aber dürfte nur mit einer Wette auf ein Safety-Car verbunden sein. Das kann in Australien aufgrund der engen Strecke allerdings schnell zum Einsatz kommen.
Bilder: Pirelli, Ferrari, HaasF1