Neues Auto, neue Reifen, neue Gesichter: Passend zum 50. Jubiläum des japanischen Top-Formelsports startet die Super Formula an diesem Wochenende mit einem Double-Header auf dem Fuji Speedway in eine neue Ära, die auch im Zeichen des Klimaschutzes steht.
50 Jahre Formelsport in Japan. Das sind 50 Jahre voller Heldengeschichten, Dramen, faszinierenden Autos, aber natürlich auch hochklassigen Motorsport sowie Veränderungen. Umso passender, dass die ausführende Dachorganisation Japan Race Promotion (JRP) die nächsten 50 Jahre mit einem neuen Auto im Zeichen des Klimaschutzes einleitet. Langjährigen Racingblog-Lesern ist die Super Formula (ehemals Formula Nippon) selbstredend ein Begriff. Deshalb verzichten wir in diesem Jahr auch auf eine klassische Vorschau, sondern beschränken uns auf das Wesentliche. Zu erzählen und berichten gibt es nämlich vieles. Doch was sind die wichtigsten und auch spannendsten Storylines zum Saisonauftakt auf dem Fuji Speedway dieses Wochenende?
Mit klimaneutralen Teilen und weniger Downforce: Der neue Dallara SF23
Passend zum 50. Jubiläum führt die Super Formula einen neuen Boliden ein. Streng genommen handelt es sich beim SF23 des italienischen Rennauto-Herstellers Dallara um eine konsequente Evolution des vorherigen SF19, der seit 2019 im Einsatz war. Eine der größten Änderung sind hierbei erstmals klimaneutrale Bauteile des schweizerischen Unternehmens Bcomp. So sind die Motorabdeckung, die Side-Pods sowie der Unterboden zum größten Teil mit Flachfaser, einem klimaneutralen Biokomposit, hergestellt. Laut Angaben der JRP soll der CO2-Ausstoß dadurch um rund 75% verringert werden. Es ist der erste Schritt in die klimaneutrale Ära. In naher Zukunft könnten weitere klimaneutrale Teile hinzukommen. Dazu zählt auch klimaneutrales Benzin, welches im vergangenen Jahr zwar erprobt wurde, dessen Einführung aber aufgrund der Kostenfrage vorerst verschoben wurde, um die finanziell bereits ausgelasteten Teams aufgrund der Anschaffung des SF23 zu entlasten.
Neben den klimaneutralen Bcomp-Bauteilen besitzt der SF23 nämlich auch runderneuertes Aerodynamik-Paket, an dem die beiden involvierten Hersteller Toyota und Honda in Zusammenarbeit mit der JRP und Dallara seit über einem Jahr entwickelten. Hierfür gab es vergangene Saison entweder vor oder nach den jeweiligen Saisonläufen exzessive Testfahrten mit den aufgrund ihrer Lackierung „aka tora“ (roter Tiger) und „shiro tora“ (weißer Tiger) getauften Entwicklungsfahrzeugen, bei denen mehrere Dinge erprobt wurde. Die finale Spezifikation soll die Downforce der Autos um rund acht Prozent verringern. Das Ziel: Eine Reduktion der sogenannten Dirty Air, um das dichte Hintereinanderfahren zu vereinfachen und die Zweikämpfe auf der Strecke zu bekräftigen. Besonders auffallend sind hierbei die deutlich kurvigeren Front- und Heckflügel. Die zum Heck strömende Luft wird beim neuen Aerodynamik-Paket nun in der Mitte des Fahrzeuges gesammelt, wodurch etwaige Turbulenzen verringert werden sollen. Der positive Effekt: Der Sog des Windschattens fällt nun deutlich drastischer als noch beim Vorgängermodell aus, was sich insbesondere auf Strecken wie dem Fuji Speedway oder Suzuka Circuit bemerkbar machen sollte.
Die dritte neue Komponente sind die Reifen von Serienausstatter Yokohama. Auch diese wurden im Zeichen der Klimaneutralität entwickelt, die zu 33% aus recyclebaren und nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Die ersten Eindrücke der Fahrer fielen positiv aus. Gleichzeitig gaben sie aber auch an, dass der neue Reifen nicht mehr ganz so langlebig wie der letztjährige Gummi sei, was der Renn-Action aber durchaus zu Gute kommen könnte.
Weniger Downforce gleich mehr Action?
Es wird ein paar Rennen dauern, bis man ein erstes Fazit abgeben kann, ob die seitens der JRP gesetzten Ziele mit dem SF23 erfüllt wurden. Die beiden Entwicklungsfahrer Koudai Tsukakoshi (Honda) und Hiroaki Ishiura (Toyota) zeigten sich vergangenes Jahr größtenteils begeistert. Nach dem einzigen offiziellen Vorsaisontest Anfang März in Suzuka warfen einige Fahrer wie Nobuharu Matsushita (B-Max Racing), Tadasuke Makino (Docomo Team Dandelion Racing) sowie dem neuen Toyota-Entwicklungsfahrer Ukyo Sasahara, der für den verletzten Kenta Yamashita (Kondo Racing) einsprang, jedoch ein paar Fragezeichen auf. Matsushita ging gar so weit und erklärte, dass die Dirty Air stärker als noch beim Vorgängermodell ausfalle, was insbesondere im Qualifying eine starke Auswirkung haben könnte. Alle drei Fahrer lobten den stärkeren Sog im Windschatten. Matsushita erklärte jedoch, dass dadurch die Dirty Air in den Kurven größer sei. Makino ergänzte, dass er nicht genaue wisse, wie sich das Ganze im Rennen entwickeln würde, die geringere Downforce könnte in den Kurven aber zu einem Problem werden. Auch Sasahara kommentierte, dass das neue Aerodynamik-Paket perfekt für Fuji sei. Für andere Strecken, insbesondere mit langsameren Kurven, sei dies aber noch nicht abschätzbar.
Der zweifache und amtierende Meister Tomoki Nojiri fügte hinzu, dass sich der geringere Abtrieb des SF23-Boliden in schnellen Kurven kaum bemerkbar mache. In langsameren Kurven hatte er jedoch mit dem Fahrzeug zu kämpfen. So erklärte der Mugen-Pilot, dass er mit dem Vorgängermodell nur selten in der Mitte der Kurve Gegenlenken musste. Das neue Auto tendiere allerdings zum Übersteuern, womit aus der Ibaraki-Präfektur stammende 33-Jährige trotz der absoluten Bestzeit sichtbar zu kämpfen hatte und auch einmal abflog – einer seiner seltenen Fehler. Laut Nojiri war es, zumindest bei den Suzuka-Testfahrten, schwierig die Traktion aus langsameren Kurven auf den Asphalt zu bekommen, weshalb er ein Fragezeichen hinter die Aussage, ob geringerer Abtrieb das Racing verbessern würde, stellte.
Andere Fahrer lobten hingegen die Änderungen. Dabei sollte man natürlich nicht vergessen, dass die Teams lediglich zwei Testtage mit insgesamt vier Sessions zur Verfügung hatten. In dieser kurzen Zeit mussten sie ein Basis-Setup entwickeln. Mit mehr Zeit auf der Strecke werden sie den neuen SF23 auch besser verstehen. Die große Herausforderung wird sein, die gesammelten Daten für die restlichen Kurse anzuwenden, die allesamt eine andere Charakteristik als die Grand-Prix-Bahn in der Mie-Präfektur aufweisen. Zudem werden die Rennen in deutlich anderen Bedingungen abgehalten werden, was sich ebenfalls auf die Balance des Fahrzeugs auswirken wird. Mit einem ersten Fazit sollte man daher vermutlich bis in den Sommer warten.
Tomoki Nojiri: Die Quest zum historischen dritten Titelerfolg in Folge
Noch nie konnte ein Fahrer in der JRP-Ära seit 1996 drei Titel in Folge gewinnen. Einzig Satoru Nakajima gelang dieses Kunststück von 1984-1986 – den letzten drei Japan der ehemaligen All-Japan Formula Two Championship, der damals höchsten Formelserie in Japan. Als amtierender Champion geht er natürlich als großer Favorit in die neue Saison. Er selbst möchte davon aber nichts wissen, hinterfragt gar, ob die Dominanz der letzten beiden Jahre gar weiterführen könne. Als Grund nannte der 33-Jährige noch fehlende Konstanz in Sachen Balance des neuen SF23. Doch Nojiri hätte keine zwei Titel in Folge gewonnen, wenn er und Mugen auch an schwierigen Wochenenden nicht stets die Abstimmung des Fahrzeugs zwischen Training und Qualifying hätten verbessern können. Es ist eine von Nojiris größten Stärken, eine Situation punktgenau zu analysieren und entsprechend am Setup mit seinem Ingenieur Toshihiro Ichise zu tüfteln. In den vergangenen beiden Jahren hat er fünf von 17 Rennen gewonnen und achtmal die Pole-Position erobert – davon allein sechsmal in 2022. Damit zog Nojiri mit den meisten Pole-Positionen pro Jahr mit Tsugio Matsuda gleich. Um ein Haar hätte er gar mit dessen Rekord von fünf ersten Startplätzen in Folge gleichgezogen. Einzig der Sommerregen am Fuji hinderte ihn daran. Tomoki Nojiri setzte der Super Formula in den letzten beiden Jahren den Stempel auf – und es ist nur schwer vorstellbar, dass er auch dieses Jahr als Titelaspirant ins Rennen geht.
Dieses Mal sogar erstmals in den Farben von Red Bull, da der österreichische Energy-Drink-Hersteller mit Mugen-Neuzugang Liam Lawson nun beide Fahrzeuge sponsort, obgleich Nojiri kein Red-Bull-Athlet ist. Mit dem neuseeländischen Neuzugang hat Nojiri seit 2016 erneut einen Formel-1-Aspiranten an seiner Seite. Damals zog der Japaner gegen Stoffel Vandoorne, der als amtierender GP2-Champion nach Japan kam, den kürzeren, was er als Ansporn sah, um besser zu werden. Nun ist er der Star-Fahrer und Liam Lawson wird sich an ihm messen müssen.
Nach einem enttäuschenden 2022: Eine letzte Chance für Giuliano Alesi?
Keine Frage: So hatte sich Giuliano Alesi die letztjährige Saison nicht vorgestellt Lediglich ein Resultat in den Punkten (P8) beim zweiten Saisonrennen auf dem Fuji Speedway bedeutete den vorletzten Tabellenplatz mit drei Zählern. Ein Desaster für die Top-Mannschaft von TOM’S, die mit Ritomo Miyata einen Titelaspiranten auf dem vierten Tabellenrang hatten. Alesis Einbruch war dahingehend überrascht, da er im Jahr zuvor bei fast allen Rennen für den WEC-verhinderten Kazuki Nakajima einsprang und direkt bei seinem zweiten Auftritt die verkürzte Regenschlacht auf dem Autopolis Circuit gewann. Und all das, während er an den gleichen Wochenenden auch um den Titel in der Super Formula Lights (Vizechampion hinter Teppei Natori) kämpfte. Umso weniger überraschend waren deshalb die Gerüchte, dass Alesi nach erst einer Vollzeit-Saison ersetzt werden könnte. Der heißeste Kandidat: Ukyo Sasahara, der trotz zwei Siegen im vorherigen Jahr kein Cockpit mehr von Honda angeboten bekam und als erster Japaner seit 15 Jahren das Lager des in Sakura-ansässigen Automobilherstellers verließ und zu Toyota überlief. Dort ließ TOM’S ihn gegen Alesi beim Rookie- und Herstellertest im Dezember gegeneinander antreten. Und obgleich Teamchef Jun Yamada Sasahara als den schnelleren der beiden Piloten einstufte, erhielt Alesi den Vortritt.
So erklärte TOM’S-Gründer Nobuhide Tachi, dass die Entscheidung im Sinne des japanischen Motorsports fiel. So kommentierte er ganz transparent, dass es kein gutes Zeichen für den Sport sei, wenn ein Star-Fahrer wie der gebürtige Franzose nach so kurzer Zeit sein Cockpit verlieren würde. Alesis Status kommt nicht von irgendwo, schließlich genießt sein Vater und ehemaliger F1-Liebling Jean Alesi, insbesondere aber dessen Mutter, die japanische Schauspielerin Kumiko Goto, ein immenses Ansehen im Land der aufgehenden Sonne. Während Alesi also Rückendeckung von Nobuhide Tachi erhielt, bleibt natürlich das Gefühl, dass dies die letzte Chance für den ehemaligen Ferrari-Nachwuchsfahrer sei, um sich zu behaupten. Dass er deutlich besser als die katastrophale Saison 2022 ist, konnte er unter anderem das Jahr zuvor beweisen. Und auch Jun Yamada erklärte, dass er seit der Zusage deutlich entspannter ans Werk gehe als es noch 2022 der Fall war. Gleichzeitig gab er aber auch an, dass Alesi einige Punkte verbessern müsse. Hierfür hat Toyota unter anderem den dreifachen GT300-Champion Tatsuya Kataoka als Berater engagiert, der im letzten Jahr noch die Mannschaft von Rookie Racing leitete und zu Alesi eine gute Beziehung pflegt.
Ukyo Sasahara ging bei dem Ganzen natürlich nicht leer aus. Toyota hat ihn als neuen Entwicklungsfahrer verpflichtet mit der Chance auf ein Vollzeit-Cockpit für 2024. Damit tritt der die Nachfolge des zweifachen Meisters Hiroaki Ishiura an, der fortan den Chefsessel bei Rookie Racing einnimmt. Für zusätzliche Würze sorgt, dass Sasahara und Alesi Teamkollegen bei TOM’S in der SUPER GT sind.
Kann Kamui Kobayashi seine Durststrecke beenden?
Alle lieben Kamui. Kein Wunder: Der ehemalige Formel-1-Star strahlte schon immer eine Unmenge von Charisma aus und entwickelte sich nach seiner Zeit in der selbsternannten „Königsklasse“ zu einem Sportwagen-Ass mit zwei Weltmeisterschaften im World Endurance Championship (WEC), einem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans (2021), zwei Triumphen bei den 24 Stunden von Daytona (2019 und 2020) und gar einem Rennsieg in der SUPER GT (2018). Einzig ein Super-Formula-Triumph fehlt Coach Kamui noch. Er und KCMG, das einzige nicht ursprünglich aus Japan stammende Team, waren in den vergangenen Jahren oftmals schon mit den Fingerspitzen am Siegerpokal. Pech oder Missgeschicke bei den Boxenstopps verhinderten jedoch den langersehnten Erfolg. KCMG blickt auf ein schwieriges 2022 zurück, dass der Meister von 2016, Yuji Kunimoto, und Kamui Kobayashi lediglich auf dem 16. und 17. Tabellenrang beendete – die schlechteste Saison für KCMG in den letzten 13 Jahren. Für 2023 nahm die Mannschaft von Ryuj Doi deshalb einige starke Änderungen vor. Zwar wird der zweifache Meister Tsugio Matsuda weiterhin das Team leiten. An seine Seite gesellt sich fortan aber der ehemalige Formula-Nippon-Fahrer Tetsuya Tanaka, um als Race Manager zu agieren. Zugleich hat man Ex-Kondo-Racing-Mann Kazushige Igarashi verpflichtet, der die Pflege und Wartung beider Boliden beaufsichtigen wird. Zumindest bei den Testfahrten machten sich die Änderungen mit der Bestzeit von Kobayashi am finalen Testtag bemerkbar.
Aus Team Goh wird TGM Grand Prix – Toshiki Oyu wagt mutigen Karriereschritt
Mit Team Goh trat vergangene Saison ein neues, für Kenner der japanischen Motorsportszene aber altbekanntes Team, der Super Formula bei. So dominierte die Mannschaft nicht nur die JGTC-Saison 1996 mit dem legendären LARK McLaren F1 GTR. Man trat unter anderem auch mit einem Audi R8 in Le Mans an und war maßgebend am Wechsel von Alex Palou in die amerikanische IndyCar Series beteiligt. Nachdem Red Bull jedoch ihre Partnerschaft mit dem Team beendete, fehlte es an Geld, um das Projekt fortzuführen. Servus Japan, die effektiv für die Durchführung des Teams verantwortlich waren, übernahm deshalb komplett die Zügel. Da auch Kazuhiro Ikeda von Team Goh der Mannschaft als Teamchef erhalten bleibt, kann das Ganze quasi als eine Art Rebranding betrachtet werden. So stehen die Initialen auch für „Team Goh Motorsport“.
Ohne die finanzielle Unterstützung der beiden Fahrer wäre das allerdings nicht möglich gewesen. Dass ein Teil der Finanzspritze ausgerechnet von Toshiki Oyu. eines von Hondas heißesten Talenten, kommt, ist hingegen eine große Überraschung. So verließ der 24-jährige, aus Sapporo stammende Japaner freiwillig sein sicheres Cockpit bei Nakajima Racing. Als Grund gab er offiziell die eigenen Ambitionen an. Inoffiziell könnte aber auch eine gewisse Unzufrieden mit seinem Status in der Mannschaft eine tragende Rolle gespielt haben. So debütierte Oyu 2020 und gewann als Rookie des prestigereichen JAF Grand Prix in Suzuka. Just ein Jahr wechselte der frisch gekrönte dreifache Meister Naoki Yamamoto von Team Dandelion Racing zu Nakajima Racing – jene Crew, mit der er 2010 seinen Super-Formula-Einstieg feierte. Yamamoto erlebte jedoch zwei katastrophale Jahre und schnitt jeweils schlechter als Oyu ab, obgleich er vergangene Saison in der zweiten Hälfte zur alten Stärke wiederfand und beim Heimrennen in Motegi gar seinen ersten Sieg seit 2020 einfuhr.
Gerüchten zufolge zeigte sich Oyu unzufrieden, dass er trotz besserer Leistungen lediglich die zweite Geige hinter Yamamoto spielen musste und entschloss sich daher auf eigenen Wunsch das Team zu verlassen. So gab er an, dass er das aktuell beste Team (Team Mugen) nur dann schlagen kann, wenn er mit Servus Japan zusammenarbeitet, die bis 2021 noch in Partnerschaft mit Mugen standen. Laut Insider-Informationen soll Oyu gar ein mögliches Cockpit bei Dandelion abgelehnt haben. Ohne die Unterstützung von Honda musste er daher selbst die finanziellen Mittel aufbringen, um sein Cockpit bei TGM Grand Prix zu finanzieren. Ein wahrlich gewagter Karriere-Move, der allerdings angesichts des Know-Hows und vereinzelt guten Resultaten im letzten Jahr (zwei Podiumserfolge für Team Goh) aufgehen könnte. Das freigewordene Cockpit bei Nakajima Racing ging an den letztjährigen Rookie des Jahres und Goh-Fahrer Ren Sato.
Das größte Feld seit 2007 mit 22 Fahrern – darunter fünf Rookies
Elf Toyota- und elf Honda-Fahrer sorgten für ein sehr ausgewogenes Feld – das größte seit 2007. Darunter gesellen sich fünf teils internationale Rookies. Mit Cem Bolukbasi wird erstmals ein türkischer Fahrer an der Super Formula teilnehmen. Der 25-jährige gebürtige Istanbuler, der vergangenes Jahr Teilzeit in der Formel 2 unterwegs war, konnte letzten Dezember im alten SF19-Boliden erste Japan-Luft schnuppern – ein Vorbote der letztlichen Vertragsunterzeichnung bei TGM Grand Prix an der Seite von Toshiki Oyu. Die Erdbebenkatastrophe in der Türkei sowie im benachbarten Syrien stellte zwar noch ein Fragezeichen dahinter, da wie er gegenüber der japanischen Presse erklärte es selbstredend kein guter Zeitpunkt war, um nach finanzieller Hilfe zu fragen, letztlich konnte er aber das nötige Budget zusammenbekommen. Angesichts der Tragödie möchte Bolukbasi für sein Land fahren, weshalb sein Bolide auch den #PrayForTürkiye-Schriftzug tragen wird. Bolukbasis bislang bestes Resultat seiner noch jungen Formel-Karriere war ein fünfter Tabellenplatz mit zwei Siegen in der Euroformula Open im Jahr 2021.
Erstmals seit 2019 wird B-Max Racing mit zwei Autos am Grid vertreten sein. An die Seite des letztjährigen Suzuka-Siegers Nobuharu Matsushita gesellt sich Raoul Hyman. Der 26-jährige Brite gewann letztes Jahr dominant das Formula Regional Americas Championship und erhielt als Belohnung ein HPD-Stipendium, um in die Super Formula aufzusteigen – eine Initiative von Honda Performance Development (HPD) und Honda Japan. Mitsamt Hyman begibt sich auch sein letztjährige Ingenieur Tim Neff nach Japan, dem auch das TJ Speed Motorsports-Team gehört, mit dem Hyman letztes Jahr den Titel errang. Zuvor war der Australier für Sam Schmidt Motorsports in der IndyCar wie IndyLights tätig. B-Max Racing nahm einige interne Veränderungen vor, um sich für 2023 neu aufzustellen. Auch Matsushita wird heuer mit einem neuen Ingenieur in Form von Masahi Miyata zusammenarbeiten, der diese Rolle bereits zuvor kurzzeitig 2021 innehatte, bevor Neuzugang Yasuhiro Tasaka besagten Posten übernahm.
Kakunoshin Ohtas Winter verlief alles andere als erfreulich. Aufgrund eines schweren Unfalls bei SUPER-GT-Testfahrten in Suzuka musste er vorsichthalber die einzigen Super-Formula-Probefahrten auslassen. Für ihn sprang Hiroki Otsu ein – jener Fahrer, der sein Cockpit an den 23-Jährigen nach einer durchwachsenen Saison mit lediglich einem Podiumsresultat abgeben musste. Ohta wurde 2022 Vizemeister in der Super Formula Lights und machte sich insbesondere mit zwei Podiumsresultaten in der GT300-Klasse der SUPER GT einen Namen. Sein erstes Super-Formula-Wochenende wird aufgrund der Verletzungspause gewiss kein einfaches werden, schließlich steht ihm lediglich eine Trainingseinheit für das gesamte Wochenende zur Verfügung, um sich auf den neuen SF23-Boliden einzuschießen. In der Vergangenheit konnte er aber häufiger mit einer schnellen Adaptionszeit glänzen. Mit Tadasuke Makino hat er zudem einen erfahrenen wie auch schnellen Teamkollegen als Mentor.
Ohta ist nicht der einzige Pilot, der verletzungsbedingt den Vorsaisontest auslassen musste. Auch Kenta Yamashita (Kondo Racing), seines Zeichens SUPER-GT-Meister von 2019, musste nach einem Testunfall auf der Grand-Prix-Strecke im Januar für mehrere Monate pausieren. Für ihn sprang Toyota-Neuzugang Ukyo Sasahara ein. Sein neuer Teamkollege ist der amtierende Super Formula Lights-Champion Kazuto Kotaka. Der 23-jährige bestritt als Ersatz für den WEC-verhinderten Kamui Kobayashi 2021 bereits sechs Rennen für KCMG, wird nach einer einjährigen Abstinenz aber dennoch offiziell als Rookie gewertet. Es ist somit die erste Vollzeit-Saison für den aus Kanagawa stammenden Japaner, der seit seinem ersten Auftritt vor zwei Jahren deutlich steigern konnte. Seine Aufgabe ist dennoch keine einfache: Nicht nur musste er einen Großteil des Testprogramms erfüllen. Er tritt gleichzeitig auch in die Fußstapfen von Formel-E-Abgänger Sacha Fenestraz, der letztes Jahr als Vizemeister nur knapp den Titel verpasste. Fenestraz war maßgeblich für die Erfolge und Entwicklung von Kondo Racing in den letzten Jahren verantwortlich – eine Lücke die Yamashita und Kotaka nun füllen müssen. Teambesitzer Masahiko „Matchy“ Kondo wurde zugleich auch als neuer Chairman der JRP ernannt. Er tritt damit die Nachfolge von Satoru Nakajim an, der kürzlich seinen 70. Geburtstag feierte und auch die operativen Zügel seines eigenen Rennstalls an den ehemaligen Super-Formula-Piloten Takuya Izawa übergab. Kondo soll die JRP durchs neue Zeitalter führen und frische Impulse einbringen.
Headliner der fünf Rookies dürfte ohne Zweifel jedoch Liam Lawson sein. Der Neuseeländer gilt als heißer Kandidat für eines der vier Red Bull-geführten Formel-1-Cockpits und soll nach seinem letztjährigen Bronzerang mit Carlin in der Formel 2 weitere wichtige Erfahrungen in Japan sammeln. Obgleich er nicht als amtierender Champion nach Japan reist, wird der 21-Jährige nicht mit unrecht mit Pierre Gasly verglichen, der 2017 als Rookie nur hauchdünn den Super-Formula-Titel verpasste und anschließend in die selbsternannte „Königsklasse“ aufstieg. Lawson war mit Abstand schnellster der insgesamt fünf Rookies bei den Testfahrten, möchte den Ball aber dennoch flach halten. Podiumsplätze seien das Ziel, so der Neuseeländer. Den Fuji-Double-Header sieht er dabei als große Chance, um weitere Erfahrung zu sammeln, da ähnlich Hyman und Bolukbasi alle Strecken bis auf Suzuka komplettes Neuland für ihn sind.
Weniger defensive Nutzung erwünscht: Signifikate Änderung an OTS
Anstatt DRS verwendet die Super Formula seit alter Formula-Nippon-Tagen das sogenannte Overtake System (OTS), was dem Push-to-Pass-System aus anderen Serien ähnelt. Auf Knopfdruck kann der Fahrer den Benzinfluss kurzzeitig erhöhen, wodurch die Motorleistung um rund 10% ansteigt. Als besonderer Service für die Fans an der Strecke sowie vor den Bildschirmen wurde der Nutzen anhand von blinkenden Lichtern am Überrollbügel sowie der Heckaufprallstruktur signalisiert. Besagte blinkende Lichter werden nun allerdings für dieses Jahr abgeschafft, was zu geteilten Meinungen im japanischen Fanlager führte. Der Hintergrund: Die JRP möchte den defensiven Nutzen von OTS minimieren, da der vorausfahrende Pilot relativ einfach die OTS-Aktivierung des Verfolgers erkennen und entsprechend selbst per Knopfdruck reagieren konnte, wodurch es häufiger zu einer Art Pattsituation im Zweikampf kam.
Damit die Fans dennoch erkennen können, wann OTS verwendet wird, wird die Nutzung in den Live-Telemetriedaten auf der neuen SFgo-Plattform (siehe nächsten Absatz) angezeigt – allerdings mit einer leichten Verzögerung von zehn bis zwanzig Sekunden. Nebeneffekt: Die Teams können ihren Fahrern so auch nicht reinfunken, dass der Kontrahent gerade am „boosten“ ist. Wie gehabt stehen allen Piloten insgesamt 200 Sekunden OTS pro Rennen zur Verfügung (im Qualifying ist die Nutzung verboten). Einzig die Cooldown-Zeit, sprich die Zeitspanne wann der Knopf wieder gedrückt werden kann, wurde für einige Strecken angepasst. In Suzuka sowie Autopolis bleibt diese bei 100 Sekunden. Im Sportsland SUGO wurde sie auf 110 Sekunden, auf dem Fuji Speedway sowie im Mobility Resort Motegi sogar auf 120 Sekunden angehoben.
Wo kann ich die Super Formula 2023 schauen?
Letztes Jahr hatte die Super Formula erstmals ein eigenes Streaming-Angebot mitsamt japanischen wie auch englischen Kommentar auf YouTube gestartet. Dieses wird es heuer nicht mehr geben. Stattdessen hat man eine neue wie auch innovative Premium-Plattform namens SFgo eröffnet. Verfügbar für die gängigen Browser, iOS- und Android-Geräte, können über diese alle Sessions (Freies Training, Qualifying, Rennen) live geschaut werden. Zusätzlich stehen Live-Onboard-Kameras von allen 22 Fahrern sowie Live-Telemetriedaten wie auch das Team-Radio zur Verfügung. Selbstverständlich können alle Sessions auch on demand mitsamt aller Features geschaut werden. Für die Zukunft sind weitere Features geplant. Das Abonnement kostet pro Monat 1480 Yen. Wer gleich ein Jahresabo in Höhe von 11880 Yen abschließt spart rund 33% auf den monatlichen Plan (990 Yen pro Monat). Neben dem japanischen wird es auch englischen Kommentar in Zusammenarbeit mit Motorsport TV geben, die wie gehabt ebenfalls alle Rennen auf der eigenen Premium-Plattform live streamen. Das Abonnement kostet 5,39€ im Monat. Das Jahresabo beträgt 44,99€.
Copyright Photos: Japan Race Promotion (JRP)
2 Kommentare
[…] Formula has introduced their own official streaming platform called SFgo this year. In addition to the broadcasts on J SPORTS, they also signed a contract with the […]
[…] Den Showdown um das TOM’S-Cockpit gegen Ukyo Sasahara konnte er aus verschiedenen Gründen (siehe unsere Saison-Vorschau) für sich entscheiden. Dadurch wirkte er laut Teamchef Jun Yamada deutlich gelassener. Aus dem […]
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