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GT World Challenge Europe Endurance Cup: Analyse Monza

von Nils Otterbein
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Am vergangenen Wochenende erlebte die GT World Challenge einen äußerst actiongeladenen Auftakt in Monza. Das Rennen wurde trotz des großen Starterfeldes nicht so von Unfällen geprägt, wie zunächst auf der Highspeed-Strecke befürchtet. Ein Hersteller konnte die Szenerie dominieren.

Probleme machte insbesondere die Stromversorgung an der Strecke. Immer wieder mussten Sessions verschoben werden oder im Falle der Qualifikation sogar abgebrochen werden, weil die Teams u.a. die Reifen somit nicht präparieren konnten. Das fehlende Bild im Livestream war hier noch das geringste Problem.

Aufregung erzeugten zudem auffallend große BOP-Anpassungen nach dem samstäglichen Training sowie dem Pre-Qualifying. Während Audi und Mercedes 10, bzw. 15 Kilo zuladen mussten, durften Porsche und Lamborghini Kilos ausladen, während man bei Ferrari neben weniger Gewicht auch die Turboleistung anpasste. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es das erste größere SRO-Rennen in Europa war, bei der die BOP zum Tragen kam. Insbesondere bei neuen Modellen wie dem Ferrari oder dem Porsche sind hier häufige Anpassungen nichts Ungewöhnliches. Allerdings sorgte das eher einseitige Kräfteverhältnis im sonntäglichen Qualifying für etwas Verwunderung.

Die Qualifyings sind auch dieses Jahr beim Endurance-Cup in drei Segmente unterteilt, in denen jeder der drei genannten Fahrer ein Segment fährt, wonach der Mittelwert der drei Zeiten den Startplatz ergibt. Nach den ersten beiden Segmenten waren es mal eben vier BMW M4, die sich die ersten beiden Startreihen aufgeteilt haben mit beiden Rowe BMW und den beiden WRT-Fahrzeugen aus dem Pro-Cup. Der beste Mercedes war zu diesem Zeitpunkt auf dem neunten Platz, der beste Porsche auf Platz zehn. Bei Porsche gab es ohnehin Probleme mit dem ABS und der Traktionskontrolle, was vor allem bei einem Heckmotor-Konzept wie dem Porsche sehr großen Einfluss hat. Alle Teams bekamen die Anweisung, ohne die Fahrhilfen in die Sessions zu gehen, was man jedoch für das Rennen lösen konnte. Die große Überraschung war der Garage 59 McLaren #188 aus dem Bronze-Cup, auf dem Henrique Chaves in Q1 die Bestzeit fahren konnte. Damit war man schneller als das Schwesterfahrzeug aus dem Pro-Cup.

Die Qualifikation wurde jedoch nach zwei Segmenten abgebrochen, da es mal wieder einen Stromausfall an der Strecke gab. Natürlich fühlten sich viele Teams um ihren guten Startplatz betrogen, da einige für Q3 ihren besten Fahrer schicken wollten. Aber: Genauso gut kann eine Quali auch wegen schlechtem Wetter, einer beschädigten Leitplanke oder ähnlichem abgebrochen werden. Gegen höhere Gewalt kann man eben nichts machen!

Rennen

Vor dem Start sah man eine prall gefüllte Startaufstellung und vor allem gut besetzte Tribünen, wie man sie von der GT World Challenge eigentlich nur aus Spa vom 24 Stunden Rennen kennt. Wenn ein Valentino Rossi mit einer 46 in der ersten Startreihe steht, zieht das in Italien einfach die Massen an. Somit war es kein Zufall, dass ausgerechnet um die #46 herum die größte Menschentraube vor dem Start zu sehen war.

Wie befürchtet ging der Start mit 55 Autos auf dem Weg in die erste Schikane nicht ohne Zwischenfall ab. Der Getspeed Mercedes von Florian Scholze bekam eine Berührung von einem anderen Fahrzeug, musste somit leicht nach links ausweichen und traf den ST Racing by Rinaldi Ferrari von Samantha Tan. Vor allem der Ferrari war an der Front ziemlich stark beschädigt. Daraufhin ging die Safetycar-Phase rund 15 Minuten. Der große Gewinner des Starts war Maro Engel, der im AlManar Mercedes #777 von P9 auf P3 nach vorne flog, ohne dabei einen Frühstart zu fabrizieren.

Danach folgte ein geordneter Restart. Jedoch dauerte es nur eine weitere Runde, bis es erneut eine Neutralisation des Rennens gab. In der ersten Schikane drehte Lorenzo Patrese im Attempto-Audi Rolf Ineichen im Iron-Lynx Lamborghini um. Daraufhin musste der erfahrene Schweizer den Wagen abstellen. Wie üblich kommt es in der GTWC erst zu einer FCY-Phase, die eine Runde später zu einer normalen SC-Phase umgewandelt wird. Auch wenn das Prozedere etwas befremdlich erscheint, ist es klar im Sinne der vielen Bronze-Piloten, um die Reifen in einer regulären Safetycar-Phase auf Temperatur zu halten. Es hätte allerdings noch einen weitaus schwerwiegenderen Crash geben können. Bevor Rolf Ineichen in die Schikane einbog, ist der Comtoyou-Audi #21 mit hohem Tempo geradeaus durch die Schikane geschossen. Durch den Schlag über den Randstein könnte auch zu erklären sein, weshalb bei diesem Fahrzeug in der Folge der Transponder im restlichen Rennen nicht mehr ging, weshalb der Österreicher Max Hofer für die kompletten drei Stunden auf dem Wagen registriert war.

Zu diesem Zeitpunkt dachte jeder, dass es ein sehr langatmiger Nachmittag im Bummeltempo werden könnte. Überraschenderweise sollte es die letzte Safetycar-Phase gewesen sein. Beim zweiten Restart musste Rossi den zweiten Platz an Maro Engel schließlich hergeben. Auch wenn Rossi rein vom Speed absolut mit den Profi-Kollegen mithalten kann, merkt man ihm beim fliegenden Start noch etwas Unerfahrenheit an. Kurz darauf gab es den nächsten heftigen Abflug von Niki Leutwiler im Car Collection Porsche #24, dem eine Berührung mit dem Herberth Porsche von Ralf Bohn hervorging. Leutwiler krachte heftig in die Leitplanke und bliebt in der Schikane stehen. Jedoch lies die Rennleitung sehr überraschend die Situation mit einer lokalen Gelbphase lösen, wie man es aus früheren Motorsport-Zeiten gekannt hätte. Wahrscheinlich hätte Formel 1-Rennleiter Nils Wittich hier längst über eine rote Flagge nachgedacht (:D). Daraufhin nahm das Rennen erstmals einen richtigen Rhythmus an, woraufhin der erste Stint schon fast vorbei war. Die Stintlängen der Fahrer gehen auch dieses Jahr mindestens 50 und maximal 65 Minuten.

Eine Schrecksekunde erlebte Valentino Rossi, als er kurz vor Ende seines Stints den Bremspunkt der ersten Schikane etwas verfehlte und beim anschließenden Beschleunigen zunächst die Motorleistung weg war. Es schien so, als wäre der Motor wegen der niedrigen Drehzahl bei ca. 20 Km/h in ein Notprogramm gegangen, wonach er bis auf Platz 14 zurückfiel. Rossi war der, der aus der einstigen Spitzengruppe den ersten Stopp machte.

Die damaligen Top 3, Phillip Eng, Maro Engel, Sheldon van der Linde blieben strategisch nah zusammen und waren nur eine Runde getrennt beim Stopp. Augusto Farfus, der die #46 von Rossi übernahm, hatte kurz danach einen Reifenschaden und gab das Rennen auf. Eventuell hatte er sich ein Teil eingefahren, was nach dem Leutwiler-Crash auf der Strecke lag. Nach den Stopps war vorne die Reihenfolge: Wittmann (#98) / Weerts (#32), Verhagen (#998). Der Verlierer der ersten Stoppphase war die #777 von Fabian Schiller, der von Maro Engel übernahm und vom zweiten auf den siebten Platz zurückfiel. Vorbei kamen die Lamborghinis von K-Pax Racing und Iron Lynx, die von Sandy Mitchell und Andrea Caldarelli gefahren wurde. Hier entstand ein munteres Kampfpaket, wo Timur Boguslavskiy im Akkodis ASP Mercedes die Hauptrolle spielte. Der Russe, der letztes Jahr den Sprint-Cup mit Raffaele Marciello fuhr, fand einfach nicht in den Rhythmus und konnte den Platz nicht gegen die beiden Lamborghinis halten. Oft musste er Kampflinie fahren und immer wieder die Schikanen abkürzen, um sich zu halten.

Gegen Ende der Top 10 ging das verkorkste Rennen für Fabian Schiller in der #777 weiter, der auf Dennis Marschall im Attempto-Audi auffuhr und nach einer Beschädigung, inkl. Rauchentwicklung am rechten Vorderrad das Rennen aufgeben musste. Der AlManar-Mannschaft ist nach dem Stopp das Rennen wirklich komplett entglitten. Das Drama aus Mercedes-Sicht ging weiter, nachdem sich der eben erwähnte Boguslavskiy hart gegen Christopher Mies verteidigte und einen Reifenschaden zuzog. Damit waren binnen fünf Minuten die Mercedes aus den vorderen Punkterängen raus.

Vor dem Reigen der zweiten Stopps entbrannte ein Kampf um die Führung zwischen Wittmann und Weerts, der ganz im Endurance-Stil von vielen Überrundungen geprägt war. Dahinter war der starke Auftritt vom international bislang eher unbekannten Sandy Mitchell erwähnenswert, der sich bis kurz vor Ende seines Stints vor dem Werksunterstützten Huracan von Caldarelli halten konnte. Das BMW Junior Team, was ebenfalls von Rowe eingesetzt wird, fuhr ein unauffälliges Rennen auf dem dritten Rang. Es zeigt, dass die drei Junioren Jahr für Jahr mehr aus sich rausholen können.

Nach den finalen Stopps entzerrte sich das Bild an der Spitze etwas. Wittmann übergab an Yelloly, Weerts an Dries Vanthoor, Verhagen an Max Hesse. Alles sah zu diesem Zeitpunkt nach einem reinen BMW-Podest aus.

Zum spätestmöglichen Zeitpunkt kam der K-Pax Lamborghini von Mitchell an die Box und übergab an Marco Mapelli. Dieser kam jedoch mit qualmendem Radhaus aus der Box und musste das Rennen aufgeben. Entweder war das Rad nicht richtig fest oder es gab ein Problem mit der Aufhängung.

Etwas TV-Zeit bekamen am Ende des Stoppfensters auch die AF-Corse Ferrari, die mit einem neuen 296 und einem alten 488 antraten und gleichzeitig, ganz im WEC-Stil, ihren letzten Stopp absolvierten. Immerhin konnte Robert Shwartzman bei seinem GT3-Debüt den neuen Ferrari in den Top10 halten. Dennoch nach den guten Auftritten von Frikadelli und Racing One in der NLS trotz Anpassungen ein unauffälliges Debüt für das neue Modell.

Den letzten großen Aufreger gab es ca. 30 Minuten vor Schluss, als Dries Vanthoor auf dem zweiten Platz liegend einen Notstopp einlegen musste, womit der Traum von einem Podest beim ersten Rennen von WRT mit BMW ausgeträumt war. Immerhin reichte es am Ende noch für den sechsten Platz und wichtige Meisterschaftspunkte.

Ein gutes Duell entstand in der Schlussphase noch um die Podiumsplätze im Bronze-Cup zwischen Arjun Maini im Mercedes und den beiden McLaren von Garage 59 mit Eddie Cheever und Enrique Chaves. Spannend wurde es auch nochmal in der Pro/Am-Klasse zwischen der #15 (Ceccato-BMW) als Gaststarter gegen den Lamborghini #78 von Barwell Motorsport.

Vorne gab es schlussendlich einen ungefährdeten Rowe-Doppelsieg mit der #98 vor der #998. Es hätte ohne die Reifenschäden bei WRT auch einen vierfach-Sieg von BMW geben können. Spannend wurde es nochmal um den dritten Platz, den Mirko Bortolotti aber geradeso vor Patrick Niederhauser im Sainteloc-Audi halten konnte. Ohnehin sind die Audis trotz der Gewichtsanpassung ganz gut durchs Rennen gekommen mit drei R8 unter den besten Sieben. In diesem unauffälligen Stil hat die Marke nicht nur einmal die 24 Stunden am Nürburgring und Spa gewinnen können. Zu erwähnen ist auch die #40 von Tresor Orange, die im ersten Rennen der Neuformierung einen starken fünften Rang holten. Bemerkenswert: Das beste Fahrzeug außerhalb des Pro-Cups war die #21 vom Audi Team Comtoyou mit Hofer/Baert/Soulet, die als Gold-Besatzung trotz des heftigen Abflugs in der Startphase gut mit den Profi-Besatzungen mithalten konnten.

Nach einem DTM-Titel im ersten Jahr des M4, den drei Auftaktsiegen in der NLS und nun dem Doppelsieg in der GTWC scheint BMW im Moment zum erfolgreichsten GT3-Hersteller zu werden.

Und sonst noch: Wie Ferrari hatte auch Porsche im ersten Rennen mit der neuen 992-Version etwas zu kämpfen. Auf dem neunten Platz landete der beste der Dinamic GT-Huber Porsche. Stark in den einzelnen Fahrerkategorien waren die McLaren, von denen der Optimum Motorsport Wagen auf dem elften Platz der Erfolgreichste war. Nach den Ausfällen der Top-Autos landete der beste Mercedes nur auf dem 13. Platz.

Hier nochmal die einzelnen Klassensieger, die noch nicht erwähnt wurden:

  • Bronze-Cup: #911: Bachler/Malykin/Sturm – Pure Rxcing – Porsche
  • Silver Cup: #12: Dejonghe/Hezemans/Hutchinson – Comtoyou Racing – Audi
  • Pro/Am Cup: #78: Collard/Balon/Lind – Barwell Motorsport – Lamborghini

Weiter geht es in der GT World Challenge Mitte Mai mit dem ersten Sprint-Wochenende in Brands Hatch, wohlgemerkt auf dem langen Kurs und nicht auf dem Indy-Kurs, den die DTM ein paar Jahre fuhr. Mit dem Endurance-Cup geht es im Juni in Paul Ricard mit dem traditionellen 6 Stunden Rennen weiter, was dann mit der Schlussphase in der Dunkelheit die Generalprobe für die 24 Stunden von Spa bieten wird.

Bildquelle: gt-world-challenge.com (https://www.gt-world-challenge-europe.com/gallery?filter_season_id=23&filter_meeting_id=211&filter_race_id=&filter_text=Borto)

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