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BTCC: Donington 2023 – Überraschungen zum Saisonauftakt

von Sebastian Focks
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Mit zwei Siegen im ersten und dritten Lauf war Ford-Pilot Dan Cammish Mann des Tages beim BTCC-Saisonauftakt am vergangenen Wochenende auf dem National Circuit von Donington Park. Im von einem Reifenpoker bei einsetzendem Regen bestimmten zweiten Lauf holte sich Tom Chilton unerwartet seinen ersten BTCC-Sieg seit 4 Jahren. Darüber hinaus beeindruckten vor allem die starken Rookies Andrew Watson und Ronan Pearson, während Nic Hamilton im chaotischen zweiten Lauf vor den Augen seines Bruders sein mit Abstand bislang bestes Resultat einfahren konnte.

Die Fords von NAPA Racing UK präsentierten sich vom Start weg auffallend stark. Gleich drei der vier von Motorbase Performance eingesetzten Ford Focus ST fanden sich nach der Qualifikation in den Top 5 wieder. Ein wenig überraschend gelang es Motorbase-Neuzugang Dan Rowbottom die Pole Position vor Ash Sutton zu sichern. Dan Cammish fand sich dagegen zunächst „nur“ auf Startplatz fünf hinter den beiden BMWs von Jake Hill und Colin Turkington wieder, konnte aber immerhin den amtierenden Champion Tom Ingram im Hyundai, der von Platz sechs startete, hinter sich lassen.

Beim Start zum ersten Lauf auf regennasser Piste wurde es dann gleich mal turbulent. Jake Hill hatte einen perfekten Start, während Polesitter Rowbottom nur sehr schlecht und Teamkollege Ash Sutton mittelmäßig weg kamen. Dem zwischen beiden Fords auftauchenden BMW versuchte Sutton beim Sprint zur ersten Kurve dann etwas zu spät die Tür zuzuschmeißen, berührte diesen als er schon auf gleicher Höhe war und schleuderte dadurch selbst neben die Strecke auf die Wiese, wo er es nur knapp verhindern konnte, dass er sich zurück ins Feld drehte. Suttons Rennen war damit jedoch so oder so gelaufen, da er sich beim Ausflug ins Gras den Kühler beschädigte.

Pikanterweise bekam Hill später eine Strafe für die Kollision aufgedrückt und musste für den zweiten Lauf drei Plätze in der Startaufstellung nach hinten rücken. Obwohl sich der Ford mehr auf den BMW zubewegte, als der BMW auf den Ford, sahen es die Rennkommissare so, dass Hill noch nicht auf gleicher Höhe war, als Sutton sein Manöver gestartet hatte und Hill einfach hätte vom Gas gehen können (also das was Rennfahrer natürlich jederzeit bereit sind zu tun), um dem auf ihn zusteuernden Sutton auszuweichen (nach rechts war kein Platz, da dort Rowbottom war). Eine Entscheidung, die von vielen überraschend aufgenommen wurde und für Unmut in den sozialen Kanälen sorgte.

Von der Kollision blieb Hill im Gegensatz zu Sutton jedenfalls unbeschadet und bog als Führender in die erste Kurve ein, gefolgt von Cammish und Colin Turkington, der sich anschickte, eine BMW-Doppelführung herzustellen. Aber auch Turkingtons Rennen war – zumindest was den Verbleib in der Spitzengruppe anbelangte – nur von kurzer Dauer. In Old Haipin traf ihn Cammish, der wiederum vermutlich von Rowbottom angestoßen worden war, am Heck und der BMW musste eine Extra-Schlreife durch das Kiesbett drehen.

Hill führte somit zum Ende der ersten Runde vor Cammish, Ingram, der sich durch das Chaos gut durchmanövriert hatte, und Rowbottom. Dieses Spitzenquartett setzte sich dann im weiteren Rennverlauf um einige Sekunden vom restlichen Feld ab und belauerte sich gegenseitig. Zunächst sah es so aus, als ob Ingram schneller als Cammish wäre, dann musste sich der Hyundai-Pilot jedoch verstärkt um den hinter ihm Druck aufbauenden Rowbottom kümmern. Unterdessen zeigte sich immer deutlicher, dass Cammish auf der abtrocknenden Strecke deutlich besser mit seinen Regenreifen zurechtkam, als der führende Hill.

Nach mehreren zaghaften Versuchen machte Cammish dann zu Beginn der 19. Runde ernst, setzte sich beim Anbremsen von Redgate zunächst außen neben den BMW, bremste aber etwas eher und zog dadurch am Kurvenausgang innen daneben. Dadurch hatte der Ford-Pilot durch die Craner Curves die bessere Seite für das Anbremsen zur Old Hairpin, wo er schließlich die Führung übernehmen konnte. Bis zur Zielflagge anderthalb Runden später setze Cammish sich dann 2 Sekunden von Hill ab und krönte sich wohlverdient zum ersten Rennsieger des Jahres 2023. Hill schaffte es dahinter den zweiten Platz gegen den ebenfalls attackierenden Ingram zu verteidigen, während auf Platz vier BTCC-Rookie Andrew Watson als Sensation des Tages im Vauxhall Astra die Ziellinie kreuzte und sich zugleich den Sieg in der Independent-Wertung holte.

Ex-Langstreckenpilot Watson hatte bereits am Vortag überrascht, als er sich zunächst Platz acht in der Quali und dann Platz neun im Top Ten Shootout holte. Im Rennen arbeitete er sich zunächst an Adam Morgan und Ricky Collard vorbei, bevor er die zur Spitzengruppe entstandene Lücke binnen weniger Umläufe zugefahren hatte und schließlich noch Dan Rowbottom erfolgreich für den vierten Platz attackieren konnte. Nach der Pole Position blieb für Rowbo somit nur der etwas enttäuschende fünfte Platz. Ricky Collard (Toyota), Adam Morgan (BMW), George Gamble (Toyota), Josh Cook (Honda) und Árón Taylor-Smith (Vauxhall) komplettierten die Top Ten vor Rory Butcher und Colin Turkington, der sich nach seinem Ausritt in der ersten Runde immerhin in die Punkteränge zurück arbeiten konnte.

Der zweite Lauf entwickelte sich dann vom Start weg wegen einsetzenden Regens zu einer chaotischen Angelegenheit. Die an sich zunächst fast komplett abgetrocknete Strecke veranlasste das gesamte Feld Slicks aufzuziehen. Noch während der Einführungsrunde intensivierte sich dann jedoch der kurz zuvor eingesetzte Regen und einige Piloten, darunter Adam Morgan, Stephen Jelley und Tom Chilton entschieden sich dazu, noch vor dem Start die Boxen anzusteuern und Regenreifen aufzuziehen. Eine mehrere Runden andauernde Safety Car-Phase gleich nach der ersten Runde wegen des mit kaputter Aufhängung stehen gebliebenen Toyotas von Ricky Collard während derer der Regen weiter zunahm, nutzten weitere Fahrer für einen Reifenwechsel. Für einige, darunter u.a. Rory Butcher und Aiden Moffat, ging der Plan aber nach hinten los, da die Stopps derart lange dauerten, dass sie wegen des wieder auf Start-Ziel einbiegenden Saftey Cars an der auf Rot stehenden Boxenampel stehen bleiben mussten und eine Runde verloren.

Die gesamte Spitzengruppe innerhalb der Top Ten war derweil auf Slicks draußen geblieben und nahm so auch den Restart in Angriff. Dan Cammish hatte seine Führung beim Start gegen Tom Ingram und Dan Rowbottom erfolgreich verteidigen können und schaffte dies auch beim Restart. Schon nach kurzer Zeit zeigte sich aber, dass die Bedingungen ein Fahren mit Slicks unmöglich machten und die mit Regenreifen ausgestatteten Fahrer schoben sich mühelos an den Slick-bereiften vorbei. Die Spitzenposition innerhalb der mit Reifenprofil ausgestatteten Verfolger hatte zunächst BMW-Pilot Adam Morgan inne, der sich aber bereits in der ersten Runde nach dem Restart dem bei diesen Bedingungen glänzend aufgelegten Tom Chilton geschlagen geben musste.

Mit Morgan und Rookie Ronan Pearson im Schlepptau übernahm Chilton keine zwei Runden nach dem Restart die Führung von Cammish und konnte sich in der Folge mühelos mehrere Sekunden von Morgan absetzen. Im Gegensatz zu den Positionen im Mittelfeld, wo bis Rennende vielfach gefightet wurde und sich die nach ihren ausweichlich gewordenen Stopps zurückgefallene ehemalige Spitzengruppe versuchte, zurück nach vorne zu arbeiten, waren die Positionen an der Front somit bezogen. Tom Chilton holte sich seinen ersten BTCC-Sieg seit vier Jahren vor Adam Morgan, der bei seinem Debüt im WSR immerhin ein Podium feiern konnte, sowie Rookie Ronan Pearson, der bei den schwierigen Bedingungen ein fehlerfreies Rennen fuhr und sich das Podium redlich verdient hat gehabt hätte.

Leider wurde Pearson nach dem Rennen wegen zu niedriger Fahrzeughöhe disqualifiziert und Ford-Pilot Sam Osborne, der sich ebenfalls eindrucksvoll schlug und u.a. Stephen Jelley auf den vierten Platz verweisen konnte, erbte den dritten Platz. Platz fünf belegte mit Vauxhall-Pilot Mikey Doble ein weiterer Rookie knapp gefolgt von Nic Hamilton, der wie die anderen früh für Regenreifen gestoppt hatte und sich plötzlich in der Spitzengruppe wiederfand. Dass der Bruder von Formel 1-Weltmeister Lewis Hamilton, der bekanntlich aufgrund den Folgen einer Kinderlähmung mit einer Handgasvorrichtung in seinem Cupra Leon fährt, sein bestes BTCC-Resultat ausgerechnet an dem Tag einfuhr, als sich sein Bruder sich mit Mantel, Mütze und langem Schal unter die Zuschauer auf den regendurchtränkten Wiesen rund um den Kurs von Donington geschmuggelt hat, gehört zu den großen Momenten dieses Tages.

Hinter Hyundai-Neuzugang Nick Halstead belegte Colin Turkington, der noch vor Cammish, Ingram und Co. bereits zum Ende der Safety Car-Phase für Regenreifen stoppte, Platz acht. Mit deutlichem Abstand folgte dahinter Tom Ingram, der von denjenigen, die es nach dem Restart zunächst auf Slicks probierten und recht spät stoppten, am weitesten nach vorne schaffte. Hinter Ingram komplettierte Cupra-Pilot Bobby Thompson die Top Ten, gefolgt von Dan Rowbottom und Dan Cammish. Die letzten Punkte holten sich Dan Lloyd, Rory Butcher sowie Ash Sutton, der von hinten gestartet, ebenfalls lange auf Regenreifen verzichtete und durch seinen späten Stopp schließlich eine Runde verlor. Sutton schaffte es aber immerhin noch Jake Hill hinter sich zu lassen, der den zweiten Lauf auf Platz 16 und somit knapp außerhalb der Punkte beendete.

Auf die Pole Position für den dritten Lauf wurde dann zunächst Dan Rowbottom gelost, aber wegen der nachträglichen Disqualifikation von Pearson ging das Los an Teamkollege Cammish weiter. Mit Cammish und Rowbottom in Reihe eins fanden sich somit zum zweiten Mal an diesem Tag zwei blaue NAPA Racing Ford in der ersten Startreihe. Während Rowbottom den Start auf der nach wie vor nassen Piste vergeigte, zog Cammish mühelos vorne weg und führte das Feld in die ersten Runden des dritten Laufs. Auf Platz zwei hatte sich beim Start zunächst Colin Turkington geschoben, der aber noch im Verlaufe der ersten Runde von Tom Ingram in Old Hairpin überrumpelt wurde.

Dan Rowbottom fiel zunächst noch hinter Bobby Thompson auf den fünften Platz zurück und rodelte schließlich kurz nach dem Restart nach einer kurzen Safety Car-Phase wegen des gestrandeten Hyundai von Halstead, beim Versuch einer Attacke auf Thompson durchs Kiesbett und verlor weitere Positionen. Ein ähnliches Schicksal erlebten Rory Butcher und Nic Hamilton, die nach dem Restart im Kampf verstrickt in das weite Kiesbett bei Old Hairpin rodelten und mehrere Positionen verloren.

Während Cammish an der Spitze etwas Luft hatte, probierte Turkington dahinter zunächst einige Attacken auf Ingram, der seinen Hyundai aber auf Extrabreite einstellte und den BMW hinter sich halten konnte. Von hinten kommend pflügten derweil Ash Sutton und Jake Hill Position um Position durchs Feld und waren pünktlich zum letzten Renndrittel an Ingram und Turkington dran. Sutton, mit dem lauernden Hill im Nacken, probierte mehrere Male sich für eine Attacke neben Turkington zu platzieren, bevor er in Runde 19 schließlich einen sehenswerten Überraschungsangriff in MacLeans setzte und im darauf folgenden Rechtsknick von Coppice am BMW vorbei war. Den von der Ideallinie weg und leicht in den feuchten Dreck neben der Strecke gebrachten Turkington schnappte sich sogleich auch Markenkollege Jake Hill für Platz vier.

Bis zur Zielflagge änderte sich dann an den vorderen Positionen nichts mehr. Dan Cammish siegte zum zweiten Mal an diesem Tag und legte somit nach einem Saisonstart zum Vergessen im Vorjahr, bei dem ihm in der Qualifikation das Auto fast abgebrannt war, einen nahezu perfekten Start in 2023 hin, der ihn zugleich zum ersten Meisterschaftsführenden in dieser Saison macht. Tom Ingram und Ash Sutton, der an diesem für ihn eher schwierigen Renntag nach dem frühen Ausritt im ersten Lauf, immerhin ein gutes Resultat erzielen konnte, komplettierten das Podium. Es folgten die BMWs von Jake Hill und Colin Turkington sowie Bobby Thompson, Josh Cook, Tom Chilton, Árón Taylor-Smith und der etwas unglückliche Dan Rowbottom. Rory Butcher, Sensations-Mann aus Lauf 1 Andrew Watson, Ricky Collard, George Gamble und Aiden Moffat komplettierten die Top Ten.

Die gesamten Ergebnisse aller Läufe inklusive des Meisterschaftsstands können hier abgerufen werden.

Die nächsten BTCC-Läufe finden bereits am 6. und 7. Mai statt. Die Rennen auf dem Indy Circuit von Brands Hatch sollten und dann – trockene Bedingungen vorausgesetzt – ein umfassenderes Bild über die tatsächlichen Kräfteverhältnisse in diesem Jahr bieten. Aktuell erscheinen die NAPA Racing-Fords wie bereits erwähnt sehr stark. Die BMWs taten sich auffallend schwer damit, ihre Pace über eine Renndistanz zu halten, was aber schlicht und einfach auf stärker abbauende Regenreifen zurückgeführt werden kann, und die die Hyundai wirken – zumindest im Vergleich zu den Fords und allein an Ingrams Quali- und Rennpace festgemacht – ein klein wenig im Hintertreffen.

Überraschend stark aus Sicht des Mittelfelds präsentierten sich die PMR-Vauxhall, die über den gesamten Tag solide Punkteergebnisse einfuhren, während die Hondas von One Motorsport ziemlich blass wirkten. Hier gibt es wohl nach dem Wechsel vom schwächeren TOCA-Motor auf den stärkeren, aber auch etwas schwereren Werksmotor von Team Dynamics noch Abstimmungsprobleme beim Fahrwerk. Gleiches betrifft auch die Corollas von Toyota Gazoo Racing UK, die in dieser Saison erstmals einen aus dem Toyota Supra stammenden Motor einsetzen der in Sachen Leistungsdaten besser sein soll, aber eben auch etwas schwerer bzw. auch anders in Sachen Schwerpunkt ist und somit Anpassungen bei der Fahrzeugbalance erfordert.

Bilder: btcc.net

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BTCC: Brands Hatch Indy 2023 – Sutton und Turkington siegen – Racingblog 14 Mai, 2023 - 14:00

[…] Qualifikation schien es zunächst so, als ob Dan Cammish, der beim Saisonauftakt vor zwei Wochen in Donington zwei Mal siegreich war, seine starke Form beibehalten könne. Der Ford-Pilot holte sich in den […]

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