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IndyCar: Analyse 107th Indianapolis 500

von Rainer
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Josef Newgarden gewann am Sonntag sein erstes Indy-500. Damit krönte er seine bisherige Karriere. Für Team Penske war es der 19. Sieg beim Greatest Spectacle in Racing.

Insgesamt waren es typische 500-Meilen in Indianpolis. Lange Zeit wurden die Runden einfach abgespult und Benzin gespart. Der Fahrer an der Spitze verbraucht am meisten Benzin und so gab es viele freiwillige Führungswechsel. Es macht daher wenig Sinn, jeden Wechsel aufzuzählen. Auffällig war, dass sich die Führungsrunden gleichmäßig auf vier Fahrer aus zwei Teams verteilten. Pato O’Ward und Felix Rosenqvist sammelten 39 bzw. 33 Runden für Arrow McLaren, Alex Palou und Marcus Ericsson 36 bzw. 30 Führungsrunden für Chip Ganassi Racing. Damit ist das Kräfteverhältnis am Sonntag auch schon ziemlich gut wiedergegeben. Nur Rinus VeeKay kam mit 24 Führungsrunden noch auf eine größere Anzahl. Josef Newgarden lag nur 5 Runden ganz vorne.

Die Spitzengruppe bestand vor allem aus den Fahrern von McLaren und Chip Ganassi Racing. Dazu gesellten sich Rinus VeeKay und Santino Ferrucci. Der erste Fahrer, der sich aus dieser Gruppe verabschiedete, war Scott Dixon. Schon in Runde 18 war auf den Bildern aus dem Cockpit zu sehen, wie er mit dem Lenkrad zu kämpfen hatte. Starke Vibrationen waren zu erkennen. In der Folge fiel Dixon weit zurück. Bis zur 27. Runde musste er sein Auto über die Strecke tragen, um wenigstens halbwegs im Zeitfenster für die fünf Boxenstopps zu bleiben. Nach allen Stopps lag er nur noch auf Platz 21, musste zudem massiv Benzin sparen und konnte sich lange nicht wieder nach vorne arbeiten.

Nach den Stopps zeigten sich auch langsam die drei Penske-Fahrer in der Spitzengruppe. Will Power lag auf Platz 7, Josef Newgarden auf Platz 9 und Scott McLaughlin auf Platz 12. Ganz vorne dominierten aber weiterhin Chip Ganassi Racing, McLaren, Rinus VeeKay und Santino Ferrucci. Alex Palou musste den vielen Führungsrunden Rechnung tragen und kam bereits in Runde 61 zeitgleich mit Scott Dixon an die Box. Will Power hingegen blieb bis Runde 68 draußen. Der Penske-Chevrolet liefen im Renntrimm und Benzin-Sparmodus richtig gut. Ohne Gelbphasen wären es für Palou und Dixon noch lange 139 Runden bis ins Ziel gewesen. Aber natürlich blieb es nicht Caution-free.

Gegen Ende des dritten Stints löste Sting Ray Robb die erste Gelbphase aus. Graham Rahal hatte ihn in Kurve 1 innen überholt und in der Folge kam Robb zu weit nach außen. Im Dreck gab es kein Halten mehr und er rutschte in die Mauer. Eigentlich ein ganz normales Überholmanöver. Nur lag Graham Rahal zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Runden zurück. Sein Auto war beim Start nicht angesprungen und er musste in die Box geschoben werden. Erst nach externer Starthilfe ging es für den Dreyer & Reinbold Dallara los. Sting Ray Robb war der dritte Ausfall des Rennens. Katherine Legge verlor beim Start nach dem ersten Stopp die Kontrolle über ihr Fahrzeug und verbog sich an der Mauer die Aufhängung. R.C. Enerson schied in Runde 76 mit einem mechanischen Defekt aus.

Die Gelbphase wurde von allen Teams für die nächsten Boxenstopps genutzt. Sie lag fast perfekt im Fenster für die 5-Stopp-Strategie. Entsprechend voll wurde es in der Boxengasse. Alexander Rossi hätte Will Power beim Start fast abgeräumt und verlor einige Plätze. Etwas weiter vorne spielte sich das eigentliche Drama ab. Rinus VeeKay startete wie gewohnt mit durchdrehenden Rädern, verlor leicht die Kontrolle und kollidierte mit Alex Palou, der dann ebenfalls mit der Boxenmauer kollidierte. Er kam sofort zur Kontrolle noch einmal in die Box. Glücklicherweise konnte Palou das Rennen ohne größere Reparaturen wieder aufnehmen. VeeKay fuhr sofort weiter, wurde aber zu Recht mit einer Drive-Through-Penalty belegt. Damit lagen zwei der schnellsten Autos im Feld hinten.

Beim Restart fiel Will Power von Platz 5 auf Platz 17 zurück. Aus den TV-Bildern wurde nicht ganz klar was passiert ist. Direkt auf der Start-Ziel-Gerade wurde er durch den überholenden Alexander Rossi leicht behindert. Das war aber zu wenig, um die ganzen Plätze zu verlieren. Power konnte sich danach nicht mehr nach vorne arbeiten. In Führung lag Callum Illot, der bereits vor der Caution an der Box war. In der Folge konnte er aber das Tempo der Top-Fahrzeuge nicht mitgehen. Pato O’Ward und Felix Roenqvist übernahmen die Führung. Die beiden McLaren-Piloten wechselten sich regelmäßig an der Spitze ab, um den Benzinverbrauch in Grenzen zu halten. Dahinter folgten Santino Ferrucci, Josef Newgarden und Marcus Ericsson. Mit Colton Herta auf Platz 6 schaffte es der erste Andretti-Pilot in die Spitzengruppe. Auch Kyle Kirkwood lag in den Top-10. Auch Andretti-Autosport war im Rennen besser als in der Qualifikation.

Bereits in Runde 129 holte McLaren Pato O’Ward an die Box. Für einen regulären vorletzten Stopp war es zu früh. Stints über 35 Runden sind nur mit starkem Spritsparen oder längeren Gelbphasen zu überstehen. Zu allem Überfluss bekam O’Ward nach dem Stopp auch noch die Ansage, dass er noch mehr Benzin sparen müsse, da es Probleme mit der Tankanlage gab. Sein Teamkollege Felix Rosenqvist folgte ihm in Runde 132. Auch das war noch etwas früh und den vielen Führungsrunden geschuldet. Die anderen Top-Fahrzeuge kamen in den Runden 133 und 134 an die Box. Während der Stopps fuhr Colton Herta auf seinen Teamkollegen Romain Grosjean auf. Beide verloren dadurch einige Plätze. Nach den Stopps übernahm Marcus Ericsson die Führung vor Josef Newgarden. Dahinter folgten geschlossen Felix Rosenqvist, Alexander Rossi und Pato O’Ward. Ferrucci kämpfte erneut mit O’Ward, diesmal aber nur um Platz 5. In Runde 150 erlöste Romain Grosjean Pato O’Ward von seinen Benzinsorgen. In Kurve 2 verlor er seinen Andretti-Dallara.

Natürlich kam Pato O’Ward während der Gelbphase an die Box. Ihm folgten viele Fahrer aus dem mittleren und hinteren Feld, darunter auch Rinus VeeKay. Sie alle hatten neue Reifen und genügend Benzin. Scott Dixon und Alex Palou blieben draußen. Sie machten einige Plätze gut. Beim Restart tauchten sie wieder in den Top-10 auf. An der Spitze kämpften Marcus Ericsson, Josef Newgarden und Santino Ferrucci. Dahinter reihten sich Felix Rosenqvist und Alexander Rossi ein. Im Laufe des Stints mussten beide McLaren-Piloten jedoch Kyle Kirkwood passieren lassen. Die letzte Sequenz der Boxenstopps eröffnete Santino Ferrucci in Runde 169. Bei seinem Stopp verlor er etwas Zeit, weil ein Rad beinahe aus der Box gerollt wäre. Ein Mechaniker konnte dies gerade noch verhindern.

Die Stopps der Spitzengruppe brachten die Stopper der Grosjean-Caution, wie Pato O’Ward und Ryan Hunter Reay, an die Spitze. Sie mussten jedoch noch ihren letzten Boxenstopp absolvieren. Pato O’Ward tat dies in Runde 180 und kam direkt vor Marcus Ericsson wieder auf die Strecke. Zwar verlor er gleich wieder zwei Plätze, war aber wieder voll im Kampf um den Sieg dabei. In Runde 185 war der Kampf dann vorerst vorbei. Josef Newgarden war in Kurve 1 an Felix Rosenqvist vorbeigezogen. Der Schwede verlor im Dirty Air sein Auto und schlug in die Mauer ein. Bis dahin war es ein normaler IMS-Crash. In der Folge rutschte der McLaren-Dallara erst die Strecke hinunter, um dann mit gebrochener Aufhängung wieder aufzusteigen. Kyle Kirkwood konnte dem Wrack nicht mehr ausweichen. Das Hinterrad riss ab und flog in hohem Bogen Richtung Tribüne von Kurve 2, verfehlte glücklicherweise die Zuschauer und traf einen Chevrolet Cruze auf dem Parkplatz. Hier schrammte die IndyCar nur knapp an einer Katastrophe vorbei.

Gleich nach dem Restart folgten die nächsten Unfälle: Pato O’Ward wollte in Kurve 3 an Marcus Ericsson vorbei in Führung gehen. Dabei verlor er sein Auto. Zum einen setzte O’Ward relativ spät zum Manöver an, zum anderen ließ ihm Ericsson innen nur wenig Platz. Unabhängig davon drängte Scott McLaughlin Simon Pagenaud in Augustin Canapino. Der Argentinier rutschte dann in das Wrack von O’Ward. Das sah komisch aus, denn Canapino reagierte erst sehr spät. Wahrscheinlich hatte er nicht mit einem weiteren Unfall und entsprechenden Wracks gerechnet. Die Rennleitung unterbrach das Rennen, um es unter Grün zu beenden. Beim Restart führte Josef Newgarden vor Marcus Ericsson und Santino Ferrucci. Diesmal dauerte es nur wenige Sekunden bis zum nächsten Unfall. Im hinteren Feld kollidierten Ed Carpenter und Benjamin Pedersen noch vor der Start- und Ziellinie. An der Spitze war es Marcus Ericsson gelungen Josef Newgarden noch vor der Caution zu überholen.

Das Rennen wurde erneut untergebrochen. Mit nur noch zwei Runden auf der Uhr musste auf die übliche Runde hinter dem Pace Car verzichtet werden. Ich weiß nicht, wie viele Regeln an diesem Sonntag gebeugt werden mussten, um das Rennen im Renntempo zu beenden. So führte nun Marcus Ericsson das Feld in Runde 199 aus der Box. Er beschleunigte bereits in Kurve 4 stark und verschaffte sich so genügend Abstand zu Newgarden, dass ein Angriff in Kurve 1 nicht möglich war. Durch die Kurven kam der Penske-Pilot aber wieder sehr nahe heran, so dass er auf der langen Gegengeraden noch eine Chance hatte. Mit starkem Zickzack-Fahren, das Pagenaud vor einigen Jahren bei seinem Sieg perfektioniert hatte, versuchte Ericsson den Windschatten für Newgarden zu brechen. Doch es reichte nicht und noch vor Kurve 3 konnte Newgarden außen an Ericsson vorbeiziehen. Ausgangs Kurve 4 zog Newgarden nach links in die Boxeneinfahrt, um wiederum jetzt selbst seinen Windschatten zu minimieren. Ericsson folgte ihm, hatte aber keine Chance mehr, den Penske zu überholen. So konnte Josef Newgarden wenig später ausgiebig mit den Fans auf der Haupttribüne feiern.

Den dritten Platz belegte Santino Ferrucci. Für AJ Foyt Enterprises war das natürlich ein fantastisches Ergebnis. Gleiches gilt für Chip Ganassi Racing, auch wenn der Sieg knapp verpasst wurde. Alex Palou, Scott Dixon und Takuma Sato kamen auf den Plätzen 4, 6 und 7 ins Ziel. Wenn man sich die zwischenzeitlichen Probleme von Dixon und Palou vor Augen führt, wird deutlich, wie viel Speed in den Autos steckte. Nach den Unfällen von Pato O’Ward und Felix Rosenqvist war Alexander Rossi die letzte Speerspitze von Arrow McLaren. Er war der langsamste des Trios und so reichte es nur zu Platz 5. Conor Daly, Colton Herta und Rinus VeeKay komplettierten die Top-10. Zwei Carpenter-Chevrolet soweit vorne hat man auch lange nicht gesehen.

Dahinter folgten die ersten Außenseiter. Ryan Hunter-Reay fuhr den Dreyer & Reinbold Dallara auf Platz 11 vor Callum Illot und Devlin DeFrancesco. Scott McLaughlin war als 14. zweitbester Penske-Pilot, hatte aber nicht den Speed von Newgarden und der Unfall mit Pagenaud half ihm natürlich auch nicht. Will Power schied übrigens nach einem leichten Mauerkontakt mit Aufhängungsschaden aus. Die „Senioren“ Helio Castroneves und Tony Kanaan verpassten die Top-14, Marco Andretti beendete das Rennen als Letzter der Führungsrunde auf Platz 17.

Das ganze Ergebnis kann man auf der Homepage der IndyCar-Series (pdf) nachlesen.

In diesem Jahr gab keine doppelten Punkte für das Indy-500. Entsprechend blieben große Verschiebungen in der Meisterschaftswertung aus. Es führt weiterhin Alex Palou (219 Punkte) vor Marcus Ericsson (199 Punkte) und Pato O’Ward (185 Punkte). Josef Newgarden (182 Punkte) verbesserte sich auf Platz 4. Es folgen Scott Dixon (162 Punkte), Scott McLaughlin (149 Punkte) und Alexander Rossi (145 Punkte). Große Verlierer des Rennens sind Romain Grosjean (139 Punkte) und Will Power (131 Punkte).

Sky

Zum Abschluss des Indy-500 möchte ich noch ein paar Worte zur Sky-Übertragung sagen. Die Idee, den Schwung des Grand Prix von Monaco mitzunehmen und mit einem deutschen Kommentar mehr Fans für die InydCar-Serie zu begeistern, ist ja vorbildlich. Um damit Erfolg zu haben, müsste man aber Kommentatoren einsetzen, die sich mit der Materie auskennen oder sich zumindest vorher ein wenig einlesen. Was Olivier Zwartyes und Content Creator Joe Signon ablieferten, war peinlich. Aussagen wie „Ich glaube, alle vier Kurven haben den gleichen Radius“ oder gar das IndyCar-Rennen in „Atlanta“ zu erwähnen, gehen gar nicht. Außerdem plauderten sie viel lieber über die Formel 1, als sich mit dem laufenden Rennen zu beschäftigen, das sie eigentlich kommentieren sollten. So wunderten sie sich, wo Will Power trotz unzähliger Wiederholungen des Restarts von NBC plötzlich blieb oder dass Pato O’Ward wieder um den Sieg fuhr. Im Live-Timing konnte man das schon vor dem Stopp sehen. Das Traurigste an der ganzen Sache war dann aber, dass es nicht einmal den originalen US-Kommentar als Alternative gab. Eine Analyse ohne die Infos aus den USA zu schreiben, ist echt schwierig. Danke für nichts Sky.

Kurzvorschau Detroit

Als nächstes Rennen steht am 04. Juni schon der Grand Prix of Detroit auf dem Programm. Er wird auf einem brandneuen Kurs um das Renaissance Centre ausgetragen. In der Gegend wurden schon die Rennen von 1989 bis 1991 durchgeführt. Der Sieger am Sonntag reiht sich damit in eine Liste von Emerson Fittipaldi und Michael Andretti ein. Die Strecke ist nur 1,7 Meilen (2,7 Kilometer) und umfasst dabei 10 Kurven. Der Kurs auf der Belle Isle zum Vergleich hatte 14 Kurven aber auf 2,35 Meilen (3,78 Kilometer). Es ist eine sehr winklige Angelegenheit.

Zeitplan (local time, MEZ)

Freitag, 2. Juni

3:00 – 4:30 p.m. (21:00 -22:30) – NTT IndyCar Series practice

Samstag, 3. Juni

9:05 – 10:05 a.m. (15:05 -16:05) – NTT IndyCar Series practice
1:15 – 2:45 p.m. (19:15 – 20:45) – Qualifying for the NTT P1 Award

Sonntag, 4. Juni

10:00 – 10:30 a.m. (16:00 – 16:30) – NTT IndyCar Series warmup

3:00 p.m. (21:00) – Chevrolet Detroit Grand Prix (100 laps/170 miles), NBC, Sky live

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1 Kommentare

Slayer_ch 31 Mai, 2023 - 17:49

Danke Rainer für die Analyse und die sehr Treffende Zusammenfassung bezüglich der Übertragung auf Sky.

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