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GT World Challenge Europe Endurance Cup: Analyse 24 Stunden von Spa – BMW mit dem 25. Gesamtsieg

von Nils Otterbein
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Mit den 24 Stunden von Spa gab es mit 70 Fahrzeugen das zahlenmäßig größte GT3-Rennen aller Zeiten zu bewundern. Das Rennen war wie erwartet von einem massiven Sprintcharakter geprägt und ließ keine Wünsche offen.

Qualifikation

Einen etwas hektischen und unerwarteten Beginn erlebte das lange Wochenende in Spa. In der Qualifikation am Donnerstagabend, in der die Startplätze 21 bis 70 festgelegt wurden und in der es darum ging, sich für die Superpole der Top20 zu qualifizieren, setze nach dem ersten von vier Segmenten starker Regen ein. Für einige der Pro-Besatzungen hätte es unglücklicher nicht laufen können, da die reinen Pro-Besatzungen mit drei Fahrern erst ab Q2 einsteigen durften. Da zu Beginn des ersten Segments die Verhältnisse noch halbwegs trocken waren, konnten einige Besatzungen hier mit einer guten Zeit beginnen, um schlussendlich einen guten Zeitendurchschnitt zu bekommen, da die Gesamtzeit der drei, bzw. vier Zeiten gemittelt wird. Damit konnten sich von den 20 Besatzungen der Pro-Wertung nur sieben für die Top20 qualifizieren. U.a. schaffte es kein BMW in die Superpole und der beste Mercedes war nur auf Platz 16.

Die Pole konnte sich kurioserweise ein Porsche aus dem Bronze-Cup von Huber Motorsport mit Matteo Cairoli sichern. Nun stellte sich die große Frage, wie viel Schaden ein schwacher Startplatz angerichtet hat. Nach ein paar Stunden fanden sich jedoch unter den besten 15 fast durchweg Pro-Wagen wieder, was die Qualität von bezahlten Werksfahrern wiederum unterstrich.

Rennen (Stunde 1 bis 6)

Leider wurde das Wochenende ab dem tödlichen Unfall im Rahmenprogramm von Dilano van’t Hoff im Rennen der Formula Regional überschattet. Der Samstagvormittag war geprägt von starken Regenfällen und man befürchtete ein 24 Stunden Rennen mit vielen Safety-Car-Phasen und schlimmstenfalls Unterbrechungen. Doch es kam zum Glück anders.

Tatsächlich blieben die Startrunden die einzige Phase im Rennen, bei der die Strecke etwas feucht war. Die Rennleitung traf, womöglich unter dem Einfluss des dramatischen Unfalls im Rahmenprogramm, eine sehr konservative Entscheidung und lies das Rennen um Punkt 16:30 Uhr hinter dem Safety-Car starten. Bis auf wenige Ausnahmen starteten wegen der trockenen Ideallinie fast durchweg alle mit Slicks. Der Car Collection Porsche #132 drehte sich bereits während der Startphase in Eau-Rouge weg und schied schon vor dem eigentlichen Start aus, was die tückischen Bedingungen unterstrich.

Nach dem Start drängten die Pro-Besatzungen schnell nach vorne. Im Startstint konnte u.a. Raffaele Marciello im weit hinten gestarteten Akkodis ASP Mercedes #88 schon über zehn Plätze gewinnen. Um P20 herum bildete sich früh eine BMW-Flotte mit beiden Wagen von WRT und Rowe, die schnell nach vorne kamen. Zu den Verlierern der Startphase zählte klar der Iron Dames Lamborghini von Michelle Gatting, die nach einer guten Quali aus den Top30 herausfielen.

Im ersten Stint konnte der Huber Porsche #20 von der Pole weg noch die Führung halten. Nachdem Jannis Fittje das Steuer übernahm, verlor der Porsche jedoch Positionen. Ab dann war früh klar, dass auch in diesem Jahr das Gesamtpodium rein über die Pro-Klasse gehen wird. Die #51 von AF Corse ging anschließend in Führung und hatte mit einem Reifenschaden das erste nennenswerte Problem der Favoriten. Glücklicherweise hatte er den Reifenschaden nur kurz vor der Box und verlor wenig Zeit. Allerdings war es das einzige Mal im Rennen, dass man einen Ferrari bereinigt in den vorderen Rängen sah. Man konnte die Pace von Beginn an nicht mitgehen.

Das Rennen nahm nach der Startphase einen gesunden Rhythmus an und wurde erstmals nach etwas mehr als zwei Stunden neutralisiert nach dem Abflug eines der Winward Mercedes. Meist wurden längere FCY-Phase gemacht, um allen Teams die Chance zu geben, einen Stopp einzulegen. Anschließend wurden aus den FCY-Phasen Safety-Car-Phasen, bei denen anschließend das Wave-By-Prozedere durchgeführt wurde. Alles in allem muss man konstatieren, dass im Vergleich zu den 24 Stunden von Le Mans das neue Verfahren nicht so zäh und langwierig war, wie zunächst befürchtet.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich nach etwa zwei gefahrenen Stints schon elf Pro-Autos in den Top 20. Langsam kristallisierten sich ein paar der „Pacemaker“ an der Spitze heraus. Die beiden Audis von Attempto und Scherer (#40 und #17) übernahmen die Spitze vor dem Manthey Porsche #92. Während der Safety-Car-Phase zeigte der Rowe BMW #98 und spätere Sieger eine Taktik, die das Team während dem gesamten Rennen fortsetzte: Wenn immer sich ein Stopp lohnte, legte man ihn ein. In der ersten SC-Phase ging man sogar zwei Mal zum Stopp, um die maximale Reichweite zu erzielen. Deswegen sollte die #98 am Ende von allen Spitzenfahrzeugen die meisten Stopps haben, ohne jedoch etwaige Strafen kassiert zu haben

Die #40, #17 und #92 sollten den weiteren Verlauf der ersten Stunden beherrschen. Dahinter kamen der WRT BMW #32 und beide Rowe M4 Stück für Stück an die Spitze. Die #46 mit Rossi, Farfus und Martin fiel im Vergleich zu den drei Markenkollegen etwas zurück, da sich Valentino Rossi neben einer Kollision und einem Ausritt in seinem Stint auch eine 30-sekündige Zeitstrafe einhandelte, was das übliche Verfahren beim Verlassen der Track Limits war. Ab dem sechsten Vergehen innerhalb von sechs Stunden wurde diese Strafe verteilt und einige langten kräftig zu. So erwischte es am Abend den Mathey Porsche #92 und den Attempto Audi #40 mit ebenfalls 30 Sekunden. Da die Abstände dauerhaft eng blieben, war dies mit Platzverlusten verbunden. Immer wieder ging die #98 zwischendurch in Führung aufgrund der anderen Taktung durch den extra-Stopp in der ersten Neutralisation.

Eingangs der Dunkelheit begannen die BMW zu dominieren, insbesondere die #32 von WRT. Hier konnte man oft Rundenzeiten unter 2:20 fahren. Zum Ende der 6 Stunden-Marke war die Reihenfolge wie folgt: #17 Scherer Audi, #32 WRT BMW, #88 Akkodis ASP Mercedes, #998 Rowe BMW, #92 Manthey Porsche, #40 Attempto Audi. Am deutlichsten „off sequence“ waren wie erwähnt die #98 und die #71 von AF Corse.

Rennen (Stunde 7 bis 12)

Zu diesem Zeitpunkt waren die besten zehn Positionen komplett von Pro-Autos belegt. Bestes nicht-Pro Auto war praktisch am gesamten Samstag der McLaren #188 von Garage 59 aus dem Bronze-Cup.

Eingangs der Dunkelheit begann das Rennen deutlich zerfahrener zu werden. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass die Nacht in Spa wegen der schlechten Ausleuchtung, dem dichten Verkehr und den geringen Geschwindigkeitsunterschieden klar die schwierigste Nachtphase aller 24 Stunden Rennen darstellt. Nach ca. sieben Stunden flog Dorian Pin im Iron Dames Lamborghini in der Blanchimont ab und beendete das Rennen für das reine Frauen-Quartett.

Der Verlierer des Restarts wurde Timur Boguslavskiy, der in der #88 einige Plätze verlor und aufgrund seiner schwachen Pace nur das Mindestmaß an Fahrzeit gewährt bekam. Die Gewinner dieser Phase wurden einmal mehr die drei genannten BMW, die sich nun alle in den bereinigten besten fünf positionierten. Teilweise wurden trotz Dunkelheit mit 2:17 von der #32 und #98 die nahezu schnellsten Zeiten des Rennens gefahren.

Immer wieder wurden die Strategien genullt, da es zu Neutralisationen kam. Nach ca. 8,5 Stunden strandeten drei Wagen im Kies, was eine rund halbstündige Neutralisation zur Folge hatte. Kurz danach folgte nach einer Kollision mit einem Mercedes und Lamborghini eine weitere FCY. Nach rund zehn Stunden musste die #71 von AF Corse unplanmäßig an die Box, da das Licht nicht reibungslos funktionierte.

Nachdem sich der Crowdstrike Riley Mercedes #4 nach ca. 10,5 Stunden aus dem Kies geborgen werden musste, versuchte man bei Akkodis ASP die #88 nach dem schwachen Stint von Boguslavskiy nach vorne zu bringen und lies den üblichen Stopp unter der FCY aus. Nach der Marke von etwa elf Stunden sah die Reihenfolge wie folgt aus: #88 Akkodis ASP, #98 Rowe, #92 Manthey, #96 Rutronik, #32 WRT, #998 Rowe, #46 WRT, #17 Scherer, #40 Attempto, #777 AlManar.

Gegen 3:40 Uhr ereignete sich dann kurz nach dem Restart aus einer weiteren Safety-Car-Phase das Drama des Rennens schlechthin. Max Hesse im Rowe BMW #998 verschätzte sich am Ende der Kemmel-Geraden massiv und fuhr ausgerechnet in den WRT BMW #32 von Charles Weerts hinten rein. Dieser wurde wie eine Billard Kugel von links nach rechts zwischen den Leitplanken geschossen. Beiden passierte bei über 260 Km/h zum Glück nichts, waren aber beide selbstverständlich raus.

Rennen (Stunde 13 bis 18)

Danach folgte mit ca. zwei Stunden die mit Abstand längste Neutralisation. Man konnte die Reparaturen der Leitplanken unter SC-Bedingungen durchführen, um eine rote Flagge zu verhindern. Die Phase ging bis zum Sonnenaufgang gegen 5:40 Uhr.

Zum Zeitpunkt des Restarts fanden sich die üblichen Verdächtigen der vorherigen Stunden vorne. Überraschenderweise kam auch der zweite Akkodis ASP Mercedes #87 mit Götz/Ferrari/Druet in die Spitzengruppe, was jedoch durch eine andere Taktung zu erklären war. Etwa eine Stunde nach dem Restart kam es erneut zu einer Neutralisation durch den Abflug des Iron Lynx Lamborghinis #19. Ohnehin sollten die Lamborghinis die Ausfallliste anführen.

Zu diesem Zeitpunkt wurde das Rennen strategisch umso interessanter, da der AlManar Mercedes #777, der Attempto Audi #40 und der K-Pax Lamborghini #6 in der FCY-Phase nicht an die Box gingen und nach vorne gespült wurden. Ähnlich war es beim Porsche von Dinamic GT Huber #54 der Fall. Beim Reststart drehte Luca Stolz in der #777 jedoch Engelhart in der #54 um, wodurch man von diesem Porsche im weiteren Verlauf nicht mehr viel sah. Stolz handelte sich damit eine 10-sekündige Zeitstrafe ein, was das übliche Strafmaß bei leichteren Kollisionen war. Bereinigt hatten damit die Audis #17 und #40 eine Doppelführung inne.

Danach folgte eine ähnlich geordnete Phase wie am Samstagnachmittag. Die Ausfallliste wurde voller, die Strecke leerer und man konnte sehen, wie sich stückweise größere Abstände an der Spitze bildeten. Gegen Ende der 17 Stunden-Marke hatte man den Eindruck, dass sich die #17, #98, #40, #92 und #96 etwas vom Feld absetzten. Selbst Raffaele Marciello in der #88 konnte das Tempo mit der Spitze nicht ganz mitgehen. Das einzige Auto außerhalb der Pro-Klasse, was sich im Bereich der besten Zehn halten konnte, war der McLaren #5 von Optimum Motorsport aus dem Gold-Cup, nachdem am Morgen die #188 von Garage 59 zurückfiel.

Rennen (Stunde 19 bis 24)

Gegen sechs Stunden vor Schluss begann das Pendel in Richtung des verbliebenen Rowe BMW zu schlagen. Nachdem die #17 Luca Engstler übernahm, konnte er die Pace seiner Teamkollegen (Kelvin van der Linde und Nicki Thiim) nicht ganz fortsetzen und gab die Führung an Phillip Eng ab, die die Führung bis zum Ende bereinigt nicht mehr hergab. Der Manthey Porsche #92 handelte sich nach dem Samstag eine weitere 30 Sekunden Strafe wegen Track Limit Verstößen ein, was ihn in dieser schnellen Phase des Rennens arg zurückwarf. Nach Eng übernahm Nick Yelloly die #98 und konnte in einer ruhigen Rennphase über 30 Sekunden Vorsprung herausfahren, was den Speed des BMW unterstrich. Dahinter begannen die beiden Audis etwas Pace zu verlieren, womit sich die #88 von Akkodis ASP als ärgster Kontrahent herauskristallisierte, da hier Gounon und Marciello zu zweit das Rennen zu Ende fuhren.

Ca. vier Stunden vor Schluss stand ein Walkenhorst BMW im hinteren Streckenteil, was die letzte Full-Course-Yellow mit anschließender Safety-Car-Phase nach sich zog. Ein wenig scheiden sich die Geister, ob diese Neutralisation das Rennen spannender machte oder nicht. Einerseits wurden die entstandenen Abstände der ersten neun Wagen, die sich in der Führungsrunde befanden, genullt. Aber: Laut den Hochrechnungen hätte zu diesem Zeitpunkt der Rowe BMW aufgrund seines Rhythmus einmal mehr zum Stopp gehen müssen als Scherer #17, Rutronik #96, Manthey #92. Wenn, hätten die drei Genannten nur noch einen kurzen „short fefuel“ machen müssen. Im Nachhinein müßig, aber es hätte noch ein Schachspiel der gesonderten Art werden können! Somit sahen sich die besten neun Fahrzeuge genullt in wenigen Sekunden hintereinander getrennt: #98 Rowe, #17 Scherer, #40 Attempto, #88 Akkodis ASP, #96 Rutronik, #92 Manthey, #46 WRT, #6 K-Pax, #11 Comtoyou. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch 51 Wagen offiziell im Rennen. Nach einem ruhigen Samstag wurde die Ausfallquote bei den 70 Startern also doch noch recht hoch. Viele stellten aber auch den Wagen nach kleineren Reparaturen ab, zumal einige nicht für die gesamte Meisterschaft eingeschrieben waren.

Hinter dem Rowe BMW, der nach dem Restart den Takt vorgab, entschied sich Akkodis ASP zu einem „Undercut“ und kam somit am Scherer Audi und Manthey Porsche vorbei. Im Nachhinein war man hier am Limit, da man im letzten Stint sehr knapp die 65 Minuten-Marke eines Stints erreichte.

2 Stunden und 17 Minuten vor Rennende konnte der Huber Porsche #20 mit Tim Heinemann die schnellste Rennrunde fahren in Form einer 2:17:0. Kurios: Das schnellste Fahrzeug aus der Superpole war damit auch das Schnellste auf eine Runde im Rennen – und dabei gar nicht im Pro-Cup gemeldet!

Zu dem Verlierer der Schlussphase wurde schlussendlich der Attempto Audi #40 von Ricardo Feller, der über die Stints die Zeiten nicht mehr mitgehen konnte und in der Schlussphase vom Podium auf den siebten Gesamtrang verdrängt wurde. Hinzu kam noch eine 30 Sekunden Strafe wegen Track Limits.

Das heißeste Duell ereignete sich um die Plätze zwei bis vier, in denen der Akkodis ASP Mercedes #88 mit Gounon und der Scherer Audi #17 mit Nicki Thiim verwickelt waren. Mehrfach war der Audi kurz davor vorbeizugehen, schaffte es aber nicht. Im letzten Stint konnte Kevin Estre im Manthey Porsche noch aufschließen, rutschte jedoch beim Angriff leicht ins Kiesbett und musste damit den dritten Rang wieder hergeben. Es war die Würze in einer Schlussphase, in der sonst die Positionen bezogen waren, auch die Positionen der Führenden aus den anderen Kategorien. Thiim und Estre konnten auch losgelöst von Meisterschaftspunkten miteinander balgen, da beide Wagen in der Meisterschaft nicht eingeschrieben sind.

Nach dem letzten Stopp sah die Reihung dann so aus: #98 Eng, #88 Gounon, #17 Thiim, #92 Estre, #96 Preining, #46 Martin, #40 Feller, #11 Haase, #777 Stolz. An diesem Bild sollte sich dann bis zum Ende nichts ändern.

Somit gab es für BMW nur eine Woche nach dem ersten LMDh-Sieg in der IMSA (am grünen Tisch!) nun den ersten 24 Stunden Sieg für den BMW M4. Ganz nebenbei konnten Yelloly/Eng/Wittmann auch die Gesamtführung in der Meisterschaft vor der #88 mit Gounon/Marciello/Boguslavskiy verteidigen. Da beide Besatzungen auch schon Punkte nach sechs und zwölf Stunden mitnahmen und der Scherer Audi und Manthey Porsche wie erwähnt nicht für die GTWC eingeschrieben sind, konnten sich beide klar absetzen. Für die 3 Stunden Rennen am Nürburgring und in Barcelona wird es nun einen Zweikampf um die Meisterschaft geben.

Fazit

Insgesamt muss man konstatieren, dass die BOP bestens funktioniert hat. In den Top9 der Pro-Fahrzeuge befanden sich letztlich zwei BMW, zwei Mercedes, zwei Porsche und drei Audi. Besser hätte es eigentlich aus Sicht der SRO nicht laufen können. Zudem hat die Rennleitung erneut einen sehr guten Job gemacht. Man hat zwar Track Limits und Kollisionen geahndet, aber nicht das Rennen dadurch kaputt gemacht, wie es parallel in der sogenannten Königsklasse des Motorsports in Österreich praktiziert wurde. Auch das Prozedere mit FCY und Safety-Car-Phasen erschien zu kaum einem Zeitpunkt zu langatmig oder unnötig komplex. Dazu hatte man im TV nie das Gefühl gehabt, nennenswerte Situationen zu verpassen.

Klassen

Im Gold Cup gab der McLaren #5 von Optimum Motorsport klar die Pace vor und konnte mit dem zehnten Gesamtrang bestes Auto außerhalb des Pro-Cups werden.

Im Bronze Cup ereignete sich das sicherlich spannendste Rennen der niedrigeren Fahrereinstufungen. Lange konnte der McLaren #188 von Garage 59 dominieren und blieb wie erwähnt lange Zeit das beste Auto außerhalb des Pro-Cups. Nachdem der McLaren am Sonntagmorgen zurückfiel, gab es einen permanenten Führungswechsel zwischen der #91 von Herberth Motorsport und der #911 von Pure Rxcing, die ebenfalls von Herberth eingesetzt wird. Die #91 wurde wenige Stunden vor Schluss bei einem Restart von einem Ferrari getroffen, der ihnen hinten drauf fuhr. Nach der Reparatur verlor die Mannschaft ein paar Runden und war damit aus der Entscheidung raus. In der Schlussphase schlug die Stunde des Polesetters #20 von Huber Motorsport, vor allem durch einen starken Schlussstint von Matteo Cairoli, der am Ende vor der #911 landete.

Im Silver Cup sah es lange nach einem Sieg für den Attempto Audi #99 aus, ehe dieser einen Aufhängungsbruch bei einem der Hinterräder erlitt. Den Sieg konnte daraufhin die #85 von Grasser Racing einfahren, recht knapp vor dem Comtoyou Audi #12.

Im Pro-Am Cup ereignete sich eine der großen Geschichten des Rennens. Teameigner Kenny Habul hatte in der Qualifikation im strömenden Regen einen heftigen Abflug und musste wegen einer Rückenverletzung ins Krankenhaus, aus dem er auch das Rennen verfolgen musste. Daraufhin musste die Haupt Racing Mannschaft als Einsatzteam ein Ersatzchassis aus Meuspath auftreiben. Als Ersatzfahrer wurde kurzzeitig Adam Osieka aufgetrieben, der seinen Helm eigentlich an den Nagel gehangen hat, um sich auf die Teamchef-Tätigkeiten bei Getspeed zu konzentrieren. Kurz wurde überlegt einen Fahrer aus Australien einfliegen zu lassen, was allerdings zeitlich nicht mehr ging. Trotz aller Unwägbarkeiten konnte die Mannschaft von ganze hinten das Rennen der Klasse gewinnen mit einem Fahrerquartett, wie es ungleicher nicht sein konnte. Neben Osieka und Martin Konrad fuhren Chaz Mostert, bekannt von Walkinshaw Andretti United aus der Australien Supercars und Nick Catsburg, der nach Le Mans seinen nächsten Klassensieg einfuhr. Er erlebt 2023 einen ähnlichen Lauf wie 2013 Bernd Schneider, der damals die 12H Bathurst, 24H Nürburgring und 24H Spa gewann, damals sogar alle in der Gesamtwertung. Catsburg hat diese Gesamt- bzw. Klassensiege obendrein mit drei Marken eingefahren: Ferrari, Corvette, Mercedes. Interessant: Keiner der Siege für BMW, was lange sein Hauptauftraggeber war.

Tops und Flops

Innerhalb der vier beherrschenden Premiummarken ist es schwierig einen speziellen Gewinner und Verlierer des Rennens auszumachen.

Porsche hat gezeigt, dass die 992-Baureihe nach eher verpatzten Auftritten in Daytona und am Nürburgring standfest ist. Mit den Plätzen vier und fünf war man hier im Soll. Bei Manthey handelte man sich mit zweimal 30 Sekunden und einmal zehn Sekunden einfach zu viele unnötige Standzeiten ein. Lobend muss man Rutronik erwähnen, die trotz ihrer bislang geringen Endurance-Erfahrung bereits zu den zwei bis drei Top Teams bei Porsche im Langstreckenbereich zählen. Ein Standard, den Dinamic Motorsport (nun Dinamic GT Huber) trotz längerer Erfahrung noch nicht hinbekommt.

Bei Mercedes hatte man lange das Gefühl, dass sie von Seiten der BOP kleine Nachteile hatten, da die #777 von AlManar und #999 von Gruppe M als Top Team aus der IGTC trotz guter Besatzungen keine große Rolle spielten. Jedoch konnte die #88 in der Schlussphase zeigen, dass die Einstufung gerechtfertigt war.

BMW schien ab dem Samstagabend vom Speed über weite Strecken überlegen gewesen zu sein. Ohne die markeninterne Kollision wäre ein Doppel- oder gar Dreifachpodium durchaus möglich gewesen. Für Rowe der dritte Erfolg des Teams nach 2016 mit dem M6 und 2020 mit dem Porsche.

Bei Audi war es eine goldrichtige Entscheidung, die Scherer PHX Mannschaft mit viel Langstreckenerfahrung nach Spa zu schicken. Vor allem die Leistung von Nicki Thiim hat sehr überzeugt, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass der langmähnige Däne nicht allzu oft im R8 sitzt. Engstler hat bei seinem zweiten 24H-Auftritt das Soll erfüllt. Attempto war ebenfalls absolut im Soll und hätte mehr als den siebten Platz verdient. Die große Enttäuschung war die Sainteloc Mannschaft #25 mit Mies/Niederhauser/Gachet. Von P29 gestartet blieb man über das gesamte Rennen eines des schwächsten Trios im Pro-Cup. Bei dieser guten Besatzung eher überraschend.

Zu den Tops würde ich generell die Leistung der McLaren zählen. Zwar war man zu keinem Zeitpunkt in der Lage, um den Gesamtsieg zu fahren, aber die #188 mit dem dominanten Speed im Bronze Cup während der ersten Rennhälfte und die #5 mit dem zehnten Gesamtrang haben gezeigt, dass das Auto nicht so schlecht ist, wie es oft gemacht wurde. Alles in allem waren diese beiden McLaren die einzigen Wagen außerhalb der Pro-Wertung, die unter den besten Zehn mitturnen konnten.

Unter die Flops muss man am Ende die Leistungen von Ferrari und Lamborghini zählen. Immerhin konnte der AF Corse #71 mit dem elften Gesamtrang etwas Schadensbegrenzung betreiben. Die #51 hatte nach ca. 16 Stunden eine längere Reparatur wegen Problemen mit dem Benzindruck. Ein dritter Erfolg nach den 24H am Nürburgring und Le Mans wäre zwar vermessen gewesen, aber letztlich war man ähnlich weit von der Spitze weg wie bei den Rennen in Monza und Le Castellet innerhalb der GTWC. Die Enttäuschung schlecht hin war aber sicherlich Lamborghini. Sieben der zehn gestarteten Huracan Evo II. sahen nicht das Ziel. Die #6 von K-Pax hätte zwar ein Top10-Resultat ohne Probleme in der Schlussphase einfahren können, aber nach dem frühen Ausfall der #63 von Iron Lynx war Lamborghini chancenlos. Auch wenn die #85 von Grasser den Silver-Cup gewann, ist eine bessere Langstreckenperformance vom Evo-Modell bislang kaum zu sehen.

 

Weiter geht es mit der Rennserie bereits in zwei Wochen mit dem Sprint-Wochenende in Misano. Das nächste Endurance Rennen steigt Ende des Monats am Nürburgring.

Bildquellen: gt-world-challenge-europe.com (https://www.gt-world-challenge-europe.com/gallery.html?filter_season_id=23&filter_meeting_id=204&filter_race_id=1345&filter_text=)

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