Für das Ende des Endurance Cups ist die Rennserie in Spanien geblieben. Traditionell fand das Saisonfinale der Langstreckenrennen in Barcelona bei besten äußeren Bedingungen statt. Viel Dramatik um die Gesamtmeisterschaft konnte nicht mehr richtig aufkommen.
54 Wagen gaben sich zum Saisonabschluss nochmal die Ehre. Auch wenn in Zandvoort noch ein reguläres Sprintwochenende ansteht, so hatte der Lauf in Barcelona tatsächlich einiges von einem Saisonfinale. Vorab ein paar Neuigkeiten, die das Wochenende mit sich brachte:
- Comtoyou Racing wird ab dem nächsten Jahr mit Aston Martin fahren und sich nach sieben gemeinsamen Jahren von Audi Sport trennen.
- Dinamic Motorsport wird im kommenden Jahr mit einem Ford Mustang in der GT World Challenge antreten und verlässt Porsche.
- Akkodis ASP hat das Programm offiziell noch nicht zusammengestellt. Im nächsten Jahr möchte man in der WEC mit Lexus fahren, weiß aber noch nicht, ob sie den Startplatz bekommen. Man wird der SRO-Plattform treu bleiben, aber voraussichtlich in der GT2 und GT4.
So viel die spannendsten Meldungen, die uns rund um das Wochenende vermeldet wurden. Fakt ist: Durch die „Zeitenwende“ des Sportwagenbereichs mit der boomenden LMH und LMDh Klasse wird es auch im GT3 Sport viele Änderungen geben, vor allem im Zusammenhang mit Team- und Herstellerkombinationen sowie Fahrerkonstellationen.
Nun aber zum Wochenende in Barcelona: Es ging vor allem um den Endurance-Titel zwischen dem Akkodis ASP Mercedes und dem Rowe BMW. Die Rowe Mannschaft ging nach dem verkorksten Auftritt auf dem Nürburgring mit Rückstand ins Wochenende. Bereits in der Qualifikation sollten die Rollen klar verteilt werden.
Nachdem die SRO an den Sprintwochenenden zunehmend Verwirrung um die Qualifyings betrieben hat, geht man bei den Endurance Rennen kontinuierlich den Weg der drei Segmente, womit der Mittelwert der drei Piloten die Startaufstellung ergibt. Dem ersten Segment ging eine ungewohnt schwache Zeit von Raffaele Marciello hervor, der es nur auf den zehnten Rang schaffte. Für ihn ist es womöglich auch ein Abschied von Mercedes, da er bei BMW für ein LMDh-Cockpit im Gespräch sein soll. Jules Gounon und Timur Boguslavskiy sorgten beim Tabellenführer jedoch für Schadensbegrenzung und brachten den Mercedes auf die neunte Gesamtposition. Der Rowe BMW mit Eng/Wittmann und Yelloly schaffte gar nur Gesamtposition 13, wodurch der Titel nicht auf den vordersten Plätzen entschieden werden konnte. Bei keinem Endurance Lauf ist die Qualifikation so wichtig wie in Barcelona, was sich im Rennen durch längere Prozessionen zeigen sollte.
Einen guten Saisonabschluss nach einer harzigen Saison legte die AF Corse Mannschaft hin, die beide Ferrari 296 auf die ersten drei Plätze stellte, nur getrennt vom Iron Lynx Lamborghini. Vorteil für Akkodis ASP war die Tatsache, dass mit dem Mercedes von AlManar Racing und dem Schwesterfahrzeug mit der #87 zwei AMG vor ihnen waren, die für den Fall der Fälle Schützenhilfe liefern konnten.
Rennen
Stint 1
Nach dem Start brachten sich die beiden Ferrari in eine Doppelführung. Jordan Pepper rutschte nach einer Berührung mit dem AlManar Mercedes von Maro Engel in den Kies und musste das halbe Feld ziehen lassen. Erneut konnte der Iron Lynx Lamborghini einen guten Startplatz nicht ausnutzen. Die Kollision sollte ganz am Ende des Rennens nochmal eine Rolle um den Gesamtsieg spielen. Der Gewinner der Startrunde war Raffaele Marciello, der seine unterdurchschnittliche Performance aus der Qualifikation wieder gutmachte und von P9 auf P5 fuhr, hinter den beiden AF Corse Ferrari von Alessio Rovera und Daniel Serra sowie dem Mercedes von Maro Engel und dem Rutronik Porsche von Dennis Olsen.
Schnell waren die Positionen bezogen und es bildeten sich größere Abstände. Früh bekam man den Eindruck von einer typischen Prozession in Barcelona. Das änderte sich nach ca. einer halben Stunde, als es zur ersten FCY- und anschließenden Safetycar-Phase kam. Der WRT BMW mit der #32 verlor ein größeres Teil der hinteren Stoßstange nach einer Berührung mit einem der Lamborghini. Zudem befand sich der Optimum Motorsport McLaren von Charlie Fagg mit einem Reifenschaden in langsamer Fahrt. Der Ablauf dieser Neutralisation sorgte sicherlich für Stirnrunzeln an den Boxen. Nach einer sehr ausgedehnten FCY-Phase (womöglich um zu warten, bis der McLaren zurück an die Box gehumpelt ist) sorgte dann eine Safetycar-Phase für lediglich eine Runde dafür, dass das Feld wieder zusammengeführt wurde. Hier bekommt man das Gefühl, dass fernab jeder Praxis dem Reglement genüge getan wird. Nach der langen FCY-Phase kommt damit viel Hektik im Feld auf, da die Abstände schnell neutralisiert werden müssen. Der eigentliche Zweck, die Reifen auf Temperatur zu halten, wird hier komplett ad absurdum geführt, da unnötige Hektik im Feld erzeugt wird. Rund um Clemens Schmid hätte es fast einen Auffahrunfall gegeben. Man kann nur hoffen, dass sich die SRO diesem teils unsinnigen Verfahren ab der kommenden Saison annimmt. Sonst sind größere Unfälle früher oder später vorprogrammiert!
In der Folge entstanden bis zum Fahrerwechsel noch zwei weitere Neutralisationen. Zunächst stand der Pure Rxcing Porsche von Alex Malykhin nach einer Berührung mit dem Teamkollegen von Herberth Motorsport quer zur Fahrbahn, woraufhin ein weiterer Konkurrent in die Seite fuhr. Der Herberth Porsche von Ralf Bohn bekam in der Folge eine Zehn-Sekunden-Strafe aufgebrummt. Der goldschwarze Porsche befand sich zu diesem Zeitpunkt im Kampf um den Titel im Bronze-Cup.
Die dritte Neutralisation konnte dann das gesamte Feld zum ersten Stopp nutzen, da sich das Fenster nach 50 Rennminuten öffnete. Valentino Rossi verlor seinen WRT BMW auf einem der gelben Kerbs und setzte den M4 ins Kiesbett. Rossi finalisierte am Wochenende sein Programm für das kommende Jahr und wird weiterhin im Endurance-Cup mit WRT an den Start gehen. Starts im Sprint-Cup sind abhängig vom Umfang des WEC-Programms und seinem Vorhaben, die Nordschleifenpermit zu machen. Für ihn war es das zweite Jahr im GT3-Sport, in dem der Sieg in Misano in Erinnerung bleiben wird, aber: Nach wie vor ist vor allem im Qualifying ein gewisser Abstand zu den Kollegen erkennbar und immer wieder passieren Fehler. Ich mache mich ungerne bei den Rossi-Fans unbeliebt, aber: Eine richtige Leistungssteigerung war 2023 nicht zu sehen.
Bei den Stopps sollte sich aufgrund des regen Betriebs an den Boxen einiges ändern. Beide Ferrari wurden beim „release“ etwas aufgehalten, wodurch der AlManar Mercedes von Fabian Schiller in Führung vor Robert Shwartzman ging. Auch Timur Boguslavskiy konnte im Akkodis Mercedes mit Davide Rigon einen der beiden Ferrari überholen und auf den dritten Rang gehen. Der Rowe BMW von Nick Yelloly konnte auch die Neutralisationen nur bedingt nutzen und verblieb um den zehnten Rang, womit die Siegertruppe der 24 Stunden von Spa selbst von Problemen des Akkodis Mercedes nicht mehr hätten profitieren können.
Stint 2
Insgesamt ereignete sich nun ein Stint, wie man ihn von vielen Formel 1 Rennen auf dem Circuit de Catalunya kannte. Eigentlich wartete man nur die nächste Phase der Stopps ab und passierte herzlich wenig. Die größte Spannung um den Titelkampf kam zunächst im Bronze-Cup auf, da der punktführende Sky Tempesta McLaren und der Haupt Racing Mercedes mit u.a. Teambesitzer Hubert Haupt viele Plätze verloren, weshalb kurzzeitig Herberth Motorsport im live-Ranking den Titel einfuhr. Jedoch fand dieses Fernduell wie üblich abseits der Kameras statt.
Boguslavskiy verlor nach dem Restart einiges an Boden auf die beiden führenden Fabian Schiller und Robert Shwartzmann, konnte aber hinter sich die versammelte Elite um Davide Rigon, Lorenzo Ferrari, Laurin Heinrich oder Sven Müller auf P3 liegend hinter sich halten. Shwartzman verlor an der Spitze seinerseits auch rund vier Sekunden auf Schiller. Funfact am Rande: Im übertragenen Teamfunk fragte Shwartzman vor dem Restart im Zusammenhang mit Fabian Schiller: „Is he good?“ Diese Frage dürfte er sich selbst beantwortet haben, auch wenn er hin und wieder eines seiner Rennen mal im Nachgang anschauen sollte…
Am Ende des Stints kam es zu einigen sehr frühen Stopps. Manche wollten die vollen 65 Minuten erlaubte Stintlänge für den letzten Abschnitt ausnutzen. Durch einen späteren Stopp verlor Jules Gounon im Akkodis Mercedes zwei Plätze gegenüber dem AF Corse von Antonio Fouco und Laurin Heinrich im Rutronik Porsche. Vorne blieb bei Luca Stolz und Niklas Nielsen alles unverändert.
Stint 3
Kurz nach dem Reigen der Stopps bekam das Rennen nochmal eine überraschende Wendung: In der Haarnadel nach der Gegengeraden, in der nun die rundere Motorradvariante von Kurve 10 gefahren wird, rutschte Christopher Haase ins Kiesbett und blieb mit seinem Comtoyou Audi stecken. Da kurz sich kurz zuvor an dieser Stelle ein anderer Audi drehte, sah man anhand einer glänzenden Spur den Grund dafür, nämlich Öl. Wer für die Spur sorgte, konnte nicht aufgelöst werden, aber so erstrecke sich von der besagten Stelle bis Eingangs der Start/Ziel-Geraden. Es musste so viel Bindemittel herantransportiert werden, dass man es in Mülltonnen heranbrachte und die Neutralisation ging über eine halbe Stunde.
Beim Restart sorgten dieses Mal einige überrundete Fahrzeuge an den Spitzenpositionen für Ärger. U.a. verloren viele Podiumskandidaten etliche Sekunden hinter dem Bullit Racing Aston Martin. Dadurch kam es auch nach diesem Restart zu keinen nennenswerten Platzwechseln. Kurze Zeit danach gab es dann die fünfte und letzte FCY-Phase, da der Dinamic Porsche von Daniele Di Amato abflog, Die Fehlerquote nahm in der Schlussphase massiv zu. Es überrascht nicht, dass nach der ewig langen FCY-Phase aufgrund der Ölspur, einige Teilnehmer die Konzentration verloren hatten. 13 Minuten vor Schluss folgte dann die Entscheidung der Rennleitung: Der AlManar Mercedes bekam für die Startkollision mit Jordan Pepper eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe nach dem Rennen aufgebrummt. Wieso die Rennleitung drei Stunden für eine derartige Beurteilung benötigte, war schleierhaft. Oft genug habe ich die Rennleitung für Entscheidungen gelobt und die positiv hervorgehoben, aber dieser Sonntag war keine Glanzleistung!
Die Schlussrunden waren dann von diversen lokalen gelben Flaggen geprägt. Rund um den Titel im Gold-Cup hätte sich noch fast ein Drama ereignet, da kurz vor Schluss der im Gold-Cup führende Comtoyou Audi mit Rückkehrer Lucas Auer im Getspeed Mercedes kollidierte. Der Audi schleppte sich daraufhin langsam ins Ziel.
Als Führender kam der AlManar Mercedes ins Ziel, der nach der Strafe auf den vierten Rang gestuft wurde. AF Corse feierte damit einen Doppelsieg nach einer schwierigen Saison mit dem neuen 296. Gleiches gilt für den Porsche von Rutronik Racing mit dem dritten Rang. Für Akkodis ASP reichte es mit dem fünften Rang für den Titel in der Endurance Wertung. Vor dem Sprint-Finale in Zandvoort sieht vieles danach aus, dass sie zum mutmaßlichen Abschied mit dem Mercedes AMG GT3 auch den Titel in der separaten Sprintwertung holen werden.
Klassensieger- und Meister
Im Gold-Cup feierte der Boutsen Audi mit Di Folco/Panis/Eteki den Klassensieg. Bemerkenswert: Die Top12 bestand ausschließlich aus Pro-Besatzungen. Sonst waren die besten Gold-Fahrzeuge oft tief in den Top10 zu finden. Den Titel holte der Comtoyou Audi mit Niklas Baert und Maxime Soulet, die meist von Max Hofer verstärkt wurden. Wie schon erwähnt wurde dieser Titel am Ende zu einer Zitterpartie. Erstaunlich, wie schnell sich die Mannschaft aus Belgien nach den Jahren in der WTCR im GT3 Bereich etablieren konnte. Da hat Aston Martin keinen schlechten Partner gefunden!
Der Silver-Cup war am Ende eine reine Grasser-Angelegenheit. Nachdem die #58 mit Tweraser/Neary/Crestani das Rennen gewannen, holte das starke Trio van Barlo/Schmid/Hites den Titel in der Klasse.
Oft genug waren die Rennen im Bronze-Cup die spannendsten. Hier gab es nicht umsonst auch die engste Meisterschaft zu bestaunen. Der Sky Tempesta McLaren holte mit Froggatt/Hui/Cheever den Titel. Die Top 3 der Meisterschaft mit Haupt Racing und Herberth Motorsport waren lediglich vier Punkte voneinander getrennt. Sky Tempesta hat somit den Le Mans Platz gewonnen. Umso interessanter, mit welcher Marke sie nun an der Sarthe aufschlagen werden. Die Mannschaft ist nicht unbekannt für spontane Markenwechsel, nachdem man 2021 mit Ferrari und 2022 mit Mercedes fuhr. In der GT World Challenge plant die Truppe für 2024 auf dem McLaren zu bleiben. Im Bronze-Cup war es das komplette Saisonende, da die Bronze-Teams in Zandvoort wegen der Streckenkapazität nicht zugelassen sind.
Ob der Pro-Am-Cup mit lediglich vier bis fünf Startern noch Sinn macht, wird die SRO über die kommenden Monate neu beurteilen müssen. Hier gab es zum Abschluss den ersten Sieg für die Ferrari Mannschaft rund um die Kanadierin Samantha Tan mit Tan/Tutumlu Lopez/ Hanivan. Der Porsche von Car Collection mit dem Schweizer Trio Leutwiler/Jacoma/Fontana stand nach dem Nürburgring schon als Titelträger fest.
Für manche Teams geht es nun zum 8 Stunden Rennen nach Indianapolis als Teil der IGTC. Das Sprint-Finale erfolgt dann am darauffolgenden Wochenende in Zandvoort.
Bildquelle: gt-world-challenge-europe.com (https://www.gt-world-challenge-europe.com/gallery_meeting?filter_season_id=23&filter_meeting_id=207)