Während wir auf das Saisonfinale der Formel 2 im November warten, werfen wir einen Blick auf diverse F4-Serien sowie die FRECA, deren Champion schon vor dem Saisonfinale feststeht.
Bevor wir mit der FRECA beginnen, gibt es eine erfreuliche Nachricht aus deutscher Sicht zu vermelden: Tim Tramnitz, der aktuell in eben dieser Serie unterwegs ist, wurde jüngst in das Red Bull Junior Team aufgenommen. Das Red Bull ein schwieriger Partner für junge Fahrer sein kann, wissen wir inzwischen zur Genüge, aber erstmal sehe ich es trotzdem positiv, dass das aktuell hoffnungsvollste deutsche Talent – neben Oliver Goethe – auf der Formel-Leiter zusätzliche Förderung bekommt. Der logische nächste Schritt wäre die Formel 3, und für diese hat Tramnitz auch bereits mit dem niederländischen Team MP Motorsport getestet.
FRECA
An diesem Wochenende wird Tramnitz auf heimischem Boden unterwegs sein: die FRECA trägt ihr Saisonfinale in diesem Jahr im Rahmen der GT Masters auf dem Hockenheimring aus. Der Meister steht allerdings schon fest: Andrea Kimi Antonelli hat sich vor wenigen Tagen in Zandvoort vorzeitig den Titel gesichert. Auf nasser Strecke fuhr er am Sonntag einen dominanten Sieg heraus. Martinius Stenshorne, der in der ersten Saisonhälfte sogar stärker schien als Antonelli, kann ihn nun nicht mehr einholen, hat allerdings den Rookie-Titel bereits sicher. Während Stenshorne in der ersten Saisonhälfte vier Siege einfahren konnte, was für einen Neuling in dieser schwierigen Serie absolut bemerkenswert ist, brauchte sein italienischer Konkurrent etwas, um in Fahrt zu kommen, konnte aber sein dem vierten Wochenende in Spa bei fast jedem Event ein Rennen gewinnen (insgesamt fünf).
Grande Kimi! 🏆 Andrea Kimi Antonelli is @FRegionalAlpine Champion!! 👊 pic.twitter.com/MKDp4YSdSN
— Mercedes-AMG PETRONAS F1 Team (@MercedesAMGF1) October 15, 2023
Tim Tramnitz steht dahinter auf Rang drei. Er konnte in der Saison nicht noch einmal an sein herausragendes Wochenende in Barcelona mit zwei Siegen anknüpfen, fuhr aber so konstant Podiums- und Punkteresultate ein, dass er Platz 3 in der Gesamtwertung deutlich behaupten konnte. Er ist sogar noch in Reichweite zu Stenshorne und könnte diesen in Hockenheim überholen, wenn der Norweger ein schwaches Wochenende erwischt.
Vierter ist der Niederländer Kas Haverkort, der das Samstagsrennen in Zandvoort vor heimischem Publikum (noch auf trockener Strecke) gewinnen konnte. Haverkort hat seine zweite gute FRECA-Saison hingelegt (es ist seine dritte insgesamt), aber wo sein Weg hinführt, ist unklar. Reichen seine Leistungen – und sein Geld – für einen Aufstieg in die Formel 3? Im Regen am Sonntag wollte er in Kurve 1 zu viel und rutschte er bei einem Außenbahn-Überholversuch im Startgetümmel in den Kies. Das Sonntagsrennen musste wegen eines recht heftigen Zwischenfalls hinter dem Safety Car für einige Zeit unterbrochen werden. Zum Glück konnten alle beteiligten Pilot*innen unbeschadet aussteigen – der tödlich Unfall des Niederländers Dilano van’t Hoff in Spa, der die Saison überschattet hat, ist noch recht frisch im Gedächtnis.
Ebenfalls ein sehr starkes Wochenende zeigte in Zandvoort der Niederländer Laurens van Hoepen mit zwei dritten Plätzen. Es ist die zweite FRECA-Saison für den 18-jährigen, der zuvor keine Formel 4 gefahren ist und daher eine schwer einzuschätzende Wild Card war. ART gab ihm die Chance auf ein gutes FRECA-Cockpit, aber in den zwei Jahren gab es nur wenige herausragende Resultate. Zweimal Punkte beim ersten Auftritt in Monaco und eben dieses Doppelpodium bei schwierigen Wetterbedingungen in Zandvoort sind seine Highlights. Auch hier wird es spannend sein, zu sehen, wie sein Weg weitergeht.
Einen deutschen Neuzugang wird es in Hockenheim geben: Valentin Kluss hat seine F4 Italia-Saison abgebrochen und PHM Racing verlassen. Nach einem Event mit MP Motorsport in der spanischen F4 in Estoril wird er nun mit Monolite sein Debüt in der FRECA geben, wahrscheinlich in Vorbereitung auf eine volle Saison im kommenden Jahr. In der italienischen F4 hat Kluss mit mehreren sechsten Plätzen schon zeigen können, dass er Talent hat, aber natürlich reichte das nicht für einen großen Durchbruch. Wir dürfen gespannt sein auf sein erstes FRECA-Wochenende.
Stand:
- Andrea Kimi Antonelli (Prema, Mercedes Academy) – 282 Punkte
- Martinius Stenshorne (R-ace GP) – 218 Punkte
- Tim Tramnitz (R-ace GP, Red Bull Junior Team) – 196 Punkte
- Kas Haverkort (Van Amersfoort) – 147 Punkte
- Rafael Camara (Prema, Ferrari Driver Academy) – 146 Punkte
Nächstes Event: Hockenheim (20.-22. Oktober)
F4 Italia
Die Saison der italienischen Formel 4, der kompetitivsten aller F4-Serien, ist am vergangenen Wochenende in Vallelunga nahe Rom zu Ende gegangen. Zum dritten Mal in Folge wurde das Event vom Polen Kacper Sztuka dominiert. Der hatte bereits in Le Castellet und in Monza jeweils alle drei Rennsiege geholt und sich damit in die beste Position für den Meistertitel gebracht. Auch im ersten Lauf von Vallelunga startete er wieder von der Pole, konnte allerdings in der ersten Runde den McLaren-Junior Ugo Ugochukwu nicht hinter sich halten, der in einem starken Manöver in der Cimini 1/2-Lurvenkombination an ihm vorbeiging. Ugochukwu gewann dieses Rennen, da in Vallelunga das Überholen erstaunlich schwierig ist.
Doch später schlug Sztuka zurück, er gewann die letzten beiden Läufe, jeweils von der Pole aus und mit der schnellsten Rennrunde. Viel mehr kann man nicht zeigen. Die Saison von Sztuka war bemerkenswert. Im Winter konnte er wegen Geldproblemen nicht gegen die stärkste Konkurrenz im Mittleren Osten fahren, sondern musste sich mit der neuen Formula Winter Series begnügen, die er mangels ebenbürtiger Konkurrenz ungefährdet gewann. Unterstützung kam dann von der Orlen Academy des polnischen Mineralölkonzerns, und mit US Racing hat er ein gutes Team hinter sich.
For Kacper Sztuka today’s celebrations included the customary photos and the award presentation by Pirelli Motorsport, held inside the WSK Promotion hospitality, where they officially handed him the Pirelli Trophy 💪
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— Italian F4 Championship | Euro 4 Championship (@CIFormula4) October 15, 2023
Mit dem Auftaktsieg bei der italienischen F4 in Imola brachte er sich dann aber auch ernsthaft ins Gespräch, konnte allerdings in der ersten Saisonhälfte diese Form noch nicht konstant zeigen. Den Großteil der Rennsiege bis zur Sommerpause teilten die Prema-Piloten unter sich auf: sechs holte Arvid Lindblad (Red Bull Junior Team), je zwei holten James Wharton (Ferrari Driver Academy) und Ugochukwu (McLaren), einen Tuuka Taponen (FDA) und einen Nicolas Laporte. Doch seit dem Paul Ricard-Event im Juli war Sztuka nicht mehr zu stoppen. Mit dazu beigetragen, dass Sztuka nach ganz vorn vorstoßen konnte, hat allerdings auch, dass Lindblads Leistungen schwächer geworden sind: keine Siege mehr ab Paul Ricard, aber auch keine Poles oder Podien. Stattdessen überholte ihn Ugochwukwu im Prema-internen Mehrkampf.
Es wird spannend zu sehen sein, wie es mit diesen Piloten weiter geht. Wird eine größere Akademie eines Herstellers oder F1-Teams auf Sztuka aufmerksam oder bleibt er im Orlen-Kader? Der Aufstieg in die FRECA sollte finanziell (hoffentlich) drin sein. Was machen Red Bull mit Lindblad und McLaren mit Ugochukwu, die beide durchaus Potential gezeigt haben, aber eben noch nicht die Konstanz und Reife? Bleiben beide in der F4 oder werden sie trotzdem nach oben gepusht? Das McLaren-Nachwuchsprogramm wird seit diesem Frühjahr von Emanuele Pirro geleitet, dem ich mehr Sensibilität zutraue.
Insgesamt etwas zu schwächeln scheint der FDA-Kader, jedenfalls im Vergleich zu „älteren“ Gewächsen wie Oliver Bearman oder Charles Leclerc. James Wharton konnte sich auch in seiner zweiten F4-Saison bei Prema nicht durchsetzen, Taponen hat eine gute, aber keine bombatische Rookie-Saison hingelegt. Rafael Camara hat sich als Rookie ein Level höher in der FRECA ganz solide verkauft, aber konnte natürlich lange nicht mit seinem Überflieger-Teamkollegen Antonelli aus dem Mercedes-Kader mithalten. Dino Beganovich war nach dem FRECA-Titelgewinn im Vorjahr dieses Jahr der schwächste von drei F3-Rookies bei Prema und beendete die Saison als einziger Top Ten-Pilot ohne Sieg. Arthur Leclerc konnte in der F2 ohne starkes Prema-Team im Rücken auch nicht überzeugen. Whartons und Leclercs Position in der Academy könnte meines Erachtens durchaus gefährdet sein, die anderen dürften eine weitere Chance bekommen.
Endstand:
- Kacper Sztuka (US Racing, Orlen Academy) – 315 Punkte
- Ugo Ugochukwu (Prema, McLaren Driver Development) – 280 Punkte
- Arvid Lindblad (Prema, Red Bull Junior Team) – 263,5 Punkte
- James Wharton (Prema, Ferrari Driver Academy) – 205,5 Punkte
- Tuuka Taponen (Prema, Ferrari Driver Academy) – 196 Punkte
Euro 4 Championship
Die wichtigste F4-Serie ist damit durch, aber viele der dort ativen Fahrer*innen sind auch am kommenden Wochenende wieder im Dienst: die Euro 4 Championship wurde im Laufe dieses Jahres aus der Taufe gehoben, um den Teams und Piloten mehr Rennen zu ermöglichen und die Saison so wirtschaftlicher zu gestalten. In den Vorjahren wurde das über Gaststarts in der ADAC F4 erreicht, aber die gibt es ja nun nicht mehr. Dahinter stehen wie bei der italienischen F4 WSK Promotions und der italienische Verband ACI. Der Kalender besteht aber dieses Jahr nur aus drei Events, in Barcelona wird nun das letzte davon mit den gewohnten drei Läufen ausgetragen.
Vier der fünf Piloten, die hier um den Titel kämpfen, kennen wir aus den Top 5 der F4 Italia: Ugochukwu, Lindblad, Sztuka und Wharton. Einer kommt neu dazu: Akshay Bohra, der ebenfalls für das deutsche Team US Racing an den Start geht. Bohra ist in New York geboren und hat 2021 die deutsche Junioren-Kartmeisterschaft gewonnen, sein älterer Bruder Nikhil hat 2023 die FRECA bestritten. Zwischen diesen fünf Piloten ist noch alles offen, da ja bisher „nur“ zwei Drittel der Saison ausgetragen wurden.
Stand:
- Arvid Lindblad (Prema, Red Bull Junior Team) – 86 Punkte
- Ugo Ugochukwu (Prema, McLaren Driver Development) – 83 Punkte
- Kacper Sztuka (US Racing, Orlen Academy) – 74,5 Punkte
- Akshay Borha (US Racing) – 71 Punkte
- James Wharton (Prema, Ferrari Driver Academy) – 65 Punkte
Nächstes Event: Barcelona (20.-22. Oktober)
F1 Academy
Nach fast vier Monaten steuert nun auch die F1 Academy, die neue F4-Nachwuchsserie für PilotINNEN, auf ihr Saisonfinale zu. Dieses wird im Rahmen der Formel 1 auf dem Circuit oft he Americas ausgetragen, sodass der Serie etwas mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden dürfte als bisher. Erstmals wird es auch Live-Übertragungen geben, und zwar nicht nur auf Sky und F1TV, sondern auch Livestreams aller drei Läufe auf Youtube, X und Facebook wurden angekündigt. Na das ist doch mal was!
Ich habe die Saison kaum verfolgt, bisher gab es ja auch nur die Highlight-Videos der Wochenenden zu sehen. Die Meisterschaft wird von Marta Garcia deutlich angeführt, die Spanierin präsentiert sich hier stärker als in den drei vorangegangenen W Series-Saisons. Sauber-Juniorin Lena Bühler und Hamda al Quabaisi, die beide den Weg über die FRECA gewählt haben und nicht aus der W Series kommen, sind ihre stärksten Verfolgerinnen und streiten um Platz 2. Ein Titelgewinn ist bei 48 bzw. 56 Punkten Rückstand nur noch drin, wenn Garcia das Wochenende komplett versemmelt, aber dafür hat die auch zu viel Erfahrung.
Stand:
- Marta Garcia (Prema) – 235 Punkte
- Lena Bühler (ART Grand Prix, Sauber Academy) – 187 Punkte
- Hamda al Quabaisi (MP Motorsport) – 179 Punkte
- Nerea Marti (Campos) – 157 Punkte
- Abbi Pulling (Rodin Carlin, Alpine Academy) – 143 Punkte
Nächstes Event: Austin (20.-22. Oktober)
Was sonst noch war:
Die IndyNXT habe ich in diesem Jahr leider nicht verfolgen können. Dennoch sei der Champion an dieser Stelle genannt und geehrt: Christian Rasmussen aus Dänemark konnte sich am Ende doch recht klar gegen Hunter McElrea durchsetzen (539 zu 474 Punkte). Ob wir einen von beiden nächstes Jahr in der IndyCar-Serie sehen werden, ist noch nicht bekannt. Kyffin Simpson, der nur Zehnter in der IndyNXT wurde, hat allerdings bereits einen Platz in der Top-Serie bei Ganassi sicher, deren Development Driver er ist.
Auch in England stehen Saisonfinals an. Auf dem Grand Prix-Kurs von Donington werden sich gleich mehrere Piloten um den GB3-Titel streiten: Callum Voisin (406 Punkte) und Joseph Loake (393) liegen knapp vor dem Iren Alex Dunne (389), der mich letztes Jahr in der italienischen F4 als stärkster Antonelli-Konkurrent so beeindruckt hatte. Aber Auto, Umfeld und Regeln sind in der UK-Serie andere. Gerade nach der starken Peformance von Ex-GB3-Champ O’Sullivan in der F3 dieses Jahr bin ich gespannt, wen wir aus dieser Serie 2024 in F3 oder FRECA sehen werden.
Mit der GB3 bestreitet auch die GB4 ihr Finale in Donington: hier steht Tom Mills bereits als Meister fest.
Bereits beendet ist die Saison der F4 France. Hier holte Evan Giltaire den Titel knapp vor seinem französischen Landsmann Enzo Peugeot (317:313), alle anderen Piloten liegen deutlich zurück. Die drei Deutschen, die im Rahmen der ADAC Academy in dieser Serie angetreten sind, konnten keinen allzu großen Eindruck machen. Bester war Max Reis mit einem dritten Platz und 24 Punkte (Platz 14) insgesamt, knapp vor Tom Kalender.
(Beitragsbild: Ferrari)
1 Kommentare
Danke für den Überblick! 👍
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