An diesem Wochenende findet das große Saisonfinale der japanischen SUPER GT im Mobility Resort Motegi statt. Während sich die GT300-Meisterschafts bereits in der Qualifikation entscheiden kann, haben noch alle drei Marken eine Chance auf die GT500-Krone. Wir sind live in Motegi dabei.
– Toyota, Nissan oder Honda? Alle drei Marken haben mit jeweils noch einem Team eine Chance auf die GT500-Meisterschaft. Als absolute Favoriten gehen dabei Sho Tsuboi / Ritomo Miyata (au TOM’S GR Supra) ins Rennen. Nach ihrem zweiten Saisonsieg beim vorletzten Lauf in der Autopolis, führt das Toyota-Duo nun mit 69 Punkten die Tabelle an. Lediglich sieben Zähler dahinter sind Katsumasa Chiyo / Mitsunori Takaboshi (Niterra Motul Z). Das Nissan-Gespann hat einen Saisonsieg auf dem Konto und zählte bereits letztes Jahr zu den Meisterschaftsanwärtern, bis eine unverschuldete Karambolage beim Saisonfinale jene Träume zerplatzen ließ. Entsprechend schwören Chiyo und Takaboshi auf Revanche. Für Honda noch im Kampf um die GT500-Krone befinden sich Nirei Fukuzumi / Hiroki Otsu (#16 ARTA Mugen NSX-GT), die mit 16 Punkten Rückstand aber nicht nur zwingend einen Sieg benötigen, sondern gleichzeitig auch auf Patzer ihrer Konkurrenten hoffen müssen.
Folgend haben wir eine Tabelle erstellt, die das Meisterschaftsduell aufzeigt:
– Ein Omen? In den letzten drei Jahren ging der Titel jeweils an jene Mannschaft, die als Tabellenzweite ins letzte Saisonrennen gingen. 2020 ging Ryo Hirakawa im KeePer GR Supra der Sprit auf der Zielgeraden in der allerletzten Runde aus. 2021 wurde Naoki Yamamoto (Stanley NSX-GT) von seinem jetzigen Super-Formula-Teamkollegen Ren Sato aus der GT300-Klasse beim Überrunden abgeschossen. Letzte Saison kollidierten Katsumasa Chiyo und Tomoki Nojiri.
– Sollte der au TOM’S GR Supra gewinnen, wäre es nicht nur der erste GT500-Titel für Toyotas aktuelle Supra-Generation. Ritomo Miyata könnte sich zudem nach Pedro de la Rosa (1997), Satoshi Motoyama (2003), Richard Lyons (2004) sowie Naoki Yamamoto (2018 und 2020) zum erst fünften Doppel-Meister in der japanischen Motorsport-Geschichte werden, der im gleichen Jahr beide Top-Meisterschaften gewann. Für Sho Tsuboi wäre es der zweite Titel nach 2021. Für die beiden Nissan- und Honda-Esembles wäre es der jeweils erste Meisterschaftsgewinn.
– One final ride: Nach zehn Jahren schickt Honda den NSX-GT in Rente. 2014 wurde die vorerst letzte Generation des legendären Sportwagens als Konzept-Wagen mit Hybrid-Antrieb in die SUPER GT eingeführt. Es war der erste und bislang auch letzte Hybrid-Bolide in der GT500-Klasse. Mit dem Ende der Konzept-Phase wich auch der Hybrid-Antrieb. Seit 2020 ist der Wagen auch nicht mehr mit einem Mittelmotor, sondern den Regeln entsprechend mit einem FR-Antrieb unterwegs. In den letzten zehn Jahren konnte die in Sakura, das nicht weit vom Mobility Resort Motegi entfernt liegt, ansässige Marke insgesamt zwei Titel, 23 Rennsiege und 29 Pole-Positions einfahren. Dabei konnte der Wagen auf allen der aktuell von der SUPER GT besuchten Strecken in Japan gewinnen. Am erfolgreichsten erwies sich der Honda NSX-GT auf dem Fuji Speedway sowie beim Heimspiel in Motegi mit jeweils sechs Siegen. Einzig im thailändischen Buriram konnte der NSX-GT nicht obsiegen. Zum Abschied tragen alle fünf Honda-Boliden einen Sticker mit der Aufschrift „Arigatou NSX-GT“, „Danke NSX-GT“.
Passend zum Abschied wird der legendäre Castrol NSX, mit dem Ryo Michigami den GT500-Titel im Jahr 2000 gewann, eine Demorunde vor dem Rennen drehen. Ebenfalls zu Demonstrationszwecken auf der Strecke: Hondas Neuer. Tomoki Nojiri wird in den Civic Type R-GT klettern, der ab der folgenden Saison den NSX-GT als erster viertüriger GT500-Bolide ersetzen wird.
– Ebenfalls „Sayonara“ sagt Yuji Tachikawa, der nach 27 Jahren, drei GT500-Titeln und dem Allzeit-Rekord von 26 Pole-Positions seinen Helm an den Nagel hängt. Seine erste Startposition krallte sich der Toyota-Pilot just in Motegi im September 2020. Zu gerne würde er also noch ein letztes Mal von der Pole starten. Am Samstag wird es zu seinen Ehren eine spezielle Abschiedszeremonie mitsamt Demofahrt geben. Auch sein Team Cerumo, für das Tachikawa seit 1999 ununterbrochen fährt, hat zu seinen Ehren eine Aufschrift mit Danksagung an seinen Boliden angebracht.
– Und auch Michelin verabschiedet sich von der SUPER GT-Bühne. Der französische Reifenhersteller hat sich nach vier GT500-Titeln und 27 Siegen dazu entschlossen, die Top-Kategorie der japanischen Rennserie vorerst zu verlassen. Das Engagement in der GT300-Klasse, in der man aktuell die BMW-Studie-Mannschaft versorgt, soll hingegen fortgesetzt und womöglich gar ausgebaut werden. Mit dem Niterra Motul Z hat zudem noch ein Michelin-bereiftes Team die Möglichkeit, einen weiteren Titel zu den Erfolgen der Franzosen hinzuzufügen. Ab der kommenden Saison könnten die beiden NISMO-Fahrzeuge dann von Bridgestone ausgestattet werden. Darauf deuten einige Gerüchte im Paddock sowie eine Aussage von Yokohama, das sie nicht mit NISMO über eine mögliche Partnerschaft für 2024 gesprochen haben, hin.
– Vergangenen Samstag verunfallte Ukyo Sasahara beim Saisonfinale der Super Formula schwer (siehe unseren Bericht hierzu). Bei einer Kollision mit Hiroki Otsu wurde der Toyota-Fahrer durch den Zaun in der 130R geschleudert. Glücklicherweise blieb Sasahara bis auf eine laut eigener Aussage kleinen Gehirnerschütterung unverletzt. Am Freitag sah man ihn den Schock vom Unfall bereits nicht mehr an. Über beide Wangen strahlend wirkte er so energetisch wie noch nie. Wohl auch, weil der TOM’S-Pilot von den Ärzten die Startfreigabe für dieses Wochenende erhielt.
– Ein Schlüsselfaktor fürs Wochenende wird das Qualifying sein. Aufgrund des Stop-and-Go-Charakters gilt Motegi als einer der schwierigsten Kurse zu überholen. Bertrand Baguette (Marelli Impul Z) hofft daher auf eine gute Performance am Samstag – etwas, was ihnen heuer aus für ihn unerklärlichen Gründen nur bedingt möglich war, wie uns der noch amtierende Champion im Gespräch verriet
– Wie jedes Jahr werden für das Saisonfinale alle Erfolgsgewichte aus den Autos genommen. Damit sind der Saisonstart- sowie der Jahresabschluss die einzigen beiden Rennen des Jahres, in denen die Autos ihre komplett natürliche Performance demonstrieren können.
– Während der GT500-Titelkampf einen echten Hochspannung-Thriller verspricht, könnte die Entscheidung in der GT300-Klasse hingegen bereits am Samstag fallen. 20 Punkte Rückstand bedeuten, dass Hibki Taira / Yuui Tsutsumi (muta Racing GR86 GT) nicht nur gewinnen, sondern auch den Bonuspunkt für die Pole-Position ergattern müssen, um überhaupt eine mathematische Chance zu haben. Der erste Titelgewinn für Hiroki Yoshida / Kohta Kawaai (Saitamatoyopet GR Supra GT) scheint damit nahezu sicher. Die muta Racing-Truppe zeigte sich am Freitag dennoch kampfeslustig. Solange es eine mathematische Chance gibt, wolle man auch versuchen diese zu nutzen.
– Einen Fahrerwechsel gab es bei apr zu vermelden. Nach 110 ununterbrochenen Meisterschaftsläufen, die er seit 2010 für die #31 Crew von apr bestritt, wird Koki Saga an diesem Wochenende von Yuki Nemoto ersetzt. Der Lamborghini Professional Young Driver trat als dritter Pilot für den neuen Hybrid-befeuerten Lexus LC500h des Teams bei, machte aber schnell einen Namen für sich. In der Autopolis feierte das Team ihr erstes Podiumsresultat mit dem neuen Boliden, der Anfang des Jahres die Nachfolge des Toyota Prius einnahm. Nemoto wird zudem als heißer Kandidat auf ein Vollzeit-Cockpit für 2024 gehandelt. Das bedeutet nicht zwingend das Aus für Saga. Zwar kritisierte apr-Boss Hiroto Kaneso zur Jahreshälfte den Serienveteran sehr, indem er seinen Fahrstil als zu altbacken für diese neue Art von GT-Renner bezeichnete. In Motegi stärkte er aber den Rücken seines Schützlings, indem er ihm Zeit geben möchte. „Manchmal kommen einfach nicht die Ergebnisse, wenn man es auf Krampf komm raus probiert.“ Der Wechsel sei folglich, um etwas Neues zu probieren.
– Die Saisonfinale respektive Herbstrennen in Motegi wurden in den letzten Jahren von den GT3-Maschinen dominiert. Der letzte Sieg eines GTA-GT300-Boliden geht auf das Jahr 2016 zurück, als Tschiya Engineering mit ihrem VivaC 86 MC das Rennen wie auch den Titel gewannen. Aufgrund des Feuerzwischenfalls nach der Sommerpause auf dem Fuji Speedway musste sich das Traditionsteam für diese Saison zurückziehen. Ein Comeback mit der Mark II Version ihres „Hopiko“ getauften und selbstgebauten Toyota GR Supra GT könnte aber bereits nächstes Jahr erfolgen, da der Rahmen doch nicht so stark beschädigt wurde wie zunächst angenommen. Dies verriet Teambesitzer Takeshi Tsuchiya in einem Interview mit unseren Freunden von Dailysportscar.
– Auch in der GT300-Klasse werden für das Saisonfinale alle Erfolgsgewichte aus den Autos genommen.
– Sowohl Qualifikation wie auch Rennen werden international live auf Motorsport.tv übertragen. Die Qualifikation beginnt am Samstag um 6:20 Uhr deutscher Zeit. Fürs Rennen muss ein bisschen früher aufgestanden werden. Dieses startet am Sonntag bereits um 5:00 Uhr deutscher Zeit.
Copyright Photos: Own Archive