Pünktlich zum 70. Macau Grand Prix wird aus diesem historischen Event auch wieder ein internationales: seit 2020 trug die chinesische Formel 4 Corona-bedingt das Headliner-Rennen auf dem Guia Circuit aus, aber 2023 ist es wieder soweit: der Grand Prix wird – wie zuletzt 2019 – als Formula 3 World Cup bestritten. Und da es ein Non-Championship-Rennen ist, haben wir auch einige Gaststarter im Feld: Vom frisch gebackenen Formel 4-Champion bis zum Ex-Formel 2-jetzt-IndyCar-Fahrer ist alles dabei. Der schwierige, aber auch gefährliche Kurs tut sein Übriges dazu, dass dieses Rennen einen Blick lohnt.
Bereits zwei Macau-Titel in der Tasche hat Dan Ticktum. Doch der Formel E-Pilot wird mit Rodin Carlin versuchen, im fünften Versuch seinen dritten Sieg auf der legendären Piste zu holen. Einer seiner Teamkollegen ist Zane Maloney, der in der F2 ein paar sehr starke Performances hatte. Weitere aktuelle F2-Piloten auf der Entry List sind Richard Verschoor und Roman Stanek (Trident) sowie Dennis Hauger (MP Motorsport) und Isack Hadjar (Hitech), allesamt starke Piloten. Eine Woche vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi (Vorschau folgt) ist das nochmal ein ordentliches Warm-Up.
Und wer ist nun der IndyCar-Pilot, der antritt? Es ist der Neuseeländer Marcus Armstrong, aktuell Stammpilot bei Ganassi und Rookie of the Year der abgeschlossenen US-Saison. Er will es ein drittes Mal in Macau versuchen. Bisher hatte er dabei aber nicht so viel Erfolg wie sein früherer Konkurrent Ticktum: nur zwei achte Plätze stehen zu Buche. Ich bin gespannt drauf, wie sich die beiden „Veteranen“ (24 und 23 Jahre alt) schlagen werden, ich freue mich sehr über deren Antreten.
Den Großteil der Entry List bilden Formel 3-Piloten der im September beendeten Saison. Drei der Top 4 der Meisterschaft treten allerdings nicht an: Champion Gabriele Bortoleto, Vize Zak O’Sullivan sowie Franco Colapinto sind nicht dabei. Colapinto musste kurzfristig absagen, da er sich noch von einer Verletzung regeneriert, sein Ersatzmann ist der bereits genannte Dennis Hauger.
Prema bringt Dino Beganovic und Paul Aron an den Start, außerdem Gabriele Mini, der für die nächste F3-Saison zum Team zurückkehren wird. Campos hat seine Cockpits mit Sebastian Montoya, Pepe Marti und Oliver Goethe ebenfalls stark besetzt. Mit Luke Browning ist der GB3-Champ des Jahres 2022 dabei, der allerdings eine schwierige erste F3-Saison hatte. Sophia Floersch kehrt an den Ort ihres schweren Unfalls 2018 zurück, bei dem sie sich eine Wirbelfraktur zuzog und mehrere andere Personen verletzt wurden.
Interessant sind auch noch ein paar Piloten, die aus den unteren Serien kommen und erstmals in einem F3-Boliden antreten. Ugo Ugochukwu (Trident) ist ein McLaren-Nachwuchstalent und gerade Meister der Euro 4 Championship geworden. Charlie Wurz (Jenzer) hat im letzten Winter die Formula Regional Oceania gewonnen, aber nachdem es in der FRECA danach nicht lief, ist er zur Saisonmitte in den schwächer besetzten Eurocup 3 gewechselt. Noel Leon (Van Amersfoort) aus Mexico ist frischgebackener Euroformula Open-Meister und der Ire Alex Dunne (Hitech) hat in Donington noch Platz 2 der GB3 erobert.
Die komplette Entry List gibt es hier.
Gefahren werden – wie in der FIA F3-Saison – das Dallara F3 2019-Chassis mit Mecachrome-Motor und Pirelli-Reifen. Es gibt ein Quali-Rennen am Samstag über 10 Runden und dann den eigentlichen Grand Prix über 15 Runden am Sonntag. Mit Safety Car-Phasen ist zu rechnen, aber schwere Unfälle bleiben hoffentlich aus. Der Kurs mit seinen schwarz-gelben Leitplanken ist berüchtigt und setzt sich aus zwei Teilbereichen zusammen: Dem Highspeed-Teil um das Reservoir mit einigen rasanten Knicken und dann dem Anbremsen zur Lisboa Bend – und dem kurvigen Berg-Parcours bis hin zur Melco Hairpin, die so eng ist, dass dort seit Jahren durchgehend Gelb geschwenkt wird. Der Kurs erfordert Präzision, Mut und Abgeklärtheit – eine Onboard-Runde gibt es hier zu sehen.
Also: wer wird sich als nächster in die Siegerliste eintragen, in der schon Ayrton Senna und Michael Schumacher stehen? Wir dürfen gespannt sein.
FRECA
Auch wenn Andrea Kimi Antonelli schon vorher als Champion feststand, sollte uns das FRECA-Saisonfinale in Hockenheim einen kurzen Blick wert sein – denn: der ungeliebte Tilke-Kurs hat es geschafft, in dieser Rennserie zwei tolle, spannende, aufregende Rennen zu produziere. Dabei tut sich die FRECA ohne DRS ja auch oft genug schwer, sehenswertes Racing zu bieten, aber auf dem neuen Hockenheimring hat es bestens funktioniert. Darum ist es schön, dass der Kurs im Kalender bleibt. Statt des Saisonendes wird er aber den Auftakt markieren, im Mai wird dort die FRECA-Saison 2024 beginnen.
Der neue Red Bull-Junior Tim Tramnitz hat sich auf heimischem Boden gut präsentiert. Am Samstag startete er zwar nicht von der Pole, schob sich aber in der Spitzkehre außen herum an Camara und Haverkort vorbei, übernahm die Führung und verteidigte sie bis ins Ziel. Nach dem zweiten Safety Car-Restart kurz vor Schluss musste er sich zwar noch einmal gegen einen Angriff Camaras wehren, machte das jedoch so geschickt, dass der danach noch den zweiten Platz an Tramnitz Teamkollegen Martinius Stenshorne verlor. Das war im noch nicht entschiedenen Kampf um den Team-Titel wichtig.
Am Sonntag startete Tramnitz dann von der Pole, kam aber schlechter weg als sein Teamkollege Stenshorne, der sofort die Führung übernahm. Camara drückte sich in Kurve 2 auch noch am Deutschen vorbei. Gut sechs Minuten vor Schluss kam es dann zur entscheidenden Szene: die Top 3 waren nach der Spitzkehre dicht beisammen, Camara versuchte einen Angriff außen herum gegen Stenshorne, rutschte dabei aber in der 90 Grad-Links nach außen, was dem lauernden Tramnitz die Gelegenheit gab, auch noch vorbeizuziehen. Wenige Minuten später war der zweite Doppelsieg für R-ace GP in trockenen Tüchern. Doch Prema konnte den Team-Titel um zwei Punkte gewinnen, weil Antonelli nach schlechter Quali noch auf Platz 6 nach vorn gefahren war, und die nötigen Zähler sammelte (512:510).
Camara dagegen musste den letzten Podiumsplatz noch an Kas Haverkort abgeben. Dabei ging es nicht nur um einen Pokal, sondern dieses Manöver entschied tatsächlich den Kampf um Platz 4 in der Fahrerwertung: Haverkort war mit einem Punkt Vorsprung vor Camara nach Hockenheim gekommen und konnte nun auch mit einem Punkt Vorsprung wieder heimfahren. Ein starker Abschluss der dritten – und bisher besten – FRECA-Saison des Niederländers.
Wer in der Off-Season Lust auf Formelrennen hat, dem empfehle ich diese beiden Läufe, die auf dem Youtube-Kanal der FRECA zu sehen sind.
Endstand:
- Andrea Kimi Antonelli (Prema, Mercedes Academy) – 300 Punkte
- Martinius Stenshorne (R-ace GP) – 261 Punkte
- Tim Tramnitz (R-ace GP, Red Bull Junior Team) – 239 Punkte
- Kas Haverkort (Van Amersfoort) – 174 Punkte
- Rafael Camara (Prema, Ferrari Driver Academy) – 173 Punkte
Was sonst noch war
Den Titel in der F1 Academy für Nachwuchsfahrerinnen hat – wie zu erwarten war – Marta Garcia geholt. Sie ließ schon im ersten Lauf in Austin nichts mehr anbrennen, siegte souverän und war damit nicht mehr einzuholen. Die weiteren Siege gingen an Hamda Al Qubaisi und Jessica Edgar. Die Schweizerin Lena Bühler behauptete Platz 2 in der Gesamtwertung mit drei Top 4-Resultaten gegen Al Qubaisi.
Ugo Ugochukwu hat in Barcelona den Titel in der kurzen (nur drei Events umfassenden) Euro 4 Championship geholt. Sein Prema-Teamkollege Arvid Lindblad war als Führender nach Spanien gekommen, begann das Wochenende auch mit einem zweiten Platz, holte dann aber keine Punkte mehr. Ugochukwu und James Wharton fuhren dagegen dreimal in die Top 4 und gewannen jeweils ein Rennen, ebenso wie Akshay Bohra, der sich auch noch an Lindblad vorbeischob.
Ebenfalls vor ein paar Wochen fand das Finale der GB3 in Donington Park statt. Dri Piloten kämpften um den Titel, doch Joseph Loake erwischte ein schlechtes Wochenende. Also duellierten sich Callum Voisin und Alex Dunne: Jeder der beiden konnte ein Rennen gewinnen und auch sonst waren ihre Ergebnisse an dem Wochenende ähnlich. Somit konnte Voisin seinen Vorsprung behaupten und sogar noch um einen Pinkt auf 18 Zähler ausbauen, Loake rutschte auf Rang 3 ab.
Just an diesem Wochenende hat die spanische Formel 4 ihre Saison in Barcelona beendet. Hier gewann der in Singapur geborene Christian Ho alle drei Läufe dominant von der Pole aus. Auch das konnte aber nichts mehr am Titelgewinn des Spaniers Théophile Nael ändern, der sich über den mittleren Teil der Saison ein Polster herausgefahren hatte und dieses in Barcelona mit zwei Podien absicherte.