Das war mehr als enttäuschend für Sauber/Alfa Romeo. Als neue Teambesitzer steht Audi vor großen Herausforderungen.
Das Rennen in Abu Dhabi war vermutlich vorerst letzte Mal, dass man den Namen Alfa Romeo in der Formel Eins sieht. Zwar gab es Gerüchte, dass Alfa zu Haas wechselt, aber im Moment sieht es wohl eher danach aus, dass man eine Möglichkeit sucht sich in der WEC zu engagieren. So richtig Sinn hat das Engagement in der Formel Eins ja nie gemacht, wenn man davon absieht, dass man zwei F1-Fahrer als Marketinginstrument hatte. Außer Geld hat Alfa nie etwas zum Team geliefert. Das Auto kam wie gewohnt weiter von Sauber. Die wurden bekanntermaßen von Audi übernommen, die ab 2024 50 Prozent der Anteile am Team halten.
Es gibt viele Fragezeichen hinter dem Team, darunter auch die Frage, wie man sich 2024 überhaupt nennen will. Sponsorname/Sauber? Nur der Sponsor? Audi wird vermutlich erst 2026 namentlich auftauchen. Weitere Fragezeichen muss man auch hinter der Performance des Teams machen. Denn die war 2024, für die technischen Möglichkeiten, die man hat, nicht ausreichend. Nur P9 in der WM und nur vier Punkte besser als Haas – das kann nicht die Messlatte sein.
Es ist sicher richtig, dass das Team in diesem Jahr einem großen Wandel unterworfen ist. Andreas Seidl hat das Kommando übernommen und damit begonnen, am Standort in der Schweiz alles umzubauen. Über 300 neue Leute wurden für das Audi-Projekt angeworben und angestellt. Derartige Eingriffe in eine Organisationsstruktur führen so Problemen, vor allem in der Ausführung einer Saison. Auch wird man im ersten Jahr, in dem man alles umbaut, sich mehr auf das Management konzentrieren und weniger auf das Auto und die Ergebnisse.
Aber das darf dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Probleme bei Sauber tiefergehender Natur sind. Das diesjährige Auto wurde im letzten Jahr konzipiert und nicht erst im Winter, nachdem Seidl übernommen hatte. Und das Auto hatte massive Schwächen beim Abtrieb, Reifenverschleiß und in mittel schnellen Segmenten einer Strecke. Also auf circa 70 % aller Abschnitte der Kurse in diesem Jahr. Das Chassis war schlecht und es gab, anders als bei Haas, auch keine regelmäßigen Highlights. Und das sollte einem Sorgen machen.
Mag sein, dass Bottas sich mehr für andere Dinge interessiert und Zhou als Fahrer eher mittelmäßig ist. Aber vor allem Bottas ist als extrem guter Qualifier bekannt, der auf einer Runde alles aus einem Auto herausholen kann. Wer regelmäßig bis auf ein Tausendstel an Hamilton herankommt, kann kein schlechter Fahrer sein. Dass er es nur fünf Mal in Q3 schaffte, sagt schon alles über Auto. Und dass es über das Jahr hinweg nicht besser wurde, auch.
Mag sein, dass Sauber/Audi das Jahr schon zum Start der Saison komplett abgeschrieben haben. Es würde zumindest Sinn machen. Erst die Leute einstellen, dann die Strukturen aufbauen, dann das Auto bauen. Mit James Key hat man zudem einen neuen (alten) Designer an Bord. Immerhin gelang es dem Team in diesem Jahr den Abstand nach vorn nicht größer werden zu lassen und man experimentierte mit vielen kleinen Updates. Was zeigt, dass man die Probleme des Autos erkannt hatte und dagegen steuern konnte.
Sorgen macht mir aber weiterhin, dass Sauber, trotz der sehr guten technischen Möglichkeiten und einem „state of the art“ Windtunnel nicht in der Lage ist ein Auto zu bauen und weiter zu entwickeln, dass sich etwas weiter vorn platzieren kann. Etwas sehr Grundsätzliches scheint nicht zu stimmen, was Audi und Andreas Seidl sicher auch bemerkt haben dürften. Vielleicht ist es schon abgestellt, aber das wird man 2024 sehen.
Dass die Piloten kaum Möglichkeiten hatten, ihre Qualitäten zu zeigen, ist daher nicht verwunderlich. Aber wie erwähnt – beide machten auch nicht immer den motiviertesten Eindruck. Bottas hatte ein paar Highlights, war aber die meiste der Zeit der Saison nicht zu sehen und fiel nur einer neuen Frisur auf. Das reichte ihm immer noch, um seinen chinesischen Teamkollegen deutlich zu schlagen. Das Quali-Duell ging 15:7 aus, das Duell im Rennen 13:8.
Daher war ich doch ein wenig überrascht, dass Sauber an Zhou auch für das nächste Jahr festhält. Alternativen gibt es ja durchaus. Da wäre Mick Schumacher gewesen (mag hier vertragliche Gründe haben, dass man ihn nicht im Team hat) oder Théo Pourchaire, der in seiner dritten Saison endlich den F2-Titel holen konnte. Dass er es erst diese Saison geschafft hat, dürfte allerdings einer der Gründe sein, warum Sauber ihn nicht vom Test- zum Einsatzfahrer befördert hat.
2024 dürfte ein interessantes Jahr für Sauber/Audi werden. Das erste Auto aus der Schmiede von James Key, die neue Organisationsstruktur, die Updates bei der CFD-Entwicklung und das Geld, dass von Audi kommt. All das sind Zutaten, die das Team weiter nach vorn bringen sollten. Und auch müssen. Denn fährt man weiterhin hinter Williams und Alpha Tauri (oder wie auch immer das Team 2024 heißen wird) wird man sich Audi fragen müssen, ob man ins richtige Team investiert hat. Die Gerüchte, dass die Vorstände bei VW und Audi das Projekt „F1“ mehr als kritisch sehen, sind ja bekannt.
Bilder: Pirelli