Die Saison des Schwesterteams von Red Bull war mehr als schwierig. Aber gegen Ende wurde es deutlich besser.
Viel hat man von Torro Rosso/Alpha Tauri ja nie erwartet. Es ist klar, dass man nur einen Bruchteil der Möglichkeiten hat, die Red Bull zur Verfügung stehen. Und die haben ihre Filiale immer nur als Spielwiese angesehen, auf der man neue Talente testen kann. Manche haben überzeugt (Vettel, Ricciardo, Verstappen, Albon), die überwiegende Mehrheit verschwand wieder in andere Serien. Mehr als eine Talentschmiede war das Team nie. Dementsprechend waren die Erwartungen niedrig und die Ergebnisse meist nebensächlich.
Doch das hat sich scheinbar geändert, denn bei Alpha Tauri tut sich einiges. Red Bull hat sich dazu entschieden, das Team komplett neu zu organisieren. Franz Tost wurde nach einer gefühlten Ewigkeit durch den Ex-Ferrari Mann Laurent Mekies ersetzt, der ab 2024 das Ruder übernimmt. Ihm zurzeit hat man den ehemaligen FIA Generalsekretär Peter Beyer gestellt. Mekkies übernimmt die sportliche Seite, Beyer die politische Ebene und die Sponsoren. Dazu verlegt man einen Teil des Teams von Italien nach England, die dann Zugriff auf den Windtunnel von Red Bull haben.
Das alles zeigt, dass es Red Bull ernst damit ist, das Team auf neue und vor allem erfolgreiche Beine zu stellen. Dafür gibt es zwei Gründe. 1. Der Wert der F1-Teams steigt, weil die Serie weltweit so erfolgreich ist. Aber viel Geld bekommt man nur für erfolgreiche Teams und nicht für jene, die hinten rumfahren. Red Bull bereitet das Schwesterteam so auf die Möglichkeit vor, verkauft zu werden. 2. Man musste die Strukturen verändern, um weiter konkurrenzfähig zu sein. Die Bewertung der Fahrer ist nur dann möglich, wenn man die auch einigermaßen vernünftiges Material haben.
Das war in diesem Jahr lange nicht der Fall. Zwar hatte man wie Red Bull auf die nach unten laufenden, stark eingeschnittenen Seitenkästen gesetzt. Aber das erste Konzept zum Start der Saison war nicht konsequent genug. Das änderte sich erst mit einem massiven Update ab dem Rennen in Singapur. Und seitdem lief es dann auch für Alpha Tauri. Das Update verwandelte das Auto von einem Hinterbänkler zu einem echten Punkte-Aspiranten. Wie viel Know-how da von Red Bull nach Feanza geflossen ist, dürfte klar sein.
Das wirklich gute Update zeigt auch, dass Alpha Tauri trotz des organisatorischen Umbaus in der Lage war, eine vernünftige Weiterentwicklung zu betreiben. Anders zum Beispiel als Alfa Romeo, die ja einen ähnlichen Umbau erleben. Alpha Tauri war schon immer in der Lage zu überraschen und aus den eingeschränkten Möglichkeiten mehr herauszuholen, als man ihnen zutrauen würde. Das ist tief in der Historie des Teams verankert und war schon zu Minardi-Zeiten so. Dass man diese Qualitäten nicht verloren hat, zeigt, wie stark das Team aufgestellt ist.
Bei den Fahrern hatte man dieses Jahr Probleme. Nyck de Vries war zu keiner Zeit in der Lage, die hohen Erwartungen, die man an ihn hatte, zu bestätigen. Es zeigte sich, dass der Schritt von der Formula E zur F1 doch zu groß ist. Nach 10 Rennen war dann auch Sense. Was allerdings auch viel damit zu tun hatte, dass man Daniel Ricciardo wieder im Team haben wollte. Der ist, auch aus Marketing-Gründen, deutlich mehr wert, als de Vries. Aber ist er auch besser als de Vries, der Liam Lawson?
Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Sein Unfall in Zandvoort warf ihn für Wochen zurück, die fünf Rennen, die er dann am Ende der Saison gefahren ist, waren nicht so eindeutig, wie man sich wünschen würde. Nimmt man alle Rennen zusammen, verlor er das Quali- und das Rennduell jeweils 3:4. Anders sieht es allerdings bei den Ergebnissen nach Punkten aus. Tsunoda holte in den Rennen gegen Ricciardo 9 Punkte, der Australier schaffte es nur einmal in Punkte (Mexiko, 7. Platz). Aber wie gesagt: der Unfall und die auch nach dem Bruch des Handgelenksknochen bestehenden Probleme verwässern die Ergebnisse etwas.
Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Yuki Tsunoda eine sehr gute Saison hinlegte. Trotz der Probleme mit dem Chassis zu Beginn der Saison kratzte er mehrfach an den Punkten und landete zweimal auf P10. Vor allem seine Pace im Rennen war hervorragend. Konstant schnell, sehr gut in der Ausführung der Strategie und viele beherzte Zweikämpfe zeichneten diese Saison aus. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, sich im Umfeld der F1 zurechtzufinden, ist Tsunoda stark gewachsen. Setzt er den Trend fort, ist er durchaus ein Kandidat für ein besseres Team.
Interessant war aber auch der direkte Vergleich zu Liam Lawson. Der Neuseeländer, in den Feeder-Serien nicht zwingend immer überzeugend, legte ein imposantes Debüt in der Formel Eins hin. In seinen fünf Rennen bügelte ihn zwar Tsunoda in der Quali 4:1, was aber nicht überraschen kann. Im Rennen drehte er die Ergebnisse dann zu seinen Gunsten um. Es ist ein wenig schade, dass man 2024 nicht sehen kann, was er tatsächlich drauf hat.
Ich erwarte nicht allzu viel von Alpha Tauri im nächsten Jahr. Man wird sich verbessern, wird aber auch Zeit benötigen, bis die neuen Strukturen sich eingespielt haben. Der Umzug des Teams, die neuen Chefs – all das wird nicht einfach werden. Red Bull wird erwarten, dass das Schwesterteam wieder in dem Bereich liegen, in dem man in diesem Jahr die Saison beendet hat.
Bilder: Pirelli