Home Formel EinsF1 Formel Eins Saison 2023: Alpine – Die personifizierte Mittelmäßigkeit

Formel Eins Saison 2023: Alpine – Die personifizierte Mittelmäßigkeit

von DonDahlmann
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Auch dieses Jahr steckte Alpine relativ alleine im Mittelfeld fest. Eine Änderung ist nicht in Sicht.

Es schon fast ein Ritual in der Formel Eins. Jedes Jahr kündigt Alpine/Renault an, dass man nun aber wirklich um Podien kämpfen zu wollen. Nur um dann nach drei Rennen festzustellen, dass man erneut keinen Schritt nach vorn gemacht hat. Dann sammelt man lange Daten, um am Ende mit ein paar wirklich guten Updates um die Ecke zu kommen, die das Chassis ein wenig nach vorn zu bringen. Das Team denkt, habe die Fehler gefunden, um dann in der nächsten Saison exakt in der gleichen Position zu sein. Wenn es ein privates Team wäre, könnte Entschuldigungen wie mangelndes Budget finden. Aber Alpine ist ein reines Werksteam, dazu eins, mit einer den besten technologischen Möglichkeiten in Enstone. Was läuft da falsch?

Zwei Dinge fallen sofort auf: die räumliche Teilung des Teams. Der in UK basierte Teil entwickelt und baut das Auto nicht alleine. Motor und Teile der Chassis-Entwicklung finden in Frankreich statt. Das ist nicht gerade ideal, auch wenn die Aufteilung nicht ungewöhnlich ist. Der zweite Bereich betrifft den Motor. Renault beklagt, dass man leistungsmäßig hinterherhinkt. Das ist nicht überraschend, denn Renault hatte im Winter, bevor die Motoren eingefroren wurden, einen komplett neuen Motor entwickelt. Der ist zwar deutlich zuverlässiger als das vorherige Aggregat, aber es fehlt Leistung. 30 bis 50 PS sollen es sein. Die Konkurrenz sieht das sogar ähnlich, verweigert Renault aber eine Ausnahme, weil man einen Präzedenzfall befürchtet.

Alpine spricht davon, dass die mangelnde Leistung um die drei bis fünf Zehntel pro Runde je nach Strecke kostet. Das wäre viel, würde aber das Team nicht unbedingt weiter helfen. Nehmen wir als Beispiel Suzuka, eine Strecke, die Motoren, aber auch die Aerodynamik fordert. Da fehlten Alpine am Ende 1,6 Sekunden auf Verstappen. Selbst, wenn man Verstappen aus Rechnung nimmt, wären es immer noch 1,1 Sekunden auf die McLaren. Vier Zehntel durch einen besseren Motor hätten Gasly von P12 auf P8 gebracht. Sicher eine Verbesserung, aber normalerweise liegt Alpine in diesem Bereich ohnehin. Der schwache Motor darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die von den Franzosen produzierten Chassis keine Bäume ausreißen.

Warum es dem Team nicht gelingt, besser zu sein, hat auch interne Gründe. Die Menge an Teamchefs, die man in den letzten Jahren verschlissen hat, kommt schon auf das Niveau von Ferrari. Man kann darüber diskutieren, ob Otmar Sznafauer der richtige Mann für Alpine war. Er war gut bei Force India, er ist gut, wenn es darum geht aus einem kleinen Budget viel heraus zu holen und er kann Nachwuchsingenieure begeistern. Dass er trotz aller Widrigkeiten Force India im Mittelfeld halten könnte, war sicher eine großartige Leistung. Aber die Herausforderung, in einem höchst politischen Umfeld ein Team an die Spitze zu bringen, ist wohl eine andere. Da braucht man vielleicht eine andere Statur, die aber auch nur wenige in der Formel Eins haben.

Seine Entlassung im Sommer kam daher nicht unerwartet, zumal man bei Alpine auch immer gerne nach einem Sündenbock sucht. Ob Bruno Famin, der seit Zandvoort das Team „übergangsweise“ leitet, der richtige Mann ist, wird sich zeigen. Nachdem Renault auch Laurent Rossi, ehemalig CEO von Alpine, ersetzt hat und zudem auch noch Pat Fry vor die Tür setzte, haben viele gedacht, dass der Kahlschlag die Prélude für eine Verpflichtung von Mattia Binotto gewesen sei, der gleich mit einer ganzen Wagenladung ehemaliger Ferrari Mitarbeiter aufschlagen würde. Das ist bisher nicht passiert. Offenbar denkt man bei Alpine, dass man die Probleme mit dem eigenen Personal beheben kann. Die Gefahr besteht, dass der schon sichtbare Riss zwischen Enstone und Viry-Châtillon sich noch vergrößert, wenn einerseits Alpine und andererseits die erfahrene UK-Abteilung stehen.

Das bedeutet natürlich nicht, dass Alpine die offenbar chronischen Probleme abstellen und nach vorn rücken kann. McLaren war dieses Jahr ein anschauliches Beispiel, wie man das schafft. Aber aus historischen Gründen habe ich da so meine Zweifel. Immerhin hat man in diesem neue Anteilseigner für das Team gefunden, was einiges an Geld rein geschwemmt hat. Wenn man klug war, dann hat man die Saison 2023 schon im Frühsommer abgehakt und sich auf 2024 konzentriert hat.

Fahrerisch ist man gut aufgestellt. Ocon und Gasly sind zwar nicht besten Freunde (und werden es auch nicht mehr), aber beide sind auf einem ähnlichen Niveau unterwegs. Ganze vier Punkte trennten Ocon von Gasly in der WM am Schluss, was für die Konstanz im Team spricht. Schaut man auf das Quali-Duell, so lag Gasly 14:8 vorn. Im Rennen war es mit 11:10 knapper. Aber Gasly macht den Eindruck, der etwas komplettere Pilot zu sein. Ocon gehört eher zu jenen F1-Piloten, die an guten Tagen kaum zu schlagen sind, aber dafür auch extrem schlechte Wochenende haben. Aber bessere Piloten findet man auf dem Markt sicher nicht und beide wissen, wie man Rennen gewinnt.

Ich bin gespannt, wie Alpine durch den Winter kommt. Meiner Meinung nach muss man eine starke, erfahrene und durchsetzungsfähige Person als Teamchef haben. Jemand, der weiß, wie man ein Team führt, der ein hohes technisches und organisatorisches Verständnis mitbringt und den Laden umkrempelt. Solange man den nicht in den eigenen Reihen oder bei einem anderen Team findet, dürfte Alpine weiter Schwierigkeiten haben.

Bilder: Pirelli

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