Es war die erfolgreichste Saison für Aston Martin, die das Team unter Lawrence Stroll jemals hatte. Und gleichzeitig gab es jede Menge Probleme.
Schaut man nur auf die Punkte, hat kein Team in der Saison 2023 so viel zugelegt, wie Aston Martin. Weder McLaren noch Red Bull. 55 Punkte sammelte man 2022 ein, 280 Punkte waren es 2023 und damit 230 Punkte mehr. Damit müsste man bei Aston Martin mehr als zufrieden sein, denn einen solchen Sprung sieht man selten in der Formel Eins. Die vielen Punkte bedeuten einen gewaltigen Sprung in der Wertung von P7 auf P5 und damit auch deutlich mehr Geld aus dem Topf von Liberty Media. Das Problem ist nur, dass der Erfolg von den Problemen, die man in der Saison hatte, etwas überschattet wird.
Bis in den Mai hinein war Aston Martin das beste Team hinter Red Bull. Auf manchen Strecken war mal Ferrari und mal Mercedes besser, aber kein Team hatte so viele Podien wie Aston Martin. Es sah so aus, dass die Briten überraschenderweise die ersten Verfolger von Red Bull sein würden und das ein oder andere Mal war sogar knapp an einem Sieg dran. Dann kam das Update in Spanien und alles ging den Bach runter.
Mit nur einem Update verwandelte sich der minimale Vorsprung auf die Mercedes in einen Rückstand von rund 0,5 Sekunden. Zwei Dinge waren passiert. Zum einen hatten Ferrari und Mercedes ihre Autos massiv umgebaut und waren damit erfolgreich. Zum anderen verstand man bei Aston Martin nicht, was beim Update schiefgelaufen war. Es dauerte bis in den Herbst und es benötigte zwei weitere große Updates, bis man das Problem erkannte und etwas mehr in den Griff bekam.
Dass das Update komplett schiefgelaufen ist und dass man so lange benötigte, um die Fehler zu finden, ist einerseits alarmierend. Denn eigentlich hatte man ja eine hervorragende Basis geschaffen, die man dann versaute. Auf der anderen Seite gilt der alte Spruch, dass man nur aus Fehlern lernt. Sollte es Aston Martin über die Saison tatsächlich gelungen sein, die Probleme zu identifizieren, hat man viel gelernt. Was dann hoffentlich bedeutet, dass man 2024 bei der Entwicklung besser dasteht.
Seit April arbeitet Dan Fallows beim Team. Der war zuvor die rechte Hand von Adrian Newey bei Red Bull und der Chef der Aerodynamik. Auch dank seiner Arbeit hat Red Bull ein so dominantes Auto und dieses Wissen hat er natürlich zu Aston Martin mitgenommen. Dass Aston in der Saison so abgefallen ist, mag mit dem Wechsel zusammenhängen. Das Auto von Aston hat eine etwas andere Philosophie und Fallows wird einen großen Teil des Teams umorganisiert und auf Chassis für 2024 abgezogen haben.
Aber Aston hat noch zwei Schwachstellen, die man nicht unterschätzen sollte. Da wäre die Frage, wie viel Entscheidungsfreiheit eigentlich Mike Krack hat, der offiziell das Team leitet. Natürlich weiß man aber auch, dass Lawrence Stroll sehr viel ins Team rein regiert. Bisher zeigen sich zwar keine Bruchstellen in der Teamführung, was aber auch damit zusammenhängen mag, dass das Team in diesem Jahr einigermaßen erfolgreich war. Dass man gegen Ende noch von McLaren abgefangen wurde, schien im Team auch keine großen Sorgen auszulösen.
Der zweite Schwachpunkt ist Lance Stroll. Aston wird in der Team-WM nie eine Rolle spielen, wenn man Stroll nicht durch einen kompetenteren Fahrer ersetzt. Stroll kann Highlights setzen, keine Frage. Aber das können andere Piloten auch. Wäre er nicht der Sohn des Teambesitzers, wäre vermutlich schon nicht mehr im Auto. Und das auch zurecht. Von 280 Punkten sammelt Alonso 206 Zähler ein. Nimmt man nur das erste Drittel der Saison, als Aston ein sehr starkes Auto hatte, sieht der Unterschied groß aus.
Alonso: P3, P3, P3, P4, P3, P2, P7, P2
Stroll: P6, DNF, P4, P8, P7, P12, DNF, P8
Ich hatte vor ein paar Monaten schon folgendes geschrieben „Es ist völlig in Ordnung, seine Leistungen im Team in diesem Jahr zu kritisieren. Und es auch völlig in Ordnung, dass man seine Unfälle analysiert und zum Schluss kommt, dass er eventuell überfordert sein könnte. Aber das bedeutet nicht, dass man ihn den Löwen zum Fraß vorwirft. Und schon gar nicht geht es, dass man ihn persönlich angreift.“ Dabei bleibe ich auch. Aber es muss auch klar sein, dass das Team so in der Team-WM keine Rolle spielen wird.
Der Erfolg kam in diesem Jahr von Fernando Alonso, der mit 42 Jahren immer zu den Top 5 Piloten in der Serie gehört. Seine Arbeit und sein Feedback machen einen großen Teil des Erfolges der gesamten Organisation aus. Ich bin davon überzeugt, dass weder ein Alex Albon, Pierre Gasly oder Valtteri Bottas das hätten erreichen können, was Alonso geschafft hat. Dabei hat der Spanier auch durchaus seine Schwächen, vor allem durch kleine Fehler in der Qualifikation. Aber im Rennen unterlaufen ihm diese Fehler selten und er gehört zu den Fahrern, die am schwierigsten zu überholen sind.
Der Fahrermarkt wird erst im nächsten Jahr wieder in Bewegung kommen, wenn die Verträge etlicher Piloten auslaufen. Was auch bedeutet, dass Alonso in einer guten Position ist. Was das Team allerdings benötigt, ist ein eigener Oskar Piastri, den man irgendwo findet. Einer, der mindestens auf dem Niveau von Alonso unterwegs ist oder diesen sogar schlagen kann. Ohne diesen zweiten Fahrer wird es schwer für Aston, selbst wenn sie nächstes Jahr wieder so einen Raketenstart haben und die Pace über die Saison auch halten.
Bilder: Pirelli