Home LMS24 H Le Mans WEC vs. F1 – Kann die Langstrecke so erfolgreich wie die F1 werden?

WEC vs. F1 – Kann die Langstrecke so erfolgreich wie die F1 werden?

von DonDahlmann
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Bezüglich Zuschauerzahlen und PR schlägt die F1 alle anderen Serien um Welten. Doch dieses Jahr ist ein Neustart für die WEC und die IMSA. Kann vor allem die WEC neue Popularität erlangen?

Der Boom der Formel Eins vor allem in den USA nicht zu übersehen. Die Teams werden haben sich zu Unternehmen entwickelt, deren Bewertung in die Milliarden geht. Und ein Zuschussgeschäft ist die Formel Eins, auch dank der Budgetbegrenzung, auch nicht mehr. Mercedes erwirtschaftete 2022 einen Gewinn von über 100 Millionen Euro und auch andere Teams verdienen mächtig gerne. Ausnahme ist Williams, deren Investitionsphase weitergeht, was sich in diesem Jahr aber ändern soll. Die Serie steht an der Spitze des Motorsports, was den Umsatz um die Popularität angeht.

Das war nicht immer so. Vor allem der Langstreckensport war mal eine echte Konkurrenz für die Serie. Doch die goldenen Jahre zwischen 1965 und 1975 sind sehr lange vorbei. Seitdem erlebte die Langstrecke immer wieder lange Durststrecken, abgemildert durch ein paar Boom-Jahre, wie in den 80er oder zwischen 2005 und 2015. Vor allem die späten 60er-Jahre und frühen 70er-Jahre gelten bis heute als Paradebeispiel dafür, wie man der F1 Konkurrenz machen kann. Doch es gab einige Umstände, die es dem Langstreckensport damals leicht gemacht haben.

Die Hersteller waren an der F1 damals nicht sonderlich interessiert und die Serie selber war ein loser Verbund von kleinen Teams und Ferrari. Dazu kam, dass die schon damals großen Stars der F1, Namen wie Graham Hill, Jochen Rindt, Jack Brabham usw. aus finanziellen Gründen immer wieder Abstecher in andere Serien machten. Die Starterlisten lasen sich damals wie ein „Who is Who“ des internationalen Motorsports und die Fans strömten zu Hunderttausenden zu den Strecken. Dazu kam, dass die Hersteller damals enorme Summen investierten. Ford legte sich mit Ferrari an, Porsche mit allen anderen Renault wollte plötzlich mitspielen und kleine Hersteller wie Matra oder Alpine sorgten für weitere Würze.

Die letzten Jahre waren schwer für den Langstreckensport, nur das Rennen in Le Mans und die IMSA mit ihrem DPi-Programm konnte einigermaßen das Interesse halten. Doch seit der Einführung der LMDh und Hypercar Klassen sieht die Sache anders aus. Plötzlich strömen die großen Namen unter den Herstellern wieder in die Serie. Die WEC kann sich dieses Jahr über die Teilnahme von Toyota, Ferrari, Porsche, BMW, Lamborghini, Peugeot, Cadillac und Alpine werden dieses Jahr antreten. Schon jetzt kann man einen sehr engen und hoffentlich epischen Kampf um die WM erwarten.

Auch bei den Fahrern gibt es jede Menge hochklassige Namen. Earl Bamber, André Lotterer, Kamui Kobayashi, Sebastian Buemi, Rene Rast, Nyck de Vries, Antonio Giovinazzi, Daniil Kvyat, Robert Kubica, Paul Di Resta und nicht zuletzt Jenson Button sind Namen, die man auch als nur gelegentlicher Zuschauer des Motorsports kennt. Dazu kommt die Creme der erfahrenen Langstrecken- und GT-Piloten. Natürlich wäre es schön, wenn mehr aktuelle F1-Fahrer das Starterfeld noch aufhübschen würden, aber erfolgreich in der F1 zu sein bedeutet nicht, dass man auch erfolgreich im Langstreckensport ist. Gleichwohl war die Beteiligung von Fernando Alonso an der WEC natürlich hilfreich für die Serie.

Eigentlich hat die WEC also alle Zutaten, um weltweit das Interesse der Zuschauer zu wecken und sich zumindest an die Popularität der F1 anzuschleichen. Doch leider gibt es ein paar Punkte, die das verhindern werden.

Das Le Mans Problem
Le Mans ist klar das Highlight der Saison und es ist der einzige Grund, warum die Hersteller überhaupt in der WEC sind. Sind wir mal ehrlich – kaum jemand wird es interessieren, wenn Porsche in Katar, Fuji oder Spa gewinnt. Aber das Rennen in Le Mans ist eine andere Sache. Doch die Popularität des Rennens, vor allem in den Medien, ist auch ein Problem für die WEC, denn Le Mans überschattet die gesamte Saison. Ist das Interesse vor Le Mans an den Rennen noch etwas höher, ebbt es nach Le Mans komplett ab.

Für die Formel Eins wäre es ein wenig so, als würde alle Welt nur auf das Rennen in Monaco warten, um danach das Interesse zu verlieren. Wer am Ende einer WEC-Saison Weltmeister wird ist, zumindest bisher, eher eine Nebensache. Kaum einer kennt die Marke, die die WM gewonnen hat, aber viele wissen, welche Marke Le Mans gewonnen hat.

Es würde daher durchaus Sinn ergeben, wenn Le Mans am Ende der Saison stattfinden würde. Die FIA hat das vor ein paar Jahren versucht, allerdings mit durchwachsenem Erfolg. Die Saison startete im Herbst, im Folgejahr war Le Mans der Schlusspunkt. Ich halte das weiter für keine schlechte Idee. Es gibt Stimmen, die dagegen sind und sagen, dass Le Mans Gefahr läuft entwertet zu werden, wenn zum Beispiel ein Hersteller schon vor dem Rennen die WM sicher hat. Sehe ich nicht so. Zum einen ist das Feld eng genug, zum anderen gibt es in Le Mans ohnehin doppelte Punkte. Und wie zuvor erwähnt, Le Mans steht für sich alleine und ist stark genug.

Die restlichen Rennen
Langstreckenrennen sind Gift für die Fernsehsender. Welcher Sender hat schon so viel Platz in seinem Programm, dass er am Sonntag mal eben sieben Stunden tagsüber freiräumen will. Und welcher Zuschauer sitzt schon gerne die ganze Zeit vor dem Fernseher? Auch wenn der Motorsport größtenteils heute erfolgreich im Netz stattfindet, bleibt das doch für die breite Masse nur der „second screen“.

Der erste Gedanke wäre, die Rennlänge zu verkürzen. Die IMSA macht das ja auch. Es gibt ein paar Langstreckenrennen (Daytona, Sebring, Watkins Glen, Petit Le Mans), aber der Rest der Rennen dauert zwischen 1 Stunde und 40 Minuten und 2 Stunden und 40 Minuten. Das ist zwar keine Langstrecke, aber durchaus lang genug. Die WEC hat das bisher nicht gemacht und die Frage ist, ob das eine gute Entscheidung ist.

Man kann argumentieren, dass dies aus Traditionsgründen so ist. Die alten Prototypen-Weltmeisterschaften hatten auch keine kurzen Rennen und echte Langstrecken-Fans weisen nicht ganz unbegründet darauf hin, dass sechs Stunden gerade mal ausreichend sind. Aber die Welt hat sich verändert und der Sport findet eben nicht mehr nur Fans an der Strecke statt, die die Rennen für einen Familienausflug nutzen. Wenn man mit anderen Sportarten und der Aufmerksamkeit im Internet konkurrieren will, muss man was verändern. Und mal ehrlich – Acht Stunden in Bahrain sind jetzt auch nicht gerade einfach anzuschauen.

Dazu kommt, dass es zu wenig Rennen gibt und die Pausen zwischen den Rennen, vor allem in der zweiten Saisonhälfte, zu groß sind. Auch in diesem Jahr liegen zwischen dem vorletzten und dem letzten Rennen der WEC ganze zwei Monate. Mit acht Rennen ist Kalender zwar nicht schlecht, aber zwei oder drei Rennen mehr würden der Serie guttun.

Die Strecken
Der Langstreckensport lebt mehr noch als die F1 von der Tradition. Das bedeutet nicht, dass man nicht neue Strecke hinzufügen sollte und sogar muss. Die Idee, dass die WEC einen Double-Header mit der IMSA in Sebring hatte, war schon genial. Leider macht man, dass dieses Jahr nicht. Stattdessen gibt es die 1000 Meilen in Katar (02.03). Aber immerhin hat die FIA einen ansonsten ganz ordentlichen Kalender hingezimmert. Nach Katar folgen Imola (21.04.) und Spa (11.05.). Dann kommen Le Mans (15.06.), São Paulo (14.07.), Austin (01.09.), Fuji (15.09.) und halt zwei Monate später Bahrain (02.11.)

Neben Sebring fehlt auch Monza im Kalender. Ebenso würde ich gerne Silverstone wieder sehen. Diese drei Rennen würden den Kalender gut auffüllen und auch genug Fans an die Strecken bringen. Jedenfalls mehr, als das in Katar oder Bahrain der Fall ist.

Mehr Rennen stellen aber die Teams vor Probleme. Das gilt für die großen Hersteller, aber vor allem für die kleineren Teams, die in der GT3 unterwegs sind. Die meisten fahren ohnehin mehrere Programme gleichzeitig. Man ist in der WEC, ELMS und/oder in anderen GT-Serien unterwegs. Ein langer Kalender in der WEC würde diese Engagements erschweren oder gar völlig unmöglich machen. Damit würde dann auch eine große Einnahmequelle aus Sponsorengeldern wegfallen, was sich kaum ein Team erleben kann. Das gilt auch für die Fahrer, die oftmals für unterschiedliche Teams in unterschiedlichen Serien unterwegs sind.

Die Hersteller würden eine Erweiterung des Kalenders ebenfalls kritisch sehen. Denn jeder Einsatz der Prototypen kostet sehr viel Geld. Das gesamte Team rund um die Welt zu bewegen, ist auch teuer. In wirtschaftlich angespannten Zeiten drehen die Konzerne jeden Cent um und im Gegensatz zur Formel Eins verdient man mit der WEC eben kein Geld. Jedenfalls nicht außerhalb von Le Mans.

Fazit:
Dank der erneuten Beteiligung so vieler Hersteller hat die WEC durchaus gute Chancen an Popularität zu gewinnen. Das Marketing der Hersteller wird sich zwar auf Le Mans konzentrieren, aber auch schon im Vorfeld arbeiten. Auch der Sieg in der WM dürfte in diesem mehr Aufmerksamkeit erfahren. Je nachdem, wie die Saison 2024 verlaufen wird, könnte die WEC eine gute Basis für weiteres Interesse legen.

Viel wird aber auch davon abhängen, ob die FIA es schafft, die Motorsports-Fans vor allem in Europa, wo Langstreckenrennen eine große Tradition haben, wieder zu begeistern. Dafür könnte es hilfreich sein, wenn man mehr Rennen anbietet und diese verkürzt. Das könnte dann auch den Raum für den Einsatz prominenter Namen aus anderen Rennserien schaffen, was weitere Fans anziehen könnten. Einige kürzere Rennen würden auch mehr Möglichkeiten im Fernsehen und in den Streams ermöglichen. Wenn die FIA und der ACO an diesen Stellschrauben arbeitet, kann die Langstreckenserie wieder zu alter Popularität zurückfinden.

Bilder: WEC/ACO

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