Wenn Roger Penske den Tränen nahe ist, muss was Besonderes passiert sein. Er gewann zum ersten Mal seit 1969 die 24H von Daytona.
Wie so oft in Daytona fasste die letzte halbe Stunde des Rennens die restlichen 23,5 Stunden relativ gut zusammen. Zwei Autos, die das Rennen dominierten, kämpften um den Gesamtsieg, viel Verkehr auf der Strecke und ein Finish um den letzten Podiumsplatz, der es in sich hatte. Dass Porsche am Ende die Nase vorn haben würde, kam nicht unerwartet. Immerhin war man mit vier Autos am Start und hatte somit auch rechnerisch die größten Chancen auf den Sieg. Dass aber alle vier Autos ohne größere Probleme das Ziel erreichten, war dann schon eine kleine Überraschung. Porsche, so viel kann man nach dem Rennen sagen, ist zurück und in diesem Jahr ein sehr ernst zu nehmender Kandidat für Siege bei den großen Rennen.
In der Quali musste sich Porsche noch Cadillac geschlagen geben. Der Whelen Wagen stellte gleich mal einen neuen Streckenrekord auf und auch das Ganassi-Auto war nur wenig langsamer. Dahinter reihten sich ein Porsche und, etwas überraschend, ein BMW ein. Die Münchner brachten einen verbesserten Prototyp nach Daytona, nachdem das letzte Jahr ja eher etwas zäh verlaufen war. Aber das einte sie ja mit der Performance von Porsche in der WEC. Die Vorjahressieger von Acura zeigten sich schwächer.
Und an dieser Stelle muss man dann schon über die Balance of Performance reden. Die ist in der IMSA bekanntermaßen etwas anderes geregelt, denn die IMSA hat eher die Show auf der Strecke im Blick und weniger einzelne Hersteller. Auch wenn man einen gewissen Vorteil von US-Brands immer mal wieder feststellen kann. Interessant ist der Vergleich der BoP aus dem letzten Jahr mit der aus diesem Jahr.
Dazu kommt noch die Tabelle mit den jeweiligen Limits bei der Leistung. Da hat sich aber auch wenig getan. Durch lineare Interpolation werden die Zwischenwerte der Leistung zwischen den angezeigten Drehzahlunterbrechungspunkten ermittelt und dementsprechend pro Hersteller angepasst. Die wiederum werden dann über das Leistungslimit, die maximale Stint-Energie und die Menge an verbrauchter Energie (MJ/Sek) errechnet. Am Ende sollen die verschiedenen Systeme dann relativ leistungsgleich sein.
Das passte in Daytona relativ gut, einzig Acura kann sich beschweren. Zwar hat man mehr Leistung, dafür schleppte man auch 40 Kilo mehr Gewicht mit sich herum. Das hat nicht nur einen Nachteil bei der Leistung, sondern auch beim Reifenverschleiß. Am Ende führte es dazu, dass die Acura nicht nur langsamer waren, sondern auch etwas mehr mit den Reifen haushalten mussten.
Das Rennen in Daytona als Hinweis für die Leistungsfähigkeit der Prototypen-Hersteller zu nehmen, wäre aber auch falsch. Die BoP der IMSA ist anders, als die BoP in der WEC, auch wenn die Grundlagen der Leistungswerte gleich sind. Zwar hat man die Klasseneinstufungen harmonisiert, aber die FIA und auch der ACO fahren eine etwas andere Politik. Die Hersteller sind, wie sollte es anders sein, kritisch. Ferrari war überhaupt nicht amüsiert, dass Toyota in letztem Jahr alle Rennen gewinnen konnte und verwies die FIA auf die vom ACO in Le Mans praktizierte BoP.
Wayne Taylor, der das Acura-Programm in den USA stemmt, kritisierte die BoP in Daytona nur leicht. Tatsächlich hatten seine Autos mit technischen Problemen zu kämpfen. Die #10 flog schon früh aus dem Rennen, weil die Elektrik streikte und man den Kabelbaum teils neu verlegen musste. Bei der #40 lief es besser, aber das Auto war schlichtweg nicht schnell genug. In den teils längeren Grünphasen verlor der Acura schnell an Boden und fiel zurück. Zwar blieb man meist in der Führungsrunde, war aber ungefähr auf dem Niveau der beiden Kundenautos von Porsche.
Immerhin reichte es für den Acura in der Schlussphase noch den dritten Platz zu sichern. Da war etwas Glück dabei, weil der zweite Penske ausgerechnet nach der letzten Unterbrechung 30 Minuten vor Schluss einen Ausflug aufs Gras hatte. Zwar holte die #6 am Ende stark auf und lag am Ende nur 0,3 Sekunden hinter dem verbliebenen Acura, aber es reichte nicht ganz.
Über die Zeit dominierten die beiden Penske-Porsche und die Cadillac das Rennen. Beiden Marken schenkten sie nichts, wobei es interessante Unterschiede in der Performance zu Beginn des Rennens gab. Die Cadillac stürmten vorn weg, Porsche hielt sich in Reichweite, griff aber nur selten an. Das änderte sich nach ein paar Stunden und als die Sonne unterging. Die kühleren Streckentemperaturen lagen den Penske sichtlich besser und Porsche zeigte sich erstmalig an der Spitze. Es deutete sich an, dass der Kampf um den Sieg zwischen den Penske und den Cadillac ausgetragen werden würde.
BMW zeigte sich allerdings in dieser Phase auch mal vorn. Nach der ermutigenden Quali, in der man immerhin auf P4 landete und einem verhaltenen Start, schienen die Münchner mit Anbruch der Nacht zum Angriff zu blasen. Die Rundenzeiten wurden besser, man nahm Fühlung mit der Spitze auf und positionierte sich aussichtsreich. Allerdings war das nur ein Strohfeuer. Beide BMW hatten in der Nacht schnell mit technischen Problemen zu kämpfen. Ein Fahrzeug laborierte mit dem Getriebe, das andere Auto hatte nicht näher beschriebene Probleme mit der Elektronik.
Das kann auch einer Top-Mannschaft passieren, keine Frage. Denn auch Cadillac verlor den Ganassi GTP relativ früh in der Nacht und wie erwähnt auch Acura die Startnummer 10. Ärgerlich ist es halt, wenn beide Autos Probleme bekommen und beide Autos auch nicht schnell genug waren. Dabei kann BMW nicht mal auf die BoP verweisen, die ja so schlecht für die Marke gar nicht ist. Aber die von RLL eingesetzten Prototypen waren einfach zu langsam.
Auf die schnellste Runde im Rennen fehlten den BMW satte 6 Zehntel und auch die Pace über den gesamten Stint stimmte nicht. Nachdem die Mechaniker die technischen Malaisen beseitigt hatten, liefen die BMW problemlos über die Distanz. Aber sie waren nicht in der Lage, den Rundenrückstand aufzuholen. Im Gegenteil, in den letzten sechs Stunden verloren beide Autos noch eine weitere Rolle. Weitere Schwierigkeiten der Autos waren nicht festzustellen, sieht man mal von einem Dreher in der letzten halben Stunde ab. Was aber auch zeigte, dass BMW einfach zu langsam war.
Dass die Münchner im letzten Jahr Probleme hatten, das Auto in Schwung zu bringen, war nachvollziehbar. Porsche, die ja deutlich mehr Erfahrung mitbringen, musste ja auch massiv nachsteuern. Erstaunlich ist aber, dass BMW das Auto über den Winter nicht standfest bekommen hat und es immer noch an Speed mangelt. Man wird sehen, wie das dann in der WEC ist, wo BMW ein anderes Einsatzteam (WRT) nutzt und die BoP anders sein wird. Aber Sorgen sollte man sich schon machen. Dass BMW in Daytona derartig untergegangen ist und am Ende mit 13 und 15 Runden Rückstand ins Ziel kam, dürfte in München nicht gerade gut ankommen. Und ab Sebring ist dann auch Lamborghini dabei, die das Rennen in Daytona (warum auch immer) ausgelassen haben.
Der Kampf an der Spitze war dann geprägt von unterschiedlich langen Boxenstoppzeiten. Mal lag der Whelen-Cadillac vorn, mal war es Porsche. Auffällig war zu Beginn des Rennens, dass der Whelen vor allem in der Anfangsphase nach einem Restart das bessere Auto hatte. Teilweise verloren die Porsche mehr als 5 Zehntel pro Runde. Aber das war scheinbar Teil der Taktik von Porsche, denn man sparte Energie. So konnten die Penske immer mal wieder eine Runde mehr aus dem Tank quetschen. Diese Taktik sollte sich dann beim letzten Stopp auszahlen, denn Porsche konnte es sich erlauben, etwas weniger Sprit nachzufüllen. Die paar Sekunden, die man sich sparte, reichten dann aus, um die Führung in der letzten halben Stunde zu übernehmen. Diese Führung brachte man dann auch knapp nach Hause. Dane Cameron, Felipe Nasr, Matt Campbell und Josef Newgarden konnten nach knapp 24 Stunden dann ihren ersten Sieg in Daytona nach Hause bringen.
Die anderen Klassen
In der LMP2 gewann nach einem langen und sehr harten und immer fairen Kampf der Era Motorsport P2 mit Dwight Merriman, Ryan Dalziel, Connor Zilisch und Christian Rasmussen. Die hatten über das gesamte Rennen mit dem Crowdstrike Wagen zu tun, der auch lange in Führung lag. Doch das nominell leicht besser besetzte Team von APR hatte etwas Pech im Verkehr und Era war am Ende nicht aufzuhalten. Auf P3 kam der Riley LMP2 mit Gar Robinson, Felipe Fraga, Josh Burdon und Ex-F1 Fahrer Felipe Massa. Erstaunlich gutes Ergebnis für Massa, der zum ersten Mal in einem LMP2 saß. Die hochfavorisierten United Autosport Autos zeigten sich zwar auch mal vorn, waren am Ende aber chancenlos. Es ist schon erstaunlich, dass das Team auf dem Papier immer wieder die schnellsten Autos mit der besten Besetzung hat, aber nur selten etwas erreichen kann.
In der GTD Pro lagen zunächst die Lexus vorn, die sich aber im Verlauf des Rennens verabschiedeten. Ein Lexus wurde unverschuldet in eine Kollision verwickelt, der andere Lexus fiel am Sonntagmorgen aus, als ein Feuer das Auto lahmlegte. Porsche, Aston Martin und McLaren spielten in der GTD keine Rolle, was Fragen nach der BoP durchaus zurecht wach werden lässt. Sowohl in der Pro als in der Am-Klasse dominierten die Ferrari 296, die der Konkurrenz in fast allen Belangen überlegen war. Erstaunlicherweise war es dann ein schon leicht in die Jahre gekommener AMG und der BMW, die die Ferrari beschäftigten konnten.
In der Pro konnte der BMW M4 GT3 von Paul Miller Racing mit Bryan Sellers, Madison Snow, Neil Verhagen und Sheldon van der Linde lange die Führung halten. Und dies trotz etlicher Beschädigungen am Heck. Am Ende gab es aber Bremsprobleme für den BMW, der nach einem zweiten Wechsel der Bremsen drei Stunden vor Schluss des Rennens die Spitze abgeben musste und nur noch darauf aus war, den dritten Platz zu sichern. Den verdienten Sieg holten sich aber Daniel Serra, Davide Rigon, Alessandro Pier Guidi und James Calado im Risi Ferrari. Die waren vor allem in den letzten Stunden ultraschnell unterwegs und hatten nur den M4 als Konkurrenz.
Zweiter in der Klasse wurde der AO Porsche mit Laurin Heinrich, Seb Priaulx und Michael Christensen. Aber eine Chance auf den Sieg hatten die Porsche nie. Alle Porschen waren zu langsam in Daytona und tauchten praktisch nie auf. Fast hätte Ferrari auch die GTD gewonnen, aber am Ende musste sich der AF Corse einem erneut sehr starken AMG GT von Winward geschlagen geben. Russell Ward, Philip Ellis, Indy Dontje und Daniel Morad waren extrem gut unterwegs. Offenbar liegt dem AMG die Strecke in Daytona ganz besonders, denn es war schon der zweite Sieg des Windward nach 2021. P3 ging an einen weiteren Ferrari 296 (Conquest).
Pech hatten die Corvette. Das AWA Team verlor gleich zum Start einen ihrer neuen Z06 GT3.R, der Zweite strich am Sonntag die Segel. Die nominelle Werksmannschaft von Pratt Miller hatte es auch nicht leichter. Die #4 begann irgendwann zu rauchen und musste dann länger an die Box. Ein Riss im Öltank war der Grund für die Rauchentwicklung. Für die #3 lief es etwas besser. Aber Kleinigkeiten hielten das Auto immer wieder auf. Mehr als P5 war dann nicht drin. Auch wenn das Auto neu war, bei Corvette hat man sich doch einiges mehr erhofft.
Bei Ford wird man mit gemischten Gefühlen auf das Rennen zurückschauen. Die gute Nachricht: die brandneuen Mustangs hielten relativ gut durch. Einen Wagen verlor man spät am Sonntag, das zweite Auto kam hinter der Corvette auf P6 ins Ziel. Allerdings war der Mustang nicht schnell genug. Es fehlten fünf Runden am Ende auf die Spitze und die Rundenzeiten im Rennen sahen auch nicht besondere vielversprechend aus. Bei Ford wird niemand damit gerechnet haben, dass man nach Daytona kommt und alles in Grund und Boden fährt. Doch etwas mehr Pace hätte man sich sicherlich schon gewünscht.
Es war ein gutes und interessantes Rennen in diesem Jahr. Es gab längere Grünphasen, die aber nie so lange hielten, dass das Feld sich hoffnungslos auseinanderzog. Das Wetter blieb stabil und schwere Unfälle gab es auch nicht. Dazu kam ein hohes Zuschauerinstresse und ein starkes Fahrerfeld. Die IMSA wird zufrieden sein und ab Sebring geht die Saison dann richtig los.
Bilder: IMSA