Atlanta wartete mit einem überraschend gutem Rennen auf, dass das beste Finale seit Ewigkeiten hatte
Daniel Suarez gewann das Ambetter Health 400 nur knapp vor Ryan Blaney und Kyle Busch in einem super knappen Fotofinish zu dritt. Wir sprechen hier von Millimetern. Dieser Sieg ist erst der zweite von Suarez überhaupt, und er geht als das drittknappste Finish in der Geschichte der NASCAR Cup Series ein, seit die elektronische Zeitmessung eingeführt wurde. Der Abstand zwischen Suarez und Blaney? Eine winzige 0,003 Sekunden. Und zwischen Suarez und Busch? Nur 0,007 Sekunden. Die Entscheidung fiel auf der Zielgeraden. Blaney lag in der letzten Runde in Führung und versuchte, die anderen abzuwehren, als Busch mit ein wenig Hilfe von Bubba Wallace eine Chance sah und sie nutzte, um Suarez Platz zu machen, der außen durchfahren konnte. In der letzten Kurve lagen sie zu dritt nebeneinander, und keiner von ihnen gab einen Zentimeter nach, bis Suarez gerade noch als Erster die Ziellinie überquerte.
Suarez schaffte es irgendwie, sich den Sieg zu sichern, nachdem er in einen der vielen Crashs während eines super intensiven Rennens verwickelt wurde. Gleich zu Beginn des Rennens ging es in Runde 2 hoch her, als Austin Dillon sich mitten im Geschehen drehte und ein riesiges Wrack mit 16 Fahrzeugen verursachte, das einige der Favoriten gleich mal aus dem Rennen nahm. Es war eines der größten „Big Ones“, das die Strecke je gesehen hat.
Eine Reihe von Fahrern, darunter Suarez, Bubba Wallace, Chase Elliott und Tyler Reddick, kämpften sich trotz des Chaos immer weiter nach vorne und hatten einen Crash nach dem anderen. Das Rennen war so wild, dass die Caution gleich 10 Mal ausgerufen wurde. Bei einem der Boxenstopps, als das Rennen noch grün war, gerieten Daytona-500-Champion William Byron und Pole-Sieger Michael McDowell in ein kleines Problem, das aber nicht einmal eine Warnflagge nach sich zog. Andere große Namen wie Joey Logano, Denny Hamlin, Brad Keselowski und Kyle Larson wurden ebenfalls in die Massenkarambolagen des Tages verwickelt. Es war ein hektischer Tag auf der Strecke. Was ein wenig ungewöhnlich ist, da Atlanta ja erst das zweite Rennen in der langen Saison ist. Aber das Pack-Racing ist halt unvorhersehbar.
Kyle Larson, der bisher in Atlanta nur eines von fünf Rennen beenden konnte, hatte in dem ganzen Chaos allerdings Spaß. „Es war superintensiv,“, sagte Larson den Reportern und klang ziemlich begeistert darüber, wie anders sich dieses Rennen im Vergleich zu den üblichen Spritspar-Strategiespielen anfühlte, vor allem nach dem Daytona 500. Diesmal wurde von Anfang bis Ende Vollgas gegeben. Allerdings waren nicht alle begeistert. Josh Williams, der früh ausschied, meinte nur lakonisch: „Ich dachte, ich hätte die ARCA-Serie verlassen, aber das stimmt wohl nicht“.
Tatsächlich fühlte sich das gesamte Rennen hektisch an. Das wird der NASCAR und den Quoten, die normalerweise nach Daytona erst mal stark abfallen, sicherlich helfen. Allerdings gibt es aber weiterhin die Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Pack-Racing. Nicht ganz zu Unrecht sind einige Teams davon nicht begeistert. Es nimmt Variablen aus dem Rennen und die vielen Unfälle kosten zudem Geld. Das kann sich nicht jedes Team erlauben.
Abgesehen von Suarez fiel mir am Wochenende aber auch noch Todd Gilliland auf. Nachdem er am Samstag sein bestes Qualifying-Ergebnis erzielt hatte, rechnete er sich gute Chancen auf einen Sieg aus. Und er war kurz davor, es zu schaffen. E war mit einem der besten Autos unterwegs und übernahm sechsmal die Führung. Gilliland ließ sich auch nicht von den erfahreneren Spitzenreitern herumschubsen und war drauf und dran, in den letzten Momenten des Rennens eine große Nummer zu werden. Doch dann war das Glück nicht mehr auf seiner Seite – ein platter Reifen machte ihm einen Strich durch die Rechnung und warf ihn auf Platz 26 zurück.
Das Rennen war also ziemlich hektisch und teilweise durch die vielen Unterbrechungen ziemlich zerpflückt. Das führte zwischenzeitlich auch zu unterschiedlichen Strategien, die aber am Ende keine Rolle spielten. Die Stages gingen an Michael McDowewll und Austin Cindric. MacDowell hatte ein gutes Wochenende, nachdem er auch die Pole holen konnte. Im Rennen lief es dann allerdings eher zäh. Kyle Bush hatte dagegen ein richtig guten Abend in seinem RCR-Chevy. Er lag fast permanent in der Spitzengruppe und wurde am Ende halt dann sehr knapp geschlagen.
Aber der Sieg von Daniel Suarez ist auch wichtig für das Trackhouse Team und seinen Crew-Chief Matt Swiderski. Die Truppe hat mit Ross Chastain einen weiteren guten Piloten und hat ja in der relativ Zeit, in dem das Team existiert, immerhin sieben Siege einfahren können. Die entwicklen sich langsam aber sicher zu einem ernst zu nehmenden Team, wenn es um die Playoffs geht.
Und sonst so?
Austin Cindric hatte den Move des Tages, als er eine nicht existente vierte Reihe aufmachte, um nach vorne zu kommen. Dafür ist in Atlanta eigentlich kein Platz, aber Cindric hatte andere Ideen. Am Ende belegte er den vierten Platz, sein bestes Ergebnis seit seinem dritten Platz in Daytona im August 2022. Außerdem führte er 32 Runden lang, eine persönliche Bestleistung für ihn in einem einzelnen Cup-Rennen.
Während einer Reihe von Boxenstopps unter grüner Flagge wurden Bubba Wallace, Ricky Stenhouse Jr. und Ross Chastain mit Strafen für Speeding belegt. Sie fielen alle eine Runde zurück, kämpften sich aber zurück ins Rennen und beendeten es in den Top 10. Wallace schaffte es zum zweiten Mal in Folge in die Top 5 – als einziger Fahrer in den ersten beiden Rennen der Saison.
Harrison Burton, der beim Daytona 500 einen schweren Stand hatte, wurde erneut in einen frühen Unfall verwickelt. Diesmal schaffte er es aber, weiterzufahren und fast in die Top 10 zu kommen. P11 war es am Ende. Der beste Rookie war Kaz Grala. Der drehte sich zwar früh im Rennen, bugsierte seinen Einsatzwagen aber am Ende auf P14. Beide Autos von Rick Ware Racing kamen unter den ersten 20 ins Ziel, was auch selten ist.
William Byron, frisch gekrönter Daytona 500-Champion, wollte Geschichte schreiben, indem er die ersten beiden Saisonrennen gewann – ein Kunststück, das in der NASCAR-Geschichte nur fünf Fahrern gelungen ist. Leider wurde sein Auto nach einem Zwischenfall auf dem Weg zur Boxengasse stark beschädigt. Dennoch kämpfte er sich bis auf Platz 17 vor und bewies damit, dass man ihn selbst an einem schlechten Tag nicht abschreiben kann.
Nächste Woche geht es nach Las Vegas. Da Atlanta die Latte für die 1.5 Meilen Ovale mit dem Rennen sehr hoch gelegt hat, sollte man sich vermutlich wieder auf etwas Gemütlicheres einstellen.
Bilder: NASCAR