Zusammen mit der Formel 1 starten am Freitag und Samstag auch die F2 und F3 in Bahrain in ihre neue Saison. Aber die ersten Junioren-Meister des Jahres 2024 wurden schon gekürt.
Fangen wir direkt mit der wichtigsten Serie an, der Formel 2. Das Duell, auf das hier viele schauen, ist das der Prema-Teamkollegen: Ferrari-Junior Oliver Bearman in seiner zweiten F2-Saison vs. Mercedes-Shooting Star Andrea Kimi Antonelli, der nach dem Titelgewinn in der Formula Regional European Championship by Alpine (kurz: FRECA) die F3 überspringt und in die Top-Nachwuchsformel einsteigt. Beiden haben in aufeinanderfolgenden Jahren die starke italienische Formel 4-Meisterschaft dominant gewonnen (Bearman 2021 mit 11 Siegen, Antonelli 2022 mit 13 Siegen). Beide wurden früh von Top-F1-Akademien verpflichtet, haben aber nach der F4 unterschiedliche Wege gewählt. Bearman hat die FRECA übersprungen und in F3 und F2 zwar jeweils im Debütjahr Siege eingefahren, aber Konstanz vermissen lassen. Antonelli ist erst in die für Rookies schwierige FRECA gegangen, hat dort dann aber tatsächlich auf Anhieb den Titel geholt.
Beide haben eine gute Aussicht auf eine F1-Zukunft: Bearman scheint ein Haas-Cockpit für 2025 schon beinahe sicher zu haben, er ist dieses Jahr Reservepilot für Ferrari und Haas und wird mehrere F1-Trainingssessions bestreiten. Antonellis Name rückte plötzlich in den Fokus, als Lewis Hamilton seinen überraschenden Wechsel zu Ferrari bekannt gab – aber selbst wenn er als Rookie den F2-Titel gewinnen sollte, wird Mercedes ihn wohl kaum sofort ins Werksauto setzen!? Auf beiden lasten hoher Druck und viele Erwartungen – und damit auch auf Prema.
Wer sich auf einen Kampf der beiden starken Alpine-Junioren Jack Doohan und Victor Martins gefreut hat, wird enttäuscht: Doohan wird keine dritte Saison in der F2 bestreiten. Der Australier bleibt F1-Reservist für Alpine, wird aber nebenbei keine Rennen fahren, sondern hoffen, dass sich etwas ergibt (das Piastri-Modell). Der Franzose Victor Martins bleibt bei ART – er war im Vorjahr bester Rookie in der F2, selbst Ollie Bearman konnte er dank mehr Konstanz nach Punkten (150:130), wenn auch nicht nach Siegen (1:4) hinter sich lassen. Er ist auch der bestplatzierte Rückkehrer, denn neben dem Champion Theo Pourchaire kehren auch sein Vize Frederik Vesti (Mercedes F1-Reservist und LMP2 in der ELMS), der bereits angesprochene Jack Doohan und Red Bull-Junior Ayumu Iwasa nicht für eine weitere Saison zurück. Iwasa wechselt wie Pourchaire in die japanische Super Formula.
22/22 ✔️
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Neben FRECA-Champ Antonelli ist der amtierende Formel 3-Meister nicht zu vergessen: Der Brasilianer Gabriel Bortoleto sicherte sich im vergangenen Jahr – etwas überraschend – diesen Titel, ganz im Stile seines Landsmannes Felipe Drugovich im Jahr zu vor in der F2. Bortoleto gewann zwei Rennen in der frühen Saisonphase und fuhr danach so konstant, dass ihn niemand mehr einholen konnte. Zwar blieb ein weiterer Sieg aus, aber vier zweite Plätze reichten, um den besten Verfolger, Zak O’Sullivan im Prema, deutlich hinter sich zu lassen, trotz dessen vier Siegen. Bortoleto wird mit Invicta (ehemals Virtuosi) Racing antreten, O’Sullivan, der wird Teamkollege von Victor Martins bei ART; von dem wird der Brite viel lernen können.
Auch die nächsten drei Piloten aus der F3-Gesamtwertung 2023 steigen auf: Paul Aron verlässt Prema und wechselt zu Hitech-Pulse 8, Franco Colapinto wird bei MP Motorsport Teamkollege von Dennis Hauger und Pepe Marti bleibt seinen Landsleuten bei Campos treu. Marti ist letztes Jahr ins Red Bull Junior Team aufgenommen worden. Zu diesem gehört auch sein neuer Teamkollege Isack Hadjar, der in seine zweite F2-Saison geht. Dieses Duo könnte für die eine oder andere Überraschung gut sein, wenn Campos das neue Auto gut im Griff hat. Sehr schnell wieder aus dem Red Bull-Kader verschwunden ist übrigens Zane Maloney, der nach nur wenigen Monaten im Winter in die Sauber-Akademie gewechselt ist.
Zu keiner Akademie gehört Taylor Barnard. Auf den Briten bin ich sehr gespannt. Nach eienr überwiegend blassen F3-Saison drehte er am Ende richtig auf und holte den ersten F3-Sieg für das schweizerische Jenzer-Team seit 2019, im Hauptrennen in Spa. Das war auch keine Eintagsfliege, Barnard fuhr in den letzten vier Läufen viermal in die Top 4. Da scheint etwas Klick gemacht zu haben. Auch seine Performance in der Formula Regional Middle East (dazu später mehr) scheint das zu bestätigen. Barnard wird mit dem deutschen Team PHM AIX Racing in die Saison gehen, das allerdings keine gute Debütsaison in der Formel 2 hatte.
Es stellt sich die Frage, ob das neue Auto einen Vorteil für Rookies – und auch für die jüngeren Teams wie PHM – darstellt, oder ob zumindest der Rückstand geringer ist, weil ein Teil des Erfahrungsvorsprungs annulliert wird. Optisch ist der größte Unterschied der stark gewölbte Heckflügel, aber das Auto produziert auch mehr Abtrieb über den Unterboden, wie die aktuelle F1-Generation. Immerhin kennen die „alten Hasen“ schon die Pirelli-Reifen, die eine extrem wichtige Komponente in der F2 sind. Ebenfalls gleich bleibt der Motor, ein 3,4 Liter-Turbo-V6 von Mecachrome. Auch wenn es eine Spec-Serie ist, hörte man in den vergangenen Jahren immer mal wieder von Piloten, dass es doch deutliche Unterschiede bei der Qualität der einzelnen Aggregate geben soll, was natürlich unschön ist.
Die Saison beginnt mit einem Doppelschlag: auf Bahrain folgt am kommenden Wochenende Jeddah, dann der Trip nach Australien Ende März, bevor der Großteil der Rennen in Europa ausgetragen wird. Baku, Lusail und Abu Dhabi schließen den Kalender ab, natürlich wieder mit den obligatorischen zweieinhalb Monaten Pause (zwischen Baku und Lusail).
Formel 3
Bahrain und Melbourne im März stehen auch im Formel 3-Kalender, der Rest der Saison wird dann zwischen Mai und Anfang September auf den klassischen Strecken Europas ausgetragen. Es wird weiter mit dem Dallara F3 2019-Chassis gefahren. Neu sind viele der Fahrertrios.
Sehr spannend finde ich die Zusammensetzung bei MP Motorsport, dem drittbesten Team des Vorjahres. Hier ist der aktuell stärkste deutsche Nachwuchspilot untergekommen, Tim Tramnitz, der seit letztem Jahr auch zum Red Bull Junior Team gehört. Seine Teamkollegen sind Alex Dunne aus Irland und Kazper Sztuka aus Polen; diese hatten in der Vergangenheit mit finanziellen Problemen zu kämpfen, und sind – anders als Tramnitz – nicht Formula Regional gefahren. Aber 2022 gehörten Sztuka und Dunne zu den wenigen Piloten, die Kimi Antonelli in der italienischen F4 ein paar Siege abluchsen konnten. Sztuka gewann diese Serie sogar ein Jahr später gegen die versammelte Prema-Armada, er gehört inzwischen zur Orlen Academy des polnischen Mineralölunternehmens. Dunne verbrachte ein Jahr im Vereinigten Königreich und verpasste knapp den Titel in der GB3 gegen Callum Voisin, der auch in die Formel 3 wechselt.
The #F3 grid is COMPLETE ✔️
One of these 30 drivers will be crowned champion in 2024! 👑#RoadToF1 pic.twitter.com/cXb72eo1w8
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Die Top-Teams der Formel 3 sind seit der Gründung der Serie in der aktuellen Form Prema und Trident, nach Team-Titeln steht es 4:1. Mit den beiden Rückkehrern Dino Beganovic (Ferrari Driver Academy) und Gabriele Mini (Alpine Academy) sowie dem Neuzugang Arvid Lindblad aus dem Red Bull-Kader sollten die Italiener auch in diesem Jahr wieder um den Team-Titel kämpfen können. Trident dagegen bringt mit Sergio Ramos und Sami Megatounif zwei Piloten, die – ebenso wie ihr Teamkollege Leonardo Fornaroli, der ihnen ein F3-Jahr voraus hat – mich in der italienischen F4 und in der FRECA nicht so richtig überzeugen konnten. Andererseits war auch Bortoleto in der FRECA kein Überflieger und rannte dann mit dem Titel davon, also wer weiß…
Zwei Söhne von F1-Piloten sind am Start: Sebastian Montoya tritt mit Campos an, Charlie Wurz als Rookie mit Jenzer. Bei Campos fährt auch der Deutsch-Däne Oliver Goethe, dritte deutsche Pilotin im Feld ist Sophia Flörsch, die im Vorjahr immerhin ein starkes Punkte-Resultat in Spa holen konnte. Nicht auslassen möchte ich natürlich Luke Browning, der im letzten November den Macau Grand Prix dominierte. Nach einer eher zähen Debütsaison in der Formel 3 war das allemal ein guter Sprung ins neue Jahr für den 2022er GB3-Champion. Er bleibt bei Hitech Pulse-Eight, mit denen er auch Macau gewann. Einer seiner Teamkollegen dort wird Martinius Stenshorne, der in der FRECA letztes Jahr sogar eine Zeit lang die Oberhand gegenüber Kimi Antonelli hatte, sich aber in der zweiten Saisonhälfte geschlagen geben musste.
Viele interessante Pilot*innen in beiden Serien – im Laufe der Saison werden wir noch mehr über einige von ihnen lernen. Achtung beim Saisonstart: Die Qualifyings finden in Bahrain bereits am Donnerstag, die Sprintrennen am Freitag und die Hauptrennen am Samstag statt! Gleiches gilt für die F2 auch am kommenden Wochenende in Jeddah.
Ein Blick auf die Winterserien
Die Formula Regional Middle East ist aktuell wohl die wichtigste Winter-Formelserie. In diesem Jahr gab es ein spannendes Duell um den Titel zwischen zwei vielversprechenden Talenten zu bestaunen: der finnische Ferrari Junior Tuukka Taponen im R-ace GP gegen den Briten Taylor Barnard im deutschen PHM AIX-Team. Nach Siegen ging das Duell 5:5 aus, nach Punkte aber gewann Taponen letztlich doch recht deutlich, weil Barnard am zweiten Wochenende patze und Punkte verschenkte. In Runde 1 des ersten Laufs zog er in der Haarnadel von einer weiten Linie nach innen, wo sich aber ein Konkurrent neben ihn gesetzt hatte, drehte sich und fiel weit zurück. Das kostete ihn auch eine gute Startposition für den Reverse Grid-Lauf, den er nach einer Aufholjagd bis in die Punkteränge aber auch nicht beenden konnte. Auch an den folgenden Wochenenden war Taponen einfach zu konstant, aber niemand kam ihm so nahe wie Barnard, der nach einem starken Finish der F3-Saison 2023 nun direkt mit PHM in die Formel 2 aufsteigt. Dritter in der FRMEC wurde Ferrari-Nachwuchsmann Rafael Camara, der mit Prema ein weiteres Jahr in der Formula Regional Europe absolvieren wird.
#FRMEC – Tuukka Taponen is the champion!#FDA
— Scuderia Ferrari Driver Academy (@insideFDA) February 19, 2024
Der fünfzehnjährige Brite Freddie Slater hat mit dem Mumbay Falcons Team (Prema) die F4 UAE Championship gewonnen und damit nach nur ein paar F4-Läufen nach seinem Geburtstags im letzten Spätsommer und Herbst sofort seine erste Formel-Meisterschaft geholt. Er konnte sich dabei aber nur knapp gegen den wenige Monate älteren Teamkollegen Kean Nakamura Berta durchsetzen. Der Pilot mit japanischen und slowakischen Wurzeln ist bereits Teil der Alpine Academy. Beide werden mit Prema auch in der italienischen F4-Meisterschaft antreten. Der erfahrenere Nikita Bedrin (F3) wäre auch ein möglicher Titelanwärter gewesen, bestritt aber nur die ersten drei der fünf Rennwochenenden. Ein Sieg ging auch an einen Fahrerin, und das gleich als Grand Slam mit Pole und schnellster Rennrunde: Mercedes-Juniorin Doriane Pin aus Frankreich brillierte beim ersten Lauf des dritten Yas Marina-Wochenendes. Insgesamt wurde sie gute Zehnte in dieser Meisterschaft. Pin wird in Jeddah mit dem Prema-Team in ihre erste F1 Academy-Saison starten.
Die Formula Regional Oceania Championship (ehemals Toyota Racing Series) hat mit Roman Bilinski nach Charlie Wurz wieder ein europäischer Starter gewonnen. Er holte in den 14 Rennen sechs Siege und verpasste nur einmal die Top 5. Es ist der erste Titel des Polen, der dieses Jahr seine dritte FRECA-Saison in Angriff nehmen wird, wieder mit Trident. Mehrere Piloten haben die Serie nur zum Teil bestritten, konnten aber auch achtbare Resultate einfahren. So konnten etwa Christian Mansell und Nicolas Lacorte jeweils einen Sieg einfahren.
Noch im Gange ist die Formula Winter Series, die 2023 debütierte: an diesem Wochenende wird das dritte und vorletzte Rennwochenende im Motorland Aragon abgehalten. Alle vier Events finden in Spanien statt, die Serie richtet sich an die eher kostensensiblen Piloten, die sich das Ticket in den Mittleren Osten oder nach Neuseeland nicht leisten können. Aktuell liegen der Australier Griffin Pebbles und der Peruaner Andrés Cárdenas an der Spitze gleichauf. Mit Maxim Rehm und Lenny Ried sind auch zwei deutsche Piloten am Start. Beide stammen aus Baden-Württemberg und haben nationale Kart-Titel gewonnen. In der FWS lief es bisher für Rehm besser: Er konnte bereits einige Punkte einfahren und liegt auf P4 der Rookie-Wertung. Rehm will dieses Jahr mit US Racing die starke italienische F4 in Angriff nehmen.
(Quelle Beitragsbild: Alpine)