Scott McLaughlin und Will Power holten am Sonntag einen Doppelsieg für Roger Penske. Damit war das Team von der ersten bis zur letzten Minute des Grand-Prix-Wochenendes das Gesprächsthema.
Bevor wir uns dem Rennen in Alabama zuwenden, müssen wir noch einen Blick zurück auf den Grand Prix in St. Petersburg werfen. Am 10. März hatte Josef Newgarden das Rennen vor Pato O’Ward, Scott McLaughlin und Will Power gewonnen. Drei Penske-Chevrolets in den Top-4 sind nicht alltäglich, aber auch kein Ereignis, das sofort die Alarmglocken läuten lässt. Beim Warm-Up zum Grand Prix von Long Beach läuteten sie jedoch plötzlich sehr laut. Aufgrund eines technischen Problems konnte die Rennleitung das Push-to-Pass-System zu Beginn des Warm-Ups nicht aktivieren. Erst nach 10 Minuten gelang es, das Signal an die Fahrzeuge zu senden. Dort wird es von der Einheitselektronik empfangen und verarbeitet, so dass der Fahrer Push-to-Pass per Knopfdruck aktivieren konnte. Auffällig war, dass alle drei Penske-Chevrolets innerhalb der ersten 10 Minuten Push-to-Pass aktivieren und nutzen konnten. Bei keinem anderen Fahrzeug war dies der Fall. Also schauten sich die Offiziellen die Telemetriedaten aus St. Petersburg noch einmal genauer an und fanden auch dort Beweise dafür, dass die Penskes Push-to-Pass unerlaubt eingesetzt hatten. So nutzten Josef Newgarden und Scott McLaughlin das System direkt beim Restart. Bei normalen Rennen ist dies nicht erlaubt. Beim Show-Event im Thermal Club hingegen schon. Beide wurden nachträglich disqualifiziert und Pato O’Ward erbte den Sieg. Will Power hatte das System zwar nicht unerlaubt benutzt, hätte es aber tun können. Ihm wurden lediglich 10 Meisterschaftspunkte abgezogen.
Es ist ein großer Skandal, dass eines der absoluten Top-Teams und ausgerechnet das des Liga-Eigentümers beim offensichtlichen Betrug erwischt wurde. Auch die Erklärung des Teampräsidenten Tim Cindric, man habe vergessen, die Software vom Hybrid-Test wieder auf die Standard-Software umzustellen, ist fragwürdig. Fakt ist, dass es keine speziellen Software-Einstellungen für den Hybrid-Test gab und selbst wenn, wären diese von der Rennleitung in St. Petersburg überschrieben worden. Jedes Steuergerät der Fahrzeuge wird zu Beginn des Grand Prix von der Rennleitung mit aktualisierten Einstellungen beschrieben. Eine Manipulation der Einheitselektronik ist ausgeschlossen. Penske ist es gelungen, ein falsches Go-Signal der Rennleitung an die Elektronik zu senden. Glaubwürdiger sind die Versicherungen von Josef Newgarden in der emotionalen Pressekonferenz am Freitag. Er habe bewusst Push-to-Pass eingesetzt, aber im festen Glauben, dass die Thermal-Regeln auch dort gelten würden. Er lasse sich als Idiot und A***loch beschimpfen. Aber ein Lügner wäre er auf keinen Fall. Mit den Strafen ist das Thema für die IndyCar-Serie erledigt.
Im ersten Training am Freitag fuhr Josef Newgarden gleich die Bestzeit. Im Qualifying lief es dann nicht so gut und er startete nur von Startplatz 8. Dafür bildeten seine Teamkollegen Scott McLaughlin und Will Power die erste Startreihe. Dahinter reihten sich Christian Lundgaard, Pato O’Ward und Felix Rosenqvist ein. Bester Ganassi-Honda war Marcus Armstrong auf Startplatz 6, Alex Palou und Scott Dixon starteten nur von den Plätzen 10 und 13. Auf dem Papier gab es zwei ähnlich schnelle Strategien: 2-Stopp mit Spritsparen oder 3-Stopp mit Vollgas.
Schon in den ersten Runden zeigte sich, dass die beiden Penske-Piloten an der Spitze auf eine 3-Stopp-Strategie setzten. Zusammen mit Christian Lundgaard setzten sie sich kontinuierlich vom Rest des Feldes ab. Doch in Runde 5 wurde die Flucht zum ersten Mal unterbrochen. Pato O’Ward verlor in der zweiten Runde durch einen Ausflug ins Kiesbett in Kurve 5 viele Plätze. Danach versuchte er so schnell wie möglich wieder Plätze gutzumachen. In Runde 5 übertrieb er es jedoch gegen Pietro Fittipaldi und drängte ihn ins Kiesbett von Kurve 13. Für den ersten Stopp einer normalen Strategie kam die Caution zu früh. Einige Hinterbänkler wie Santino Ferrucci und Linus Lundqvist nutzten sie jedoch für eine eigene Strategie. Nach dem Restart änderte sich das Bild nicht: Die ersten Drei setzten sich erneut von Alex Palou und dem Rest des Feldes ab. Es war also wieder der alte und nie langweilige Kampf von Team Penske gegen Chip Ganassi Racing.
Die drei Führenden mussten dem hohen Tempo Tribut zollen und kamen ab Runde 24 an die Box. Die ersten 2-Stopper folgten ihnen ab Runde 30. Der Abstand zwischen Scott McLaughlin und Alex Palou vergrößerte sich auch nach den Stopps kontinuierlich und es sah so aus, als würde McLaughlin auch in diesem Jahr mit drei Stopps gewinnen. Doch McLaren hatte etwas dagegen. Beim Stopp von Alexander Rossi in Runde 43 wurde das linke Hinterrad nicht festgeschraubt und löste sich in der ersten Kurve von der Achse. In der Folge strandete Rossi im Kiesbett von Kurve 3. Mit der Caution war der gesamte Vorsprung von McLaughlin weg und er hatte auch nur noch ein halbes Rennen Zeit, ihn wieder auf die nötige Größe auszubauen. Die 3-Stopper nutzten die Caution natürlich für ihren zweiten Stopp. Dadurch verloren sie zwar kaum Zeit, aber massiv Plätze gegenüber den 2-Stoppern. So lag Scott McLaughlin beim Restart nur auf Platz 17. Zu allem Überfluss wollte Will Power auch noch den ganzen Verkehr ausnutzen und zwang seine Teamkollegen in einen engen Zweikampf. Diesen entschied Scott McLaughlin für sich und verbesserte sich bis Runde 52 auf Platz 15.
Die nächste Caution folgte in Runde 55. Am Foyt-Dallara von Sting Ray Robb war die Lenkstange gebrochen und er schlug hart in die Reifenstapel in Kurve 1 ein. Die 2-Stopper nutzten die Gelbphase für ihren letzten Stopp, auch wenn der Weg zum Ziel noch relativ weit war. Santino Ferrucci und Linus Lundqvist wurden durch diese Stopps an die Spitze des Feldes gespült. Mit ihrem frühen Stopp bei der ersten Caution waren sie auf einer alternativen 3-Stopp-Strategie unterwegs. Wie Scott McLaughlin, Will Power und Christian Lundgaard direkt hinter ihnen mussten auch sie einen weietren Stopp einlegen. Für Alex Palou waren Ferrucci und Lundqvist Gold wert. Sie waren langsamer als die Penske-Piloten, so dass er trotz langsamer Rundenzeiten im Spritsparmodus auf den Sieg hoffen konnte.
Doch Santino Ferrucci war gar nicht so langsam und der Abstand zwischen Palou und McLaughlin wurde von Runde zu Runde größer. In Runde 66 kam Ferrucci an die Box und auch Linus Lundqvist half seinem Teamkollegen mit Blick auf sein eigenes Ergebnis nur bedingt. So fuhr er in Runde 68 seine persönlich schnellste Rennrunde und war damit 2 Sekunden schneller als Alex Palou. In der nächsten Runde kam er an die Box und Scott McLaughlin zeigte, dass sein Penske Chevrolet mit frischer Luft auf der Nase noch einmal deutlich schneller war. Kurz vor seinem Stopp fuhr er die schnellste Rennrunde. Sein Vorsprung auf Palou betrug zu diesem Zeitpunkt bereits über 30 Sekunden. Entsprechend souverän blieb er auch nach seinem Stopp in Führung. Auch Will Power im Schlepptau kam deutlich vor Alex Palou zurück auf die Strecke. In Runde 79 verlor Palou auch noch den dritten Platz an Linus Lundqvist, der einfach mehr Benzin zum Verbrennen und auch die besseren Reifen hatte.
Eine letzte Caution fünf Runden vor Schluss brachte noch einmal Spannung ins Rennen. Augustin Canapino hatte sich in Kurve 13 gedreht. Doch Scott McLaughlin und Will Power fuhren nach dem Restart ungefährdet zum Doppelsieg. Ebenso ungefährdet sicherte sich Linus Lundqvist seinen ersten Podestplatz in der IndyCar-Serie. Felix Rosenqvist schob sich noch an Alex Palou vorbei. Nach drei sehr guten Qualifyings, nach denen die Pace im Rennen nicht ganz stimmte, war der vierte Platz der verdiente Lohn für Meyer Shank Racing. Christian Lundgaard und Santino Ferrucci belegten die Plätze 6 und 7. Für beide Teams ein deutliches Lebenszeichen, bevor es im Mai nach Indianapolis geht. Mit Platz 8 übernahm Colton Herta die Führung in der Meisterschaft. Von den Andrettis war im Rennen nicht viel zu sehen. Herta folgte der Strategie von Palou und belegte in dieser Sonderwertung Platz 3.
Scott Dixon und Josef Newgarden erlebten ein denkbar schlechtes Rennen. Von den Startplätzen 8 und 13 waren sie von Beginn an in Zweikämpfe im Mittelfeld verwickelt. Teilweise ging es zu wie bei den Tourenwagen. Gerne wurde der Vordermann leicht angeschoben. Scott Dixon kam mindestens einmal, Josef Newgarden sogar dreimal von der Strecke ab. Am Ende sprangen nur die Plätze 15 und 16 heraus. Noch schlimmer lief es am Sonntag für McLaren. Alexander Rossi schied ohne linkes Hinterrad aus. Theo Pouchaire kam als 22. ins Ziel. Neben seinem Abflug in der zweiten Runde kassierte Pato O’Ward zwei Avoidable-Contact-Strafen, eine davon für ein Vergehen gegen Pouchaire. Am Ende wurde er einen Platz hinter Pouchaire gewertet.
Das komplette Ergebnis kann auf der Homepage der IndyCar (pdf) nachgelesen werden.
Nach drei Wertungsrennen lohnt sich auch ein erster Blick in Richtung Meisterschaft. Josef Newgarden und Scott McLaughlin fehlen die Punkte aus St. Petersburg und deshalb liegen sie aktuell nur auf den Plätzen 16 und 9. Es führt Colton Herta (101 Punkte) knapp vor Will Power (100 Punkte), Alex Palou (98 Punkte) und Scott Dixon (94 Punkte). Felix Rosenqvist fährt bislang eine sehr strake Saison für Meyer Shank Racing und wird aktuell mit Platz 5 (87 Punkte) belohnt.
Die IndyCar-Series reist nun weiter zum Indianapolis Motorspeedway, wo am 11. Mai der Sonsio Grand Prix auf dem Programm steht.