Den letzten Bericht aus der Welt der Junior-Formelserien gab es im Februar vor dem Saisonstart von F2 und F3 – nun wird es Zeit, auf die Entwicklungen aus den ersten Läufen dieser beiden Serien sowie der FRECA und der italienischen Formel 4 zu schauen.
Formula 2
Ollie Bearman und Andrea Kimi Antonelli sind die beiden Piloten, auf die viele, wenn nicht alle, Augen gerichtet waren und sind. Der Brite gehört zur Ferrari Academy, bestreitet seine zweite Saison und ist möglicher Kandidat für ein Haas-F1-Cockpit – der Italiener ist als FRECA-Champion direkt zwei Ligen aufgestiegen und scheint seitens Mercedes ernsthaft für die Hamilton-Nachfolge im F1-Werksteam in Erwägung gezogen zu werden. Vielleicht ist dieser Druck doch etwas viel auf den jungen Schultern, denn beide hatten keinen besonders guten Saisonstart.
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— PREMA (@PREMA_Team) May 19, 2024
Antonelli schlägt sich gar nicht mal so schlecht für einen Rookie, wenn man ihn mal nicht an der überhöhten Erwartungshaltung aufgrund voriger Titel misst: Sechs Top Ten-Resultate aus acht Läufen sind in Ordnung, er war nicht immer fehlerfrei (z.B. Stotter-Start in Imola), aber es ist eben auch ein großer Sprung aus der FRECA in die F2, hin zu völlig anderen Reifen und einem ganz anderen Konzept. Auch die Test-Möglichkeiten sind sehr beschränkt. Insofern „passt das schon“ und „da geht noch was“, um ein paar Floskeln in Anspruch zu nehmen.
Bearman dagegen hat es überhaupt erst zweimal in die Punkte geschafft, aber teils konnte er auch nichts dafür. In Jeddah holte er am Freitag die Pole, musste (oder durfte) dann aber kurzfristig ins Ferrari-F1-Cockpit wechseln und schlug sich dort sehr gut (was wahrscheinlich wertvoller war als eine Handvoll F2-Siege). Dort fehlte also die Möglichkeit, zu punkten. In Imola startete er das Hauptrennen von Platz 2 und sicherte sich direkt am Start die Führung von Bortoleto – doch dann würgte er beim Pflichtboxenstopp das Auto gleich zweimal ab, sodass am Ende nur Rang 19 drin war. Aber auch andere Piloten hatten schwache Saisonstart: Alpine-Akademist Victor Martins war für mich einer der Titelfavoriten, bei ihm stehen 9 Punkte zu Buche, bei Bearman 6.
Den stärksten Saisonstart hatte Zane Maloney: der „Boy from Barbados“ gewann diekt beide Rennen in Bahrain – jeweils nicht von der Pole aus – mit einer bemerkenswerten Performance. Es wirkte teils, als hätte er ganz andere Reifen zur Verfügung gehabt als die Konkurrenz. Nach seinem kurzen Gastspiel als Red Bull-Junior ist er nun in den (aktuellen) Sauber-Farben unterwegs – vielleicht mit einer möglichen Audi-Zukunft an der Seite von Nico Hülkenberg?
Paul Aron ist Maloney am dichtesten auf den Fersen und tut das, was er schon seit Jahren gut macht: konstant gute Platzierungen einfahren, ohne zu gewinnen. Spaß beiseite, für einen F2-Rookie sind vier Podien aus den ersten acht Rennen extrem stark! Aber es zieht sich wie ein roter Faden durch Arons Karriere, dass er nur sehr selten ganz oben auf dem Treppchen steht. Eine Ausnahme war nur seine zweite FRECA-Saison, wo er und Dino Beganovic sehr dominant waren. Ich hoffe für Aron, dass er in der F2 schon in seiner ersten Saison den Killer-Instinkt beweisen kann, um auch mal ganz oben zu stehen. Zwischenzeitlich war der Este übrigens auch vertretungsweise in der Formel E in Berlin am Start, nachdem er seit Ende letzten Jahres nicht mehr zum Mercedes-Nachwuchsteam gehört.
Stark unterwegs ist auch Rookie und F3-Champion Gabriel Bortoleto, der sich bereits zweimal die Pole sichern konnte, darunter bei seinem ersten F2-Lauf in Bahrain und jüngst in Imola. Der Brasilianer blüht seit letztem Jahr wirklich auf, was sich in seiner FRECA-Zeit so gar nicht erwartet hatte. Leider stehen auch schon drei Ausfälle zu Buche, darunter beide Läufe in Melbourne: Beim Start zum Sprint wurde er zwischen zwei Autos eingeklemmt, im Hauptrennen streikte die Hydraulik. Mit Bortoleto ist also im Laufe der Saison ernsthaft zu rechnen.
Die letzten zwei Feature-Rennen gewann mit Isack Hadjar aber ein Rückkehrer: Der Franzose hatte eine durchwachsene erste F2-Saison mit Hitech und präsentiert sich nun deutlich stärker mit Campos, die in den letzten Jahren eher nicht an der Spitze des F2-Feldes zu finden waren. Nun aber, mit Hadjar und Pepe Marti, führt die spanische Mannschaft plötzlich die Teamwertung an. Auch in der Formel 2 kann also ein Wechsel der Hardware mal zu einem kleinen Umbruch führen.
Stand:
- Zane Maloney (Rodin, Sauber Academy) – 68 Punkte
- Paul Aron (Hitech, Mercedes Academy) – 63 Punkte
- Isack Hadjar (Campos, Red Bull Junior Team) – 59 Punkte
- Dennis Hauger (MP Motorsport) – 41 Punkte
- Gabriel Bortoleto (Invicta Racing, McLaren Academy) – 38 Punkte
- Andrea Kimi Antonelli (Prema, Mercedes Academy) – 36 Punkte
Nächstes Event: Monaco (24.-26.05.)
Formula 3
Die Formel 3 hat „erst“ drei Events absolviert, in Jeddah war sie nicht am Start. Das Bild ist hier sehr durchmischt, wir haben in sechs Rennen sechs verschiedene Sieger gesehen: Rookie, FRECA-Überspringer und Red Bull-Junior Arvid Lindblad gewann direkt den ersten Sprint, Rookie und FRECA-Vizemeister 2023 (hinter Antonelli) Martinius Stenshorne holte sich den zweiten Sprint und mit Sami Meguetounif gewann ein weiterer Rookie am vergangenen Wochenende das Hauptrennen in Imola. Die ersten beiden Feature Races gingen an F3-Rückkehrer, namentlich Williams-Junior und Macau-Gewinner Luke Browning und Ferrari-Junior Dino Beganovic.
Den Imola-Sprint, bei dem kaum mal eine ganze Runde unter Grün absolviert wurde, gewann der 2022er Euroformula Open-Gewinner Oliver Goethe unter etwas kuriosen Umständen: Nach vier Safety Car-Phasen folgte kurz vor Ende noch ein „Virtual Safety Car“. Dieses wurde aufgehoben, als die beiden Führenden, Leon Noel und Goethe, gerade aus der Variante Alta kamen. Goethe reagierte schneller auf das grüne Licht und zog sofort an Leon vorbei, der ihn zuvor schon nur mit mehrfachem Spurwechseln hatte hinter sich halten können.
No repeat winners in 2024 ❌
Will that change in Monaco, or will two new drivers join the club? 🤔#F3 #MonacoGP pic.twitter.com/zpxZMzo8wm
— Formula 3 (@Formula3) May 22, 2024
Nach Zieldurchfahrt in dieser Reihenfolge hieß es dann zunächst, dass sowohl Goethe als auch der drittplatzierte Tim Tramnitz jeweils eine 5 Sekunden-Strafe bekommen, da sie unter dem letzten „echten“ Safety Car die Delta-Zeit nicht eingehalten hätten. Diese Strafen wurden aber später wieder annulliert. Stattdessen bekam Leon noch eine für das exzessive „Weaving“ sodass die offizielle Reihenfolge lautet: Goethe-Tramnitz-Leon. Ein deutscher Doppelsieg, aber mit mexikanischer Hymne auf dem Podium.
Die knappe Punktewertung führt mit Leonardo Fornaroli aber ein Pilot an, der noch kein Rennen gewonnen hat – aber was nicht ist, kann ja noch werden, gerade in dieser bunten Serie.
Stand:
- Leonardo Fornaroli (Trident) – 52 Punkte
- Luke Browning (Hitech, Williams Academy) – 49 Punkte
- Dino Beganovic (Prema, Ferrari Driver Academy) – 45 Punkte
- Gabriele Mini (Prema, Alpine Academy) – 45 Punkte
- Oliver Goethe (Campos, Red Bull Junior Team) – 41 Punkte
8. Tim Tramnitz (MP Motorsport, Red Bull Junior Team) – 30 Punkte
Nächstes Event: Monaco (24.-26.05.)
Formula Regional European Championship by Alpine
Bis vor ein paar Jahren war die FRECA bzw. vorher die Renault Series im Rahmenprogramm der Formel 1 in Monaco unterwegs. Dieses Saisonhighlight ist leider weggefallen. An diesem Wochenende tritt die FRECA stattdessen in Spa-Francorchamps an – das ist nun wirklich kein schlechter Ersatz. Auf der anderen Seite zeigt gerade Spa auch immer wieder, wie gefährlich auch der Nachwuchs-Formelsport sein kann: Vor knapp einem Jahr (am 1. Juli 2023) kam bei einem schweren Unfall im zweiten Rennen in Spa der achtzehnjährige Niederländer Dilano van `t Hoff ums Leben. Das wird sicherlich auch am anstehenden Rennwochenende einigen Pilotinnen und Piloten durch den Kopf gehen, gerade denen, die bereits im letzten Jahr mit ihm zusammen im Feld fuhren.
Heuer wurde erst ein Event ausgetragen, und zwar vor knapp zwei Wochen in Hockenheim. Am stärksten präsentierte sich hier der brasilianische Ferrari-Junior Rafael Camara. Er ist auch der bestplatzierte Rückkehrer, musste sich aber in Lauf 2 Evan Giltaire geschlagen geben. Der ist amtierender Champion der französischen Formel 4 und daher in seiner stärker vorher nicht so gut einzuschätzen gewesen, da die französische F4 nach anderen Regeln spielt und ohne Teams operiert. Es wird also spannend sein, zu sehen, ob Giltaire auch bei den nächsten Events um Siege wird kämpfen können.
Hockenheim.jpg 📸
Looking at some of the best shots from last weekend 👌#FDA #FRECA pic.twitter.com/cUxSuSldrO
— Scuderia Ferrari Driver Academy (@insideFDA) May 14, 2024
Denn die (zumindest vermeintlichen) Schwergewichte der Serie sind Rafael Camara, der bisher immer im Schatten von Kimi Antonelli unterwegs war, und Tuukka Taponen, der anderthalb Jahre jünger ist und die Formula Regional Middle East im vergangenen Winter für sich entscheiden konnte (u.a. gegen Camara). Beide gehören zur Ferrari Driver Academy, aber während Camara weiterhin bei Prema fährt, ist Taponen zu R-ace GP, dem zweiten FRECA-Top Team neben Prema, gewechselt. Bei Prema fahren außerdem noch McLaren-Junior Ugo Ugochukwu und James Wharton, der nicht mehr Teil der Ferrari-Akademie ist. Er holte für den zweiten Lauf die Pole, verlor aber beim Start einige Plätze und musste das Rennen aber nach einem Kontakt beim ersten Passieren der Haarnadel aufgeben.
Stand:
- Rafael Camara (Prema, Ferrari Driver Academy) – 43 Punkte
- Evan Giltaire (R-ace GP) – 25 Punkte
- Ivan Domingues (Van Amersfoort) – 25 Punkte
- Brando Badoer (Van Amersfoort) – 22 Punkte
- Tuukka Taponen (R-ace GP, Ferrari Driver Academy) – 20 Punkte
Nächstes Event: Spa-Francorchamps (24.-26.05.)
F4 Italia
Anfang Mai fand der Saisonstart der aktuell wichtigsten Formel 4-Serie in Misano statt. Drei Rennen wurden ausgetragen, dreimal standen die beiden gleichen Namen vorn in der Rangliste: Freddie Slater (Prema) vor Alex Powell (Prema). Der Brite Slater ist ein knappes Jahr älter und konnte letzten Herbst schon erste Rennen in der Serie bestreiten, holte auch direkt vier Top Ten-Ergebnisse aus sechs Läufen. Er hat damit etwas Vorsprung vor dem US-Jamaikaner Powell, der aber bereits zum Mercedes-Juniorkader gehört. Beide haben auch die F4 UAE im Winter bestritten, Slater hat dort den Titel geholt, Powell zumindest einen Sieg und Rang 6 in der Gesamtwertung. Zwischen den beiden dürfen wir sicherlich noch spannende Duelle im Laufe der Saison erwarten.
Just one of those days ❤️
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Der Kurs in Misano ist nicht gerade der interessanteste für Formelserien, aber gerade die Kurve 13-14 laden doch immer zu dem einen oder anderen aufregenden Manöver ein. Die Rennleitung hat dankenswerterweise die quer zur Fahrbahn montierten Sausage Kerbs ausgangs der letzten Kurve entfernt, die in den letzten Jahren immer wieder eine Gefahrenquelle darstellten. Ausrutscher, Gerangel und Safety Car-Phasen blieben natürlich trotzdem nicht aus, wie das bei einem F4-Saisonstart nicht anders zu erwarten war.
So kamen sich etwa in Rennen 2 Davide Larini und Alpine-Junior Kean Nakamura-Berta wenige Minuten nach dem Start in Kurve 1 ins Gehege und mussten beide das Rennen aufgeben, ebenso Australier Jack Beeton, der den beiden sich Drehenden ins Kiesbett auswich. Nakamura-Berta konnte aber in Lauf 3 aufs Podium fahren, das damit komplett mit Prema-Piloten bestückt war. In den ersten beiden Rennen holten Akshay Bohra und Gianmarco Pradel (beides Rückkehrer, die wie 2023 mit dem deutschen Team US Racing starten) den dritten Podiumsplatz hinter Slater und Powell.
Stand:
- Freddie Slater (Prema) – 75 Punkte
- Alex Powell (Prema, Mercedes Academy) – 54 Punkte
- Hiyu Yamakoshi (Van Amersfoort) – 32 Punkte
- Akshay Bohra (US Racing) – 27 Punkte
- Gianmarco Pradel (US Racing) – 23 Punkte
Nächstes Event: Imola (31.05.-02.06.)
(Beitragsbild: Sauber F1)