Was für ein Rennen! Die 24h von Le Mans boten in allen Klassen extrem viel Spannung. Am Ende gab es in der Hyperklasse einen glücklichen Sieger.
Das Rennen war derartig komplex (auch wegen des Wetters) und von so vielen unterschiedlichen Strategien geprägt, dass eine Analyse nach Rennverlauf etwas zu umfangreich werden würde, weil man praktisch jede Stunde einzeln analysieren müsste. Ich gehe daher nach den Teams durch und betrachte deren Rennen. Ausgangspunkt der Reihenfolge ist der Zieleinlauf.
Ferrari
Zunächst: Glückwunsch! Das muss man auch erst schaffen, dass man im zweiten Jahr direkt einen Wiederholungssieg feiert. Ferrari hat ganz eindeutig nicht nur ein sehr gutes Chassis gebaut, sondern auch einen fantastischen Motor. Probleme gab es nur beim „Privat Team“ AF Corse, bei denen das MGU an der Vorderachse in Rauch aufging. Die #50 und die #51 liefen wie ein Uhrwerk und hatten keine Probleme. Das zeigt auch die Gesamtzeit, die beide Autos an der Box verbrachten. Bei der #50 waren es 43:37 min, die #51 stand 43:04 min. Damit lag man im Durchschnitt des Feldes.
Ferrari hatte zudem ein Auto, das bei allen Witterungsbedingungen schnell war. Im Regen, auf abtrockender und auf trockener Strecke. Der ACO hatte dem Ferrari vor dem Rennen etwas Topspeed weggenommen und damit lag man auch richtig. Das schnellste Auto auf der Geraden war der Toyota, nicht der Ferrari, aber der Topspeed war immer noch gut genug um überholen zu können. Auf der meist feuchten Strecke hatten die Hypercars gegenüber den LMDh sowieso einen kleinen Vorteil durch das MGU an der Vorderachse.
Entscheidend für den Sieg der #50 war, dass man sich absolut keinen Fehler erlaubte. Nicht an der Box, nicht bei den Fahrern. Und das ist in Le Mans schon immer einer der wichtigsten Faktoren gewesen um das Rennen zu gewinnen. Vor allem so einem engen Feld.
Es gab ein paar Diskussionen darüber, ob Ferrari von der Rennleitung mit Nachsicht behandelt wurde. Dazu wurden drei Vorfälle herangezogen. Als die #83 den BMW #15 abschoss, als die #51 den Toyota #8 in den letzten zwei Stunden herumdrehte und ein „unsafe Release“ der #50, ebenfalls in den letzten zwei Stunden.
Zu 1. Die Berührung zwischen der #83 und der #15 sah schlecht aus für Kubica, der auf der langen Geraden nach rechts zuckte und den BMW berührte. Die Bewegung war unnatürlich und wurde auch bestraft, was dem verunfallten BMW aber nicht half. Allerdings handelte es sich hier um eine Überrundung und Vanthoor hatte im BMW zuvor die Schikane abgekürzt, weil er zu spät gebremst hatte um sich gegen die Überrundung zu wehren. Kubica wollte offenbar die Innenlinie vor Arnage dicht machen, mit das nicht noch mal passiert. Dennoch ein schwerer Fehler, der zu Recht bestraft wurde.
Zu 2. Die Kollision zwischen der #51 und der #8 konnte man auch als Rennunfall sehen. PerGuidi war neben Hartely, der da auch wusste und etwas Platz ließ. Der Ferrari bekam auf der nassen Strecke in der Kurve etwas Untersteuern und berührte den Toyota unabsichtlich. Was zu kritisieren ist: die Rennleitung und die ausgesprochene Strafe. Man kann das durchaus bestrafen, immerhin war die Berührung mit einem direkten Konkurrenten um den Sieg. Aber wenn man eine Strafe ausspricht, dann nicht eine 5 Sekunden Strafe, wenn der direkte Konkurrent 30 Sekunden verliert. Entweder man wertet das als Rennunfall, oder man bestraft es dementsprechend und nicht halbherzig
Zu 3. Ja, die Boxencrew hätte die drei Sekunden warten können. Aber die #50 scherte nicht auf die Linie ein, die Vorfahrt hatte. So bewertete das die Rennleitung. Ich sehe das anders. In jeder Top-Serie wäre das ein „unsafe release“ gewesen, da eine unabsichtliche Berührung in der Boxengasse möglich war. Nicht auszudenken, was passiert, wenn sich ein Auto dann in eine andere Boxencrew reindreht.
Die #50 hatte also ein wenig Glück, gleichzeitig haben sich die Fahrer keinen Fehler erlaubt und waren immer schnell. Und Glück, auch mit der Rennleitung, gehört manchmal dazu. Sie haben aber vor allem gewonnen, weil die anderen Fehler gemacht haben.
Toyota
Mein Eindruck war, dass die Japaner über die gesamten 24h das schnellste Auto im Feld hatten. Aber sie erlaubten sich etliche Fehler. Der erste passierte am Mittwoch, als die #7 die Hyperpole nicht schaffte und wegen eines Vergehens als letztes Auto in der Klasse starten musste. Das bedeutete, dass man sich durch das ganze Hypercar Feld kämpfen musste, was mindestens einen Zeitverlust von einer Minute verursachte. Der Abstand zum Sieger am Ende: 14 Sekunden. Dazu kam ein Dreher von Lopez im vorletzten Stint, der rund 10 Sekunden gekostet hat. Die #50 war am Ende mit dem Sprit sehr knapp dran. Ohne diese Fehler wäre der Abstand nach dem letzten Stopp bei unter 10 Sekunden gelegen, bzw. die #7 hätte auch vorn liegen können. Lopez hätte mehr Druck ausüben können und der 13 Runden Stint von Lopez wäre schwer geworden. Entweder hätte der Ferrari an die Box gemusst, oder Nielsen hätte Sprit sparen müssen. Allein diese beiden kleinen Fehler haben Toyota den Sieg gekostet.
Aber auch die #8 hätte gewinnen können. Zu der Berührung mit der #51, die rund 30 Sekunden kostete, kam eine klemmende Radmutter beim letzten Stopp, die noch mal rund 10 Sekunden verursachte. Dazu kam noch eine Strafe (5 Sekunden). Abstand im Ziel waren 01:02 min. Da Buemi ein gutes Stück schneller als Lopez war, hätte die #8 also auch um P1 kämpfen können.
Ausschlaggebend waren also nicht das Auto oder die Technik, sondern individuelle Fehler des Teams und der Fahrer. Etwas ungewöhnlich für ein Team, dass seit mehr als einer Dekade in Le Mans unterwegs ist. Es zeigt aber auch, wie sehr Toyota unter Druck stand und dass das Team auch keine Luft mehr nach oben hatte. Die waren am Anschlag unterwegs, daher auch die Fehler.
Porsche
Die Deutschen hatten ein starkes Aufgebot mit sechs 963. Drei Autos kamen von den Privat Teams Jota und Proton. Vor allem die Proton hatte ich nach dem Sieg der #12 in Spa stark eingeschätzt. Aber Ilott zerlegte das Auto am Mittwoch und man musste ein nacktes Monocoque ohne Motor und Kabelbaum komplett neu aufbauen. Man hatte dann nur ein Shakedown von 30 Minuten für das Rennen. Von daher dauerte es, bis das Auto in Fahrt kam. Die Werksmannschaft war mit drei Autos da und die #6 schaffte auch die Pole zu bekommen. Das sah alles gut aus.
Doch das Rennen der Porsche zerfiel schnell. Das Auto war schnell, aber es fehlte etwas der Topspeed. Schwerwiegender wog die Tatsache, dass man auf den Triple Stints in der Nacht und am Morgen Zeit verlor. Gegenüber den Ferrari und Toyota waren das bis zu 10 Sekunden pro Stint. Auf frischen Reifen lief das Auto dann wieder sehr gut. Das aus dem letzten Jahr bekannte Problem, dass man zu viel Reifenverschleiß hat, ist also noch nicht ganz weg.
Dazu kamen dann individuelle Fehler der Fahrer. Alle drei Werksautos erlaubten sich kleine und auch große Fehler. Die #4 verabschiedete sich am Sonntagmorgen mit einem Abflug in Indianapolis. lag da aber schon weit zurück, weil man die Iron Dames weg gerumpelt hatte. Das führte zu einer Strafe und einer längeren Reparatur, weil die beleuchtete Nummernanzeige kaputt war. Die #5 war mehrfach neben der Strecke und auch die #6 hatte Ausrutscher, was angesichts des Regens verständlich war.
Technisch war man allerdings fehlerlos unterwegs, was schon ein deutlicher Fortschritt zum letzten Jahr war. Es fehlte am Ende wirklich nicht viel und Porsche war die einzige Marke, die das Tempo an der Spitze zumindest halten konnte. Das ist ein enormer Fortschritt, wird die Marke aber sicher nicht zufriedenstellen.
Die Privatautos von Jota liefen beide tadellos und beide verbrachten nur wenig Zeit an der Box. P8 und P9 waren schon ein guter Erfolg für Jota, vor allem nach dem Crash am Mittwoch. Proton hatte zwar das schönste Auto, aber auch die größten Probleme. Die #99 stand über vier Stunden an der Box, weil sich eine Antriebswelle festgefressen hatte.
Cadillac
Auch die Amerikaner zeigten sich verbessert, aber nicht leider nicht gut genug. Es war angesichts der starken Konkurrenz klar, dass es schwer werden würden den dritten Platz aus dem letzten Jahr zu wiederholen. Um ein Haar hätte die #3 die Pole geholt, was die Stärke der Cadillac zeigte. Schnell auf einen kurzen Stint auf trockener Strecke. Je länger die Stints gingen, desto stärker ließen die Rundenzeiten nach. Als die Strecke richtig nass war, ging es, aber wenn es nur feucht war, was die meiste Zeit Fall war, verlor man den Anschluss komplett. Der Cadillac fraß die Reifen förmlich auf. Die #2 lag am frühen Sonntagmittag sogar in Führung, aber als der Regen kam, war der Spaß vorbei. In wenigen Stunden verlor man dann rund 2:30 min, was angesichts des engen Feldes eine Ewigkeit war.
Auch technisch gab es Probleme. Die #3, das eigentlich schnellere Auto, kollabierte am Sonntagvormittag mit einem Loch in der Ölwanne, aus der literweise Öl rauslief. Damit war das Rennen gelaufen. Das Whelen Auto konnte den Speed der Ganassi-Mannschaft nicht mitgehen und man tat sich in Le Mans schwer. War ja auch der erste Auftritt des Teams dort, letztes Jahr war es Action Express. Aber zeitweise fand man durchaus Speed, vor allem, als es trocken war. Derani warf das Auto am Sonntag massiv in die Reifen, rettete den komplett zerrupften Cadillac aber an die Box. Nach knapp zwei Stunden hatte die Mannschaft die Ruine wieder hergestellt und das Auto kam tatsächlich ins Ziel.
Cadillac hätte besser abschneiden können, wenn es trocken geblieben wäre. Die eklatante Schwäche im Regen muss man dringend abstellen. Was dann nicht mehr Ganassi machen wird, sondern Proton.
Lamborghini
Einerseits muss man etwas enttäuscht sein über das Abschneiden. P10 klingt nicht schlecht, dass man zwei Runden Rückstand hatte, ist dann weniger schön. Das Auto war in allen Belangen viel zu langsam. Im Trockenen, im Regen, auf feuchter Strecke. Da war nichts zu holen. Da erwartet man von der Marke schon etwas mehr. Auf der anderen Seite: es war der erste Auftritt der Marke in Le Mans, man holte in einem extrem starken Feld einen zehnten Platz und man brachte beide Autos ins Ziel. Das ist ein guter Anfang.
Abgesehen von individuellen Fehlern der Fahrern (davon gab es einige) liefen die Lambos wie ein Uhrwerk. Dazu zeugte auch die Gesamtzeit der Boxenstopps: 38:03 min. Also mal eben sechs Minuten weniger als die Ferrari oder Porsche. Man konnte Triple Stints fahren, ohne Zeit zu verlieren, man hatte kein einziges technisches Problem und es gab keine Fehler bei den Stopps.
Das ist eine gute Grundlage, weist aber auch darauf hin, dass das Auto einfach kreuzlahm ist. Auch eine noch bessere BoP hätte daran nichts geändert. Ob es am Chassis oder Motor liegt ist schwer zu sagen. Jedenfalls erwartet Lamborghini sehr viel Arbeit.
Peugeot
Der 9X8 ist auch mit Heckflügel ein total verkorkstes Konzept. Im Grunde ist man in diesem Jahr auch nicht viel besser unterwegs gewesen als im letzten Jahr. Gut, man hatte weniger technische Probleme und lag nur 2 statt 12 Runden zurück. Insofern kann Peugeot das als Erfolg verbuchen. Dass man vom Newcomer Lamborghini geschlagen wurde und nicht mal ansatzweise den Speed zumindest der Cadillac gehen konnte, ist dann wieder die andere Seite. Auch die Alpine fahren den Peugeot aus dem Stand um die Ohren.
Ich kann verstehen, dass man mal was anderes versuchen wollte und ich würde die Entscheidung, mal einen extremen Weg zu gehen, auch immer begrüßen. Aber man letztes Jahr gesehen, dass das Konzept nur auf Strecken funktioniert, die topfeben sind und keine Wellen im Asphalt hat. Davon gibt es aber nur wenig Strecken. Man hat 90 Prozent der sichtbaren Bauteile umgebaut und auch die Radhäuser angepasst. Doch darunter wartet eben weiter ein Konzept, dass nicht funktioniert.
Peugeot sollte aufhören, Geld an ein Chassis zu verschwenden, das nicht funktioniert. Man hat der Sache zwei Chancen gegeben, beide haben nicht funktioniert. Wenn man ernsthaft in der WEC und Le Mans unterwegs sein will, dann muss man ein neues Chassis bauen. Sonst läuft man auch Gefahr, im nächsten Jahr von Alpine komplett gedemütigt zu werden.
Positiv zu vermerken ist, dass beide Autos problemlos liefen und auch ins Ziel kamen.
Isotta-Franschini
Man ist ins Ziel gekommen, es gab keine technischen Probleme und man hatte nur ein paar harmlose Dreher. Das ist schon mal ein Erfolg für das kleine Team, das von Duqueine betreut wird. Aber man hatte am Ende auch 9 Runden Rückstand, obwohl alles so gut lief. Man war pro Runde 3 bis 5 Sekunden zu langsam. Liegt es am Chassis? Am Motor von HWA? An beidem? Man fragt sich, wie das Team bis nächstes Jahr so viel Zeit finden soll, wenn die Ressourcen begrenzt sind.
Aber vielleicht sehen wir Isotta 2025 auch nicht mehr. Die WEC schreibt nun vor, dass man zwei Autos an den Start bringen muss, wenn man in der Serie und in Le Mans mitfahren will. Ob Isotta die finanziellen Mittel für ein zweites Auto hat und gleichzeitig zumindest noch zwei Sekunden aus dem Auto rauholten kann? Ich habe da so meine Zweifel.
BMW
Ich habe selten einen schlechteren Auftritt einer so großen Marke in Le Mans gesehen. Ich glaube, das letzte Mal war das Aston Martin mit ihrem legendären Auftritt im Jahr 2011. Dass BMW Probleme haben würde, war schon vor dem Rennen klar. Aber das war ein Debakel allererster Güte. Nicht ganz so schlimm wie Aston damals, aber peinlich genug.
Zunächst war ich etwas positiver gestimmt, denn die BMW hatten gute Rundenzeiten in der Qualifikation gezeigt. Bei der Hyperpole sorgte die #15 aber für eine rote Flagge, weswegen dem Team alle Zeiten gestrichen wurden. Am Freitag habe ich mir dann die Long Run Stints der BMW angeschaut und war einigermaßen besorgt. Das Auto kann eine schnelle Runde drehen, aber keinen schnellen Stint. Und schon gar nicht drei hintereinander.
Dennoch tauchten die BMW nach der ersten Regenlotterie plötzlich in den Top 10 auf. Doch dann reihten sich Fehler an Fehler bei den Fahrern. Wittmann beendete die zunächst beeindruckende Fahrt der BMW mit einem Ausrutscher in die Planken, was den Wagen aus der Führungsrunde warf. Immerhin arbeitete man sich wieder nach vorn, bis es zum Abschuss durch den AF Corse Ferrari kam. Danach war das Auto hin.
Bei der #20 lief es nicht besser. Das „Art Car“ verunfallte ohne äußere Einwirkung am Samstag, verschwand in der Box und tauchte in der letzten Runde des Rennens nach 17,5 Stunden an der Box wieder auf. Traurige Vorstellung. Ich hoffe, BMW findet kurzfristig zu alter Stärke zurück und stellt die Entwicklung der Technik vor das Marketing.
Der Auftritt der Alpine war ärgerlich. Nicht, weil sie langsam gewesen wären. Die BoP kam den Alpine entgegen, sicher. Aber das Auto und seine Fahrer waren wirklich überraschend schnell. Bis zum ersten Regenguss hielt man sich locker in den Top Ten. Es fehlte etwas bei den Rundenzeiten, sodass die Autos über die Distanz abgefallen wären. Aber da die anderen Team so ihre Probleme hatten, schien Alpine für einen kurzen Moment so etwas wie ein Dark Horse zu sein, dass zusammen mit Cadillac für eine Überraschung sorgen könnte.
Leider hat Alpine den Motor bei „Wish“ gekauft. Ok, das war unfair. Der von Mecachrome entwickelte Motor ist nicht schlecht und läuft problemlos. In der Formel 2. Man kann den Motor, ohne große Umbauten, aber nicht einfach in einen LMDh einbauen und hoffen, dass er 24 Stunden durchhält. So schnell die Alpine waren – nach nicht mal sechs Stunden waren beide Autos mit einem Motorschaden raus.
Das war mehr als schade, denn ich hätte sehr gerne gesehen. ob die Alpine die „Großen“ vorne ärgern kann. Die Chance war da, die Technik wollte nicht. Es war der erste Auftritt der Alpine in Le Mans, von daher mögen die technischen Probleme nachsehbar sein. Dass es aber auch anders geht, hat Lamborghini gezeigt. Und die Alpine scheinen das bessere Chassis zu haben. Vielleicht lernt man draus und baut den Motor um. Oder schaut noch mal, ob der Pipo-Motor von Glickenhaus aus dem letzten Jahr vielleicht besser ist.
Verschiedenes:
SC:
Viel wurde geschimpft über die vierstündige (!) SC-Phase zwischen 4.00 Uhr und 8.00 Uhr morgens. Aber die war durchaus gerechtfertigt, da das Wasser sehr hoch auf der Strecke stand. Es ist auch nicht das erste Mal, dass es wegen Regens eine lange SC-Phase gibt. Man kann eventuell argumentieren, dass die SC-Phase schon eine Stunde vorher, als hell war, hätte beenden können. Die Sicht war später am Nachmittag teilweise auch nicht besser und da ist man gefahren. Aber Sicherheit geht vor und so lange die Chance auf Aquaplaning auf der Geraden besteht, muss halt das SC raus.
Zweiter Kritikpunkt war das Prozedere des SC. Wie im letzten Jahre gab es 3 SCs die dann in ein SC geführt wurden. Auch den „Pass Around“ gab es, aber nicht die Sortierung der Klassen. Das lief dann auch nicht viel schneller als im letzten Jahr, aber zwei oder drei Runden sparte man sich schon.
Ich wüsste auch nicht, wie man es besser machen. Nur ein SC zu nehmen, würde dazu führen, dass es zu Unfällen in der langen SC-Schlange kommt, wenn die SC-Phase zu lange dauert. Zudem kommt dazu, dass ein Auto bei einem Stopp immer nur das Ende der SC-Schlange erreicht. Selbiges gilt, wenn man die Autos erst hinter drei SC einsammelt, dann aber sofort zusammenführt, ohne zu warten, wie lange Unterbrechung dauern könnte. Den Pass Around könnte man abschaffen, aber kostet keine halbe Runde. Man wird mit der momentanen Situation leben müssen.
Rennleitung:
Es gab ein paar Kleinigkeiten, die zu kritisieren waren (siehe Ferrari), aber generell hatte die Rennleitung das Rennen sehr gut im Griff. Auch nahm man Strafen zurück, wenn es Argumente dafür gab. Hier gab es nichts zu beanstanden.
Übertragung:
Ich hatte den offiziellen FIA-Steam und hatte keine technischen Probleme. Die Übertragung lief über 25 Stunden tadellos und in HD. Gewählt hatte ich den Stream ohne Kommentar und hier gab es nur den Kritikpunkt, dass die bezahlten Werbe-Interviews mit Michelin usw. eingespielt wurden.
Mein Ton kam wie jedes Jahr von Radio Le Mans. Es gibt nichts Besseres. Da das Rennen sehr intensiv und abwechslungsreich war, mussten die Moderatoren sich gut konzentrieren. Dabei unterliefen ihnen keine Fehler und auch für die üblichen Abschweifungen gab es Raum. Paul Truswell sinkt jedes Jahr etwas tiefer in seinen Sessel und ist weiterhin bei den Analysen nicht zu schlagen. Und jedes Jahr habe ich Angst, dass ich Truswell vielleicht zum letzten Mal in Le Mans gesehen habe.
Ausfälle & Unfälle
LMGT3 #54 Vista AF Corse
Hyper #35 Alpine
Hyper #36 Alpine
Hyper #15 BMW
LMP2 #9 Proton
LMP2 #30 Duqueine
LMP2 #45 Crowdstrike
LMGT3 #66 JMW
LMGT3 #46 WRT
Hyper #4 Porsche
LMGT3 #27 Heart of Racing
LMGT3 #59 United
Hyper #83 Ferrari
Hyper #3 Cadillac
Hyper #20 BMW (nicht gewertet)
LMGT3 #95 United
Die Ausfallquote war in der Hypercar-Klasse hoch, was aber nicht überraschend kam. Wenn Alpine und BMW sich etwas angestrengt hätten, sähe die Sache besser aus. Es gab insgesamt nur sehr wenig Unfälle, was angesichts des Wetters ein kleines Wunder war. Am schlimmsten erwischte es den BMW #15, der vom Ferrari abgeschossen wurde und hart in die Leitplanken einschlug und den Aston Martin #27, der auf nasser Strecke mit Slicks ausrutschte, rückwärts in Indianapolis in die Reifen einschlug und auf dem Dach landete. Aber niemand wurde verletzt und die anderen Unfälle waren „Blechschäden“. Das spricht für die Qualität der Fahrer und die Rücksicht, die aufeinander genommen wurde.
Fazit:
Es war ein tolles Rennen, das Rekorde gebrochen hat. Noch in der Geschichte von Le Mans gab es den Umstand, dass die ersten neun Autos noch in einer Runde war. Das allein zeigt, wie gut der ACO die BoP hinbekommen hat und wie gut auch die Teams gearbeitet haben. Fünf Marken in den Top 10 zeigen das auch. Und noch nie hatten so viele Autos eine echte Chance auf den Gesamtsieg.
Und das war ja erst der Anfang. Mal abgesehen, dass nächstes Jahr noch Aston Martin mit zwei Autos dazu kommt, werden vor allem die unterlegenen Teams aus dem Rennen lernen und nächstes Jahr noch stärker sein. Dazu zähle ich vor allem Porsche, BMW und Alpine. Auch bei Lamborghini sollte einiges gehen. Dazu kommt, dass der ACO die BoP sehr gut im Griff hat. Die Einführung der „Power Gain“ Variable hat sehr geholfen, das Feld eng zu halten.
Das hat allerdings auch Nachteile. Wenn sich das Feld einmal auseinanderzieht, dann hat man kaum Möglichkeiten Lücken zu schließen, weil die Autos sich zu ähnlich sind. Der Regen hat dafür gesorgt, dass sich viel bewegt hat, aber in den trockenen Phasen konnte man sehen, dass das Feld relativ lange eingefroren war. Zwar gibt es Unterschiede beim Reifenverschleiß, aber das ist auch alles. Doch mehr Autos sorgen auch dafür, dass man unterschiedliche Stärken sehen wird. Manche werden tagsüber stark sein, manche, wenn es kühler ist. Manche können Vierer-Stints fahren, manche werden Zwei-Stints machen, aber dafür schneller sein. Man kann sich auf jeden Fall schon auf das nächste Jahr freuen.
Das nächste Le Mans Rennen ist am 14. und 15. Juni 2025.
Bilder: ACO, Porsche, Ferrari, Alpine, BMW Motorsport, Peugeot, Toyota, Screenshots