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GT World Challenge Europe Endurance Cup: Analyse 24 Stunden von Spa

von Nils Otterbein
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Die 24 Stunden von Spa boten am vergangenen Wochenende zwei Rennhälften, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Einer wahren Orgie an Neutralisationen folgte eine hochklassige und spannende Schlussphase, die vor Dramen und einem Überraschungssieger nicht halt machte.

Qualifying und Superpole

Die Qualifikation am Donnerstagabend wurde dieses Jahr nicht von Wettereinflüssen geprägt, sorgte aber dennoch für die ersten Verlierer, die sich fürs Rennen in eine schlechte Position brachten. Ganze neun Wagen aus dem Pro-Cup schafften es nicht in die Superpole des Freitags, die von den Top 20 bestritten wurde. U.a. schafften es beide WRT BMW, der Porsche von Rutronik Racing, der Ford von Proton Competition und der Attempto Audi nicht unter die besten 20 und hatten damit bis zum Freitageband frei, an dem noch das Warm Up gefahren wurde. Ganz übel erwischte es den Porsche von HubAuto Racing und den GruppeM Mercedes, die es nicht in die Top40 schafften.

Für den Freitag mussten alle Teams einen Fahrer für die halbstündige Superpole aufstellen. Grasser Racing konnte sich mit Frank Perera die Pole sichern. Insgesamt schafften es vier Marken unter die besten Vier mit dem Winward Mercedes, dem AF Corse Ferrari und einem der Attempto Audi, der im Gold-Cup startete. Enttäuschend waren BMW und Porsche. Beide Rowe BMW schafften zwar die Superpole, aber mehr als der 17. Platz war nicht drin. Die besten Porsche landeten auf den Plätzen acht und zehn. Bei mehreren Porsche wurden danach die Motoren auf mögliche Leistungsverluste untersucht. Auf Motorwechsel verzichtete man, da dies sonst eine fünfminütige Zeitstrafe im Rennen zur Folge gehabt hätte. Die langjährigen Spa-Zuseher werden sich an 2016 erinnern, als alle Mercedes AMG eine solche Strafe bekamen, da die Zündfolgen in der Qualifikation nicht denen der BOP entsprachen und sie damit schon zu Beginn das Rennen verloren.

Erstaunlich war der Zeitengewinn im Vergleich zum letzten Jahr. Die Pole von Frank Perera war mit 2:13 min. rund drei Sekunden schneller als im Vorjahr. Die Neuasphaltierung hat Spa immens schnell werden lassen. Damit ging es am Samstag um 16:30 Uhr nach vielen Fanfaren und Jacky Ickx, der als Grand Marshall das Rennen freigab, ins größte GT3 Rennen der Welt.

Startphase

Bei kaum einem Rennen ist der Start so heikel wie in Spa. Trotz 66 relativ gleichwertiger Autos blieb der Start erstaunlich ruhig und lief ohne erste Kollisionen ab. Man bekam schnell das Gefühl, dass alle Teams den angekündigten Starkregen für die Abend- und Nachtstunden im Blick hatten und ein Risiko unnötig erschien. Zumindest für die ersten zwei Stunden hielten sich fast alle daran. Im ersten Stint konnte Lucas Auer im Winward Mercedes die Führung von Frank Perera übernehmen, der im Verlauf der ersten Rennstunde zurückfiel.

Nach rund einer halben Stunde kam es zur ersten von vielen FCY- und anschließenden SC-Phasen. Hier zeigte sich recht schnell ein anderes Verhalten der Rennleitung in diesem Jahr. Üblicherweise wird in der GTWC nach einem Zwischenfall eine FCY durch einen Countdown ausgerufen, vergleichsweise wie in der WEC. Meist wird nach einer kurzen Phase von einer Runde diese FCY aufgehoben und in einer reguläre SC-Phase umgewandelt. Doch nicht so in Spa: Die FCY blieb meist sehr lange aktiv, bis jeder einen Boxenstopp einlegen konnte. Dennoch wurde das Safety-Car fast schon protokollartig nach einigen Minuten immer wieder rausgeholt, um das Feld zusammenzuführen und einen Pass-Around der überrundeten Autos durchzuführen, die nicht im Pro-Cup starteten. Für die reine SC-Phase wurde die Box geschlossen, die danach wieder geöffnet wurde. Für die Zukunft wäre es nicht überraschend, wenn zumindest einer der beiden ersten Teile entfällt, oder deutlich verkürzt wird. Das, was in Le Mans hintenraus zu lange dauert, dauert hier zu Beginn einfach zu lange und nimmt dem Rennen jeglichen Fluss. Am Abend sollte das der Rennleitung mehrfach auf die Füße fallen.

Lucas Auer übernahm daraufhin also die Führung im Winward Mercedes vor Davide Rigon im AF Corse Ferrari und Luca Stolz im Getspeed Mercedes. Da das Feld eng zusammenblieb und die Zwischenfälle in der Startphase rar blieben, kamen auch die „Opfer“ der Qualifikation nicht nennenswert nach vorne, darunter alle BMW. Auer verlor in seinem zweiten Stint die Führung durch einen Reifenschaden, den er jedoch erst kurz vor der Box erlitt und gab die Führung an den Ferrari ab. Der einstige Polesetter-Lamborghini verlor weiter an Boden, da die Betankung nicht richtig funktionierte und er damit an Reichweite verlor.

Beginn von vielen Rennneutralisationen bis in die Nachtstunden

Kurz nach dem Reifenschaden des führenden Winward Mercedes wurde das Rennen nach einem Abflug des Haas RT Audis erneut neutralisiert, was der Beginn eines sehr turbulenten Abends wurde. Immer wieder fielen erste Tropfen, die jedoch zunächst keinen Wechsel auf Regenreifen verlangten. Beim Restart, der gegen 19:30 Uhr stattfand, verlor der Iron Lynx Lamborghini #63 die Motorhaube und musste zur Reparatur an die Box. Bei der erneut ausgerufenen FCY kam es zu mehreren Auffahrunfällen, in denen u.a. der McLaren #158 von Garage 59 beteiligt war.

In dieser Phase fiel der nächste Gesamtsiegkandidat zurück: Der Rowe BMW #98 als Sieger aus 2023 musste nach einem Problem mit dem Wasserdruck die Box ansteuern, was zum Ausfall führte. Bereits nach vier Rennstunden hatten die meisten Teams deutlich mehr als vier Stopps, die zu diesem Zeitpunkt üblich gewesen wären. Gegen 20:15 Uhr kam es zur größten Schrecksekunde des Rennens, als zunächst abseits der Kameras zwischen La Source und Eau Rouge der Rinaldi Ferrari Mitten auf der Fahrbahn stand und der EBM-Porsche diesem hinten links unter Vollspeed reinknallte. Wenn man genau in den Funk des Rennleiters reinhörte, konnte man erahnen, dass was Schlimmes passiert sein musste: Als dieser den üblichen Countdown runterzählte und auf den Ferrari hinweisen wollte, hörte man nur im Hintergrund ein „Oh no“ in der Rennleitung. Nach längerer Zeit wurde der Crash gezeigt, was uns den glücklichen Hinweis gab, dass die Fahrer nicht allzu schwer verletzt waren. Ein Zwischenfall, der durch die Ignorierung doppelter gelber Flaggen zustande kam. Durch FCY und Slow Zones, bzw. Code 60 in anderen Rennserien scheint der Respekt für lokale Gelbzonen leider zunehmend zu schwinden.

Danach kam es zu weiteren FCY. Unter anderem schied der HubAuto Racing Porsche mit Patrick Pilet am Steuer mit einem Reifenschaden und anschließenden Aufhängungsbruch aus. Auch der CLRT Porsche von Laurin Heinrich schied nach einem Kühlerschaden aus, dem eine Berührung mit dem Rutronik Porsche #96 vorausging.

Durch die vielen Neutralisationen kamen u.a. die BMW von WRT und Rowe weit nach vorne. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kam es nochmal zu einer vergleichsweise längeren Phase unter grün, die jedoch der Attempto Audi #88 beendete. Als dann der Regen stärker wurde, ging das richtige Chaos los. Auffallend war der WRT BMW mit u.a. Valentino Rossi, der eine Zeitstrafe durch eine Kollision mit dem AF Corse Ferrari #51 von Davide Rigon kassierte und u.a. zu früh auf Regenreifen wechselte, wodurch er wieder an Track Position verlor.

Ein Sinnbild für die nun folgende Rennphase war der Triple Eight Mercedes, der sich während dem Safety-Car in der Eau Rouge aufs Dach legte. Ab diesem Zeitpunkt war das Rennen an Zerfahrenheit nicht mehr zu überbieten. Spätestens hier wurde deutlich, dass das aktuelle FCY- und SC-Verfahren nicht zu Ende gedacht ist. Teilweise kamen in dieser Rennphase immer wieder Autos außerhalb der Pro-Klasse weit nach vorne. Ein Beispiel gefällig: Der Sky Tempesta Ferrari aus dem Bronze Cup war plötzlich Fünfter im Gesamtklassement. Um die sechste Rennstunde war erstmals der Comtouyou Aston Martin #007 in Führung, der am Sonntag bekanntlich eine entscheidende Rolle spielen sollte.

Notwendig wurde eine lange SC-Phase wegen Starkregen dann erst gegen 23:30 Uhr. U.a. hatte Mercedes die Vorhersage, dass sich der Starkregen etwas verziehen würde, während u.a. Porsche weiterhin von längerem Starkregen ausging. So kam es dann auch und das Rennen wurde analog zu den 24H von Le Mans durch eine lange SC-Phase vor einer roten Flagge bewahrt. Hier muss die Rennleitung lobend erwähnt werden. Immer wieder ist bei Langstreckenrennen zu sehen, dass ein Rennen erst spät wieder angepfiffen werden kann, wenn es mal zu einer roten Flagge kommt. Eine Rennpause bis morgens 6 oder 7 Uhr wäre wahrscheinlich die Folge gewesen. Als jedoch der Starkregen durchgezogen war, konnte man gegen 1:30 Uhr das Rennen sogar wieder freigeben.

Die wenig aussagenden Top5 waren zu diesem Zeitpunkt: Phantom Global Racing Porsche #23, Rowe BMW #998, AF Corse Ferrari #51, Sky Tempesta Ferrari #93 und Haas RT Audi #28. Einige gingen wohl von einer noch längeren SC-Phase aus, da es immer noch stark regnete und verloren damit Track Position, da sie ihren Stopp erst nach dem Restart machten. Die Opfer von falschen Entscheidungen waren u.a. der Getspeed Mercedes #2 und WRT BMW #46. Die gesamte restliche Nacht kam es wieder zu Neutralisationen, da immer wieder Autos im Kies standen. Auch ich muss zugeben: Wirklich motiviert war man nicht mehr, um das Rennen weiterzuverfolgen. Dafür sollte uns der Sonntag für einiges entschädigen!

Flüssigeres Rennen ab Sonntagmorgen

Die Einfahrt in die Helligkeit wurde – wie soll es auch anders sein – mit einer Safety-Car-Phase begleitet, da der Walkenhorst Aston Martin #36 gegen 5:30 Uhr in der Eau Rouge abflog. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch rund 30 Wagen in der Führungsrunde und hatten damit potenzielle Siegchancen. Den wahren Speed sah man erst in den nachfolgenden Stunden, in denen das Rennen flüssiger wurde. Die bereinigte Spitze hatte zu diesem Zeitpunkt der Grasser Lamborghini #163 als einstiger Polesetter inne, obwohl er mit die meisten Stopps von allen hatte. Dahinter befanden sich der Pure Rxcing Porsche #911, der Proton Ford #64 und beide WRT BMW. Eine andere Taktung fuhren zu diesem Zeitpunkt der Rowe BMW #998 und der Rutronik Porsche #96.

Stück für Stück kristallisierten sich die Siegkandidaten raus, da die Taktungen der Boxenstopps regulärer bei ca. 63 Minuten waren und die Strecke immer trockener wurde, um den wahren Speed der Autos zu sehen. Zwischen der 14. Und 16. Rennstunde gab es einen längeren Run unter grünen Bedingungen. Als Favorit galt zu diesem Zeitpunkt der Pure Rxcing Porsche, der mit Klaus Bachler mehrere starke Stints hatte. Dieses Auto wurde deshalb so interessant, weil Aliaksandr Malykhin seine Pflichtstunden als Bronze-Fahrer in den langen Neutralisationsphasen abfahren konnte. Die fünfminütigen Reparaturstopps waren zu diesem Zeitpunkt kein Thema mehr, weil diese in den SC-Phasen abgehandelt wurden.

Um die Marke von acht Stunden Restzeit zog der Rowe BMW #998 als erster die Slicks auf. Dieser übernahm daraufhin die Führung. 7:52 vor Rennende gab es durch den Oman Racing BMW eine FCY, da dieser am Streckenrand stand. Die teilweise unterschiedlichen Strategien wurden genullt. Die Reihenfolge zu diesem Zeitpunkt war wie folgt: Rowe BMW #998/Pure Rxcing Porsche 911/WRT BMW #46/AF Corse Ferrari #51/WRT BMW #32/Comtoyou Aston Martin #7/Rutronik Porsche #96. Insgesamt befanden sich noch 18 Wagen in der Lead Lap. Bis auf wenige Ausnahmen sollten das die Autos sein, die die Schlussphase beherrschten. Mein Tipp wäre zu diesem Zeitpunkt ein Doppelpodium, oder gar Dreifachsieg für BMW gewesen. Die sahen im nassen und in der abtrocknenden Phase verdammt stark aus. Zu diesem Zeitpunkt war nicht zu erahnen, welche Rolle der Ferrari und Aston Martin noch spielen sollten.

In der Folge kam es zu weiteren leichten Regen. Joel Sturm im Pure Rxcing Porsche legte in der Blanchimot den Wagen aufs Dach, weil dieser womöglich mit den kalten Slicks nach dem Restart auf eine der feuchten Stellen kam. Danach sah es für die BMW-Fraktion noch besser aus, da sie noch drei top-Autos vorne hatten. Auch die beiden Zeitstrafen für die #46 waren praktisch wirkungslos, da diese in FCY-Phasen abgegolten wurden. Doch es sollte anders kommen. Um die 18. Rennstunde fand ein kompletter Stint im trockenen statt und sah den Comtoyou Aston Martin #007 Druck auf den Rowe BMW #998 um die Führung ausüben. Auf der dritten Position lag der AF Corse Ferrari, der die beiden WRT BMW auf den Plätzen vier uns fünf hinter sich halten konnte.

Den letzten nennenswerten Crash des Rennens verursache Valentino Rossi, der erneut mit einem Ferrari kollidierte. In der Les Combes berührte er den Kessel Ferrari #8, der sich in einen Walkenhorst Aston Martin reindrehte. Damit war der WRT BMW #46 raus aus der Entscheidung, da er aus der Führungsrunde nach einer kurzen Reparatur fiel. Es gab zwar auch noch eine Zeitstrafe, die jedoch keine Relevanz mehr hatte. Nach dem letzten Restart zeichneten sich noch drei Favoriten ab, da diese sich wegen überrundeten Fahrzeugen vom Rest etwas absetzten: Der Rowe BMW #998, Comtoyou Aston #007 und der AF Corse Ferrari #51.

Letzte 4 Stunden fast komplett unter Grün

Als das Rennen schneller und die Strecke trockener wurde, kam auch der Rowe BMW mit Dan Harper ins Hintertreffen gegenüber dem AF Corse Ferrari und dem Comtoyou Aston Martin. Schnell wurde der Rückstand von Rowe auf die beiden Führenden größer und wuchs auf zwischenzeitlich über 20 Sekunden an. Der Speed des Aston Martin war überraschend, wie auch die Pace des Ferraris. Im Grunde war es das beste Langstreckenrennen für den Ferrari 296 in einer der SRO-Serien. Der Ferrari baute den Vorsprung immer um ein paar Zehntel aus, da der Aston ab und zu mit ABS-Problemen zu kämpfen hatte, was allerdings Nicki Thiim und Marco Sörensen dank ihrer langjährigen GTE-Erfahrung gut wegsteckten. Interessant wurde für die Schlussstunden auch noch der Rutronik Porsche, der zwar bereinigt nur um P10 fuhr, allerdings durch eine andere Taktung evtl. einen Stopp hätte weniger machen müssen, wenn es durch FCY mehrfach eine Stintverlängerung von 63 auf 68 Minuten gegeben hätte. Dazu sollte es jedoch nicht mehr kommen.

Ums Podium kämpfte auch der SSR Porsche #92, der jedoch eine Durchfahrtsstrafe wegen Überschreitung einer maximalen Stint-Zeit bekam. Die Positionen waren an der Spitze nun bezogen und der Speed pendelte sich ausgeglichen ein. Zwei Stunden vor Schluss war die Reihung wie folgt: AF Corse Ferrari #51/Comtoyou Aston Martin #007/Rowe BMW #998/WRT BMW #32/Walkenhorst Aston Martin #34. Irgendwie entstand eine typische Schlussphase des modernen Langstreckensports: Wenige direkte Duelle und lange Phasen ohne Zwischenfälle.

Das Podium wurde u.a. entschieden durch einen schleichenden Plattfuß des Rowe BMW, der damit den letzten Stopp exakt 65 Minuten vor Ende machen musste. Da es zu keiner weiteren SC-Phase kam und damit der Stint nicht verlängert werden durfte, kostete ihm das schlussendlich das Podium. Damit war eigentlich die Bahn frei für den WRT-Markenkollegen #32.

Doch das Drama ereignete sich um den Gesamtsieg 48 Minuten vor Schluss, als der AF Corse Ferrari zum letzten Stopp kommen wollte. Als Alessandro Pier Guidi in der engen Boxeneinfahrt war, hatte einer der Grasser Lamborghinis Probleme mit dem Vortrieb und blockierte die komplette Fahrbahn. In diesem Moment war der Sieg für den Ferrari futsch! Unglücklicher hätte es nicht kommen können. Für dieses Pech konnte wirklich niemand etwas, noch nicht mal die Rennleitung, da man so kurzfristig nicht reagieren kann. Damit war die Bahn frei für den Comtoyou Aston Martin, was mit der neuen Evo-Version einem Sensationssieg glich.

Pier Guidi hatte logischerweise eine massive Krawatte und rempelte sich am Walkenhorst Aston Martin nach der langen Geraden vorbei, um zumindest noch das Podium zu erreichen. Für die Kollision wurde der Walkenhorst Aston mit 10 Sekunden nach dem Rennen bestraft, was eine „überraschende“ Entscheidung der Rennleitung war. Sonst wäre es tatsächlich ein Doppelpodest für Aston Martin geworden.

Aufgrund des späten Stopps vom Rowe BMW und der Tatsache, dass der Rutronik Porsche doch keinen Stopp sparen konnte, reichte es für AF Corse mit Pier Guidi/Rigon/Rovera hinter dem siegreichen Comtoyou Aston Martin mit Thiim/Sörensen/Drudi immerhin noch für den zweiten Platz. Durch die Strafe des Walkenhorst Aston Martin kam nach einer eher schwachen Schlussphase der WRT BMW #32 mit Van der Linde/Vanthoor/Weerts immerhin noch auf den dritten Rang. Für den Rowe BMW mit Harper/Hesse/Farfus reichte es hinter dem eher unauffälligen Grasser Lamborghini gar nur für den sechsten Rang.

Einzelne Klassen

Nachdem es um den Gesamtsieg durch das zerfahrende Rennen jede Menge Führungswechsel gab, war das in den weiteren Kategorien nicht anders. In der Nacht gab es mal eine Phase, in der sich nur zwei Pro-Autos in den Top10 befanden, was einiges aussagt. Deswegen beziehe ich mich bei den einzelnen Klassen nur auf die eher bereinigte Schlussphase, in der das Rennen entschieden wurde.

Der Gold Cup befand sich mit den besten Besatzungen der Klasse teilweise weit vorne und konnte sich immer in den Top10 halten. Die Klasse war vor allem in der Schlussphase geprägt von einem recht klaren Sieg für den AlManar Racing by Getspeed Mercedes, die mit Al Faisal Al Zubair, Mikael Grenier, Dominik Baumann und Phillip Ellis ein starkes Quartett zusammen hatten. Unterstrichen wurde der Klassensieg durch einen siebten Gesamtrang als bestes nicht-Pro-Auto. Ganz nebenbei war man auch bester Mercedes im Gesamtfeld und das mit Abstand.

Der Silver Cup war neben dem Pro-Am-Cup die Klasse, die praktisch immer unter ferner Liefen veranstaltet wurde. Kaum waren mal die Klassenführenden in den Top20 der Gesamtwertung. Auch hier zeigten die Mercedes eine starke Performance und konnten mit dem Getspeed-Quartett Yannick Mettler, James Kell, Anthony Bartone und Aaron Walker den Klassensieg einfahren. Es reichte für P25 gesamt vor dem Dinamic Porsche, die dieses Jahr keinen Pro-Wagen stellten und dem Mercedes von Winward Racing.

Wie immer ist der Bronze-Cup sowohl in Sachen Breite als auch in Sachen Spitze die interessanteste Klasse hinter den Gesamtsiegkandidaten. Nachdem zu Beginn der Bronze-McLaren von Garage59 die Klasse haushoch dominierte und dann zurückfiel, wurde der Sonntag von einem bärenstarken Dylan Pereira im Attempto Audi geprägt, der sich hier für höhere Aufgaben empfehlen konnte. Auch Max Hofer konnte die etwas langsameren Andrey Mukovoz und Alexey Nesov gut kompensieren, weshalb sie mit dem zehnten Gesamtrang verhältnismäßig weit vorne waren, vor allem im Hinblick auf die ruhige Phase am Sonntag. Profitiert haben sie auch in der letzten Rennstunde von einem Reifenschaden des Barwell Lamborghinis, der am Ende Dritter der Klasse hinter dem AF Corse Ferrari #52 wurde.

Der Pro-Am-Cup sah lediglich sechs Starter, von denen nur Zwei ins Ziel kamen. Meist war wenig überraschend nur der Crowdstrike Mercedes im Bild zu sehen, der als Namensgeber des Rennens formatfüllend im Bild war. Man konnte sich dem Hauptsponsor des Rennens auch mit einem virtuellen Zeppelin und diversen grafischen Werbebannern nie entziehen. Das Team war mit George Kurtz, Ian James, Nicky Catsburg und Colin Braun gespickt mit erfahrenen IMSA-Piloten, die diese zerfahrene Art des Rennens bestens gewohnt sind. Hinter dem Mercedes vom Uno Racing Team with Landgraf landete der RJN McLaren auf dem Podium, was das internationale GT3-Comeback der ehemaligen Nissan-Academy Piloten bedeutete. Hier waren die Fahrer Alex Buncombe, Joshua Caygill, Chris Buncombe, Jann Mardenborough.

Zeugnis zu den Herstellern

Aston Martin: Das Projekt mit dem Aston Martin Vantage Evo ist nach diesem Rennen nicht mehr nur in den Verkaufszahlen ein Erfolg. Comtoyou Racing hat das Rennen nicht durch chaotische Umstände und Glück gewonnen, sondern durch einen sehr starken Speed unter trockenen Bedingungen. Auch wenn die Top3 des Rennens mit Ferrari, Aston Martin und BMW den Verdacht zulassen, dass die Turbo-Konzepte gegenüber den reinen Saugern leicht im Vorteil waren, dürfte es die Beliebtheit des Autos noch weiter steigern. Wenn man sich auch in der NLS und im GT Masters die Entwicklungen von Walkenhorst ansieht, war es sicher nicht der letzte große Erfolg von Aston Martin im GT3-Sport. Dazu werden durch das Hypercar-Projekt ab 2025 sicherlich noch weitere Topfahrer zu der Britischen Marke wechseln.

Ferrari: Erstmals hat der Ferrari 296 in einer SRO-Rennserie ein starkes Langstreckenrennen gezeigt. Es wäre ohne das riesige Pech in der Schlussphase der erste Sieg für das neue Modell im Endurance Cup geworden. Der Erfolg bei den 24 Stunden am Nürburgring 2023 und der zweite Gesamtrang aus Spa zeigt die Langstreckenqualitäten und Servicefreundlichkeit des Modells, worauf Oreca in der Konstruktion sicher Wert gelegt haben dürfte. Emil Frey Racing zeigt auch in der DTM und im Sprint Cup der GT World Challenge immer wieder, dass der Wagen auch auf kurzen Distanzen gut funktioniert. Nur die Konstanz fehlt noch etwas.

BMW: Mit einem Podium und einem sechsten Platz ist BMW absolut im Soll. Mit dem frühen Ausfall der #98, der Kollision der #46 und dem schleichenden Plattfuß der #998 in der Schlussphase kam viel Pech zusammen. Mit WRT und Rowe hat BMW einfach zwei Teams, die ihr Handwerk perfekt verstehen. Nächstes Jahr wird der neue BMW M4 Evo auf den Markt kommen, möglicherweise noch mit weiteren Teams.

Porsche: Bei Porsche muss man sich die Frage stellen, ob die besten Trios nicht bei den falschen Teams platziert wurden. Die Auftritte von Phantom Global Racing und HubAuto Racing waren in allen belangen enttäuschend. Zeit muss den Teams aus Fernost sicher noch eingeräumt werden. SSR Performance und Rutronik Racing hätten mit etwas mehr Rennglück in der Schlussphase mehr als die achten und neunten Plätze erreichen können. Das Fehlen von Manthey Racing wird gefühlt immer mehr ein Faktor. Sobald der Erfolgsgarant und Porsche-Tochter aus Meuspath nicht am Start ist, sind die Ergebnisse meist nicht so gut. Ob die neugeschaffenen Teams eine erfolgreiche Zukunft haben, wird sich zeigen. Ohne eine komplette Beteiligung im Endurance Cup dürfte es schwierig werden, da die IGTC über das Jahr zu wenige Rennen hat, was sich auch 2025 nicht ändern wird.

Mercedes: Mit allen vier Pro-Autos hat Mercedes nach diversen Zwischenfällen gar keine Rolle spielen können. Bei Boutsen VDS ist es sicherlich der Effekt des Markenwechsels, während bei GruppeM bereits die Qualifikation schlecht lief. Ein Pro-Auto von Haupt Racing hat sicherlich gefehlt. Dazu kommt der Weggang von Akkodis ASP, der doch schwerer wiegt als zunächst angenommen. Bei den Fahrertrios war auch am Nürburgring schon zu sehen, dass die Nachwuchspiloten im AMG-Kader tonangebend waren. Vielleicht wird es auch fahrerisch andere Zusammenstellungen brauchen. Die insgesamt 14 AMG konnten jedoch in der Breite mit Siegen im Gold- und Silbercup analog zum letzten Jahr durchaus überzeugen.

Audi: Das Rennen in Spa hat wohl einen Vorgeschmack auf die nächsten Audi-Jahre im GT-Sport gegeben. Zwar wurde in Spa betont, dass die Teileversorgung bis 2030 gewährleistet sei, was ein Verbleib von z.B. Attempto Racing möglich machen könnte. Dennoch wird man mit einer halbherzigen Beteiligung keinen Erfolg auf der Langstrecke mehr haben können. Allenfalls um Klassensiege, wie u.a. im Bronze-Cup, wird man noch fahren können. Die bestehenden Teams werden ohne Werkskader ohnehin auf möglichst schnelle Freelancer im Motorsport, wie einen Dylan Pereira setzen müssen.

Lamborghini: Viel hat dem Grasser Lamborghini am Ende nicht gefehlt. Dennoch zeigen immer wieder kleine Anfälligkeiten, dass bei Lamborghini alles zusammenkommen muss, um im Aston-Martin-Stil mal ein großes Langstreckenrennen zu gewinnen. Enttäuschend war mal wieder der Auftritt von Iron Lynx, die früh ausfielen. Für 2026 ist ein neues Modell angekündigt worden. Auch wenn es mit dem Huracan womöglich nicht funktioniert, könnte das neue Einsatzauto Mut machen.

McLaren: In der Anfangsphase schien ein souveräner Sieg im Bronze-Cup möglich gewesen zu sein. Allerdings wird McLaren mit lediglich zwei bis drei Einsatzteams auf der internationalen GT-Schiene keinen nennenswerten Erfolg haben können. Das Ziel wird es sein müssen, ggf. weitere Teams aus der British GT für die World Challenge zu motivieren. 

Ford: In den Nachtstunden war der Mustang im Pro-Cup aufgrund der zerfahrenen Rennphase mal vorne zu sehen. Ansonsten war er höchst unauffällig um den 20. Platz unterwegs. Am Ende waren es drei Runden Rückstand. Vom guten Speed aus Le Mans war man damit weit entfernt. Dennoch muss man lobend erwähnen, dass das Auto auch in Spa 24 Stunden gehalten hat. Mit Daytona, Le Mans und Spa hat der Mustang bereits viele Kilometer abspulen können, was für 2025 Hoffnung auf mehr macht. Interessant wird nun sein, ob man eine nennenswerte Anzahl an Kunden bekommt, was den Datentransfer beschleunigen würde.

 

Weiter geht es mit der GT World Challenge in der Deutschland-Woche mit dem Sprint-Wochenende in Hockenheim und dem Endurance-Event am Nürburgring Ende Juli.

Bildquellen: www.gt-world-challenge-europe.com (https://www.gt-world-challenge-europe.com/gallery_meeting?filter_season_id=24&filter_meeting_id=221)

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