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Formel Eins: Analyse GP von Ungarn – McLaren ganz oben

von DonDahlmann
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Das Spannendste an diesem Rennen war der Funk bei McLaren zwischen Norris und seinem Team. Denn lange sah es so aus, als ob das Team in eine interne Krise rutscht.

McLaren hatte an diesem Wochenende das mit Abstand schnellste Auto in Ungarn. Darüber gab es schon nach der Quali keine Diskussionen. Beide McLaren belegten die erste Reihe und verwiesen Verstappen in die zweite Reihe. Das war schon ungewöhnlich und macht deutlich, dass Red Bull eben nicht mehr das schnellste Auto auf der Strecke hat. Und das, obwohl das Team für Ungarn ein umfangreiches Update mitgebracht hatte. Generell sind langsame Strecken in diesem Jahr nicht gerade das Metier des Red Bull, insofern wird man das Rennen in Spa abwarten müssen, ob das Update etwas gebracht hat.

Aber generell ist der große Vorsprung vom Anfang der Saison vor allem in Rennbedingungen weg. Die Frage ist natürlich, warum das passiert ist. Wenn man, wie Red Bull bis zum Rennen in Miami, bis 5 Zehntel pro Runde Vorsprung hat, zur Halbzeit der Saison aber oft „nur“ noch gleich schnell ist, dann ist etwas schiefgelaufen. Das soll die gute Arbeit von McLaren und Mercedes nicht schlecht machen. Aber wenn man so viel Vorsprung verliert, dann muss etwas bei den Updates nicht funktionieren. Die Frage ist, warum das plötzlich passiert? Liegt es doch daran, dass Adrian Newey nicht mehr mit an Bord ist?

Verstappen mag keinen Druck

Der Frust von Max Verstappen ist jedenfalls spürbar, auch weil das Team weiter Strategien wählt, die nicht mehr zum tatsächlichen Leistungsvermögen des Autos passen. In Ungarn, auf einer Strecke, wo man nur überholen kann, wenn man mindestens eine Sekunde pro Runde schneller ist, verzichtete Red Bull auf den hier sehr starken Undercut und ließ Verstappen immer etwas länger draußen. Die Idee dahinter war, dass Verstappen in der Hitze am Ende die besseren Reifen haben würde. Aber das allein reichte für den Red Bull in Ungarn nicht, wie der Kampf mit Lewis Hamilton bewies.

Verstappen beschwerte sich zu Recht über die schlechte Strategie. Tatsächlich wäre das Rennen auch für McLaren vorn enger geworden, wenn man für Verstappen die gleiche Strategie wie Norris gewählt hätte. Damit hätte man McLaren massiv unter Druck gesetzt und McLaren dazu gezwungen, sich für einen Fahrer zu entscheiden. So blieb Verstappen tatsächlich nichts anderes übrig, als die Fehler auf der Strecke auszubügeln. Dass er am Ende von Startplatz 3 nur auf P5 endete, ist ein deutliches Ergebnis eines verkorksten Rennens.

Das Rennen zeigte aber auch mal wieder die eher unangenehme Seite von Verstappen. Sobald er unter Druck ist, sobald er nicht an der Spitze ungestört fahren kann, packt er wieder seine robuste Fahrweise aus. Das versuchte Überholmanöver gegen Hamilton in den letzten Runden zeigte das deutlich. Erst machte einen Fehler, in dem er mit einer Dive-Bomb innen reinstach in der Hoffnung, dass Hamilton schon Platz machen würde, dann beschwerte er sich, dass Hamilton an der Kollision schuld war. Auch seine Tirade gegen das Team nach dem Rennen war wieder deutlich. Sicherlich hat er zumindest bei der Strategie recht, aber auf der anderen Seite zeigt es, dass Verstappen nur dann ein Teamplayer ist, wenn er gewinnt.

Das Rennen war nicht sonderlich spannend, wenn sich nach dem zweiten Stopp nicht fast ein internes McLaren-Drama entwickelt hätte. Piastri hatte den Start gegen Pole-Sitter Norris gewonnen und das Rennen auch bis zum zweiten Stopp dominiert. Doch dann entschloss sich McLaren zuerst Norris an die Box zu holen, der nur 1,5 Sekunden hinter seinem Teamkollegen lag. Hintergrund war, dass man eine Gefahr durch Lewis Hamilton sah, der schon in Runde 42 auf die harten Reifen gewechselt hatte. Man wollte P2 absichern und holte deswegen Norris zuerst in Runden 46 rein. Das bedeutete aber, dass Norris nach dem Stopp von Piastri in Runde 48 klar vor dem Australier lag.

McLaren bringt sich in Schwierigkeiten

Und so öffnete sich der Vorhang für ein Theaterstück für die letzten 20 Runden. McLaren funkte an Norris direkt, dass er nach dem Stopp vor Piastri liegen würde, das Team aber die Rangfolge vor dem zweiten Stopp wiederherstellen wollte. Norris schien damit nicht ganz so einverstanden zu sein. Bis vier Runden vor Schluss redeten verschiedene McLaren Manager auf Norris ein, beschworen den Teamgeist und die Zusammenarbeit. Norris sagte nicht, dass er Piastri nicht vorbeilassen würde, meinte aber süffisant nur, dass der Teamkollege, der gerade 4 Sekunden hinter ihm lag, halt aufholen sollte. Für einen Moment sah es so aus, als ob der Brite sich nicht um die Teamorder scheren würde.

Am Ende fügte er sich doch, was eine gute Entscheidung war. Es wäre ein Phyrrus-Sieg für ihn gewesen, wenn er sich gegen die Teamorder gestellt hätte. Man kann argumentieren, dass Senna, Schumacher, Alonso, Hamilton und Vettel hier oft auch egoistisch gehandelt haben. Aber ich habe diese Verhaltensweise schon immer als falsch empfunden. Eine sportliche Haltung bedeutet auch, dass man sein eigenes Ego hintenan stellt und für das Team arbeitet. Norris meinte nach dem Rennen, dass er sich in die Position von Piastri versetzt habe. Was zeigt, dass Norris ein fairer Sportmann ist. Eine in der heutigen Zeit leider seltener Charakterzug, der meiner Meinung nach aber unbedingt zum Sport gehört.

Oft wird in solchen Momenten auf frühere Zeiten, besonders auf das Jahr 1956 verwiesen, als Peter Collins im letzten Rennen in Monza mit Juan-Manuel Fangio um den WM-Titel kämpfte. Fangio kam an die Box, doch sein Ferrari war defekt. Collins kam eine Runde später, sah das Drama und bot Fangio sein Auto an (das ging damals). Damit gewann Fangio seinen fünften Titel. Nach dem Rennen meinte Collins „I would not have been proud of beating him through his bad luck. I am only 25 years old and have plenty of time to win the championship on my own.“

Das mag man als „dumm“ bezeichnen und heute würde das niemand mehr machen. Aber ein wenig von diesem Geist sollte schon noch in jedem Sportler stecken, auch in der Formel Eins. Man muss nicht Respekt vor dem Fahrer haben, aber vor dem Team. Denn das Rennen gewinnt man heutzutage noch weniger allein, als vor 70 Jahren.

Allerdings hat McLaren sich das Problem auch selbst geschafft. Man hätte Norris niemals zuerst stoppen sollen, zumal Hamilton keine Gefahr darstellte. An dem Fehler sieht man, dass McLaren bisher nicht das Selbstbewusstsein hat, dass man an der Spitze haben muss. Es fehlt auch die Feinabstimmung. Man hätte die beiden Fahrer nicht in die Position bringen dürfen. Ein weiteres Argument wäre auch, dass man Norris hätte gewinnen lassen müssen, um den Abstand zu Verstappen in der WM zu verkleinern. Wenn McLaren weiter so stark unterwegs ist, kann es nämlich zum Ende der Saison noch eng werden. Da man P1 und P2 und damit die Punkte in der Team-WM behalten hätte, wäre die klügste Entscheidung gewesen, Norris vorn zu lassen. Aber offenbar hatte man intern schon vor dem Rennen anders entschieden. Dass man im Rennen diese Entscheidung nicht umgestoßen hat, spricht auch für das Team.

Mercedes war an diesem Wochenende nicht so stark wie in Silverstone, aber das war auch zu erwarten gewesen. Das Chassis ist nicht gut auf den langsamen Kursen und auf heißem Asphalt auch nicht. Der Abstand in der Quali (-0,627 Sek) zu McLaren und Red Bull war schon beachtlich. Dass Sainz ebenfalls vor Hamilton stand, zeigte die Probleme. Dafür lief es im Rennen etwas besser. Mercedes entschied sich für frühe Stopps in Runde 17 und 42, um den Undercut auszunutzen. Das funktionierte auch gegen Verstappen hervorragend und Hamilton schaffte es am Ende des Rennens sich gegen einen drängelnden Verstappen zu wehren, um P3 zu holen. Am Ende fehlten Mercedes im Rennen 14 Sekunden auf den Rennsieger. Der Abstand war am Ende geringer, als man nach der Quali erwarten konnte. Also durchaus ein Schritt nach vorn für Mercedes.

Ferrari war dagegen in Ungarn deutlich schwächer unterwegs, als ich erwartet hatte. Die Schwächephase der Italiener hält weiter an und es ist ein wenig verwunderlich, warum man die Probleme nicht in den Griff bekommt. Beide Autos hatten keine Probleme, weder mit den Reifen noch mit Technik. Was zeigt, dass einfach nicht mehr drin war. P4 und P6 ist kein schlechtes Ergebnis, aber 20, bzw. 24 Sekunden Rückstand sind für Ferrari schon arg viel auf einer Strecke, auf der man eigentlich stark sein sollte. Spa dürfte nicht besser laufen.

Das erstaunliche ist, dass Ferrari der eigenen Form hinterherläuft und gegenüber McLaren und Mercedes im Moment verliert. Aber da ist man im Moment ja in keiner schlechten Gesellschaft, wenn man sich Red Bull anschaut. Dennoch liegt man unter dem Niveau der Rennen vor Monaco. Doch die Saison ist noch lang und man hat gesehen, dass es schnell Verschiebungen in der Rangfolge geben kann.

Red Bull sollte Perez behalten

Auf P6 und P7 trudelten die Verlierer der Qualifikation ein. Sergio Perez hatte seinen Wagen in Q1 zerlegt, Russell konnte das Auto nicht in Q2 bringen. Beide retteten sich mit zwei soliden Rennen und einem langen ersten Stint in die Punkte. Bei Russell war der Fehler ungewöhnlich, bei Perez leider nicht. Red Bull spricht offen darüber, den Mexikaner zu ersetzen.

Ich bin mir aber nicht so sicher, dass das die beste Idee wäre. Die Situation für Red Bull ist schwierig, aber das ist man auch selbst schuld. Statt zwei gleichwertige Fahrer zu nehmen, setzt man seit Jahren auf eine klare Nummer 1. Das funktioniert in einem so engen Feld aber nicht mehr. Die Spitzenteams sind alle gleichwertig besetzt: McLaren, Ferrari und Mercedes. Nur Red Bull leistet sich den Luxus eines Fahrers, der seit Jahren drei bis vier Zehntel langsamer ist als der Teamkollege.

Es wäre an der Zeit, dass man auch bei Red Bull einen zweiten Top-Piloten einsetzt. Angesichts der Marktlage kommt da nur Carlos Sainz infrage. Doch den bekommt man erst ab 2025. Was macht man in der Zwischenzeit? Lawson ins Auto zu setzen, um ihn dann entweder herauszunehmen oder in RB zu verfrachten, ist auch keine saubere Lösung. Am besten wäre es, wenn Red Bull die Saison mit Perez beendet und ab 2025 dann halt Sainz ins Auto setzt. Lawson kann dann entweder Tsunoda oder Ricciardo ersetzen. Tsunoda empfahl sich in Ungarn allerdings mit einem guten Rennen und einem neunten Platz.

Aston Martin sah zumindest in der Qualifikation etwas besser aus (P7 Alonso, P8 Stroll). Doch dann entschied man sich auf den Soft zu starten, was von Anfang an eine Fehlentscheidung war. Da man deswegen früher reinmusste, fiel man weit ins Hinterfeld zurück, was sehr viel Zeit kostete. Zwar kämpfte man sich wieder an die Punkte ran, aber der Schaden war angerichtet. Zudem war der Aston auch auf den Medium nicht in der Lage, das Tempo der Top 4 zu gehen. Aber immerhin gab es ein wenig Licht am Ende des Tunnels.

Der Rest hatte mit dem Ausgang des Rennens nichts zu tun. Die Strecke lag dem Haas nicht, sodass man ausnahmsweise mal keine Punkte holte. Auch Williams war überraschend schwach. Alpine und Sauber waren die Schlusslichter. Nächste Woche geht es in Spa weiter, bevor es in die vierwöchige Sommerpause geht.

Bilder: Pirelli

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