Die Meldung der Woche kommt von Audi. Die haben die Führung des Sauber Teams entlassen.
Es läuft nicht bei Sauber/Audi. Das Team belegt regelmäßig die hinteren Plätze und hat in diesem Jahr als einziges Team noch keinen einzigen Punkt geholt. Dabei plant man ab 2026 sofort die führenden Teams anzugreifen. Zumindest ist das der Plan laut des bisherigen Sauber CEO Andreas Seidl. Doch wenn man sich den Abstand nach vorn anschaut, kann schon skeptisch werden. Sicher, McLaren ist im letzten Jahr ein dramatischer Umschwung gelungen. Aber interessanterweise auch erst, nachdem Seidl und der Chef-Designer James Key das Team verlassen hatten. Key ist (bis jetzt) bei Sauber für das Chassis zuständig.
Diverse Medien berichteten, dass interne Querelen zwischen Seidl und Oliver Hoffmann (verantwortlich für das F1 Projekt seitens Audi) das Team gelähmt hätten. Wenn man sich in einem Machtkampf gegenseitig blockiert, hilft das dem Team sicher nicht. Audi hat nun beide entlassen und stattdessen den ehemaligen Ferrari-Mann Mattia Binotto engagiert. Eine interessante Wahl, denn Binottos Zeit als Teamchef bei Ferrari war jetzt nicht gerade super erfolgreich. Aber welche Wahl hatte man? Auf dem Markt wären ansonsten nur Otmar Sfnazauer und Günter Steiner. Beides nicht unbedingt Kandidaten für ein Werksteam. Binotto bringt zumindest ein hohes technisches Verständnis mit und er weiß, wie man ein Team zumindest in die Nähe der Spitze führt.
Die Maßnahme ist schon erstaunlich. Zum einen, dass man anderthalb Jahre vor dem offiziellen Einstieg bei Sauber die Notbremse gezogen hat. 18 Monate sind nicht gerade viel Zeit, um einen Laden auf Vordermann zu bringen. Zum anderen wird man Binotto nicht mit einem einfachen Telefonanruf bekommen haben. Da wird man wochenlang verhandelt haben, was zeigt, dass Audi schon seit einiger Zeit extrem unzufrieden mit dem Team war. Was nachvollziehbar ist, angesichts der Ergebnisse.
Binotto hat jetzt die undankbare und schwere Arbeit, Sauber technisch wie mental auf Vordermann zu bringen. Das vermutlich auch im mittleren Management in zwei Lager gespaltene Team muss geeint und auf Linie gebracht werden. Ich gehe davon aus, dass Binotto nach kurzer Zeit einige Ferrari-Leute folgen werden. Pikanterweise hat Binotto ja durch Sauber wieder einen direkten Kontakt zu Ferrari, da die ja den Motor aus Maranello (den Binotto mit entworfen hat) nutzen. Ob Binotto auch als Teamchef an der Strecke agieren wird, ist noch nicht bekannt, aber ich gehe mal davon aus.
Auch bei Alpine gibt es Neuigkeiten. Dort ist es mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass Renault die Entwicklung und Bau eines eigenen Motors einstellen will. Stattdessen soll der Mercedes-Motor den Alpine antreiben. Was für eine Bankrott-Erklärung der Franzosen. Die miserable Leistung des Teams in den letzten Jahren scheint auch mit internen Problemen zusammenzuhängen. Alain Prost kritisierte die Führung von Renault schon im letzten Jahr massiv. Der im letzten Sommer entlassene Otmar Snafzauer tat das ebenfalls. Sicher ist, dass etwas hinten und vorn bei Renault/Alpine nicht passt.
Dazu passt, dass Renault-Chef Luca de Meo, der schon bei Volkswagen für seine extreme Sparpolitik bekannt war, ausgerechnet Flavio Briatore faktisch mit der Führung des Teams betreut hat. Briatore, auch nicht gerade bekannt für seine warmherzige Menschenführung, soll Alpine wieder auf Erfolgskurs bringen und gleichzeitig Geld sparen. Daher der Wechsel zu den Mercedes-Motoren, der vermutlich rund 80 Millionen pro Jahr spart.
Alpine will dann, wie Haas und RB, einen kompletten Deal haben. Alles, was die FIA erlaubt, soll von Mercedes kommen, Alpine bastelt dann den Rest in Enstone zusammen. Ein Witz für ein „Werksteam“. Und es wird dringend Zeit, dass die FIA die Zahl der erlaubten Teile radikal reduziert. Motor und Getriebe – ok. Alles andere muss von einem Formel Eins Team selbst kommen. Wenn die F1 nur noch drei, vier Top Teams besteht und der Rest des Feldes seine Autos ohne eigene Entwicklung zusammenkauft, ist das keine Formel Eins mehr, sondern nur ein Franchise-Unternehmen von Mercedes, Ferrari und Red Bull. Das braucht nun wirklich keiner.
Es wäre besser, wenn Renault den Laden einfach verkauft. Interessenten dürfte es genug geben (General Motors, Hyundai). Damit hätte man dann wieder einen Hersteller, der sich wirklich für die Formel Eins interessiert und sie nicht als reine Einnahmequelle sieht. Was Renault betriebt, hat nichts mit Motorsport in der Königsklasse zu tun.
Genug geschimpft – am Wochenende steht das Rennen in Spa auf dem Programm und das ist ja immer etwas Besonderes. Die legendäre Strecke sorgt in der F1 zwar nicht immer für spektakuläre Rennen, aber gelegentlich gibt es schon einen Kracher. Vor allem, wenn das Wetter abwechslungsreich ist. Was man Wochenende durchaus der Fall sein könnte.
Nach dem Doppelsieg der McLaren in Ungarn und der allgemein guten Leistung der McLaren in den letzten Rennen, muss man das Traditionsteam aus Woking durchaus als Favoriten sehen. Allerdings sahen die McLaren in Silverstone nicht ganz so gut aus. Spa ist durchaus eine Strecke, die in Sachen Abtriebssetup Silverstone teilweise ähnlich ist, auch wenn man in Spa etwas mehr Flügel fährt. McLaren hat immer noch ein leichtes Manko beim Topspeed, vor allem mit DRS.
Bei Red Bull wird man gespannt sein, wie sich die vielen Änderungen am Chassis in den letzten Wochen auf einer Strecke niederschlagen, die man in den letzten Jahren eigentlich dominiert hat. Es ist aber schon interessant zu beobachten, dass Red Bull bei der Weiterentwicklung etwas die Richtung verloren hat. Dass man einen Vorsprung von rund 0,5 Sekunden innerhalb weniger Wochen verliert, ist an der Spitze schon erstaunlich. Die Menge an unterschiedlichen Updates, die man am Red Bull allein seit dem Rennen in Monaco gesehen hat, allerdings auch. Das spricht nicht gerade dafür, dass man sich darüber im Klaren ist, in welche Richtung man das Auto treiben soll.
Mercedes erwarte ich sehr stark in Spa. Mindestens auf dem Niveau von Red Bull, wenn nicht etwas darüber. Das Rennen in Silverstone zeigte, dass die Mercedes auf bestimmten Strecken und in bestimmten Wetterbedingungen die Spitze übernehmen können. Dass das Auto in Ungarn schlechter war, hatte man erwartet, aber der dritte Platz von Hamilton war ein für Mercedes dann doch gutes Ergebnis auf einer Strecke, die ihnen nicht so liegt. Spa ist ein anderes Kaliber, vor allem wenn es, wie für das Wochenende prognostiziert, recht wechselhaft sein sollte.
Bleibt aus der Spitzengruppe Ferrari, die seit einigen Wochen in einer leichten Krise stecken. Es geht nicht voran mit der Entwicklung, was schon ein wenig erstaunlich ist. Vasseur scheint die gleichen Probleme zu haben, die Binotto seiner Zeit hatte. Man bekommt ein gutes Grundkonzept hin, aber übers Jahr passt die Weiterentwicklung nicht. Sicher, die Abstände vorn sind extrem eng und zwei Zehntel können schon ganz andere Ergebnisse bringen. Aber genau diese Zeit findet Ferrari eben nicht und man hat das Gefühl, dass man auf der Stelle tritt. Ich glaube auch nicht, dass das in Spa anders sein wird.
Der Rest:
Haas erwarte ich relativ weit vorn, weil die auf den langen Geraden ein gutes Auto haben und man die Probleme mit dem Reifenverschleiß in den Griff bekommen haben. Haas hat das schlecht gehütete Geheimnis nun auch gelüftet, dass man Esteban Ocon verpflichtet hat. Ocon kann sehr gute Tage haben, keine Frage. Ihn mit Bearman zusammenzustecken dürfte zumindest für den Moment die Probleme beiseiteschieben, die Ocon gerne mit gleichwertigen Teamkollegen hat. Ich war ja nie ein Fan von Ocon und halte ihn für etwas überbewertet. Dass Williams auf seine Mitarbeit lieber verzichtet hat, ist dann auch so ein Hinweis.
Williams selbst hält weiterhin nach einem zweiten Fahrer Ausschau. Wobei sich Sargeant durchaus weiterentwickelt hat. Aber Williams braucht dringend einen Fahrer, der zumindest auf dem gleichen Niveau von Albon ist, wenn man regelmäßig in die Punkte will. James Vowles hätte gerne Carlos Sainz, aber wird jetzt wohl eher zu Audi gehen, nachdem Binotto (der ihn zu Ferrari geholt hat) da arbeitet. Für Williams bleiben jetzt noch die Optionen: Magnussen (unwahrscheinlich), Bottas (sehr wahrscheinlich wenn Sainz zu Audi wechsel) oder Mick Schumacher.
Der Deutsche ist aber bei Alpine im Gespräch und hat (ausgerechnet) mit Flavio Briatore auch einen Fürsprecher. Schumacher hat bei den internen Testfahrten wohl Doohan klar geschlagen und gilt als aussichtsreicher Kandidat für das Cockpit neben Pierre Gasly. Aus deutscher Sicht wäre es natürlich schön, wenn Schumacher noch mal eine Chance bekommen würde.
Strategie:
C2, C3 und C4 gibt es in diesem Jahr. Allerdings wurde die Strecke in Spa auch zu einem erheblichen Teil neu asphaltiert. Was bei den bisherigen Rennen gut ankam. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der neue Belag zu einer deutlichen Reduzierung der Rundenzeiten und einer deutlichen Erhöhung des Grip-Niveaus auf den erneuerten Asphaltabschnitten führen wird. Die GT3 waren in ihrem Rennen rund drei Sekunden schneller als noch vor einem Jahr. Der Zeitgewinn dürfte auch was mit der Weiterentwicklung bei den GT3 zu tun haben und ganz so große Schritte wird in der F1 nicht geben, aber schnellere Rundenzeiten wird man schon sehen. Was auch bedeutet, dass der Reifenverschleiß etwas ansteigen wird.
Die Strecke weist alle Arten von Kurven auf, die durch sehr schnelle Abschnitte miteinander verbunden sind. Deshalb ist es für die Teams schwierig, den idealen aerodynamischen Kompromiss zu finden. Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, dass Autos im schnellsten ersten und dritten Sektor sehr stark sind, im zweiten, langsameren Sektor aber Probleme haben oder umgekehrt. Normalerweise ist der Verschleiß auf dieser Strecke vor allem thermischer Natur, aber die neue Oberfläche könnte in diesem Bereich ein entscheidender Faktor sein, da sie den Reifen mehr Grip bietet.
Und zum Schluss: Wie kann man über ein Rennwochenende in Spa-Francorchamps sprechen, ohne das Wetter zu berücksichtigen? Da die Runde so lang ist, kann der kleinste Fehler bei der Einschätzung des richtigen Moments für den Wechsel von Trocken- auf Nassreifen oder umgekehrt im Rennen und erst recht im Qualifying schwere Strafen nach sich ziehen.
Am Sonntagnachmittag fuhren alle Fahrer Slicks, wobei die große Mehrheit (13) die mittlere Mischung bevorzugte, während sieben sich für die weiche Mischung entschieden. Nur Norris fuhr etwa ein Dutzend Runden lang einen Satz harter Reifen. Von den Fahrern, die das Rennen beendeten, legten die meisten zwei Stopps ein. Die Ausnahmen waren Russell, Stroll und Gasly, die die 44 Runden fast gleichmäßig aufteilten: Der Mercedes-Fahrer fuhr im ersten Stint 22 Runden auf den Medium-Reifen, bevor er auf Softs wechselte, während Stroll 20 Runden auf dem C3 und dann 24 Runden auf dem C4 fuhr. Der Alpine-Fahrer fuhr seine ersten 23 Runden auf den Softs, bevor er auf die Medium-Mischung wechselte. Der Engländer und der Kanadier schafften es, auf den Plätzen sechs und neun in die Punkteränge zu kommen.
Bilder: Pirelli, Audi