Das Carlos Sainz sich für das Williams Team entschieden hat, ist sicher eine Überraschung für alle. Außer für James Vowles.
1997 war es das letzte Mal, als ein Fahrer von einem Weltmeister-Team zu einem Hinterbänkler wechselte. Frank Williams hatte Damon Hill schon Mitte des Jahres 1996 mitgeteilt, dass man ihn nicht mehr benötigen würde. Man hatte Jacques Villeneuve und Heinz-Harald Frentzen schon unter Vertrag. Hill bedankte sich mit einem WM-Titel und wechselte zu Arrows. Dort hatte Tom Walkinshaw das Zepter übernommen und mächtig Geld investiert. Zusätzlich zu den Werksmotoren von Yamaha hatte man Star-Designer John Barnard engagiert. Erfolgreich war das aber für Hill nicht, das Auto war nicht schlecht, aber die Motoren verbrannten schneller, als Yamaha sie bauen konnten.
Fast forward 2024. GP-Sieger Carlos Sainz fliegt bei Ferrari raus. Er hat die Wahl zwischen Alpine, Audi und Williams. Zwei Werksteams gegen ein seit Jahren dahinsiechendes Team im Hinterfeld. Hatte Hill damals wenig Auswahlmöglichkeiten, konnte sich Sainz sein Team wenigstens teilweise aussuchen. Dass er sich für Williams entschieden hat, ist eine kleine Überraschung.
Die Entscheidung zeigt drei Dinge:
1. Er hat kein Vertrauen in das Projekt von Audi, auch nicht, nachdem dort nun Mattia Binotto die Verantwortung hat.
2. Er hat kein Vertrauen in Alpine, was angesichts der politischen Turbulenzen im Team sehr nachvollziehbar ist.
3. James Vowles und Williams müssen einen sehr imposanten Masterplan haben. Einen, der ihn mehr an Williams, als an Audi glauben lässt.
Vowles sagt seit dem letzten Jahr, dass Williams ein Langzeitprojekt ist, dass erst ab 2026 oder 2027 überhaupt in Schwung kommen wird. Dahinter steht auch die Inhaber, Dorilton, deren Family Office das Team finanziert. Wer wiederum hinter dem Family Office steckt, also, wer das Geld gibt, ist allerdings weiterhin völlig unklar. Aber offenbar gibt es genug Geld, um das Team von Grund auf neu aufzubauen.
Der Teamchef ist das Gehirn des Umbaus, auch wenn er sich mit Pat Fry und Bob Bell zwei alte Hasen aus dem Geschäft zu Williams geholt hat. Aber er trägt die Verantwortung, er wird den Geldgebern den Plan präsentiert haben, wie man Williams wieder an die Spitze bekommt. Erfahrung für ein solches Unternehmen hat er genug. Er war bei Honda, er war bei Brawn und dann lange der faktische Stellvertreter von Toto Wolff bei Mercedes. Er hat von ihm genauso gelernt, wie von Ross Brawn. Er weiß, was er macht.
Dass Carlos Sainz sich für Williams entschieden hat, scheint anzudeuten, dass sehr viel Substanz in diesem Plan steckt. Sainz ist mittlerweile auch schon 29 Jahre alt und er weiß, dass er nach seinem Abgang bei Ferrari einige Jahre keine Rennen gewinnen wird. Weder bei Alpine, noch bei Audi und auch nicht bei Williams. Aber er scheint zu glauben, dass seine Chancen auf ein Podium bei Williams am größten sind.
Was genau Vowles vorhat, wissen wir nicht. Man vermutet, dass er an Adrian Newey dran ist, der aber vermutlich mehr Interesse an Aston Martin oder Ferrari hat. Aber die Verpflichtung von Sainz zeigt, dass die Pläne von Williams groß sind und dass genug dafür vorhanden ist.
Sainz ins Team zu bekommen, war das erste Meisterstück von James Vowles. Es sendet ein Signal, vor allem an mögliche Sponsoren. Wenn das Team rund Carlos Sainz, die das Business alle in- und auswendig kennen, sich für Williams entscheidet, dann muss hinter den großen Plänen auch viel Substanz stecken. Mehr Sponsoren bedeuten aber auch, dass mehr Geld in den Um- und Ausbau des Teams gesteckt werden kann.
Der Spanier ist für das Team natürlich enorm wichtig. Er bringt aktuelle Entwicklungen, Strategien und Ideen von Ferrari mit. Er ist bekanntermaßen sehr schnell, auch wenn seine Umsetzung im Rennen schon mal schwächer ist. Somit ist er aber auf jeden Fall auch ein guter Maßstab für Alex Albon.
Die großen Verlierer im Moment sind Audi und Alpine. Ich glaube nicht, dass Alpine sich ernsthaft Hoffnungen auf Sainz gemacht hatte. Das zweite Cockpit wird man vermutlich nun entweder mit Jack Doohan oder Mick Schumacher besetzt. Wobei die Chancen für Schumacher gar nicht so schlecht stehen, hat er doch bei den Aussscheidungsfahrten Doohan wohl sehr deutlich hinter sich gelassen. Die Daten waren wohl so gut, dass sie auch von Audi angefragt wurden.
Die Deutschen haben sich mit Nico Hülkenberg schon mal einen sehr guten Fahrer gesichert. Man könnte Valtteri Bottas im Team halten, der weiterhin einen guten Job macht. Man weiß, dass der Finne auf eine Runde sehr schnell ist, es hapert allerdings bei der Rennpace. Alternativen hat Audi nicht viel. Mick Schumacher wäre vielleicht eine Variante, aber da bin ich sehr skeptisch. Vermutlich wird man Bottas halten und schauen, wie sich der Markt 2025 entwickelt.
Foto: Martin Lee https://www.flickr.com/photos/kartingnord/49720286918/
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