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GT World Challenge Europe Endurance Cup: Analyse Nürburgring

von Nils Otterbein
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Die deutsche Woche wird mit dem traditionellen Endurance-Lauf am Nürburgring abgeschlossen. Das Rennen war zugegebenermaßen kein absolutes Highlight, bot aber einige Überraschungen und Kontroversen im Rennverlauf, was einen möglichen Überraschungsmeister erwarten lässt.

50 Autos gingen in den dritten Endurance-Lauf nach den 24 Stunden von Spa. Dabei fiel ein besonderer Gaststarter mit Frikadelli Racing auf: Das Team aus Barweiler ersetzte den in Spa verunfallten Ferrari von Rindaldi Racing, der noch nicht fertig aufgebaut werden konnte. Teamchef Klaus Abbelen hat nicht ausgeschlossen, im nächsten Jahr den kompletten Endurance-Cup zu fahren. Dies sollte den Verantwortlichen der NLS zu denken geben, da das Team am Nürburgring nur noch die 24 Stunden Qualifiers und das 24 Stunden Rennen selbst in diesem Jahr gefahren ist.

Qualifying

Die Qualifikation ging mit 13 Grad, feuchten Stellen und Hochnebel bei typischen morgendlichen Bedingungen am Nürburgring über die Bühne. Bereits in Q1 war der Effekt zu sehen, dass die Porsche nach dem eher enttäuschenden Auftritt aus Spa 15 Kilogramm ausladen durften. Der Rutronik Porsche mit Julien Andlauer, Sven Müller und Patric Niederhauser führte die Durchschnittszeiten aller Qualifikationssegmente an sicherte sich nach einer eher glücklosen Saison die Pole. Dahinter landete der Porsche von Schumacher CLRT Racing. Die zweite Reihe erreichten der Grasser Lamborghini und die Mamba von Winward Racing, die eine starke „deutsche Woche“ mit dem Sprint-Wochenende in Hockenheim fuhren. Die große Enttäuschung war der AF Corse Ferrari #51, der durch ein unsafe release an der Box mit dem WRT BMW #46 von Valentino Rossi kollidierte. In den Zwischenfall waren auch die Spa-Sieger von Comtoyou Racing beteiligt. Das bedeutete für den Ferrari keine Zeit in Q3 und damit ein hoffnungsloser Platz 48 fürs Rennen. Der WRT BMW kam immerhin noch auf Platz 24. Die Top 14 waren übrigens nur Pro-Autos.

Rennen (Stint 1)

Bereits in der Einführungsrunde zeichnete sich der chaotische Start ab. Der Herberth Porsche mit Ralf Bohn stand neben der Strecke und schied aus, während einer der Comtoyou Aston Martin mit Qualm aus dem Radkasten an die Box kam, was zu einer weiteren Einführungsrunde führte. Aus einer Onboard des Sky-Ferrari war nicht genau zu sehen, was passiert war. Offenbar gab es einen klassischen Auffahrunfall mit Ziehharmonika-Effekt. Der Start als solcher war mindestens genauso chaotisch. David Vidales im AF Corse Ferrari aus der dritten Reihe bremste vehement in die Haarnadel und fuhr dem erstplatzierten Rutronik Porsche voll in die Seite, was das Aus für den Polesetter bedeutete. Separat gab es weiter hinten einen Zwischenfall an gleicher Stelle, in den ein Garage59 McLaren und der WRT BMW von Valentino Rossi beteiligt waren. Selbst im anschließenden „Haug-Haken“ kollidierten u.a. einer der Getspeed Mercedes und der Rowe BMW #998. Wie durch ein Wunder gab es kein Safety-Car, wobei es im weiteren, eher ruhigen Rennverlauf, auch bleiben sollte.

An der Spitze befand sich nun der Grasser Lamborghini von Jordan Pepper, gefolgt vom Winward Mercedes von Lucas Auer, was uns lange beschäftigen sollte. Dahinter waren Güven im Schumacher CLRT Porsche und David Vidales, der am Ende des ersten Stints noch eine Durchfahrtsstrafe für die Startaktion bekam. Trotz des Startchaos waren es immer noch ausschließlich Pro-Autos in den Top13. Kleiner Funfact, um das Chaos des Starts zu verdeutlichen: Alessio Rovera in der #51, die vom vorletzten Platz startete, befand sich bereits um den 20. Platz nach den Startrunden.

Pepper und Auer setzten sich vom Feld ab und sollten über den Stint ein enges Duell um den Sieg führen. Ansonsten bildete sich eher ein statisches Rennen, da das Feld durch die Kollisionen am Start weit auseinandergezogen wurde. Der Reigen der Boxenstopps wurde anschließend vom WRT BMW #32 und dem Rowe BMW #98 eröffnet. Nachdem die besten Drei nun von Mapelli, Engel und Boccolacci pilotiert wurden und es keine Veränderungen gab, kam der Rowe BMW von Phillip Eng weit nach vorne. Dieser kam durch den Undercut am Comtoyou Aston Martin von Mattia Drudi und dem Attempto Audi von Christopher Haase vorbei.

 

Rennen (Stint 2)

Während des Stints wurde eine 15-sekündige Zeitstrafe für den besagten Rowe BMW verkündet, da dieser die Mindesttankzeit unterschritten hat. An der Gesamtspitze ging das Duell zwischen Grasser und Winward, nun mit Mapelli gegen Engel unvermittelt weiter. Sowohl Lucas Auer, als auch Maro Engel dürften Albträume von der Heckschürze des Lamborghinis bekommen haben, da sie einfach nicht vorbeikamen. Selten hat man so ein „totes“ Rennen gesehen, bei dem selbst Boxenstopps so wenige Änderungen brachten.

Die interessanteren Zweikämpfe gab es am Ende der besten Zehn, worauf sich die Regie im Rennverlauf konzentrierte. Hier bildete sich ein größeres Kampfpaket um Tomas Drouet im Boutsen VDS Mercedes, Andrea Caldarelli im Iron Lynx Lamborghini und Sheldon Van der Linde im WRT BMW. Das Rennen hat gezeigt, wie schwierig das Überholen auf der langen GP-Variante des Nürburgrings tatsächlich ist. Einige hätten sich wohl die Kurzanbindung gewünscht, die eine perfekte Überholstelle zum Ausbremsen bietet. Caldarelli verlor kurz vor Ende seines Stints die beiden Plätze gegen Van der Linde und David Pittard im Walkenhorst Aston Martin. An der Spitze brachte auch ein früherer Stopp des Lamborghinis keine Veränderungen und der gelbe Winward Mercedes musste auch den dritten Stint im Windschatten des Lamborghinis beginnen. Der Schumacher CLRT Porsche fuhr dahinter sicher seinem ersten Podest entgegen.

Rennen (Stint 3)

An der Spitze gab es nun die veränderte Konstellation, dass der Grasser Lamborghini von Frank Perera und der Winward Mercedes von David Morad pilotiert wurde. Wie erwartet, konnte Morad die Rundenzeiten von Auer und Engel nicht wiederholen, womit der erfahrene Lamborghini-Pilot leichtes Spiel hatte. Die Regie konzentrierte sich weitestgehend immer noch auf das Kampfpaket am Ende der Top Ten.

Alessandro Pier Guidi war nun bis auf den zehnten Platz nach vorne gekommen. Da darf man sich durchaus fragen, was ohne das Missgeschick im Qualifying gegangen wäre. Dieser ging mit einem beherzten Manöver am WRT BMW von Dries Vanthoor in der engen Haarnadel vorbei. Beim Konterversuch in der Mercedes-Arena zog sich Vanthoor selbstverschuldet einen gebrochenen Querlenker zu und schied aus. Für WRT war es damit erneut ein enttäuschendes Endurance-Wochenende.

Kurz vor Rennende gab es eine Änderung rund ums Podium: Nachdem David Morad den Anschluss an den Grasser Lamborghini verlor, ging auch noch Laurin Heinrich im Schumacher CLRT Porsche vorbei. An der Spitze konnte Grasser Racing den ersten Sieg seit 2017 in der World Challenge einfahren, damals noch unter der Bezeichnung „Blancpain GT Series“. Dazu muss erwähnt werden, dass das Team nicht immer mit Pro-Fahrzeugen am Start war und 2022 rein auf die DTM gesetzt hat. Dahinter kam der Attempto Audi auf dem vierten Rang ins Ziel.

Erstaunlich waren die Abstände, die ohne Safety-Car auf die Gesamtspitze entstanden sind. Der fünfplatzierte Rowe BMW mit Eng/Yelloly/Wittmann kam durch eine Zeitstrafe des Comtoyou Aston Martin von Thiim/Sörensen/Drudi noch auf den fünften Rang, hatte aber schon fast eine Minute Rückstand auf den siegreichen Lamborghini. Im Kampfpaket konnte sich am Ende der Boutsen VDS Mercedes von Maxi Götz für einen siebten Platz durchsetzen. Kaum zu glauben, dass der AF Corse Ferrari mit Pier Guidi/Rovera/Rigon noch auf die achte Position nach einem „nur“ dreistündigen Rennen ohne SC-Phase kam. Vor allem, wenn man den Kontrast zum WRT BMW #46 sieht, der nur als 18. ins Ziel kam.

In den einzelnen Klassen wollte ebenfalls nicht so richtig Spannung ins Rennen kommen. Der Silver-Cup sah einen souveränen Sieg des Boutsen VDS Mercedes mit Gezeau/Meyuhas/Panis, während Rutronik Racing im Bronze-Cup zumindest etwas zählbares mitnehmen konnte und die Klasse mindestens genauso klar gewann. Etwas enger ging es nur im Gold-Cup zu, in dem der Sainteloc Audi mit Magnus/Pla/Evrard recht knapp vor den beiden Mercedes von Getspeed und Haupt Racing gewinnen konnte, die beide ihr Heimspiel am Nürburgring hatten.

In der Meisterschaft führt nach dem Spa-Sieg und den wichtigen Punkten immer noch der Comtoyou Aston Martin. Ein Meisterschaftsgewinn im ersten Jahr des Vantage Evo wäre eine faustdicke Überraschung! Dahinter liegen die #99 von Attempto mit Aka/Haase/Feller und der siegreiche Grasser Lamborghini mit Pepper/Mapelli/Perera.

Der Endurance-Cup wird die Saison mit Monza im September und Ende November mit dem ersten Übersee-Lauf der Rennserie in Jeddah komplettieren. Das Finale in Saudi-Arabien wurde am letzten Wochenende nochmals bestätigt, nachdem immer wieder Zweifel gesät wurden. Allerdings sollte es ein vorerst einmaliges Experiment bleiben, da 2025 kein Übersee-Rennen mehr im Kalender ist. Mit 50 Autos oder mehr wird man dort jedenfalls nicht rechnen dürfen.

Der Sprint-Cup geht dann nach einer kurzen Sommerpause Ende August im Magny-Cours weiter.

Bildquellen: gt-world-challenge-europe.com (https://www.gt-world-challenge-europe.com/gallery_meeting?filter_season_id=24&filter_meeting_id=222)

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