Home TourenwagenBTCC BTCC: Croft 2024 – Ingram siegt nicht, führt aber in der Meisterschaft

BTCC: Croft 2024 – Ingram siegt nicht, führt aber in der Meisterschaft

von Sebastian Focks
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Bei den BTCC-Rennen in Croft holte sich zunächst „Mr. Croft“ Colin Turkington seinen sage und schreibe 15. Sieg auf dem malerischen Rundkurs am Rande des North York Moors National Park bevor Josh Cook dank geschickter Reifenwahl Saisonsieg Nummer zwei gelang und im dritten Lauf Tom Chilton einen überraschenden, aber wohl verdienten Außenseiter-Sieg einfuhr.

Wie schon die Rennen in Oulton Park wurden auch die Rennen in Croft stark vom für diese Saison überarbeiteten Reifenreglement bestimmt, nach dem zum einen der weiche Reifen bei den meisten Rennen nicht Optionsreifen, der in einem der drei Läufe gefahren werden darf, zum Einsatz kommt, sondern stattdessen den Standardreifen bildet. Stattdessen hat die ungünstigere, härtere Reifenmischung den Status als einmalig zu fahrender Optionsreifen. Folglich geht es also nicht mehr darum, genau zu timen, wann man den Vorteil des (weicheren) Optionsreifen nutzen möchte, sondern wann man den Nachteil des harten Reifens in Kauf nehmen will/muss.

Zum anderen greift obendrein die Regel, dass alle, die den ersten Lauf in den Top Ten abgeschlossen haben, im zweiten Lauf zwingend den harten Reifen nehmen müssen, beziehungsweise – um im Wortlaut des Reglements zu bleiben – die härteste zur Verfügung stehende Mischung. Das bedeutet letzten Endes nicht anderes, als dass alle, die die obligatorischen harten Reifen bereits im ersten Lauf verwendet und das Rennen zugleich möglichst weit vorne abgeschlossen haben, einen großen Vorteil gegenüber den Frontrunnern des ersten Laufs haben. Natürlich in der Annahme, dass diese den ersten Lauf auf den besseren weichen Reifen absolviert haben.

Und genauso gestaltete es sich dann in der Startaufstellung für den ersten Lauf: Pole Sitter Colin Turkington, der Zweitplatzierte Dan Cammish sowie Tom Ingram und Überraschungsmann Árón Taylor-Smith in der zweiten Startreihe setzen geschlossen auf den weichen Standardreifen, um ihre vielversprechende Ausgangslage nicht mit den härteren Reifen, die bis zu 1,5 Sekunden pro Runde langsamer waren, zu gefährden. Mit Rob Huff fand sich der erste, der mit den harten Reifen im ersten Lauf bereit war zu pokern, auf Startplatz fünf. Der folgende Ash Sutton setzte wiederum auf die Softs, was ansonsten nur noch Jake Hill nach enttäuschender Quali auf Startplatz elf tat (sowie der Letztplatzierte Nick Halstead, was für den Rest der Ereignisse aber irrelevant ist). Der Rest des Feldes startete auf den harten Reifen.

Dem ersten Lauf drückte dann Colin Turkington ganz klar seinen Stempel auf. Der BMW-Pilot, der mit bis dato 14 Erfolgen Rekordsieger auf dem Croft Circuit ist, legte einen nie ernsthaft gefährdeten Start-Ziel-Sieg hin und holte sich Croft-Sieg Nummer 15. Dahinter schaffte es Titel-Aspirant Tom Ingram den zweiten Platz von Lokalheld Dan Cammish nach einem Fehler des Ford-Piloten in den Jim Clark-Esses zu erobern. Cammish wiederum gelang es wenigstens Teamkollege Sutton, der sich rasch nach dem Start am hart bereiften Rob Huff und später auch an Vauxhall-Pilot Taylor-Smith vorbei gearbeitet hatte, hinter sich zu halten und den letzten Platz auf dem Podium zu belegen. Interessanterweise scheint das NAPA Racing-Duo also zumindest zum jetzigen Zeitpunkt in der Saison noch frei kämpfen zu dürfen und Sutton bekommt im Kampf um den Titel keine Punkte durch Stallorder geschenkt.

Vauxhall-Pilot Taylor-Smith belegte am Ende Gesamtrang fünf und holte sich zugleich einen weiteren Sieg in der Independent-Wertung. Dabei schaffte er es erfolgreich den deutlich schnelleren Jake Hill hinter sich zu halten. Der BMW-Pilot hatte sich mit seinen Soft-Reifen zuvor mühelos an der hart bereiften Konkurrenz vorbei arbeiten können. Bester Pilot auf den harten Reifen wurde am Ende Rob Huff, der gegenüber seiner Startposition nur zwei Plätze verloren hatte und für den zweiten Lauf nun in einer idealen Ausgangslage war. Teamkollege Josh Cook sowie Tom Chilton und Dan Rowbottom, der in der Qualifikation gleich zwei Mal seine Zeiten wegen Track Limits gestrichen bekam und entsprechend von weit hinten starten musste, belegten die restlichen Plätze in den Top Ten.

Der zweite Lauf wurde dann erwartungsgemäß von den Piloten dominiert, die die obligatorische harte Reifenmischung bereits gefahren hatten. Turkington, Ingram, Cammish, Sutton und Hill mussten dagegen dem Reglement entsprechen nun die harte Mischung aufziehen und es irgendwie durch das Rennen schaffen. Ungeachtet der von hinten drohenden Soft-bereiften Gefahr war es aber zunächst Tom Ingram, der den Ton in diesem Rennen angab. Der Hyundai-Pilot schnappte sich kurz nach dem Start Colin Turkington in Tower Bend und übernahm die Führung, während Sutton dahinter Platz drei von Teamkollege Cammish übernahm.

Turbulent wurde es dann in der dritten Runde als Sutton zu einer Attacke auf Turkington ansetzte und dabei mit dem BMW-Piloten aneinandergeriet. Turkington verlor in der Folge mehrere Positionen und im allgemeinen Durcheinander lag plötzlich der weich bereifte Rob Huff auf Platz drei, dem kurz danach die ebenfalls mit Soft-Reifen fahrenden Josh Cook und Dan Rowbottom folgten. Letzter war freundlicherweise ohne großen Widerstand von seinen Teamkollegen Cammish und Sutton vorbeigelassen worden.

Ingram, voll im Bewusstsein, dass Punkte gegenüber seinen engsten Titelrivalen Sutton und Hill wertvoller waren als ein Sieg, leistete der von hinten anrückenden Soft-bereiften Konkurrenz keine große Gegenwehr und so führte zur Rennhalbzeit Huff vor Cook und Rowbo. Der ehemalige Tourenwagenweltmeister hatte bei seiner Jagd auf einen möglichen Sieg die Rechnung aber ohne Teamkollege Josh Cook gemacht, der Huff fortlaufend unter Druck setzte und schließlich in der drittletzten Runde zu einer erfolgreichen Attacke ansetzen und die Führung übernehmen konnte.

Josh Cook holte sich somit in ähnlicher Manier, wie in Oulton Park, als er ebenfalls die harten Reifen im ersten Lauf fuhr und dann im zweiten auf den Softs gewann, seinen zweiten Saisonsieg. Rob Huff gelang es dahinter immerhin noch den zweiten Platz gegen den ihn stark unter Druck setzenden Dan Rowbottom zu verteidigen. Als bester der hart bereiften belegte Tom Ingram am Ende den sehr guten vierten Platz vor Meisterschaftsrivale Ash Sutton und Dan Cammish. Árón Taylor-Smith, Tom Chilton, der zurück gefallene Colin Turkington sowie Aiden Moffat komplettierten die Top Ten. Pechvogel dieses Laufs war derweil Jake Hill, der nach langem Kampf mit Tom Chilton etwas zu eng mit diesem aneinandergeriet und ausgangs Sunny Out Bekanntschaft mit der Streckenbegrenzung machte.

Dass es die neu überarbeiteten Reifen-Regeln nicht als Garant für Spektakel braucht, zeigte der dritte Lauf des Tages, bei dem fast das gesamte Feld geschlossen auf der weichen Reifenmischung startete –  natürlich mit der Einschränkung, dass es sich nun um den Lauf mit Reverse Grid handelte, was die Chance auf ein sehenswertes Rennen bekanntermaßen immer deutlich erhöht.

Die Pole Position ging an den achtplatzierten des zweiten Laufs, Tom Chilton, der diese sogleich auch in eine solide Führung umsetzte. Dahinter überrumpelte Dan Cammish den vom zweiten Platz gestarteten Árón Taylor-Smith, der im Laufe des Rennens nach zwei starken Resultaten in den ersten beiden Läufen leider noch viele weitere Plätze verlieren sollte. An der Spitze versuchte Cammish anschließend alles, um in Reichweite für eine Attacke auf den führenden Chilton zu kommen, um den Traum vom Heimsieg Wirklichkeit werden zu lassen, doch der Routinier, der auf über zwanzig Jahre Tourenwagen-Erfahrung zurückblicken kann, fuhr ein fehlerfreies Rennen und krönte einen Tag mit durchweg starken Ergebnissen mit einem wohl verdienten Sieg. Für Cammish blieb am Ende „nur“ der zweite Platz.

Ordentlich zur Sache ging es im Kampf um den dritten Platz zwischen Tom Ingram und Colin Turkington, der einen sehr guten Start hinlegte und sich rasch im Kampf um die Podiumsplätze wiederfand. Rundenlang folgte der BMW-Pilot dem vor ihm liegenden Hyundai und probierte schließlich eine Attacke ausgangs der schnellen Jim Clark Esses, die aber im Drama endete. Im darauffolgenden schnellen Rechtsknick von Barcroft kollidierten die beiden Kontrahenten und Turkington erwischte mit einem anschließenden Einschlag in die Reifenstapel ein deutlich schlechteres Ende als Ingram, der die Fahrt unversehrt fortsetzen und am Ende den dritten Platz einfahren konnte.

Knapp dahinter belegte Ash Sutton Platz vier, lag damit aber zum dritten Mal an diesem Wochenende hinter Kontrahent Ingram, was ihm weitere Punkte im Meisterschaftskampf kostete. Hinter Sutton belegte der von hinten gestartete Jake Hill nach einem starken Rennen Platz fünf vor der Podiumsbesetzung des zweiten Laufs, Rob Huff, Josh Cook und Dan Rowbottom. Adam Morgan und Ronan Pearson komplettierten die Top Ten und fanden an einem für beide eher frustrierenden Wochenende wenigstens noch einen halbwegs versöhnlichen Abschluss.

Mit Turkington, Cook und Cammish siegte in Croft also keiner der engeren Anwärter auf den Titel, aber Tom Ingram holte mit einem zweiten, einem vierten und einem dritten Platz die größte Punkteausbeute und belegte, wie bereits erwähnt, alle drei Läufe vor den Kontrahenten Hill und Sutton. Dementsprechend führt der Hyundai-Pilot die Meisterschaft nun nicht nur an, sondern kann sich auch über einen überaus komfortablen Vorsprung von 21 Punkten auf Hill und 29 auf Sutton freuen. Auf Meisterschaftsplatz vier liegt Dan Cammish mit einem Rückstand von 41 Punkten vor Josh Cook mit 61.

Die gesamten Resultate der drei Läufe aus Croft sowie der detaillierte Stand in der Meisterschaft können hier studiert werden.

Die nächsten BTCC-Rennen finden am kommenden Wochenende in Knockhill statt. Die Strecke etwa eine Autostunde nördlich von Edinburgh jenseits des Firth of Forth ist für viele nicht nur ein ausgemachtes Highlight im BTCC-Kalender, sondern bietet wahrscheinlich auch allerbeste Chancen, dass es weiterhin spannend im Meisterschaftskampf bleibt. Auf der kleinen Berg- und Talbahn fühlen sich bekanntlich Hecktriebler besonders wohl, was also vor allem Jake Hill Möglichkeiten bieten sollte, wieder etwas Boden auf Ingram gut zu machen.

Bilder: btcc.net

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