Tom Ingram hätte in Knockhill beinahe ein rabenschwarzes Wochenende erlebt. Ein wenig Glück und eine tolle Leistung im dritten Lauf retten dem Hyundai-Piloten dann aber hauchdünn die Führung in der Meisterschaft. Neben Ingrams ärgstem Titel-Rivalen Jake Hill gingen die drei Siege in Knockhill an Colin Turkington und Rob Huff.
Das Qualifying und der erste Lauf wurden – zumindest was die Spitze angeht – zunächst zu einem Spiegelbild der Renen in Croft. Colin Turkington fuhr erneut die Pole Position heraus. Der vierfache BTCC-Champion dürfte dabei nicht nur vom BMW-Heckantrieb, der auf dem Kurs in Schottland sehr vorteilhaft ist, profitiert haben, sondern auch davon, dass er kürzlich auf Meisterschaftsplatz sechs zurückgefallen ist. Dadurch standen ihm in der Quali einige Sekunden Hybrid-Zusatzpower pro Runde mehr zur Verfügung.
Denn wie sich zeigte, waren die extra PS in Knockhill sehr viel Wert. Die Führenden in der Meisterschaft, denen lediglich eine, drei bzw. fünf Sekunden pro Runde zur Verfügung standen, fanden sich nur auf den Startplätzen 15 (Ingram), 7 (Hill) und 12 (Sutton) wieder. Demgegenüber fanden sich auf den Startplätzen hinter Turkington mit Árón Taylor-Smith, Adam Morgan und Dan Rowbottom Fahrer, denen aufgrund ihrer Meisterschaftsplatzierung die volle Hybrid-Zusatzleistung zur Verfügung stand.
Während Turkington dann im ersten Lauf nichts anbrennen ließ und am Ende mit komfortablem Vorsprung von mehr als acht Sekunden gewann, kämpften dahinter fast das gesamte Rennen lang Taylor-Smith und Morgan um den zweiten Platz. Zu dem Duo gesellte sich alsbald auch noch Toyota-Pilot Josh Cook, der den in diesem Lauf Medium-bereiften Dan Rowbottom bereits beim Start hinter sich lassen konnte. Rowbottom pokerte auf einen Vorteil im zweiten Lauf, wenn er gegenüber der direkten Konkurrenz, weiche Reifen zur Verfügung haben würde.
Im Kampf um Platz zwei setze Morgan, der klar über das schnellere Auto verfügte, in der 18. Runde schließlich eine erfolgreiche Attacke auf Vauxhall-Pilot Taylor-Smith und eroberte den zweiten Platz. Taylor-Smith, durch eine kleine Berührung bei Morgans Attacke aus dem Tritt gebracht, musste sogleich auch noch Cook vorbeilassen und sah die Zielflagge schließlich auf dem undankbaren vierten Platz, der immerhin gleichbedeutend mit einem weiteren Sieg in der Indenpendent-Wertung war.
Hinter Taylor-Smith belegte Jake Hill als bester der engsten Anwärter auf den Titel Platz fünf. Der BMW-Pilot war das Rennen konservativ mit den schlechteren Medium-Reifen angegangen. Sein ärgster Konkurrent war in der ersten Rennhälfte der ebenfalls Medium-bereifte Ford-Pilot Rowbottom, der wie bereits geschildert, auf die gleiche Strategie setzte, sich in der 13. Runde aber Hill geschlagen geben musste. Kurz vor Rennende ließ Rowbottom dann auch noch Teamkollege Ash Sutton passieren, um diesem wichtige Punkte im Meisterschaftskampf zu verschaffen und belegte schließlich hinter diesem Platz sieben.
Die letzten Plätze in den Top Ten belegten Rob Huff, Dan Cammish und Mikey Doble, die ihrerseits munter miteinander gekämpft hatten. Zu der Gruppe hatte ursprünglich auch noch Andrew Watson gehört, der in den ersten Runden sogar erfolgreich Ash Sutton bei dessen Versuch, auf die vorderen Plätze vor zu fahren, hinter sich lassen konnte. Doch der Toyota-Pilot legte in der zwölften Runde eine wilde Offroad-Einlage ausgangs der berühmt-berüchtigten Schikane hin und schlug nur mit einer Mischung aus viel Glück und Fahrzeugbeherrschung nicht in die Streckenbegrenzung ein.
Pechvogel des ersten Laufs war derweil ganz klar Tom Ingram. Nach der (Hybrid-Power-bedingten) schwachen Quali hatte sich der Meisterschaftsführende in den ersten Runden immerhin einige Positionen nach vorne arbeiten können, bevor er in Runde sieben bei einem Angriff auf Toyota-Pilot Aiden Moffat mit diesem kollidierte und auf den vorletzten Platz zurückfiel. Doch damit nicht genug. Ingrams Hyundai gab anschließend bedrohliche Rauchzeichen aus dem Radhaus von sich und wenige Runden später musste der derzeitige Meisterschaftsführende das Auto mit kaputter Radaufhängung an der Box abstellen und eine Nullnummer hinnehmen.
Die Favoriten für den zweiten Lauf waren wie bereits erwähnt Jake Hill und Dan Rowbottom, die ihre Pflicht, den langsameren Medium-Reifen fahren zu müssen, bereits erfüllt hatten und den zweiten Lauf auf den Soft-Reifen in Angriff nehmen durften, während alle anderen Piloten in den Top Ten Reglement-bedingt nun die Mediums nehmen mussten. Hill schnappte sich gleich beim Start Vauxhall-Pilot Taylor-Smith für Platz vier, in der zweiten Runde dann Adam Morgan, der sich beim Start Josh Cook geschlagen geben musste, und nur einen Umlauf später schließlich auch Cook für den zweiten Platz.
Dahinter zog Dan Rowbottom mit Teamkollege Sutton im Schlepptau mit einer Runde Verzögerung gleich und schnappte sich ebenfalls Morgan und schließlich Cook. In der sechsten Runde erwischte Hill dann dank besseren Grips einen deutlich besseren Ausgang aus der Hairpin auf die Start-Ziel-Gerade und konnte recht mühelos die Führung von Teamkollege Turkington erobern. Nur zwei Runden später musste sich der Sieger des ersten Laufs dann auch Rowbottom geschlagen geben, der sich in der ersten Kurve am BMW auf Platz zwei vorbeibremste.
Rowbottom konnte Hill anschließend nicht gefährlich werden und so fuhren beide letzten Endes entspannt dem Sieg bzw. Platz zwei entgegen und hatten am Ende sogar ausreichend Vorsprung, dass eine gegen Rowbottom verhängte Fünf-Sekunden-Strafe wegen eines Fehlstarts keinerlei Auswirkungen auf das Endklassement hatte. Colin Turkington sicherte am Ende immerhin noch Platz drei vor Josh Cook und Ash Sutton, die einige Runden erbittert miteinander gekämpft hatten, bevor Sutton sich dann in den letzten Runden mehr gegen den von hinten drückenden Adam Morgan verteidigen musste.
Morgan belegte hinter Sutton Platz sechs gefolgt von Dan Cammish sowie den weich bereiften Aiden Moffat und Tom Chilton. Platz zehn belegte bei seiner Mission „Schadensbegrenzung“ Tom Ingram, nachdem er nach seinem Ausfall im ersten Lauf aus der letzten Reihe gestartet war.
In welch gute Ausgangslage Ingram sich mit dem zehnten Platz gebracht hatte, wurde deutlich, als die Startaufstellung für den dritten Lauf ausgelost wurde. Rennsieger Jake Hill beförderte die Kugel mit der Nummer Zwölf aus der Urne, was ein maximal umgedrehtes Reverse Grid mit Toyota-Pilot Rob Huff auf der Pole, Árón Taylor-Smith auf Startplatz zwei und Tom Ingram direkt dahinter in der zweiten Startreihe bedeutete.
Die ersten Positionen blieben unmittelbar nach dem Start zunächst unverändert, aber bereits in der zweiten Runde schaffte es Ingram sich mit einem besseren Ausgang aus der Schikane auf der kurzen Gegengeraden an Tylor-Smith vorbeizutanken und war binnen anderthalb Runden an der Stoßstange des führenden Huff. Es folgte ein unfassbar guter Fight der beiden, in dem Rob Huff all seine Erfahrung aus über 20 Jahren Tourenwagensport herausholte, um den sichtlich schnelleren Ingram hinter sich zu halten.
Zu den beiden Kontrahenten an der Spitze gesellte sich alsbald auch Tom Chilton, der in der siebten Runde ebenfalls an Taylor-Smith vorbeigegangen war und dann zeitweise sogar seinen Teamkollegen Ingram unter Druck setzte. So richtig brisant wurde es dann gegen Rennende nach einer Safety Car-Phase als auch Ash Sutton in diesen Fight um die vorderen Plätze eingriff und hinter Chilton klemmte.
Dass Sutton so plötzlich auf dem vierten Platz lag war die Folge einiger turbulenter Ereignisse in den Runden elf und zwölf, in deren Mittelpunkt Josh Cook als unfreiwillig menschgewordene Billard-Kugel stand und die schließlich auch zur angesprochenen Saftey Car-Phase führte. Vorangegangen war dem ganzen zunächst ein Fight zwischen Moffat, Sutton und Cook um Platz fünf. Zum Ende der elften Runde probierte Cook eine Attacke auf Sutton bei der Anfahrt auf die Hairpin und setzte sich außen neben den Ford, der sich wiederum gleichzeitig neben Cooks Teamkollegen Moffat auf der Innenbahn setzte.
Es kam unweigerlich wie es kommen musste: Sutton hatte bei dem Versuch, außen neben Moffat durch die Hairpin zu fahren, keinen Platz, um dem noch weiter außen fahrenden Cook Platz zu machen und nach einem Stups von Moffat gegen Sutton, berührte Sutton wiederum Cook und der Toyota-Pilot geriet in einen wilden Quersteher. Während vorne Sutton erfolgreich an Moffat vorbeigehen konnte, bekam der nun zwangsweise langsam beschleunigende Cook es auf der Start-Ziel-Geraden mit dem aufrückenden Adam Morgan zu tun, mit dem er Seite an Seite in die erste Kurve einbog, dort dann mit diesem kollidierte, in einem noch wilderen Quersteher als zuvor innen über die Wiese rodelte und unmittelbar vor Jake Hill und Colin Turkington wieder auf die Strecke zurückkam.
Hill ging angesichts des plötzlich vor ihm auftauchenden Toyota in die Eisen, wurde daraufhin von Turkington touchiert, was ihn beim Durchfahren des schnellen Rechtsknicks von Butchers wiederum in Cook krachen ließ, der daraufhin nun komplett außer Kontrolle geriet und wild kreiselnd das Bergaufstück in Richtung Schikane absolvierte, hier die halbe Streckenbegrenzung abräumte und schließlich mit gebrochener Radaufhängung im Kiesbett liegen blieb.
20 Sekunden Chaos mit drei unabhängigen Kollisionen für Josh Cook beendeten zum einen das Rennen des Toyota-Piloten und führten andererseits dazu, dass Sutton zur Spitze aufschließen konnte. An den vorderen Positionen sollte sich dann aber bis zum Fallen der Zielflagge nichts mehr ändern, auch wenn Ingram nicht aufgab, alles zu probieren, um Huff doch noch die Führung zu entreißen, während er sich gleichzeitig seinem von hinten attackierenden Teamkollegen Chilton, der wiederum Sutton im Rückspiegel hatte, erwehren musste. Rob Huff holte sich am Ende seinen hochverdienten zweiten Saisonsieg vor Tom Ingram, der mit dem zweiten Platz die Nullnummer im ersten Lauf wenigstens etwas auffangen konnte. Tom Chilton belegte Platz drei vor Ash Sutton. Dahinter kamen Jake Hill und Dan Rowbottom, die sich zuvor ebenfalls an Aiden Moffat vorbeigearbeitet hatten, auf die Plätze fünf und sechs. Hinter Moffat komplettierten Dan Cammish, Colin Turkington und Ronan Pearson die Top Ten.
Pechvogel des Laufs war derweil Cupra-Pilot Darly DeLeon, der das Rennen auf Platz elf beendete, was gleichbedeutend mit dessen erstem Sieg in der Independent-Wertung gewesen wäre. Eine nachträgliche Disqualifikation wegen zu niedriger Fahrzeughöhe ließ die Freude über den Independent-Sieg dann aber an Markenkollege Scott Sumpton übergehen, für den dies gleichsam der erste Erfolg in seiner BTCC-Debüt-Saison ist.
Tom Ingrams zweiter Platz im dritten Lauf, den er zudem vor Hill und Sutton abschloss, bedeutet, dass der Hyundai-Pilot die im Laufe des Tages zwischenzeitlich entglittene Meisterschaftsführung doch noch knapp behält. Mit drei Zählern führt Ingram nun vor Jake Hill, während Ash Sutton 20 Punkte zurückliegt. Auf Meisterschaftsplatz vier liegt Suttons Teamkollege Dan Cammish mit 42 Punkten Rückstand gefolgt von Colin Turkington mit 54 und Josh Cook mit 56 Punkten auf die Spitze.
Hier geht es zu allen Ergebnissen der drei Läufe in Knockhill sowie zum Gesamtstand in der Meisterschaft.
Die nächsten BTCC-Rennen finden am kommenden Wochenende auf dem GP Circuit von Donington Park statt. Im Vorjahr waren hier passenderweise sowohl Tom Ingram als auch Ash Sutton je einmal erfolgreich. Beim verregneten Saisonauftakt in diesem Jahr auf dem kürzeren National Circuit von Donington war dagegen Ingram zwei Mal siegreich, was man aber angesichts der damaligen Wetterumstände und der Tatsache, dass beim Saisonauftakt alle Fahrer über volle Hybridleistung verfügten, nichts als Maßstab nehmen sollte.
Bilder: btcc.net