An diesem Wochenende begibt sich die japanische SUPER FORMULA zum Start der zweiten Saisonhälfte nach Motegi. Ein guter Zeitpunkt, um die Gewinner und Verlierer der ersten Jahreshälfte 2024 zu analysieren.
Vier Rennen sind absolviert. Fünf stehen noch auf dem Programm. Wenn an diesem Wochenende im Mobility Resort Motegi die Motoren aufheulen, startet nicht nur die zweite Saisonhälfte. Es ist gleichzeitig auch ein sehr essentieller Zeitpunkt im Meisterschaftskampf. Zwei der noch drei ausstehenden Rennwochenenden sind nämlich Doubleheader. Auf den Motegi-Ausflug folgen die beiden erneuten Gastspiele am Fuji Speedway sowie in Suzuka – jeweils mit zwei Rennen pro Wochenende. Zusammen mit den Bonuspunkten in der Qualifikation stehen somit noch maximal 115 Meisterschaftszähler zu holen.
Mit 47 Punkten geht der zweifache Meister Tomoki Nojiri (Mugen) als Favorit in die zweite Jahreshälfte. Seine Verfolger sind aber nicht allzu weit entfernt. Sho Tsuboi (TOM’S) liegt mit 37,5 Zählern nur 9,5 Punkte dahinter. Mit Tadasuke Makino (Dandelion Racing, 33 Punkte) sowie Ayumu Iwasa (Mugen, 31,5 Punkte) kristallisieren sich zudem zwei weitere Hauptanwärter an den Titel heraus. Doch wer sind die Gewinner und Verlierer der ersten Saisonhälfte – und wie sind diese einzuschätzen?
Gewinner: Sho Tsuboi (TOM’S, 37,5 Punkte)
Obgleich Sho Tsuboi als Verfolger in die zweite Saisonhälfte startet, so kann er als größter Gewinner der ersten Monate angesehen werden. Der 29-Jährige trat in große Fußstapfen, als er nach fünf Jahren im Dienst von Cerumo-Inging das Cockpit des letztjährigen Meisters Ritomo Miyta bei TOM’S übernahm, der nach Europa in die Formel 2 sowie European Le Mans Series (als Vorbereitung für ein Hypercar-Cockpit bei Toyota in der WEC) auswanderte. Entsprechend hoch waren also die Erwartungen an Tsuboi. Diese erfüllte der zweifache SUPER-GT-Meister jedoch mit Bravour. Der punktlose elfte Platz beim Suzuka-Auftakt muss dabei ignoriert werden, da beide TOM’S-Autos an einem Höchstgeschwindigkeit-Defekt kränkelten.
Daraufhin schlug Tsuboi mit gleich drei Podiumsresultaten in Folge zurück. Sein größter Erfolg: Sein dritter Karrieresieg am Fuji Speedway. Ein Wochenende, an dem sich er sowie seine Frau Aimi Saito als wahres Power-Pärchen herausstellten, als Saito beide Rennen des KYOJO CUP – eine Rennserie exklusiv für Frauen – gewann. Tsuboi ging lediglich vom vierten Startplatz ins Rennen, überzeugte aber mit einer gewaltigen Renn-Pace sowie einer smarten Strategie von Renningenieur Masaki Saeda. Das Ganze erinnerte an Ritomo Miyatas ersten Sieg für TOM’S vergangenes Jahr in Suzuka. Es war eine Kampfansage an die Phalanx von Team Mugen.
Einfach wird der Kampf gegen Tabellenführer Tomoki Nojiri gewiss nicht. Mit Motegi folgt zudem ein Kurs, auf dem TOM’S in den letzten Jahren strauchelte. Beim darauffolgenden Doubleheader am Fuji könnte Tsuboi aber zum Gegenangriff blasen. Sollte er mit ähnlichen vielen Zählern am Konto zum Finale nach Suzuka gelangen, könnte er sich wie zuletzt Miyata womöglich als nächste Doppelmeister des Landes küren. So führt Sho Tsuboi zusammen mit seinem Teamkollegen Kenta Yamashita nämlich aktuell die GT500-Meisterschaft in der SUPER GT vor Naoki Yamamoto und Tadasuke Makino an.
Verlierer: Impul
Ein gesamtes Team in diese Kategorie zu zwängen mag zwar hart klingen. Anders kann man die Achterbahn-Geschichte der Traditionsmannschaft jedoch nicht beschreiben. Nach einem katastrophalen Jahr 2023, als Yuhi Sekiguchi punktlos blieb und lediglich Ryo Hirakawa mit, gemessen des Materials, sensationellen Leistungen die Kastanien aus dem sprichwörtlichen Feuer holte, sollte dieses Jahr mit einer gewaltigen Umstrukturierung die Comeback-Story folgen. So trennte man sich vom siebenfachen Rennsieger Sekiguchi. Hirakawa ging freiwillig, da er mit dem WEC-Programm sowie seiner neuen Rolle als Test- und Entwicklungsfahrer im F1-Rennstall von McLaren bereits ausgelastet ist. Stattdessen holte Kazuki Hoshino, der das Zepter von seinem Vater Kazuyoshi Hoshino übernahm, den Champion von 2016, Yuji Kunimoto, sowie den letztjährigen Formel-2-Meister Théo Pourchaire ins Boot. Insbesondere letzterer sollte mit seiner europäischen Experience frischen Wind ins Team bringen. Der Franzose blieb letztlich aber für lediglich ein Rennen in Japan.
Nach vielversprechenden Testfahrten wurde die Mannschaft beim Saisonauftakt wieder auf den Boden der Tatsachen geworfen. Abstimmungsprobleme sowie ein gravierender Fahrfehler von Pourchaire sorgten dafür, dass der Franzose mit Formel-1-Ambitionen lediglich auf dem 18. Platz ins Ziel kam. Die rund zweimonatige Pause vor dem zweiten Saisonlauf nutzte der 21-Jährige, um mit McLaren in der IndyCar Series zu flirten. Das Ergebnis: Nach lediglich einem Rennen verließ Pourchaire bereits wieder die SUPER FORMULA – ohne Abschiedsbotschaft oder ein Dankeschön an Impul sowie die japanischen Fans. Was folgte war eine ganz andere Odyssey. Mittlerweile steht Pourchaire auch in den USA ohne festes Cockpit da.
Von den Glanztagen der Vergangenheit ist Impul momentan weit entfernt. Der letzte Fahrertitel geht auf Joao Paulo de Oliveira im Jahr 2010 zurück. Anstatt der erhofften Stabilität kehrte Tumult in die Traditionsmannschaft ein. Das leere Cockpit der Startnummer 19 wurde seit Pourchaires Weggang von gleich mehreren Piloten besetzt. Den Anfang machte Ben Barnicoat, der bereits beim Winter- und Rooke-Test letzten Dezember für TOM’S ins Lenkrad griff. Der Brite überzeugte aus dem Stand heraus mit einem soliden 13. Platz. Als möglicher Pourchaire-Nachfolger kam der Lexux-Pilot aus der nordamerikanischen IMSA SportsCar Championship aufgrund des Rennkalenders aber nicht in Frage.
Für das Rennen im Sportsland SUGO nominierte Toyota ihren Nachwuchsfahrer Hibiki Taira. Da das Rennen aufgrund von Starkregen sowie Beschädigungen an der Leitplanke nach nur wenigen Runden aber vorzeitig beendet werden musste, konnte der letztjährige Super Formula Lights-Vizemeister jedoch nicht seine Qualitäten unter Beweis stellen. Für den vierten Saisonlauf am Fuji Speedway erhielt er deshalb eine weitere Chance – und nutzte diese perfekt mit einem starken neunten Platz.
Es war das bis dato beste Wochenende für Impul in diesem Jahr, da auch Yuji Kunimoto mit Rang sieben wertvolle Zähler sammelte. Letzterer hatte einen relativ blassen Saisonstart, knackte im Sportsland SUGO aber erstmals die Q2-Hürde. Auf dem Fuji Speedway machte er gar zehn Positionen gut, um sein zweites Punkteresultat heuer einzufahren. Es zeigt gleichzeitig aber auch: Das Qualifying ist weiterhin die Achillesferse von Impul. Bereits vergangene Saison strauchelte die Mannschaft häufig, um in Q2 zu kommen. Sollte ihnen gelingen, dieses Defizit auszumerzen, sollten konstante Punkteresultate oder gar mehr möglich sein.
Wohl auch wegen seiner Leistung am Fuji darf Hibiki Taira erneut beim Suzuka-Finale ins Cockpit klettern – die perfekte Möglichkeit um sein Bewerbungsschreiben für 2025 abzugeben. Für Motegi sowie das erneute Gastspiel am Fuße des berühmten japanischen Wahrzeichens gelang Toyota hingegen ein gewaltiger PR-Coup. Mit Nyck de Vries wird nämlich ein ehemaliger Formel-1-Pilot sein Debüt geben. Fahrer, welche die SUPER FORMULA als Sprungbrett in die selbsternannte Königsklasse nutzten, gab es bereits einige. Der Niederländer ist nach Kamui Kobayashi allerdings erst der sechste Fahrer in der Moderne, der bereits mit F1-Erfahrung nach Japan kommt. An dem Deal soll der Automobilgigant bereits seit längerer Zeit gearbeitet haben. Terminkollisionen mit der Formula E hatten eine vorzeitige Verpflichtung jedoch verhindert.
De Vries ist damit der wohl bekannteste Gaststarter seit Takuma Sato in den Jahren 2012 und 2013 und damit auch gewaltiger PR-Coup für die Super Formula, die nach dem Weggang von Pourchaire erstmals seit 1978 ein lediglich rein japanisches Grid hatte. Da der Formula-E-Meister der Saison 2020-21 auch im kommenden Jahr bei Mahindra unter Vertrag steht, scheint ein etwaiges Vollzeit-Cockpit unmöglich. Je nachdem ob der indische Rennstall sich darüber hinaus für die Formule E verpflichtet, wäre die SUPER FORMULA jedoch als mögliches Zweitprogramm neben der WEC für den Toyota-Hypercar-Werksfahrer durchaus denkbar.
Gewinner: Tomoki Nojiri (Mugen, 47 Punkte)
Obgleich Tomoki Nojiri den Titel-Hattrick im letzten Jahr auf dem dritten Tabellenrang nur knapp verpasste, ist der Mugen-Pilot nach wie vor das Nonplusultra. Daran ließ der zweifache SUPER-FORMULA-Meister auch direkt zum Saisonstart mit einem perfekten Wochenende keine Zweifel aufkommen. Bei der verkürzten Regenschlacht im Sportsland SUGO kam ein zweiter Sieg hinzu. Keine Frage also: Wer die Meisterschaft gewinnen will, muss Nojiri bezwingen. Unverwundbar ist der 34-Jährige allerdings nicht. So kam er in der Autopolis nicht über den neunten Platz hinaus – einer seiner wenigen Momente, in denen er in den letzten drei Jahren schwächelte.
Gegenüber den japanischen Medien erklärte Nojiri, dass er seine Stärke aus seinem Umfeld bezieht. Im Auto müsse er sich wohlfühlen, um das Optimum herauszuholen. Doch gerade der Princess Yohko Cup am Fuji Speedway vergangenen Monat hat gezeigt, dass er auch eine schwierige Ausgangslage zu bewältigen weiß. So arbeitete er sich im Rennen auf beeindruckende Art und Weise vom siebten Startplatz auf den Bronzerang vor. Bei nur neun Saisonrennen spielt die Konstanz eine besondere Rolle – und genau diese ist eine von Nojiris größten Stärken.
Verlierer: Sena Sakaguchi (Cerumo-Inging, 10 Punkte)
Sena Sakaguchi begann die Saison mit einem absoluten Statement: Erstmals in seiner Karriere eroberte er die Pole-Position. Die Freude erhielt aber bereits einen Tag später einen gewaltigen Dämpfer, als ihm sprichwörtlich die Puste ausging und er bis Rennende auf den siebten Platz durchgereicht wurde. Der sechste Platz in der Autopolis bestätigte zumindest diese Performance. Sie ist aber weit von der durch die Pole-Position gesteckten Erwartungen entfernt. Zu allem Übel wurde er am Fuji Speedway dann auch noch von einem Elektronikproblem ausgebremst, als ausgerechnet sein neuer Teamkollege Toshiki Oyu den Silberrang einfuhr. Die Vergangenheit bei Nakajima Racing hat gezeigt, dass Oyu keinen Hehl daraus macht, die Stellung des „Platzhirsches“ übernehmen zu wollen. Noch hält Sakaguchi diesen Platz ein. Nach Fuji dürfte dieser interne Zweikampf aber endgültig entfacht sein.
Gewinner: Tadasuke Makino (Dandelion Racing, 33 Punkte)
2023 konnte man Tadasuke Makinos Frustration sichtbar spüren. Obgleich er bei seinem Debüt im Jahr 2019 direkt die Pole-Position eroberte, blieb der erste Sieg ihm über die Jahre verwehrt. Der Speed war oftmals vorhanden. Das Glück fehlte ihm jedoch. Stattdessen musste er mitansehen, wie seine Teamkollegen mehrere Triumphe einfuhren. Zuletzt gelang dies im letzten Jahr Rookie Kakunoshin Ohta beim Saisonfinale in Suzuka. Dass Teamchef Norimitsu Yoshida bei der Sieger-Pressekonferenz die starken Aufbauarbeiten Makinos der letzten Jahre hervorhieb, welche die ehemaligen Meistermacher von Dandelion Racing wieder in Siegesposition brachten, dürfte nur ein schwacher Trost gewesen sein.
Umso emotionaler waren die Momente nach Fallen der Zielflagge vergangenen Mai in der Autopolis, als Tadasuke Makino erstmals als erster die Ziellinie überquerte. Unter Tränen blickte der ehemalige Formel-2-Pilot auf die vergangenen Jahre zurück. Es dürfte wohl niemanden im Paddock gegeben haben, der sich an diesem Tag nicht mit ihm freute. Damit ließ Makino auch seinen Teamkollegen Kakunoshin Ohta etwas im Regen stehen, der zumindest mit einem vierten sowie fünften Platz in den ersten beiden Rennen quasi dort weitermachte, wo er 2023 aufhörte. Keine Punkte im Sportsland SUGO sowie ein desaströses DNS (aufgrund von Elektronikproblemen) am Fuji Speedway bedeuten zur Jahreshälfte aber lediglich den neunten Tabellenplatz mit 16 Punkten.
Zwar konnte Makino seit seinem emotionalen ersten Karrieretriumph kein weiteres Podiumsresultat einfahren. Ein vierter sowie fünfter Platz bedeuten aber, dass er sich im Titelkampf befindet. Sowohl er wie auch Ohta müssen allerdings aufpassen, in Motegi nicht den Anschluss zu verlieren.
Verlierer: Ukyo Sasahara (TOM’S, 0 Punkte)
Letztes Jahr wurde Ukyo Sasahara quasi ins kalte Wasser geworfen, als er zur Saisonhälfte Giuliano Alesi ersetzen musste, der aufgrund von nicht zufriedenstellenden Leistungen sein Cockpit bei TOM’S verlor. Zwar hatte der Ex-Honda-Pilot, der Anfang 2023 ins Toyota-Lager überlief, als offizieller Test- und Entwicklungsfahrer erste Erfahrungen mit dem Aggregat des Automobilgiganten sammeln können. Der Umstieg fiel ihm dennoch nicht einfach. Hinzu kam ein schwerwiegender Unfall beim Final-Wochenende in Suzuka, den er glücklicherweise ohne größere Verletzungen überstand.
Während 2023 somit als „Einschulungsphase“ ins Toyota-Camp betrachtet werden durfte, steigt heuer von Rennen zu Rennen der Druck auf ihn, die Entscheidung von TOMS zu rechtfertigen, dass er das Cockpit von Alesi übernahm. Gleichzeitig dürfte dies auch nicht den Ansprüchen seines Arbeitgebers genügend, der neben der Fahrer- auch um die Team-Meisterschaft kämpft. Insbesondere gegen Mugen benötigt es hier zwei konstant starke Fahrer.
Auf dem Papier klingen null Punkte in den ersten vier Rennen alles andere als gut, zumal sein Teamkollege Sho Tsuboi auf Tabellenrang zwei um die Meisterschaft kämpft. Dass es nicht an Talent mangelt, beweist Sasahara unter anderem mit einer guten Renn-Pace. So auch zuletzt beim Princess Yohko Cup am Fuji Speedway. Zwei zwölfte Plätze sind allerdings weit von den Möglichkeiten des zweifachen Rennsiegers (2022 für Mugen) entfernt.
Gewinner: Ayumu Iwasa (Mugen, 31,5 Punkte)
Red-Bull-Junior Ayumu Iwasa trat in wahrlich keine einfachen Fußstapfen. Als direkter Nachfolger von Liam Lawson, der als erster Rookie seit Marc Surer im Jahr 1978 direkt bei seinem Debüt vergangenes Jahr obsiegen konnte, sind die Erwartungen an ihn immens hoch – sowohl von Honda wie auch Red Bull. Seine Ambitionen sind die Gleichen: Auch er möchte in die Formel 1. Zwar konnte Lawson bereits erste F1-Luft schnuppern. Der verpasste SUPER-FORMULA-Titel dürfte aber maßgeblich dazu beigetragen haben, dass der Energy-Drink-Konzern ihn für 2024 aber auf die Reservebank setzte. Keine Frage also: Um den F1-Traum zumindest in der Theorie aufrecht zu erhalten, muss der Titel in Japan her.
Keine einfache Aufgabe, da Iwasa bei noch fünf ausstehenden Rennen ein Defizit von 15,5 Punkten aufholen muss. Dass er den Speed hat, bewies er unter anderem mit seiner Pole-Position in der Autopolis – und das mit einem nennenswerten Abstand von 0.338 Sekunden. Umso größer war auch seine Enttäuschung, dass er sich am Ende mit lediglich dem zweiten Platz hinter Tadasuke Makino begnügen musste. Um in der zweiten Saisonhälfte zum Gegenangriff zu blasen, muss Iwasa noch ein wenig konstanter werden. Fehler am Start wie sin Suzuka wie auch am Fuji Speedway, als er nur langsam vom Fleck kam und so jeweils eine gute Ausgangsposition verlor, sollten sich abstellen lassen.
Gewinner: Nirei Fukuzumi (KCMG, 19 Punkte)
Es war die Sensationsmeldung über den Winter: Sowohl Toshiki Oyu wie auch Nirei Fukzumi verließen Honda, um ins Toyota-Lager überzulaufen. Die Beweggründe waren bei beiden gleich: Sie beide waren mit ihrer Situation unzufrieden; der Wunsch nach einem anderen SUPER-FORMULA-Cockpit wurde seitens Honda nicht erfüllt. Aus diesem Grund ging Oyu bereits 2023 seinen eigenen Weg, als er ein stabiles Cockpit bei Nakajima Racing sowie einen angeblichen Wechsel zu Dandelion Racing ablehnte, um es auf eigene Faust bei TGM Grand Prix zu probieren. Für das Saisonfinale ging ihm allerdings das Geld aus.
Gemessen der Vizemeisterschaft im Jahr 2021 ist es nicht überraschend, dass Fukuzumi sich schnell auf den Toyota-Motor und sein anderes Fahrverhalten einschießen konnte. Und somit ist es auch nicht überraschend, dass der ehemalige Formel-2-Fahrer am besten von den drei ehemaligen Honda-Piloten abschneidet, auch weil er zuletzt am Fuji Speedway für KCMG die allererste Pole-Position des Rennstalls in 14 Jahren einfuhr. Es hätte durchaus auch der erste Sieg für die Hong Kong stammende Mannschaft sein können. Es war nicht das erste Mal, dass sich KCMG in solch einer Position befand. Ein erneut verhunzter Boxenstopp warf Fukuzumi aber weit zurück. Dank eines starken Schlussspurts eroberte er wenigstens noch den vierten Platz.
Trotz des Rückschlags: Fukuzumi half KCMG nach einigen Saisons ohne nennenswerte Highlights zu neuen Höhen. Dass er dabei Toyota-Urgestein und Teamkollege Kamui Kobayashi mit einem Stand von 3:1 in der Qualifikation in Schach hält, wirkt dabei fast schon wie eine Randnotiz.
Honorable Mentions
Juju Noda (TGM Grand Prix, 0 Punkte)
Bereits im Vorfeld wurde viel über das SUPER-FORMULA-Debüt von Juju Noda diskutiert, auch weil der Sprung vom Formel-3-Boliden zum SF23 – der schnellste Formel-Wagen nach der Formel 1 – eine gewaltige Herausforderung darstellt. Inmitten von Diskussionen über Gewichtsvorteile und Muskelaufbau, die auch durch das Noda-Camp selbst befeuert wurden, machte sowohl TGM Grand Prix wie auch die 18-jährige Juju keinen Hehl daraus, dass es sich um ein Lehrjahr handelt. Punkteresultate seien zwar der Traum, aber nicht zwingend zu erwarten. Dass Juju (sie wird offiziell stilisiert nur mit ihrem Vornamen in den Ergebnissen geführt) ausgerechnet beim Saisonstart jedoch nicht die solide Pace der Wintertestfahrten gehen konnte, war hingegen etwas überraschend. Am Ende war sie 105% entfernt von der Pole-Position. Laut eigener Aussage strauchelte mit dem Aufwärmen der Yokohama-Einheitsreifen – eine insbesondere bei kalten Temperaturen essentielle wie auch schwierige Herausforderung für alle Rookies. Mit dem Anstieg der Temperaturen im weiteren Saisonverlauf verbesserte sich auf ihre Qualifying-Leistung. Am Fuji Speedway war sie beispielsweise innerhalb der 102%-Marke. Noch immer nicht genügend – ein Fortschritt ist jedoch erkennbar.
Besonders gut sind hingegen ihre Starts, bei denen sie stets mehrere Positionen gut macht. Abseits von ein paar kleinen Aufregern beim Überrunden in der Autopolis aufgrund einer fehlerhaften Instruktion ihres damaligen Renningenieurs lieferte Juju hingegen saubere Rennen ab. Ziel für die zweite Jahreshälfte ist es, ihr bis dato bestes Resultat vom Saisonauftakt in Suzuka, bei dem sie vor dem amtierenden F2-Meister Théo Pourchaire und innerhalb der Führungsrunde auf P17 ins Ziel kam, zu übertreffen.
Ein Schlüssel zum Erfolg könnte ihr neuer Renningenieur Satofumi Hoshi sein, der vor Fuji noch ihren Teamkollegen Nobuharu Matsushita betreute. Da dem zweifachen Formel-2-Sieger jedoch das Geld ausging, wird er seit Fuji von Hiroki Otsu ersetzt. TGM Grand Prix hat die Gelegenheit genutzt, um die Renningenieure zu tauschen. Folglich wechselte Jujus vorheriger Renningenieur auf die andere Seite der Garage.
Naoki Yamamoto (Nakajima Racing, 21 Punkte)
Dass Naoki Yamamoto überhaupt heuer wieder ins Cockpit klettern konnte, gleicht schon fast einem Wunder. Vergangenen September verunfallte der 36-Jährige beim SUPER-GT-Rennen im Sportsland SUGO so schwer, dass er aufgrund schwerwiegender Rücken- und Knochenmarkverletzungen für mehrere Monate ausfiel. Als er im Krankenhaus lag, gingen ihm mehrfach Gedanken über ein erzwungenes Karriereende durch den Kopf. Umso emotionaler war sein Comeback im März, als er auf Anhieb in Suzuka den Bronzerang einfuhr. Sichtbar berührt erklomm er die dritte Stufe des Podiums – und für einen Moment wirkte es fast so, als wäre Yamamoto nie weg gewesen.
In der Autopolis verpasste er auf Rang vier nur knapp ein weiters Top-3-Resultat. Das DNS aufgrund eines Crashs im Warm-Up beim darauffolgenden Rennen in Sportsland SUGO war hingegen ein Rückschlag mit Folgen, denn auch am Fuji Speedway kam er nicht über den zehnten Platz hinaus. 2022 gewann der aus dem rund 36 Kilometer vom Mobility Resort Motegi entfernt liegenden Utsunomiya stammende Yamamoto erstmals sein Heimrennen in der SUPER FORMULA. Es wäre eine wahrlich schöne Story, wenn der dreifache Meister just an jenem Ort wieder zum Gegenangriff blasen könnte.
Toshiki Oyu (Cerumo-Inging, 19 Punkte)
Zumindest auf dem Papier wirkt die erste Jahreshälfte von Toshiki Oyu etwas durchwachsen, auch wegen den Plätzen 16 und 15 bei den ersten beiden Saisonrennen. Diese erzählen aber nicht die gesamte Geschichte. Der fünfte Platz beim stark verkürzten Regenrennen im Sportsland SUGO war hauptsächlich auf das Qualifying zurückzuführen. Am Fuji Speedway überzeugte der aus Hokkaido stammende 26-Jährige mit Platz zwei hingegen auf ganzer Linie. Es war die Brillanz, die man von Oyu erwartet, aufgrund diverser Umstände ins einer letztjährigen Unglückssaison aber nur selten zum Vorschein kam. Obgleich der Vergleich mit Teamkollege Sena Sakaguchi, der aufgrund eines Elektronikproblems direkt zum Start ausfiel, fehlt, so scheint Cerumo-Inging die Probleme der ersten beiden Saisonläufe in den Griff bekommen zu haben. Gleichzeitig spricht Oyus erstes Podium als Toyota-Mann auch dafür, dass er sich nach seinem Weggang von Honda (mehr zu den Beweggründen in unserer ausführlichen Saisonvorschau) nahezu vollständig auf das Aggregat des Automobilgiganten eingeschossen hat. Der Zug in Sachen Titelkampf scheint mit 28 Punkten Rückstand zwar bereits abgefahren. Sollte Oyu aber seine Leistung in die zweite Saisonhälfte übertragen können, gilt er als heißer Kandidat auf die verbleibenden Einzelsiege.
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