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Formel Eins: Vorschau GP von Aserbaidschan

von DonDahlmann
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Der Stadtkurs in Baku produzierte in den letzten Jahren immer wieder unterhaltsame Rennen. Das dürfte am Wochenende nicht anders werden.

Die Meldung der Woche kommt von Aston Martin. Lawrence Stroll hat er geschafft Adrian Newey zu verpflichten und sich damit den erfolgreichsten Designer/Techniker der letzten 30 Jahre an Bord geholt. Newey bekommt neben seinem vermutlich sehr üppigen Jahresgehalt zusätzlich Anteile am Team. Den Ausschlag gegeben hat aber wohl etwas anderes. Newey erwähnte auf der Pressekonferenz drei Dinge. Erstens: eine private Führung durch das neue Technologiecenter von Aston habe ihn stark beeindruckt. Zweitens: Honda. Drittens: Er hat absolut freie Hand, auch bei der Auswahl seiner Mitarbeitet. Man kann davon ausgehen, dass in den nächsten 12 bis 18 Monaten einige Mitarbeiter von Red Bull zu Aston wechseln werden.

Klar, Lawrence Stroll hat tief in die Kasse gegriffen. Aber das allein hat nicht den Ausschlag gegeben, wie Newey betonte. Ich vermute mal, dass Ferrari jede Summe, die Stroll auf den Tisch legt, hätte kontern können. Aber dass Newey praktisch die gesamte Design- und Technikabteilung jetzt unter seiner alleinigen Kontrolle hat und in Honda einen Partner wiederfindet, mit dem er sehr lange, sehr erfolgreich zusammengearbeitet hat, hat Ferrari nicht kontern können oder man wollte das nicht. Man kann Stroll für einiges kritisieren, aber das ist schon ein Coup.

Und natürlich ein Risiko. Auch Newey hat immer wieder Chassis produziert, die nicht funktioniert haben. Das war bei Williams so, aber auch bei McLaren. Und auch bei Red Bull hat er ein paar Jahre benötigt, bis er 2010 ein Auto hatte, mit dem Vettel Weltmeister werden konnte. Die neuen Regeln, die ab 2026 gelten, sind zudem eine Abkehr von der Philosophie, den gesamten Abtrieb über den Unterboden zu generieren. Mit den beweglichen Flügelelementen ist das für alle komplettes Neuland. Newey kann also auch daneben liegen.

Bei Red Bull wird man den Abgang von Newey schon jetzt bereuen. Offensichtlich hat die verbliebene Mannschaft Probleme, das sehr scharfe Konzept des RB 20 von Newey mit passenden Updates zu versorgen. Das Team steht unter Druck und der schöne Vorsprung aus den ersten Rennen ist komplett weg. Unsicher scheint man sich zu sein, ob das allein an den eigenen Updates liegt, oder ob man eine Entwicklung verpasst hat, die rund um den Frontflügel und der Dämpfung auf der Vorderachse liegt. Erneute Testfahrten mit Liam Lawson nach dem letzten Rennen in Monza deuteten wohl in Richtung Front und man hofft, dass Problem in den nächsten Wochen beheben zu können.

Zeit wird es, denn sowohl McLaren als auch Ferrari sind Red Bull in der Konstrukteurs-WM auf die Pelle gerückt. Und die ist bekanntermaßen wichtig, denn die Platzierung bestimmt die Menge an Geld, die man für das nächste Jahr bekommt. Und natürlich will man den WM-Titel nicht verlieren. Bei der Fahrer-WM sind es anders aus. Es müsste schon einige passieren, um Verstappen den WM-Titel noch zu nehmen. Der Niederländer müsste in den verbleibenden Rennen schon zwei Mal ausfallen oder sehr wenige Punkte sammeln, wenn Lando Norris noch eine Chance haben will.

Doch bei McLaren hat man ganz eigene Probleme. Die Frage, ob Piastri sich in den Dienst des Teams und von Norris stellen soll, ist eine davon. Offenbar hat Piastri eine Klausel im Vertrag, dass er das nicht muss. Was wohl daran liegt, dass sein Manager Mark Webber heißt, der ja so seine Multi-21 Erfahrungen mit Vettel hatte. Das andere Problem ist Norris selbst, der zu wenig aus seinen Pole Positionen macht. Bisher hat er in keinem Rennen, bei denen er die Pole hatte, die erste Runde als Führender beendet. Das hat in Zandvoort nichts ausgemacht, in Monza allerdings schon.

McLaren wird von verschiedenen Seiten massiv kritisiert, dass sie Norris nicht alle Unterstützung geben, die man für den WM-Titel benötigt. Eine Team-Order sei dringend nötig. Ich sehe das etwas anders. Wenn Norris 15 oder 20 Punkte hinter Verstappen liegen würde, müsste man über eine Team-Order nachdenken. Aber bei 62 Punkten und nur noch acht Rennen sehe ich das anders. Eine Team-Order sollten das absolut letzte Mittel sein, mit dem man ein Rennen beeinflusst. Mich hat das schon immer gestört, wenn Ferrari oder Mercedes die Team-Order-Karte gezogen haben, obwohl es noch früh in der Saison war oder man sowieso das überlegene Auto hatte. Damit hat man seinen zweiten Fahrer nicht nur diverse Siege geklaut, sondern auch das Publikum um ein spannendes Rennen gebracht.

Ob man sich bei McLaren erneut die Frage stellen muss, wird auch davon abhängen, wie stark Ferrari und Mercedes in den nächsten Wochen sein werden. Das große Update (Frontflügel, Unterboden, Seitenkäsen), das Ferrari in Monza dabei hatte und offenbar sehr erfolgreich funktionierte, sollte auch in Baku gut laufen. Allerdings gibt es durchaus auch Fragezeichen. Leclerc konnte mit seiner Ein-Stopp-Strategie in Monza gewinnen, aber Sainz, der auf einer normalen Strategie unterwegs war, landete am Ende 13 Sekunden hinter Piastri und 9 Sekunden hinter Norris. Man ist zwar besser geworden, aber ein bisschen scheint noch zu fehlen.

Mercedes hatte in Italien kein schlechtes Wochenende, aber die 22 Sekunden Abstand am Ende des Rennens waren schon verblüffend viel, nachdem man in der Quali so nahe dran war. Der Abstand von knapp einem Zehntel vergrößerte sich im Rennen auf 0,4 Sekunden. Nachdem man in Zandvoort schon etwas von der Rolle war, sah es in Monza also nicht wahnsinnig viel besser aus. Das Auto bleibt weiter ein kleines Mysterium für das Team. Aber man auch gezeigt, dass kleine Änderungen schon sehr viel bewirken können.

Hinter den Top 4 streiten sich dann Alpine, Williams und Haas um die letzten beiden Punkte. Das verspricht in Baku sehr viel Spannung im Mittelfeld. Haas ist etwas gehandicapt durch den Umstand, dass Magnussen seine Strafe absitzen muss und man Oliver Bearman im Auto hat. Für den F2-Piloten, der ja nächstes Jahr im Haas sitzen wird, ist aber eine gute Gelegenheit etwas zu lernen. Williams zeigte in Monza eine gute Form, aber die Strecke liegt dem Team generell. Das mag in Baku, mit seinen engen Kurven, dann anders aussehen.

RB und Sauber werden in Baku wenig zu melden haben. Bei Sauber stellt sich nur die Frage, wie viele Sekunden pro Runden sie wieder langsamer sind. Alles unter 1,5 Sekunden wäre schon fast ein Erfolg.

Strategie:
Wie für einen Straßenkurs üblich, hat Pirelli die drei weichsten Trockenmischungen im Sortiment ausgewählt, nämlich C3 als hart, C4 als mittel und C5 als weich. Da die Strecke normalerweise für den Stadtverkehr geöffnet ist, wird der Aufbau einer Gummischicht ein wichtiger Faktor sein. Auch das Wetter ist so eine Sache. Normalerweise ist es im September ziemlich heiß, die Temperaturen sind definitiv höher als bei dem Rennen im April. Darüber hinaus kann die Streckentemperatur erheblich variieren, je nachdem, welche Teile im Sonnenlicht oder im Schatten der umliegenden Gebäude liegen, insbesondere auf dem Abschnitt, der durch die Altstadt führt. Nicht zuletzt kann der Wind das Fahrverhalten des Autos beeinträchtigen und, da er aus verschiedenen Richtungen kommt, die Fahrer überraschen, da er von den umliegenden Gebäuden der Stadt kanalisiert wird.

Die höchste jemals von einem Formel-1-Auto bei einem offiziellen Rennen erreichte Höchstgeschwindigkeit wurde in Baku erreicht, als Valtteri Bottas in seinem Williams-Mercedes beim Qualifying für das Eröffnungsrennen 2016 mit 378 km/h gemessen wurde. Die hohen Geschwindigkeiten, die auf der Hauptgeraden erreicht werden, werden die Reifen auf die Probe stellen, insbesondere mit dem Abtrieb, den die aktuellen Autos erzeugen. Da ein anderer Streckenabschnitt die entgegengesetzte Aerodynamik erfordert, können sich die Teams nicht für einen zu geringen Abtrieb entscheiden, da sie dann im langsamsten Teil der Strecke leiden würden. Wer hier zu wenig Grip hat und rutscht, versaut sich seine Reifen.

In Bezug auf die Strategie ist Baku ein typisches Einstopprennen, bei dem der härteste Reifen die meiste Arbeit leistet. Obwohl ein Blick auf den Streckenverlauf zu der Annahme verleiten könnte, dass das Überholen relativ einfach ist, ist dies keineswegs der Fall. Angesichts der Hierarchie der Teams in diesem Jahr, bei der die Leistungsunterschiede innerhalb der beiden Hauptgruppen minimal sind, könnte die Wirksamkeit von DRS eine wichtige Rolle spielen, ebenso wie die Fähigkeit eines Teams, auf das Unerwartete auf einer Strecke zu reagieren, auf der die Chancen auf eine Neutralisierung des Rennens sehr hoch sind. Im Jahr 2023 begannen fast alle Fahrer das Rennen auf dem Medium, bevor sie auf den Hard wechselten, als das Safety Car in Runde 11 herauskam.

Bilder: Pirelli, Aston Martin

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