Home Motorsport GT World Challenge Europe Sprint Cup: Analyse Barcelona

GT World Challenge Europe Sprint Cup: Analyse Barcelona

von Nils Otterbein
0 Kommentare

Wie so häufig hatte die GT World Challenge eines ihrer Meisterschaftsfinals in Spanien, dieses Mal das Finale des Sprint Cups in Barcelona. Wie erwartet wurde es ein Zweikampf um den Titel, der sich jedoch aufgrund verschiedener Umstände nicht allzu spannend entwickelte.

Samstag

Bereits beim Start in die erste Qualifikation konnte man eine erste Vorentscheidung um den Titel erahnen. Der Winward Mercedes mit Engel/Auer und der WRT BMW mit Weerts/Vanthoor waren vor dem Wochenende lediglich um zwei Punkte getrennt. Jedoch passierte WRT schon vor der Qualifikation ein Malheur, indem sie den M4 zu früh in die Boxengasse schickten, wodurch dieser „rechts ranfahren“ musste, um die Kolonne vorbeizulassen. Gerade solche Situation machen das zehnminütige Format für Spitzenteams sehr gefährlich, da nun eine freie Runde schwierig umzusetzen war. Während der Barwell Lamborghini von Patrick Kujala überraschend auf Pole fuhr, komplettierte Maxi Götz im Boutsen VDS Mercedes die erste Reihe. Dahinter reihte sich Lucas Auer im Winward Mercedes ein, um sich eine gute Ausgangslage zu verschaffen.

Der WRT BMW erreichte lediglich den 18. Platz durch eine Mischung aus schlechter Track-Position, einer generellen Qualifikationsschwäche des M4 und einer BOP, die eher zum Nachteil für BMW ausfiel. Nach der Sitzung besserte die Rennleitung nach, indem die BMW 15 Kilo ausladen durften und mehr Ladedruck bekamen, während Lamborghini und Mercedes 15 Kilo zuladen mussten. Im Rennen zeigte sich, dass diese Veränderungen keinerlei Einfluss auf das Ergebnis hatten.

Kurze Meldung am Rande: Madpanda Motorsport beendete zwischenzeitlich das Mercedes-Programm und hat sich aus der Meisterschaft mit sofortiger Wirkung ausgetragen. Teamchef Ezequiel Perez-Companc startete dennoch in einem Audi von Sainteloc Racing.

Rennen 1

Ein stark bewölkter Himmel in der Startaufstellung ließ erahnen, was auf die Strecke zurollte. Eigentlich hörte der Regen rechtzeitig vor dem Start auf und das Feld war etwa 50/50 mit Slicks und Regenreifen unterwegs. Nach zwei Formationsrunden lies die Rennleitung planmäßig unter einem nass-deklarierten Rennen den Start erfolgen. Die Regenreifen waren am Start noch klar die bessere Wahl, wodurch der zweite Boutsen VDS Mercedes von Aurelien Panis und der Sky Tempesta Ferrari in Führung gingen und schnell davonzogen. Im Hinterfeld kollidierten der Attempto Audi von Dylan Pereira und der Winward Mercedes von Reece Barr. Man konnte von der Drohne nur einen riesigen Feuerball erahnen. Der R8 von Pereira brannte nach dem Aufprall in die Wand lichterloh. Beide blieben unverletzt. Die riesige Betriebsmittelspur, in Verbindung mit stärker werdenden Regen lies eine lange SC-Phase vermuten. In dieser sollte so einiges passieren!

Das Feld wäre ohne ein SC sicherlich massiv gesprengt worden. Die Regenreifen stellten sich als die richtige Entscheidung heraus. Der Großteil des Feldes ging davon aus, dass das Safetycar noch vor dem obligatorischen Stoppfenster reinkommen würde. Somit gingen etwa 15 Autos zu einem Reifenstopp ohne Fahrerwechsel, u.a. auch die beiden Meisterschaftsaspiranten. Der Regen wurde jedoch so stark, dass auch das zehnminütige Stoppfenster als komplette SC-Phase vonstattenging. Den richtigen Riecher hatte nur die Boutsen VDS Mannschaft bei Maxi Götz, der seinen AMG irgendwie mit Slicks unter Aquaplaning an die Box rettete, um sich damit im Vergleich einen Stopp zu sparen. Dieser war zum Zeitpunkt des Stoppfensters der Einzige mit Trockenreifen.

Nachdem beim ersten Stopp Weerts aufgrund des schnellen WRT-Stopps an Maro Engel vorbeikam, änderte sich beim zweiten Stopp wieder die Reihenfolge. Ein früher Stopp wurde in dieser Phase massiv belohnt, da das Safetycar aufgrund des stehenden Wassers sehr langsam fuhr und das Feld aufschließen ließ. Folglich gab es im Feld massive Platzwechsel, teils 20 Positionen Gewinn, bzw. Verlust. Es war das wohl „überholträchtigste“ Rennen des ganzen Jahres.

Nach dem Stoppfenster gab es eine Boutsen-Doppelführung mit dem Pro-Auto von Jules Gounon und dem Silver-Auto mit Cesar Gezau, gefolgt von Patric Niederhauser im Rutronik Porsche, Konsta Lappalainen im Emil Frey Ferrari und Simon Gachet im CSA-Audi. Maro Engel war zu diesem Zeitpunkt auf dem sechsten Platz, während Charles Weerts mit dem achten Platz ein Gewinner der langen SC-Phase wurde. Nun musste man schon ausgehen, dass die Rennleitung das Rennen unter neutralen Bedingungen zu Ende fahren ließ. Es erinnerte etwas an die regenbedingten Safetycar-Prozeduren der 24 Stunden von Spa und der 24 Stunden von Le Mans aus diesem Jahr. Erst fünf Minuten vor Schluss konnte das Rennen für einen „IMSA-Sprint“ nochmal freigegeben werden.

Das Boutsen-VDS-Team reizte die Teamtaktik in Perfektion aus und Panis ließ hinter Gounon eine kleine Lücke, um den Sieg abzusichern. Die Mercedes hatten ideale Reifentemperaturen, was gut an der Runde von Maro Engel nach dem Restart zu sehen war. Dieser ging bis auf die dritte Position nach vorne und konnte sich in der Haarnadel im hinteren Teil der Strecke gar einen kleinen Ausritt leisten. Er kam schlussendlich hinter Gounon und Patric Niederhauser im Rutronik Porsche ins Ziel. Dieses bedeutete eine Vorentscheidung um die Sprint-Meisterschaft, da Weerts gar Plätze verlor und nur Neunter wurde.

Selbst die Sieger im Silver-Cup mit Panis/Gazeau und Gold-Cup mit Legeret/Gachet im CSA-Audi landeten vor ihm. Der Bronze-Cup wurde in der letzten Runde für den McLaren von Garage59 mit Prette/Ramos entschieden, da der Sky Tempesta Ferrari von Dustin Blattner im Rutronik Porsche in den Kies befördert wurde. In der Gesamtwertung ging es nun mit 6,5 Punkten Vorsprung für den Winward Mercedes in den zwölften Renntag des Sprintcups in diesem Jahr.

Sonntag

Nach Nebelauflösung, was eine Verschiebung der Qualifikation zur Folge hatte, ging es in die letzte Qualifikation des Jahres. Selbst der brennende Attempto Audi des Samstags konnte mit neuaufgebautem R8 in den Tag gehen. Patric Niederhauser bestätigte in der Qualifikation erneut die gute Saisonschlussphase von Rutronik Racing mit der Pole Position. Das gleiche galt für den Samstagssieger Jules Gounon, der den Boutsen VDS Mercedes auf die zweite Position stellte. Die beiden Meisterschaftskontrahenten konnten an die bärenstarken Auftritte aus Hockenheim und Magny-Course gar nicht anknüpfen. Für Maro Engel ging es nur auf die siebte Position, während für WRT mit Charles Weerts auf dem 15. Platz das verkorkste Wochenende weiterging. Die Schwäche des BMW auf eine Runde in den Qualifyings ist im GT-Sport 2024 nichts Neues. Jedoch zeigten die Team- und Markenkollegen im Silver- und Bronze-Cup, dass sie die Pace innerhalb der Klasse mitgehen konnten. Somit kann die BOP nicht allzu schlecht für die BMW gewesen sein. Für die Meisterschaft schien damit die Luft raus, was sich im Rennen auch zeigen sollte.

Rennen 2

Bei idealen Bedingungen, was an viele Endurance-Finals in Barcelona erinnerte, ging es ins letzte Saisonrennen. Leider erinnerte auch der Rennverlauf an viele Endurance-Finals, bei denen Spannung und Dramatik nur über Tabellenstände, weniger über die Ereignisse auf dem Circuit de Catalunya entstanden sind.

Charles Weerts ging am Start aus dem Mittelfeld heraus erwartbar hohes Risiko und konnte sich mit zwei Rädern im Gras schon die ersten Gegner schnappen. Während Patric Niederhauser die Führung verteidigte, wurde Jules Gounon der Verlierer des Starts und war nach der Startrunde hinter Tom Gamble im McLaren, Mattia Drudi im Aston Martin, Maro Engel im Winward Mercedes und Luca Engstler im Audi. Die ersten Runden zeigten daraufhin ein typisches Barcelona-Rennen, in dem Überholmanöver nur mit viel Risiko möglich waren.

Im Feld bildeten sich teils große Lücken, da manch langsameres Auto ganze Kolonnen hinter sich aufhalten konnte. Unter den Spitzenpositionen gab es keinerlei Veränderungen bis zu den Fahrerwechseln. Sekunden vor Beginn des Stoppfensters steckte einer der Barwell Lamborghini von Gabriel Rindone im Kies der ersten Schikane. Klassischerweise wurde die Situation von der Rennleitung mit einer lokalen Gelbzone gelöst, um keine Vor- oder Nachteile im Boxenstopp-Reigen entstehen zu lassen. Möglicherweise veranlasste dieser Zwischenfall fast geschlossen das gesamte Feld dazu, den Stopp sehr früh zu machen. Ungewöhnlicherweise hatte schon drei Minuten vor Ablauf des zehnminütigen Fensters, das gesamte Feld den Pflichtstopp absolviert. Engel und Weerts kamen jeweils in der ersten möglichen Runde rein.

Der Comtoyou Aston Martin und Garage59 McLaren wechselten die Plätze auf der zweiten und dritten Position, während der Rutronik Porsche mit Sven Müller dem ersten Saisonsieg entgegenfuhr. Man merke: Den Sieg aus Magny-Cours bekamen sie ja aberkannt. Selbst ein guter Stopp sollte WRT nicht mehr helfen können. Somit hatte Lucas Auer recht leichtes Spiel, um den Titel für die „Mamba“ nach Hause zu fahren. Die schwache Pace von BMW wurde anhand Sean Gelael deutlich, der Sam de Haan im WRT-BMW aus dem Silver-Cup ersetzte. Der Ersatzpilot aus der WEC hielt eine ganze Kolonne der Cup-Konkurrenz hinter sich auf der 13. Position auf.

Um die zweite Position entwickelte sich ein größerer Kampf, da Nicolas Baert das Tempo im Aston Martin nicht ganz mitgehen konnte. Lucas Auer riskierte jedoch nichts und mischte sich nicht unnötig ein. Auch wenn Götz und Vermeulen ebenfalls aufschließen konnten, sollte es keine Platzwechsel mehr geben. Vorne konnte Rutronik den ersten Porsche-Sieg im Sprint-Cup nach Hause fahren, dieses Mal auch offiziell! Für Auer/Engel reichte der vierte Platz hinter Baert/Drudi und Gamble/Goethe (erstes McLaren-Podium der Saison) für den Titel. Für Engel ist es im dritten Anlauf der erste Sprint-Titel, nachdem er schon zwei Mal mit Luca Stolz knapp am Titel vorbeischrammte, jeweils gegen Weerts/Vanthoor im WRT Audi, bzw. WRT BMW. Für WRT geht es nun beim Endurance-Finale in Dschiddah darum, den Gesamttitel beider Wertungen einzufahren, sowie die Teamwertung.

In den weiteren Cups kam ebenfalls keine richtige Spannung mehr auf. Den Titel im Gold-Cup holten Luca Engstler und Max Hofer, interessanterweise mit zwei unterschiedlichen Fabrikaten im Saisonverlauf, da in Hockenheim mit dem Lamborghini gestartet wurde. Im Rennen wurden sie die Zweiten in der Klasse hinter dem Attempto Audi von Lorenzo Ferrari und Lorenzo Patrese.

Der Silver-Cup sieht einen einzelnen Fahrermeister in Form von Callan Williams, da Sam de Haan aus privaten Gründen seinen Start absagen musste. Mit Sean Gelael wurde ein überaus fähiger Ersatz aus dem WEC-Programm gefunden, der den Titel trotz schwieriger Umstände für BMW nach Hause fuhr. Im Rennen erreichten Williams/Gelael einen zweiten Klassenrang hinter Panis/Gazeau, die ein hervorragendes Wochenende für Boutsen VDS perfekt machten. Erwähnenswert war im Silver-Cup der weitere Gaststart von Eastalent, die bis zum Stoppfenster die Klassenführenden waren und über einen Vollzeit-Start in der Rennserie 2025 nachdenken.

Im Bronze-Cup konnte ebenfalls BMW den Meistertitel holen. Daniel Harper und Darren Leung reichten für Paradine Competition ein dritter Klassenrang zum Titel, während Rutronik auch in dieser Klasse mit Dustin Blattner und Dennis Marschall gewinnen konnte.

Das Saisonfinale des Endurance-Cups folgt so spät wie noch nie, am letzten November-Wochenende in Saudia-Arabien mit einem 6 Stunden Rennen.

Bildquelle: gt-world-challenge-europe.com (https://www.gt-world-challenge-europe.com/gallery.html?filter_season_id=24&filter_meeting_id=224&filter_race_id=1510&filter_text=comtoyou)

Das könnte Dir auch gefallen

Schreibe einen Kommentar

Wenn Du einen Kommentar abgibst, werden einige Deiner Daten gespeichert. Mehr Infos im Impressum.