Der Doppelsieg der Ferrari brachte die Italiener auch wieder in den Kampf um die Konstruktionsmeisterschaft.
Besser hätte Charles Leclerc seine Geburtstagswoche nicht beenden können. Der erste Sieg seit dem Rennwochenende in Monaco kam aber dann in seiner Deutlichkeit doch etwas überraschend. Der Kurs in Austin gilt aufgrund seiner drei sehr unterschiedlichen Sektoren als Referenzstrecke für die Formel Eins. Und Ferrari hatte an diesem Wochenende im Renntrimm klar das schnellere Auto. Allerdings fehlte dafür der Speed auf eine Runde, wie die Qualifikation zeigte. Drei Zehntel fehlten Charles Leclerc auf die Pole von Lando Norris. Der McLaren-Pilot hatte Max Verstappen um 31 Tausendstel niedergerungen. Er musste allerdings seine letzte Runde abbrechen, weil George Russell seinen Mercedes in den Leitplanken geparkt hatte.
Der Kampf zwischen Norris und Verstappen sollte auch das Rennen bestimmen. Norris hatte den Start mal hinbekommen, aber die Innenlinie in T1 nicht ausreichend abgedeckt. Verstappen sah eine Lücke und stach rein. Die sehr spitze Linie bedeutete aber auch, dass Verstappen am Ausgang sehr weit herausgetragen wurde und damit kompromittierte er die Linie von Norris, den er von der Strecke drängte. Charles Leclerc sah sich den Zweikampf gemütlich an und stieß dann einfach innen durch, übernahm die Spitze und wurde nicht mehr gesehen.
Norris musste auch noch Carlos Sainz passieren lassen und richtete sich dann auf dem vierten Platz ein. Doch gegen Ende des Rennens fanden die beiden Konkurrenten vom Start wieder zusammen. Norris hatte auf einen langen ersten Stint gesetzt und kam fünf Runden später zu seinem einzigen Stopp. Da der Reifenverschleiß des McLaren in Austin etwas besser war als der des Red Bull, fuhr Norris den Rückstand von knapp 6 Sekunden relativ schnell zusammen und hing bald im Heck des Weltmeisters.
Norris hatte ohne Zweifel das schnellere Auto. Aber wie es so ist in der F1 – ranfahren ist eine Sache, Überholen eine andere. Norris kam an der Haarnadel vor der langen Gerade immer wieder auf sieben Zehntel ran, aber das reichte trotz DRS nicht, um an Verstappen bequem vorbeizugehen, weil dem McLaren Topspeed fehlte. In der Bremszone fehlte dann rund eine Wagenlänge.
Vier Runden vor Schluss hatte er dann eine bessere Chance und war in der Anbremszone neben Verstappen, aber auf der Außenlinie. Beim Einlenken und am Scheitelpunkt war Verstappen aber klar vor dem McLaren. Norris blieb außen standhaft, aber Verstappen musste aufgrund seiner engen Linie das Auto weit nach außen treiben lassen. Norris blieb auf dem Gas und überholte den Niederländer. Aber es schon ohne Zeitlupe klar, dass die Rennleitung das nicht würde durchgehen lassen.
Überraschenderweise funkte McLaren an seinen Fahrer, dass er sich keine Sorgen machen müsse, er sei am Scheitelpunkt vor Verstappen gewesen. Keine Ahnung, was die da gesehen haben wollen. Norris hätte den Platz an einer geeigneten Stelle in der gleichen Runde zurückgeben müssen. Er hätte ja noch vier weitere Runden gehabt. So gab es eine 5-Sekunden-Strafe. Fast hätte Norris den dritten Platz dennoch behalten, denn im Ziel lag er 4,1 Sekunden vor Verstappen.
Red Bull hatte ein durchaus gutes Wochenende. Verstappen gewann die Pole für den Sprint und das Rennen am Samstag relativ leicht. Aber auf der langen Distanz im Rennen fehlte dem Red Bull doch einiges. Ferrari war klar schneller und auch Norris im McLaren war besser unterwegs. Vor allem auf den harten Reifen machte der Red Bull keinen guten Eindruck. Und auch die Mercedes wirkten deutlich besser.
Doch Mercedes hatte ein katastrophales Wochenende. Die Sprint-Pole verlor Russell um 12 Tausendstel, das kurze Rennen beendete er allerdings nur auf Platz 5, da er im Startgetümmel Pech hatte. Die Quali für das Hauptrennen beendete Russell nominell auf P6, aber wie erwähnt zerlegte er seinen Wagen am Ende der Quali. Das erforderte einen umfangreichen Wiederaufbau des Chassis, was dazu führte, dass Russell aus der Boxengasse starten musste.
Das Rennen lief für ihn dann aber besser. Er startete auf der harten Mischung und blieb dann für einen sehr langen Overcut bis in Runde 40 draußen. Das bugsierte ihn am Hinter- und Mittelfeld vorbei in die Punkte. Wobei auch der sehr gute Speed des Mercedes eine große Rolle spielte. Der Mercedes hat einen optimalen Topspeed, was Russell auf der Strecke, auf der man eher schwer überholen kann, dann sehr entgegenkam. Nach seinem Stopp kam er auf P8 wieder ins Rennen. Nico Hülkenberg war auf seinen älteren Reifen kein Gegner und auch den mal wieder strauchelnden Sergio Perez schnappte sich Russell um am Ende auf einem sechsten Platz zu landen. Nicht schlecht, wenn man aus den Boxengassen startet und ein Fall für „Was wäre wenn… “ und Russell in der zweiten Reihe gestartet wäre.
Lewis Hamilton hatte dagegen ein rabenschwarzes Wochenende. In der Sprint-Quali landete er 5 Zehntel hinter Russell, in der Quali für das Hauptrennen wurde seine schnellste Runde gestrichen und er war nach Q1 schon raus. Im Rennen war nach drei Runden Schluss, als er seinen Mercedes ohne äußeren Einfluss in den Kies bugsierte. Man merkt, dass seine Konzentration sich langsam Richtung Ferrari verschiebt.
So amüsant der Zweikampf zwischen Norris und Verstappen war, es war eines der wenigsten Highlights des Rennens. Vorne tat sich nichts und die einzig bemerkenswerte Sache war, dass Ferrari mal den Strategie Call richtig hatte. Man holte in Runde 22 Sainz zum Stopp rein, der zu diesem Zeitpunkt hinter Verstappen lag. Red Bull konterte den Stopp aber nicht, da man auf eine Ein-Stopp-Strategie gesetzt hatte und sich nicht sicher war, ob man mit einem zu frühen Stopp am Ende mit angenagten Hinterreifen dastehen würde. Der Undercut funktionierte und erstaunlicherweise bekam Sainz gegen Ende des Rennens auch keine Probleme mit seinen Reifen.
Etwas mehr zu beobachten gab es im Kampf um die Plätze 8-10. Da hatten die beiden Haas in der Quali überrascht. Das komplett überarbeitete Auto, dessen neue Anbauteile schon zu einem großen Teil von Toyota (TRG) aus Köln kamen, zeigte sich schnell und konkurrenzfähig. Im Rennen zeigten sich beide Haas-Piloten in den Punkten. Hülkenberg hatte dabei die bessere Strategie, da er von Haas auf nur einen Stopp gesetzt wurde. Magnussen holte man in Runde 18 und 39 an die Box und verlor dann vor allem im zweiten Stint viel Zeit, weil er mit den ganzen Ein-Stoppern aufgehalten wurde. Aber Hülkenberg sicherte seinem Team wieder wichtige Punkte.
Die beiden letzten Plätze gingen an zwei Neulinge. Liam Lawson kam auf P9, Franco Colapinto auf P10. Das war in beiden Fällen eine Überraschung und hatte auch viel mit der gewählten Strategie zu tun. Lawson kam von P19, Colapinto von P15. Aber beide wählten den langen Overcut, den auch Russell gewählt hatte. Das sorgte dafür, dass sie nach vorn gespült wurden. Lawson zeigte dabei aber das etwas bessere Rennen, weil er auf dem Weg nach vorn einige Konkurrenten überholen musste. Die beiden Sauber waren eher unproblematisch, an Stroll, Alonso und Gasly musste er sich aber vorbeiarbeiten.
Colapinto zeigte am Wochenende mal wieder eine hervorragende Leistung. In der Quali wurde er nur um 11 Tausendstel von Albon geschlagen. Im Rennen hatte er das bessere Ende, aber klar für sich. Allerdings auch, weil Albon am Start mit Ocon leicht kollidierte. Der Williams-Pilot musste in der dritten Runde an die Box, was ihn zu einer Zweistopp-Strategie zwang. Die sich am Wochenende als nachteilig erwies. Aber es machte generell den Eindruck, dass Albon in Austin mehr Probleme hatte als sein Teamkollege. Wird noch ein interessanter teaminterner Kampf bis zum Ende der Saison. Und Colapinto empfiehlt sich weiter für Audi.
Nichts zu sehen gab es am Wochenende von Aston Martin. Obwohl diese auch ein signifikantes Update der Seitenkästen mitgebracht hatten, lief bei denen gar nichts zusammen. Alonso schaffte zwar den Sprung in Q3, aber das war es dann auch schon. Im Rennen gingen beide Aston Martin komplett unter und Alonso musste beide Haas und sogar den Alpine von Gasly passieren lassen. Irgendwas läuft bei Aston seit einiger Zeit grundsätzlich schief und die Updates, die immerhin mit hoher Frequenz kommen, bringen so gut wie nichts. Ein Phänomen, dass Aston Martin schon seit einiger Zeit quält.
Die einzige bemerkenswerte Meldung von Sauber war ein Interview mit Mattia Binotto in der „Corriere della Serra„. Da gab es zwei interessante Aussagen. Zum einen erwähnte er, dass er bei Sauber etwas sieht, was er zuletzt 1995 bei Ferrari gesehen habe. Den totalen Wiederaufbau eines Teams. Relativ offen sagt er, dass sowohl die Struktur als auch die Organisation des Teams komplett neu aufgebaut werden müssen. Das gilt auch für Teile des Personals. Zudem fehlen rund 400 Leute, die man jetzt mühsam suchen muss. Was andeutet, dass Audi 2026 offensichtlich nicht vorn dabei sein kann. Wie lange ein Neuaufbau dauert, kann man an McLaren sehen. Die haben fünf Jahre benötigt.
Die zweite interessante Sache aus dem Interview, dass Binotto bestätigt, dass man weiter auch mit Mick Schumacher redet. In Austin bestätigte er dies noch mal ebenso wie die Meldung, dass es weiter keine Einigung mit Bottas gibt. Im Interview legt Binotto auch klar dar, dass seine ideale Kombination erfahrener Fahrer und ein Nachwuchspilot ist. Die Erfahrung hat man mit Hülkenberg schon im Team. Die drei verbleibenden Kandidaten für Audi sind dann: Bottas, Schumacher und Colapinto. Es dürfte diverse interne Gespräche geben, wen man bevorzugt, was die lange Zeit, die man für eine Entscheidung benötigt, erklärt. Ganz einig scheint man sich da nicht zu sein.
Von Audi hört man, das Risiko, mit Schumacher eingehen zu wollen. Zu verlieren hat man ja auch nichts. Das nächste Jahr wird ähnlich schlecht laufen wie diese Saison. Das nimmt den Druck von Schumacher und man kann sehen, ob er Hülkenberg das Wasser reichen kann, oder nicht. Für eine langfristige Planung wäre es sicher besser, wenn man wüsste, dass man einen Nachwuchsfahrer hat, der auch abliefert. Colapinto scheint eine solche Lösung zu sein, aber den müsste man von Williams ausleihen und wenn die Briten den wieder zurückhaben wollen, wäre das auch schlecht.
Am Schluss noch ein Blick auf die WM. 57 Punkte Vorsprung hat Verstappen nun. Das ist zu viel für die ausstehenden fünf Haupt- und zwei Sprintrennen und Norris muss darauf hoffen, dass Red Bull mal ein technisches Problem bei Verstappen hat. Erst das würde die Fahrer-WM wirklich wieder spannend machen.
In der Konstrukteurs-WM sieht es dagegen ganz anders aus. McLaren führt mit 40 Punkten vor Red Bull. Die wiederum nur 8 Punkte vor Ferrari liegen, die sich mit dem Doppelsieg wieder im Kampf um die WM zurückgemeldet haben. Die WM wird klar über den zweiten Fahrer entschieden, und da sind Ferrari und McLaren mit Sicherheit besser ausgerüstet.
Nächstes Wochenende geht schon weiter mit dem Rennen in Mexiko.
Bilder: Pirelli