Kaum ist die F1 aus dem Dornröschenschlaf erwacht, geht es schon wieder weiter. Kann Ferrari erneut siegen?
Das Hauptthema nach dem Rennen in den USA ist der Kampf zwischen Norris und Verstappen. Und der Tenor in den Medien lautet: Norris ist zu „weich“ im Umgang mit dem Niederländer. Norris macht sicher noch zu viele Fehler. In den USA ließ er nach dem Start die Innenseite zu offen. Was eine Einladung für jeden anderen Fahrer war. Charles Leclerc hatte sich schon dort positioniert, als Verstappen ihm die Linie wegnahm. Und selbst ein Lance Stroll hätte die Linie, die Verstappen gewählt hat, genommen. Norris hat einfach nicht aufgepasst, was ja nicht das erste Mal passiert.
Andere sagen, Norris habe sich zu passiv verhalten, als Verstappen ihn bei seinem Überholversuch in den letzten Runden abgedrängt habe. Auch das sehe ich etwas anders. Norris war auf der Außenseite, und es gibt keine Regel, die besagt, dass ein Fahrer eine Wagenbreite Platz lassen muss, wenn er vor dem Scheitelpunkt vor dem Konkurrenten liegt. Zudem war ja auch genug Platz, was ein Problem mit den modernen Strecken ist, die keine schmalen Kiesbetten hinter den Curbs haben. Norris war sich dessen auch bewusst, weswegen er beim Team nachhakte. Die sagten ihm aber fälschlicherweise, dass in der Kurve vor Verstappen gelegen habe. Ob das jetzt passierte, weil man es für einen Moment glaubte gesehen zu haben, oder ob man einfach hoffte, dass Norris die sicher folgende 5-Sekunden-Strafe rausfahren würde können, ist dann eine andere Frage.
Das Duell wird sich in Mexiko vermutlich fortsetzen, wenn McLaren nicht wieder das bessere Auto hat. Und die andere Frage ist, ob der Kampf vor oder hinter den Ferrari stattfindet. Die erlebten in Austin eine Art Renaissance und waren klar das schnellste Team. Ein Blick in die Sektoren belegt das: Im ersten Sektor war Leclerc schnellster, im zweiten Sektor, mit der langen Geraden, lag Leclerc zwar zwei Zehntel hinter Russell, aber Leclerc hatte an der Spitze keinen Windschatten, den er nutzen konnte. Beide Sektoren sind wichtig für das Rennen in Mexiko. Was also einen Hinweis darauf geben kann, wie gut Ferrari in Mexiko sein könnte.
Aber eine weitere Rolle dürfte die Höhe spielen, auf der die Strecke liegt. 2260 Meter über dem Meeresspiegel liegt der Kurs und das hat Auswirkungen auf drei Dinge: Die Motorleistung, die Kühlleistung und auf den Abtrieb. Aufgrund der Hybridleistung ist der Motor nicht mehr ganz so stark betroffen, wie noch früher, aber bemerkbar sollte der Leistungsverlust schon sein. In der Vergangenheit hatte Honda damit die wenigsten Probleme.
Die Kühlung ist da schon ein anderes Kaliber. Die dünnere Luft reduziert auch die Kühlleistung, was dazu führt, dass die Teams mehr Öffnungen für Luftein- und Auslass am Auto haben müssen. Da gleichzeitig der Abtrieb aufgrund der Höhe ebenfalls reduziert ist, führt das zu einem eher ungünstigen Aerodynamik. Kaum jemand bringt ein eigenes Aero-Paket für ein Rennen in Mexiko, aber man wird die Autos anpassen müssen. Wie bekannt, hatte Red Bull hier in der Vergangenheit den besten Kompromiss gefunden.
Aber die Augen sind auf Ferrari gerichtet, die mit dem letzten Update offenbar jede Menge Potenzial im Auto gefunden haben. Die Bestzeiten von Leclerc im schwierigen ersten Sektor von Austin sprechen eine deutliche Sprache. Aber auch in den anderen Sektoren war Ferrari in den Top 5, was für ein sehr ausgeglichenes Chassis spricht. Zudem hatte man im Rennen keinen Moment das Gefühl, dass sich Leclerc vorn wirklich anstrengen musste.
Traditionell sind die Mercedes ebenfalls recht gut in Mexiko. Deren Topspeed ist es vor allem, der sie dort weit nach vorn bringen könnte. Die letzten Rennen liefen für die Deutschen nicht gut und Austin war da keine Ausnahme. Der sechste Platz von Russell, nachdem er aus der Boxengasse starten musste und im Rennen eine 5-Sekunde-Strafe kassierte, war allerdings durchaus bemerkenswert. Ohne die Strafe wäre er allerdings auch nicht weiter vorn gelandet, denn sein Abstand zu Piastri betrug am Ende 34 Sekunden.
Aber die gute Fahrt zeigt, dass der Mercedes weiter stark ist und man sollte sie auf gar keinen Fall unterschätzen. Es wäre auch mal wieder an der Zeit, dass sich das Team ganz vorne zeigt, denn bisher lief die zweite Hälfte der Saison alles andere als gut. Das gilt auch für Lewis Hamilton, der kaum noch auffällt. Sein Dreher in Austin hatte schon fast symbolhaften Charakter, und es wäre vermutlich auch für seine Psyche nicht schlecht, wenn er mal wieder auf dem Podium landen würde.
Im Mittelfeld erwarte ich Haas, RB und Williams, der Rest sortiert sich dahinter ein. Die Frage wird hier sein, ob es Alonso gelingen wird, den Aston in Q3 zu bringen, was seine Chancen auf ein paar Punkte zumindest erhöhen würde. Aber die Chancen stehen im Moment eher schlecht, was viel über den Zustand von Aston Martin aussagt.
Strategie:
Pirelli bringt C3, C4 und C5 mit. Dazu allerdings auch noch eine weitere Mischung, was den Ablauf des Wochenendes etwas verändert. Das zweite freie Training wird vollständig der Validierung der weicheren Mischungen der Pirelli-Reihe 2025 (C4, C5 und C6) in einem sogenannten Wettbewerbstest gewidmet sein. Die Sitzung wird von 30 auf 90 Minuten verlängert und alle Fahrer und Teams müssen einem von den Pirelli-Ingenieuren festgelegten spezifischen Programm folgen. Abgesehen von der Trockenreifenzuteilung speziell für den Grand Prix (zwei harte Sätze, drei mittlere und sieben weiche Sätze, einer weniger als üblich) erhält jeder Fahrer zwei zusätzliche Reifensätze. Diese Prototypen-Option für 2025 soll ausgiebig getestet werden, was interessant zu beobachten sein wird, denn die Teams werden nicht ihr übliches Programm durchlaufen lassen können.
Geplant ist, dass das Programm für jeden Satz einen Performance-Lauf und einen Long-Run umfasst, wobei jedes Team je nach Art des Laufs die gleiche Anzahl Runden mit der gleichen Treibstoffmenge an Bord laufen soll. Alle Testdaten werden dann von den Pirelli-Ingenieuren analysiert, um die Eigenschaften der Mischungen vor dem Gruppentest in Abu Dhabi zu optimieren, der am Dienstag nach der letzten Runde der Meisterschaft 2024 beginnt. Das bedeutet, dass die Teams ihre Autos innerhalb von zwei Stunden auf das Qualifying und das Rennen vorbereiten müssen: FP1 am Freitag und FP3 am Samstag.
Von der Strategie her handelt es sich dabei meist um ein One-Stop-Rennen. Letztes Jahr versuchte die Mehrheit der Fahrer, den ersten Stint so weit wie möglich in die Länge zu ziehen. Ein Safety-Car und eine spätere rote Flagge, nachdem Kevin Magnussen im Haas von der Strecke abgekommen war, führten dazu, dass fast das gesamte Feld in einem Rennen, das praktisch in zwei Teile geteilt war, drei Reifensätze nutzte. Das wird in diesem Jahr, abgesehen vom SC, vermutlich mal wieder eine eher zähe Angelegenheit im Rennen.
Bilder: Pirelli
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Carlos Sainz hat hat in seinem Ferrari in Mexiko den zweiten Sieg in Folge beschert. Lando Norris hielt seine WM-Chancen mit Rang zwei hinter dem Spanier. In Las Vegas werden die Karten neu gemischt. Bleibt spannend für das Jahr 2024
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