Das Rennen hatte nur ein Highlight: ein harter Kampf zwischen Verstappen und Norris. Der Rest war eine Prozession.
Ferrari hatte am Wochenende erneut das beste Auto im Angebot. Der vor dem letzten Rennen renovierte SF24 zeigte auch in Mexiko seine Überlegenheit. Sainz holte sich mit einem überraschend großen Abstand von fast 3 Zehntel die Pole vor Verstappen. Der gewann zwar von P2 den Start, aber in Runde 8 segelte Sainz auf der langen Gerade vorbei. Und ab diesem Zeitpunkt sah man den Spanier auch nicht. Er fuhr einen Sicherheitsabstand von ein paar Sekunden heraus und blieb bis zum Ende des Rennens vorn, auch wenn es am Ende etwas Druck von Norris gab.
Der Brite hatte ein deutlich abwechslungsreicheres Rennen. Er versuchte sich nach Sainz auch Verstappen, doch der Weltmeister zeigte mal wieder seine unfaire Seite. Auf der kurzen Gegengerade war Norris vor dem Scheitelpunkt klar vor dem Niederländer, der am Ausgang aber seinen Red Bull weit raustragen ließ und Norris ins Gras abdrängte. Norris kürzte zwangsweise über die Wiese ab und lag so vor Verstappen.
Vor Kurve 8, der schnellen Linkskurve vor den Esses auf der Rückseite der Strecke, bremste Verstappen extrem spät und setzte zu einem Überholmanöver an. Er drückte Norris weit raus und musste selbst auch die Strecke verlassen. Er hätte mit dem Speed die Kurve nie geschafft, es war also von Anfang an von Verstappen einkalkuliert. Man kennt das von ihm. Er macht das seit Jahren und hofft, dass der Konkurrent schon Platz machen wird.
Die Rennleitung griff in diesem Fall aber mal durch. Verstappen bekam für beide Aktionen jeweils eine 10 Sekunden Strafe. Und das fand ich noch gnädig. Wir reden seit Jahren über die Fahrweise des Niederländers und es passiert nichts, weil sich Verstappen immer in einer Grauzone aufhält. Bisher haben nur zwei Fahrer entschieden dagegen gehalten: Hamilton und Leclerc. Vor allem bei Hamilton führte das zu zwei Unfällen. Aber immerhin reichte das, um Verstappen seine Grenzen aufzuzeigen. Es scheint der einzige Weg zu sein, ihm Respekt abzuringen.
Die 20 Sekunden sollten Verstappen natürlich im Rennen nicht helfen. Bei nur einem Boxenstopp gab es keine Strategie, etwas gegen den Verlust der Positionen zu unternehmen. Red Bull holte ihn in Runde 27 rein, damit er wenigstens eine Art Undercut bekam. Nach dem Stopp lag er dann auf P15, arbeitete sich aber natürlich schnell nach vorn. Er profitierte auch davon, dass mit Lawson, Bottas und Colapinto drei Fahrer vor ihm lagen, die mit den harten Reifen gestartet waren. Die warten lange mit ihrem ersten Stopp und waren leichte Beute für den Red Bull. Am Ende kam dann noch ein sechster Platz für Verstappen raus, was mehr war, als ihm nach den beiden Vorfällen zustand.
Vorn tat sich wie erwähnt wenig. Die beiden Ferrari drehten ihre Runden, dahinter lag mit einem Abstand von rund 6 Sekunden Lando Norris. Es tat sich vor allem deswegen nichts, weil auch dem einzigen Boxenstopp alle ihre Reifen schonten. Die Spitze kam zwischen den Runden 30 und 33 rein und musste die harten Reifen dann bis zum Rennende in Runde 71 drauf lassen. Dementsprechend tat sich wenig.
Erst ab der Runde 55 gab es Bewegung. Norris hatte sich lange zurückgehalten, legte aber dann einen Zahn zu. Er reduzierte den Rückstand zu Leclerc von 6 Sekunden relativ schnell auf 1,5 Sekunden und übte viel Druck aus. Der Ferrari-Pilot verteidigte sich geschickt, hatte aber sichtbar Probleme mit seinen Hinterreifen. Ein paar Runden vor Schluss brach sein Auto dann in der letzten Kurve schlagartig raus und um ein Haar wäre er in der Leitplanke gelandet. Damit war Norris natürlich vorbei, aber um noch an Sainz heranzukommen fehlte ihm dann die Zeit. Aber immerhin holte er sich ein paar wichtige Punkte gegenüber Verstappen. Der Rückstand zu Verstappen beträgt jetzt nur noch 47 Punkte.
Hinter dem Spitzentrio lagen beide Mercedes, die aber in ihrem eigenen Rennen unterwegs waren. Obwohl Russell und Hamilton in einem engen Zweikampf lagen, betrug der Rückstand am Ende satte 44 Sekunden. Das ist ein Verlust von rund 0,6 Sekunden pro Runde. Was schon überraschend viel ist, war Mercedes im Rennen doch immer etwas besser unterwegs. Der Zweikampf zwischen beiden Piloten war recht amüsant anzusehen. Wobei Russell mit einem leicht beschädigten Frontflügel etwas im Nachteil war. Am Ende setzte sich Hamilton dann durch und holte den vierten Platz.
Aber zufrieden wird man bei Mercedes nicht sein. Die diesjährige Formkurve von Mercedes ist auch schon merkwürdig. Am Anfang lief gar nichts zusammen, dann kam das Update in Miami, mit dem man sich langsam nach vorne arbeitete. Und zum Ende der ersten Halbzeit sah es so aus, als ob Mercedes und McLaren ungefähr gleichauf lagen. Aber seit dem Start der Rückrunde liegt man wieder genau, wo man ungefähr im Mai und Juni gelegen hat. Sicherlich wird man sich bei Mercedes auch fragen, wo man im Sommer bei der Entwicklung falsch abgebogen ist.
Mehr als der sechste Platz von Verstappen war für Red Bull nicht drin, weil Perez mal wieder ein rabenschwarzes Wochenende hatte. In der Quali fiel er in der ersten Runde schon raus, beim Start stand er nicht richtig in seiner Box und kassierte eine 5-Sekunden-Strafe und im Rennen geriet er, ausgerechnet, mit Liam Lawson aneinander, wobei er sich seinen rechten Seitenkasten beschädigte. Am Ende wurde Letzter. Und mehr hatte er auch bei seinem Heimrennen nicht verdient. Für Red Bull war das ein schmerzhaftes Rennen im Hinblick auf die Punkte für die Team-WM.
Den siebten Platz holte sich Kevin Magnussen im Haas. Die waren in Mexiko erstaunlich stark und beide schafften den Sprung in die Top Ten. Erneut lag der Däne dabei vor Hülkenberg. Offenbar kommt Magnussen mit dem seit dem letzten Rennen deutlich verbesserten Auto auch besser zurecht als der Deutsche. Hülkenberg verlor auch im Rennen sukzessive an Boden gegenüber seinem Teamkollegen, der zeitweilig sogar das Tempo der Mercedes mitgehen konnte. Hülkenberg konnte das nicht. Am Ende musste er auch Piastri passieren lassen.
Der Neuseeländer war die große negative Überraschung in der Qualifikation, weil er schon in der ersten Runde raus war. Von P17 gestartet, musste er sich dann durch das gesamte Feld kämpfen. Mit einem schweren Auto tat er sich damit zu Beginn des Rennens sehr schwer. Obwohl mit seinem Medium deutlich besser ausgestattet als die Kollegen im Hinterfeld, die meist auf den harten Reifen unterwegs waren, braucht er eine ganze Weile, um sich freizuschwimmen. Selbst die Sauber stellten zunächst ein Hindernis dar.
Nachdem sich das Feld etwas auseinandergezogen hatte, lief es dann besser. Piastri holte sich einen Konkurrenten nach dem anderen und blieb zu Überraschung der Konkurrenz auf den Medium bis in Runde 39 draußen. Erst dann nahm er die harten Reifen und hatte dann einen deutlichen Vorteil gegen den anderen Fahrern, die rund 10 Runden früher drin waren. Piastri nutzte den Vorteil und arbeitete sich auf P8 nach vorn. Mit einem etwas besseren Start und einem etwas besseren ersten Stint wäre da durchaus auch P6 drin gewesen.
Den letzten Punkt holte sich Pierre Gasly im Alpine. Der hatte ein fantastisches Wochenende und holte aus dem Alpine wirklich alles raus. Er schaffte den Sprung in Q3, was schon die erste Überraschung war. Sicher, er profitierte davon, dass mit Piastri und Perez zwei Top-Fahrer fehlten, aber dennoch war das eine phänomenale Leistung. Das konnte der Franzose im Rennen fortsetzen. Er fuhr dabei ein relativ einsames Rennen, da von hinten eigentlich keine echte Bedrohung nahte, sieht man mal von Piastri ab. Einzig Liam Lawson, der sich am Start auf P10 gesetzt hatte, schien eine Konkurrenz zu sein.
Gasly hatte im Alpine keine echte Chance nach vorn anzugreifen. Ihm blieb nur übrig, seine Runde so konstant und so schnell wie möglich zu absolvieren. Lawson hätte am Ende durchaus eine Gefahr für Gasly sein können, aber der Newcomer hatte ein zähes Rennen. Fast während des gesamten Rennens hatte er irgendwelche Zweikämpfe mit anderen Fahrern, was deutlich Zeit kostete. Am Ende zerbröselte sein Rennen sprichwörtlich mit einem Frontflügel, den Lawson sich am Heck von Colapinto abfuhr. Gasly konnte es nur Recht sein, denn so konnte er einen überraschenden Punkt für Alpine holen.
Hinter den Top Ten gab es wenig zu berichten. Albon und Tsunoda gerieten im Startgetümmel aneinander, wobei beide schuldlos waren. Es waren einfach zu viele Autos auf zu wenig Strecke unterwegs. Williams blieb damit nur mit Colapinto im Rennen. Der zeigte sich kampfwillig, konnte aber mit dem Williams nicht viel ausrichten. Er landete am Ende nur hinter Stroll auf P12.
Von den Aston Martin war erneut mal wieder nichts zu sehen. Weder in der Quali noch im Rennen. Alonso musste sein Auto in Runde 19 abstellen, weil die Temperaturen seines Motors ins Astronomische stiegen. Stroll fiel im Rennen dann nicht weiter auf. Ich bin jede Woche wieder überrascht, wie schlecht die Aston geworden sind. Da die technischen Regeln im nächsten Jahr nicht ändern werden und Adrian Newey ab April vermutlich keine Sekunde mit dem alten Chassis verbringen wird, dürfte das eine lange schwere Zeit für Aston werden.
Nächste Woche geht in Brasilien weiter. Auf der kurzen Strecke werden die Abstände deutlich geringer sein. Ferrari geht nach den zwei Siegen aber natürlich als Favorit ins Rennen.
Bilder: Pirelli