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Formel Eins: Analyse GP von Brasilien – Verstappen schwimmt allen davon

von DonDahlmann
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Regen hat noch immer jedem Rennen gutgetan und so war das auch in Brasilien. Es war ein chaotisches und deswegen auch höchst unterhaltsames Rennen.

Das schlechte Wetter in São Paulo hatte einige Auswirkungen auf das Rennen. Und vor allem auf die Qualifikation. Das Sprintrennen lief noch normal und endete mit einem Doppelsieg für McLaren. Dabei war Piastri so gnädig, Lando Norris am Ende des Rennens noch vorbeizulassen. Aber danach ging es in Brasilien drunter und drüber. Der Regen kam und wusch die Qualifikation am Samstag weg. Die wurde dann auf den Sonntagmorgen um 07.30 Uhr Ortszeit verlegt. Die verregnete Quali erbrachte eine interessante Startaufstellung. Zwar holte sich Norris die Pole vor Russell, doch dahinter sah man mal ein paar andere Fahrer: Tsunoda auf P3, Ocon P4, Lawson P5, Leclerc P6, Albon P7, Piastri P8 und beide Aston auf den letzten beiden Plätzen der Top Ten. Verstappen verpasste den Sprung in Q3 und wegen eines Wechsels am Motor rutschte er am Ende auf P17.

Der Start des Rennens kam dann im ersten Versuch nicht zustande, weil Stroll sein Auto in der Einführungsrunde erst in die Bande und dann, als er wegfahren wollte, auch noch in den Kies setzte. Der Start wurde abgebrochen, aber Norris fuhr bei blinkenden gelben Lichtern dennoch los. Was nicht erlaubt war. Denn dafür hätten die Lichter grün blinken müssen. Es musste eine Strafe folgen. Die Rennleitung entschied sich Stunden nach dem Rennen für eine Verwarnung und eine Geldstrafe. Na ja.

Aber es war sowieso nicht der Tag von Lando Norris und McLaren. Den Start verlor er mal wieder, dieses Mal gegen den Mercedes von George Russell. Dahinter sortierte sich zunächst alles so ein, wie am Start. Aber zu den größten Gewinnern der ersten Runden gehörte Max Verstappen, der einmal wieder im Regen seine Extraklasse zeigte. Schnell lag er in den Top Ten und düpierte auf der Bremse ins Senna-S gleich mehrere Konkurrenten, darunter auch Oscar Piastri, den er wie einen Anfänger aussehen ließ. Und ohne große Mühe lag Verstappen vor Runde 20 schon auf P6. Da blieb er allerdings hinter Leclerc hängen, der seinerseits hinter Ocon und Tsunoda steckte. Interessanterweise war der Abstand zu Russell aber überschaubar – nur 12 Sekunden fehlten dem Weltmeister und damit hatte er noch alle Chancen auf ein Podium.

Leclerc kam überraschend früh in Runde 24 an die Box, nahm aber trotz drohendem Starkregen doch die Intermediates. Hülkenberg folgte, strandete aber eine Runde später kurzseitig und löste ein VSC aus. Das nutzten dann etliche Fahrer zu einem Stopp, nur Ocon, Verstappen und Gasly blieben draussen. Die Bedingungen waren nun richtig schlecht und hinter dem Trio überholte Norris endlich Russell. Die Frage stellte sich, wann die drei vorn an die Boxen kommen würden.

Doch die Spitze und damit beide Alpine und Max Verstappen hatten Glück. Colapinto zerstörte seinen Williams erneut und löste damit eine rote Flagge aus. Und damit konnte die Spitze dann in der Unterbrechung ohne Zeitverlust die Reifen wechseln. Was natürlich keine guten Nachrichten für Norris waren, der jetzt hinter Verstappen in den Restart gehen musste. Aber damit war das Rennen auch neutralisiert. Der Stand vor dem Restart:

OCO, VER, GAS, NOR, RUS, TSU, LEC, PIA, ALO, LAW, HAM, BOT, SAI, PER, BEA, ZHO, HUL

Die Rennleitung entschloss sich dann für einen Indianapolis-Start, anstatt eines stehenden Starts. Was angesichts des Wetters nachvollziehbar und vor allem Esteban Ocon erfreute, der somit seine Führung verteidigen konnte.  Norris hatte allerdings einen kleinen Ausflug, welcher ihm den vierten Platz kostete, da Russell wieder an ihm vorbeiziehen konnte. Auch Lewis Hamilton, der bis zu diesem Zeitpunkt ein miserables Wochenende hatte, konnte sich immerhin in den Top Ten platzieren. Doch nach nur sieben Runden war wieder Schluss, denn Carlos Sainz landete in den Reifenstapeln und musste das Rennen beenden. Da er an einem gefährlichen Platz stand, kam das SC erneut.

Zum erneuten Restart gab es dann Chaos. Verstappen setzte sich gegen Ocon durch und übernahm die Spitze. Viel schlimmer für Norris war die Tatsache, dass er sich in der ersten Kurve verbremste und einen weiten Bogen fahren musste. Das warf ihn dann von P4 auf P7 hinter Piastri zurück. In der gleichen Runde schnappte sich Charles Leclerc dann auch den Mercedes von George Russell.

Was für ein Umschwung im Rennen. Vor dem Start hatte Norris noch alle Chancen, Max Verstappen bis zu 25 Punkte abzunehmen, 27 Runden vor Schluss lag Verstappen weit vorne und sein McLaren-Konkurrent nur auf P7. Besser hätte es für Verstappen angesichts seiner Ausgangsposition nicht laufen können. Dass Verstappen allerdings so weit vorn lag, hatte vor allem mit seinem erstaunlichen ersten Stint zu tun, der ihn von P17 auf P6 brachte. Dazu kam der gute Call von Red Bull Verstappen in der ersten Unterbrechung, nicht an die Box zu holen. Das brachte ihn erst in die Lage, den schwächeren Alpine hinter sich zu lassen.

Oscar Piastri, McLaren MCL38, leads Max Verstappen, Red Bull Racing RB20 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace

War die Entscheidung von McLaren, Norris in der VSC-Phase an die Box zu holen, ein Fehler? Ja und Nein. Ja, weil die Chance auf eine rote Flagge aufgrund der Wetterverhältnisse bestand. Genau darauf spekulierten die Alpine und Red Bull. Der Unfall von Colapinto war dann Zufall, kam aber zum genau richtigen Zeitpunkt. Auf der anderen Seite war nicht klar, wie schlecht das Wetter werden würde. McLaren entschloss sich zum Stopp, weil man in einer VSC-Phase weniger Zeit an der Box verliert und neue Intermediates einiges pro Runde bringen.

Hätte man nicht gestoppt, wäre die Gefahr da gewesen, dass Russell und Leclerc am McLaren vorbeiziehen würde. Dann hätte man, ohne die Unterbrechung auch gesagt, dass die Entscheidung von McLaren während des VSC nicht nachvollziehbar gewesen wäre. Red Bull und Alpine konnten sich den Luxus erlauben, weil sie eh nichts zu verlieren hatten. Alpine, weil sie an der Spitze lagen, Red Bull, weil man im Falle eines Stopps erneut hinter Leclerc und Ocon gelegen hätte. Der Weg zur Spitze wäre zumindest sehr schwierig geworden.

Verstappen setzte sich vorn in aller Ruhe ab, was nicht überraschend war. Die Alpine verlegten sich darauf, P2 und P3 zu sichern, was für Gasly nicht ganz so einfach war, weil gegen Ende des Rennens George Russell immer langsam in den Windschatten des Franzosen kam. Aber der Alpine war auf der Geraden schnell genug, um den Mercedes in den Bremszonen hinter sich zu halten.

Weiter hinten musste sich Liam Lawson mit Lewis Hamilton und Sergio Perez auseinandersetzen, die beide auf seinen neunten Platz scharf waren. Aber Lawson verteidigte sich geschickt und konnte den Druck der beiden erfahrenen Piloten aushalten. Hamilton sicherte sich den letzten Punkt.

Doch Verstappen gewann sein erstes Rennen seit Ende Juni und das in absolut dominanter Weise. Am Ende trennten ihn von Ocon knapp 20 Sekunden. Der Niederländer bewies erneut, dass er vielleicht der beste Fahrer im Regen ist, den man im Moment im Grid finden kann. Es war ein hochverdienter Sieg und damit sollte er sich auch die vierte WM hintereinander gesichert haben.

Doch die größte Freude herrschte bei Alpine. Die landeten zum ersten Mal mit beiden Autos auf dem Podium und sammelten so 40 Punkte ein. Damit schoben sie sich von P9 auf P6 in der Konstrukteursmeisterschaft und ließen RB und Haas hinter sich. Allerdings sind die Abstände extrem eng, was die letzten drei Rennen für diese Teams spannend machen sollte. Aber sollte Alpine P6 halten hat ihnen das Rennen 50 Millionen Euro eingebracht.

Bedanken können sie sich bei Esteban Ocon, der nach einer langen Phase von schlechten Rennen mal wieder in Form war. Aber auch bei Pierre Gasly, der ebenfalls überzeugte. Obwohl nur von P15 gestartet, ist der dritte Platz in einem Alpine bemerkenswert. Möglich wurde das durch einen guten Start und die schon erwähnte gute Entscheidung von Alpine nicht an die Box zu kommen.

Die zweiten Gewinner des Wochenendes waren die RB. Yuki Tsunoda konnte seinen dritten Platz zwar nicht halten, beendete das Rennen aber auf dem siebten Platz. Liam Lawson hatte ein schwieriges Rennen mit einigen Zwischenfällen, aber für den Nachwuchspiloten war es auch das erste Rennen in einem F1 auf nasser Strecke. Von daher ist der neunte Platz ein sehr gutes Ergebnis.

Gebeutelt wurde am Wochenende mal wieder Williams. Beide Fahrer hatten in der Qualifikation einen Unfall. Albon sollte eigentlich von P7 starten, aber das Auto war so kaputt, dass man es bis zum Start nicht reparieren konnte. Colapinto zerstörte sein Auto nachhaltig im Verlauf des Rennens. Das dürfte, nach dem ganzen Schrott, den Sargeant schon dieses Jahr produziert hat, das Budget von Williams weiter belasten. Die Kostengrenze dürfte langsam eine Rolle spielen.

Auch bei den Gerüchten spielten Williams und Colapinto eine größere Rolle. Gleich zwei verschiedene Teams scheinen an dem Argentinier interessiert zu sein: Audi und Red Bull. Christian Horner wurde jedenfalls im Williams Motorhome gesichtet. Allerdings tauchte auch das Gerücht auf, dass es Horner gar nicht um Colapinto, sondern um Carlos Sainz ging. Angeblich will man Perez durch Sainz ersetzen.

Das klingt natürlich verführerisch. Sainz müsste nicht darauf hoffen, dass Williams irgendwie die Kurve kriegt und zwei Jahre hinterherfahren. Die Chancen, in einem Red Bull vorn dabei zu sein, sind sicher verlockend. Allerdings ist auch die Frage, ob der Sainz-Clan Lust hat, sich mit Jos und Max Verstappen auseinanderzusetzen. Bekanntermaßen dreht sich bei Red Bull alles um Verstappen und die Familie von ihm ist mittlerweile integraler Bestandteil des Teams und redet permanent ins Team auch rein. Siehe die Auseinandersetzung mit Christian Horner. Und dann ist die Frage, ob Sainz in einem Red Bull den Niederländer überhaupt unter Druck setzen kann.

Colapinto ist im Moment jedenfalls ein heiß begehrter Kandidat, auch wenn seine Aktien nach den Ausflügen in Brasilien etwas an Wert verloren haben dürften. Audi hat ihn wohl auf der Liste, Red Bull ebenfalls, sollte man Lawson oder Tsunoda ins Hauptteam befördern. Bei Audi gibt es zusätzlich das Gerücht, dass Binotto wohl gerne den F2 Fahrer Gabriel Bortoleto ins Team holen möchte. Auch Mick Schumacher ist noch im Rennen, weil es im Vorstand von Audi einige Fürsprecher für ihn gibt. Aber gegen Colapinto und Bortoleto wird es schwer.

Die F1 macht jetzt schon wieder drei Wochen Pause. Weiter geht es erst am 23. November in Las Vegas. Liberty Media und die FIA haben sich mit dem zerrupften Kalender für den Herbst sicher keinen Gefallen getan.

Bilder: Pirelli

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