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Formel Eins Saisonrückblick 2024 – Sauber

von DonDahlmann
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Mit viel Hoffnung in die Saison gestartet, enttäuschte Sauber auf ganzer Linie. Das Team befindet sich vor der Übernahme durch Audi in einem desolaten Zustand.

Eigentlich hat Sauber alles, was ein Team im Mittelfeld benötigt. Ein gutes Hauptquartier und einen hervorragenden Windtunnel, eine erfahrene Mannschaft und mit James Key einen zumindest erfahrenen Designer, der gut genug sein sollte, ein Chassis zu zeichnen, das sich im Mittelfeld halten kann. Dazu hat man den Motor von Ferrari, der ja nicht der schlechteste ist. Und doch lieferte Sauber dieses Jahr nicht ab. Zeitweise war man bis zu zwei Sekunden langsamer als die Spitze und selbst auf die führenden Teams im Mittelfeld fehlte oft mehr als eine Sekunde. Und in manchen Rennen war Sauber das einzige Team, das zweimal überrundet wurde. Die Perfomance als schlecht zu bezeichnen, ist noch eine Untertreibung.

Noch erschreckender als die Leistung zum Start der Saison war die Erkenntnis, dass sich die Situation nicht verbesserte. Erst am Ende der Saison, in den letzten drei oder vier Rennen, schien ein Update einen Performance Schub zu bringen. Immerhin gelang es Zhou im vorletzten Rennen, die einzigen Punkte des Jahres für Sauber zu sammeln. Was wichtig war, denn sonst wäre Sauber/Audi eine Menge Geld im nächsten Jahr entgangen. Das kann aber nicht über die insgesamt schlechte Leistung des Teams hinwegtäuschen.

Nicht geholfen haben sicher die personellen Querelen innerhalb des Teams. Andreas Seidl, den Audi mit großen Hoffnungen von McLaren weg gelockt hatte, musste Mitte des Jahres seinen Job aufgeben. Hintergrund waren wohl andauernde Streitigkeiten zwischen ihm und dem damaligen Projektleiter von Audi, Oliver Hoffmann, über die Richtung, die das Projekt nehmen sollte. Um was genau gestritten wurde, ist nicht bekannt. Wohl aber, dass sich Hoffmann permanent in die Arbeit von Seidl einmischte, weil er sich als Vertreter von Audi und damit als eigentlicher Chef von Seidl verstand. Was Seidl nachvollziehbarerweise ganz anders sah.

Audi-Vorstand Döllner sah sich die eskalierende Auseinandersetzung lange an und machte dann „Tabula rasa“. Er warf beide raus und stellte stattdessen Mattia Binotto ein. Der ließ sich vertraglich zusichern, dass er die alleinige Kontrolle über das Team hat und nur an Döllner berichtet. Das eröffnete wiederum die Frage, wer das Team im Tagesbetrieb leiten soll. Aber Audi gelang der überraschende Coup, Jonathan Wheatley von Red Bull abzuwerben. Der war bisher sportlicher Leiter bei Red Bull, sah seine Aufstiegschancen zum Teamchef aber durch Christian Horner limitiert, der trotz diverser Skandale seinen Posten behalten konnte. Wheatley wird nun neuer Teamchef bei Sauber.

Etwas überrascht hat mich die Tatsache, dass Binotto nicht gleich auch noch einen neuen Designer eingestellt hat. Was daran liegen mag, dass der Markt im Moment eher leer gefegt ist und James Key immer noch die beste Lösung ist. Die Frage ist aber auch, inwieweit Audi beim Design-Prozess hilft. Das geeignete Personal hat man ja auch im eigenen Haus. Zudem wird die Zeit eng. Die Entwicklung für 2026 hat begonnen, und jetzt noch einen neuen Designer an Bord zu holen ist schwierig. Letzter Termin für einen Wechsel an der Spitze wäre jetzt im Winter. Danach eröffnet sich erst wieder ein Fenster zu Mitte/Ende des nächsten Jahres, dann für das Chassis in 2027.

Audi ist mit den Ergebnissen bei Sauber offensichtlich nicht zufrieden und alarmiert. Wenn man schaut, wie lange McLaren benötigt hat, um von einem Hinterbänkler wieder an die Spitze zu kommen, kann man das verstehen. Zak Brown ist seit 2016 bei McLaren und seit 2018 CEO des Teams. Es hat 5 Jahre gedauert, bis er die richtigen Leute zusammengesammelt hatte und sechs Jahre, um einen Titel zu gewinnen. Brown hatte allerdings auch das Handicap, dass er erst die finanzielle Seite von McLaren richten musste. Diese Sorge hat Binotto nicht. Aber vier bis fünf Jahre sind eine realistische Zeit, um ein Team aus den Tiefen des Feldes an die Spitze zu bekommen.

Audi weiß das auch und angesichts der Turbulenzen in der Autoindustrie hat man sich schon mal einen neuen Teilhaber besorgt. QIA, der Staatsfonds aus Katar, ist der neue Partner. 250 Millionen für 25 Prozent Anteil soll QIA bezahlt haben, plus die Option, weitere Anteile zu kaufen. Sollte der VW-Konzern in Schieflage geraten und Audi damit unter Druck, hat man schon mal eine Exit-Strategie.

Das alles überschatte die Saison für Sauber. Die Neustrukturierung des Teams half natürlich nicht, dass man vorankam. Ebenso benötigen die vielen neuen Mitarbeiter in Hinwill auch Zeit, um sich einzuarbeiten. Dass es in diesem Jahr also nicht voranging, mag auch damit zu tun haben. Dass aber alle Weiterentwicklungen keinen Fortschritt brachten, ist dann schon ein Warnsignal. Auch für das kommende Jahr.

Die Fahrer konnten wenig daran ändern. Bottas bezeichnete seinen gesamten Wechsel zu Sauber als „großen Fehler“, und er bereute in Interviews nach dem letzten Rennen, dass er damals nicht das Angebot von Williams angenommen habe. Man hat Bottas aber auch schon in besserer Form gesehen. Zwar ist es schwierig, sich in so einer Situation zu motivieren, aber viele seiner Auftritte waren bestenfalls lustlos. Was seine Chancen auf dem Markt auch nicht gerade erhöhte. Hätte er aus dem Sauber mehr herausgeholt, als eigentlich drinsteckt, wären seine Chancen größer gewesen. So bleibt ihm jetzt nur die Rolle als Reservefahrer bei Mercedes.

Zhou Guanyo sind da weniger Vorwürfe zu machen. Im Gegenteil, er überraschte ein paar Mal, in dem er seinen Teamkollegen schlagen konnte. Egal, wie schlecht das Auto war, er schien zumindest motiviert alles aus dem Auto herauszuholen. Das wurde dann in Katar mit einem achten Platz belohnt. Aber es war schon zu Beginn der Saison klar, dass Audi kein Interesse hatte, den Chinesen im Team zu halten. Er wusste, dass seine Zeit in der F1 vorbei war. Zhou ist kein Vorwurf zu machen, außer, dass er nicht schnell genug war. Aber er hat immerhin alles versucht.

Es war also ein Jahr zum Vergessen für Sauber. Immerhin bleibt der Sponsor „Kick“ auch 2025 erhalten. Und vielleicht kann man ja dann auch wieder ins Mittefeld vorstoßen, denn mit Hülkenberg hat man einen der besten Entwickler der Formel Eins im Team. Und der frisch gekrönte F2-Sieger Bortoletti scheint auch nicht gerade langsam zu sein. Dazu kommt, dass Binotto seine Umstrukturierung zumindest so weit abgeschlossen haben sollte, dass man mit frischem Wind und Personal in die Saison starten kann.

Quali-Duell
Bottas – Zhou  21:3

Renn-Duell
Bottas – Zhou 14:10

Bilder: Pirelli

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