Als erster der drei großen japanischen Hersteller hat Toyota am heutigen Montag in Odaiba, Tokyo einen stark überarbeiteten Fahrerkader für die Super GT und Super Formula präsentiert. Dabei gab es neben einigen faustdicken Überraschungen auch die Ankündigung über das Karriereende von Kazuki Nakajima.
Man kann es fast schon symbolisch betrachten. Nachdem Toyota den diesjährigen GT500-Titel in der Super GT errang, begab sich der weltweit größte Automobilhersteller auch bei der Verkündung seines nächstjährigen Motorsportprogramms auf die Pole-Position. Als besonders überraschend entpuppte sich dabei der Fahrerkader für die Super GT und Super Formula, der einige essentielle Überraschungen aufweist. Wenig überraschend ist hingegen der Wechsel von Ryo Hirakawa ins Hypercar-Programm der WEC in den Wagen mit der #8 an der Seite von Sébastien Buemi und Brendon Hartley. Der GT500-Mesiter von 2017 tritt damit die Nachfolge von Kazuki Nakajima an, der heute feierlich seine langjährige und sehr erfolgreiche Motorsportkarriere offiziell beendete und fortan die Motorsportaktivitäten der Marke als Vizepräsident von Toyota Gazoo Racing Europe managen wird. Zugleich wurde Kamui Kobayashi als neuer Team Principal des WEC-Teams ernannt.
Super GT
„Never change a running system” ist ein Konzept, das man bei Toyota Gazoo Racing trotz des Meisterschaftstriumph kommende Saison nicht befolgt. Um für den nächstjährigen Kampf gegen Honda und insbesondere Nissan, die mit dem Z GT500 einen brandneuen Boliden für die Super GT am Sonntag präsentierten, gerüstet zu sein, hat man den eigenen Fahrerkader gehörig umgekrempelt. Die größte Überraschung: Der Wechsel des diesjährigen Meisters Yuhi Sekiguchi von TOM’s zu SARD. Möglich wurde diese personelle Veränderung aufgrund des Rücktritts von Heikki Kovalainen. Einen Tag nach dem Saisonfinale auf dem Fuji Speedway hatte der Champion von 2016 in einem emotionalen YouTube-Video seinen Rücktritt verkündet. Dabei erklärte der Finne, dass es durch die Pandemie schwer sei, Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Stattdessen werde er sich auf seine Rally-Karriere konzentrieren, da die japanischen Rally-Meisterschaft unter anderem einen deutlich lockeren Kalender als jener der Super GT hat. SARD beendete die diesjährige Saison abgeschlagen auf dem 13. Tabellenrang und konnte erstmals seit 2015 keinen Saisonsieg einfahren. Yuhi Sekiguchi könnte daher genau die Veränderung sein, welche die Truppe benötigt, zumal er und Teamchef Juichi Wakisaka gute Freunde sind und bereits den Anfängen von Sekiguchis Karriere zusammengearbeitet hatten. Sein Teamkollege ist Yuichi Nakyama, der dem Team erhalten bleibt.
An die Stelle von Sekiguchi bei TOM’s rückt überraschend Giuliano Alesi. Der Sohn des ehemaligen Formel-1-Fahrers sprang als Ersatz für den Thailänder Nattapong Hortongkum bei arto team Thailand in der GT300-Klasse dieses Jahr ein, der aufgrund der Einreisebeschränkungen nicht nach Japan reisen konnte. Ursprünglich galt Alesi als Kandidat auf einen Platz bei WedsSport Bandoh, da die Truppe rund um Masataka Bandoh für die Pflege und Wartung des Lexus RC F GT3 des einzigen nicht-japanischen Teams der Serie zuständig ist und so bereits eine entsprechende Verbindung bestand. Gleichzeitig war der Sohn der berühmten japanischen Schauspielerin Kumiko Goto aber auch für TOM’s in der Super Formula Lights (Vizemeister) sowie größtenteils auch als Ersatz für Kazuki Nakajima in der Super Formula am Start. Sein Überraschungserfolg beim verkürzten Regenrennen am Autopolis Circuit dürfte insbesondere Teambesitzer Nobuhide Tachi beeindruckt haben. Damit steigt Alesi nach nur einem Jahr GT300-Erfahrung bereits in die GT500-Kategorie auf – nicht ganz unähnlich zu Nick Cassidy, der vor seinem Debüt bei TOM‘s lediglich ein Rennen in der „sanbyaku“-Klasse der Super GT bestritt. Alesis Teamkollege ist Titelverteidiger Sho Tsuboi, der nach in seinem vierten GT500-Jahr nun erstmals die Rolle des Spitzenfahrers übernehmen wird. Laut Toyotas Pressemitteilung wird TOM’s trotz des Titelgewinns auf die #1 verzichten und stattdessen mit der traditionellen #36 des Teams antreten.
Wie bereits eingangs erwähnt, wechselt Ryo Hirakawa nach acht Jahren Super GT ins Hypercar-Programm von Toyoa im World Endurance Championship, wo er die Nachfolge des dreifachen Le-Mans-Siegers Kazuki Nakajima antritt. Der GT500-Champion von 2017 testete den Wagen bereits zweimal dieses Jahr; erste WEC-Luft schnupperte er zudem in Le Mans in den Jahren 2016 sowie 2017 als LMP2-Fahrer. Hirakawa kann auf eine sehr erfolgreiche Super-GT-Karriere mit insgesamt sieben Siegen, 21 Podiumsresultaten und fünf Pole-Positions zurückblicken. Zwar beendete der 27-jährige Japaner nach einem schwierigen Jahr die diesjährige Saison lediglich dem siebten Tabellenplatz. Mit dem Silberrang beim Saisonfinale auf dem Fuji Speedway fand er aber dennoch einen versöhnlichen Saisonabschluss. Neuer Teamkollege des ebenfalls zum Spitzenfahrer des Esensembles ernannten Sacha Fenestraz, der aufgrund Japans Einreisebeschränkungen die ersten fünf Saisonrennen verpasste, wird Ritomo Miyata, der 2021 gleich zwei Pole-Positionen sowie zwei Silberränge für die Bandoh-Mannschaft einfuhr und für TOM’s auch bereits in der Super Formula unterwegs ist. Der 22-Jährige ist Teil von Toyotas Nachwuchsprogramm und tritt als Hirakawa-Nachfolger somit in große Fußstapfen – ein Beleg für sein Talent.
Ursprünglich wurde Sena Sakaguchi als heißer Kandidat für freiwerdende TOM’s-Cockpit gehandelt, schließlich vertrat der aus Osaka stammende Japaner bei gleich fünf Rennen dieses Jahr Fenestraz – und eroberte gar beim Saisonauftakt seine erste GT500-Pole-Position. Anders als bei Alesi möchte Toyota dem 22-Jährigen, dessen Eltern große Fans von Ayrton Senna sind, dann aber doch nicht ins kalte Wasser werfen. Stattdessen übernimmt er das Cockpit von Ritomo Miyata bei WedsSport Bandoh – ein Team, das bereits in den letzten Jahren als gute Ausbildungsstelle für Toyotas Nachwuchspiloten fungierte. Mit Yuji Kunimoto hat de GT300-Vizemeister von 2019 zudem einen ausgezeichneten Mentor. Unverändert bleiben hingegen die Ensembles von Team Rookie sowie Cerumo. Letztere setzen damit erneut auf den dreifachen GT500-Meister Yuji Tachikawa, der somit seine 24. Saison mit just der gleichen Mannschaft bestreiten wird. Es könnte durchaus das letzte Jahr für den 46-Jährigen sein, der mit 24 Pole-Positionen mit Abstand die Bestenliste anführt, trotz seines Alters aber nach wie vor zu einem der besten aktiven Piloten gehört. An seiner Seite bleibt Hiroaki Ishiura, der seine achte Saison in Folge mit Cerumo bestreiten wird.
Team Rookie, die heuer erstmals als eigenständiges Team und nach dem Debüt 2020 nicht mehr als Zweitmannschaft von Team Cerumo agierten, haben derweil abermals Kazuya Oshima und Kenta Yamashita verpflichtet. Das Meisterduo von 2019 obsiegte beim diesjährigen Auftakt in Okayama und galt für lange Zeit als Favoriten auf den Titel, ehe technische Defekte sowie ein zweiter Motorenwechsel ihre Meisterschaftsträume auf lediglich minimale mathematische Chancen schrumpfen ließen. Für den siebenfachen Rennsieger Oshima wird es die nunmehr 14. Saison in der GT500-Klasse. Für Teamkollege Yamashita, der 2020 hauptsächlich der WEC unterwegs war, wird es das siebte Jahr in der GT500-Kategorie.
Das Aufgebot in der GT300-Klasse wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.
Auto | Fahrer | Team | Reifen |
---|---|---|---|
#14 ENEOS X PRIME GR Supra | Kazuya Oshima / Kenta Yamashita | TGR Team ENEOS Rookie | Bridgestone |
#19 WedsSport Advan GR Supra | Yuji Kunimoto / Sena Sakaguchi | TGR Team WedsSport Bandoh | Yokohama |
#36 au TOM'S GR Supra | Sho Tsuboi / Giuliano Alesi | TGR Team au TOM's | Bridgestone |
#37 KeePer TOM'S GR Supra | Fenestraz / Ritomo Miyata | TGR Team KeePer TOM'S | Bridgestone |
#38 Zent Cerumo GR Supra | Yuji Tachikawa / Hiroaki Ishiura | TGR Team Zent Cerumo | Bridgestone |
#39 Denso Kobelco SARD GR Supra | Yuhi Sekgiuchi / Yuichi Nakayama | Lexus Team SARD | Bridgestone |
Super Formula
Mit einer emotionalen Abschiedsrede beendete der dreifache Le-Mans-Sieger und WEC-Weltmeister der Saison 2018/19, Kazuki Nakajima, seine aktive Motorsportkarriere. Bereits im Vorfeld verkündete der ehemalige Formel-1-Pilot seinen Rücktritt von der Weltbühne. Zugleich gab es bei den Fans aber noch Hoffnungen, dass er seine Karriere in der japanischen Super Formula ausklingen lassen könnte. Den Helm an den Nagel hängend, möchte der Sohn der Motorsportlegende Satoru Nakajima aber nach elf Jahren in der höchsten Formel-Serie des Landes aber nun den Weg für die junge Generation freigeben und sich voll auf seine neue Rolle als Vize-Präsident von Toyota Gazoo Racing Europe konzentrieren. Nakajima kann auf eine sehr erfolgreiche Karriere mit zwei Titeln (2012 und 2014), neun Siegen sowie 31 Podiums-Platzierungen zurückblicken – den meisten aller aktiven Piloten. Hinzu gesellten sich fünf Pole-Positions sowie fünf schnellste Rennrunden. Mit seinem Rücktritt bleibt lediglich Naoki Yamamoto als längster aktiver Pilot in der Serie zurück. Ein letztes Mal soll er dann aber dann doch noch ins Cockpit klettern: Beim Hersteller- und Rookie-Test in Suzuka in dieser Woche. Vielleicht auch, weil er den Saisonabschluss auf just der gleichen Strecke wegen einer Überschneidung mit der WEC verpasst hat.
Seine Nachfolge mit traditionellen Numer #36 des Teams tritt Giualiano Alesi an. Der aktuelle Super-Formula-Lights-Vize-Champion sprang aufgrund der WEC-Terminüberschneidungen bei vier Rennen für Kazuki Nakajima bei TOM’s ein – und konnte just bei seinem zweiten Auftritt überraschend die verkürzte Regenschlacht auf dem Autopolis Circuit gewinnen. Das stressige Doppelprogramm hinterließ allerdings seine Spuren, weshalb Alesi abseits des Sensationserfolgs für den Rest der Saison etwas unter dem Radar blieb. der die letzten beiden Saisons für Kondo Racing fuhr, heuer wegen Japans Einreisebeschränkungen aber lediglich an den letzten beiden Rennen teilnehmen konnte. Für den 22-Jährigen All-Japan Formula 3-Meister von 2019 schließt sich somit der Kreis, schließlich greift er auch in der Super GT für TOM’s ins Lenkrad. Sein Teamkollege ist Ritomo Miyata, der sein Rookie-Jahr auf dem zehnten Tabellenrang beendete, und damit auch die traditonelle Team-Nummer #36 übernehmen wird. Fenestraz erhält hingegen die #37.
Keine Veränderungen gibt es hingegen bei Kondo Racing. Pop-Ikone und Herzblut-Racer Masahiko Kondo wird erneut auf das fahrerische Talent von Kenta Yamashita sowie Sacha Fenestraz zurückgreifen. Letzterer konnte heuer aufgrund der Einreisebeschränkungen Japans lediglich die letzten beiden Saisonrennen bestreiten. Mit Stabilität versucht das Team an die Erfolge von 2019 anzuknüpfen, als man erstmals die Team-Meisterschaft gewann. 2021 erreichte man nämlich lediglich drei Punkteresultate.
Unverändert bleiben auch die restlichen Toyota-befeuerten Teams. Obgleich Kamui Kobayashi dieses Jahr aufgrund terminlicher Überschneidungen sowie den Quarantänebestimmungen lediglich ein Rennen bestreiten konnte, wird der amtierende Le-Mans-Champion auch kommende Saison wieder für KCMG ins Lenkrad greifen. Auch der Meister von 2016, Yuji Kunimoto, bleibt dem Team im zweiten Wagen erhalten. Rookie Racing, die 2022 ihre erst dritte Saison in der Super Formula bestreiten werden, setzen ebenfalls weiterhin auf den Veteranen Kazuya Oshima, der 2022 seine zehnte Vollzeit-Saison bestreiten wird. Neu ist hingegen Titelsponsor docomo business – eines der zahlreichen Brand von NTT Communications, die dieses Jahr bereits die Mannschaft sponsorten. Es ist unklar, ob dies möglicherweise Auswirkungen auf das Sponsorship der Mobilfunksparte von Docomo bei Hondas Dandelion-Mannschaft haben wird.
Auf dem achten Tabellenrang verpasste Sena Sakaguchi dieses Jahr nur knapp den „Rookie des Jahres“-Titel, überzeugte aber mit seinem ersten Silberrang beim Regenrennen in der Autopolis. 2022 bestreitet der 22-Jährige seine zweite Vollzeit-Saison bei Cerumo Inging an der Seite von Sho Tsuboi, der mit Tabellenrang 15 heuer nicht an seine beiden Triumphe von 2020 anknüpfen konnte. Tsuboi gab sich vor dem Saisonfinale in Suzuka ratlos über die Formschwankung. Sein erster Super-GT-Titel dürfte ihn aber die nötige Motivation geben, um auch in der Super Formula ins Titelgeschehen einzugreifen.
2021 konnte sich Impul erstmals seit 2010 ihren achten Team-Titel seit Beginn der JRP-Ära im Jahr 1996 sichern. An der Fahrerpaarung nahm Teamchef Kazuyoshi Hoshino deshalb keine Änderungen vor. WEC-Neuzugang Ryo Hirakawa wird somit zwischen Europa und Japan reisen, da er trotz seiner neuen Verpflichtungen weiterhin auch in der Super Formula antreten wird. Sein Ziel? Die Fahrer-Meisterschaft, die er 2020 nur knapp gegen Naoki Yamamoto verpasste. Die gleichen Ansprüche hat natürlich auch Teamkollege Yuhi Sekiguchi, der nach seinem ersten Super-GT-Titel nun auch endlich nach dem Gold in der Super Formula greifen möchte.
Team | Fahrer | Fahrer |
---|---|---|
Kondo Racing | #3 Kenta Yamashita | #4 Sacha Fenestraz |
KCMG | #7 Kamui Kobayashi | #18 Yuji Kunimoto |
docomo business Rookie | #14 Kazuya Oshima | |
carenex Team Impul | #19 Yuhi Sekiguchi | #20 Ryo Hirakawa |
Kuo Vantelin Team TOM's | #36 Giuliano Alesi | #37 Ritomo Miyata |
P.MU/CERUMO・INGING | #38 Sho Tsuboi | #39 Sena Sakaguchi |
Copyright Photos: Toyota, GTA, JRP