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Sachstandsbericht Nachwuchsformeln: Januar 2022

FDA- und Red Bull Junior Team-Update, Rückblick aufs F2-Finale, FR Asia und F4 UAE vor dem Start

von StefanTegethoff
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Vor dem Blick auf das Ende der F2-Saison und zwei anstehende Winterserien gibt es zunächst ein Update über die 2022er-Besetzungen der zwei wichtigsten Junior-Akademien, die beide jüngst bekannt gegeben wurden.

Ferrari Driver Academy

Bereits abgezeichnet hatte sich die Aufnahme von Oliver Bearman in die FDA. Der 16jährige Brite dominierte letztes Jahr die Formel 4-Welt und holte sowohl in der deutschen als auch in der starken italienischen Serie den Titel, nebenbei noch einzelne Siege bei Gastauftritten in der britischen F3/GB3. Bearman wird direkt in die Formel 3 aufsteigen, was einen großen Schritt darstellt, der auch schiefgehen kann. Allerdings tritt er für Prema Racing an, die die F3 seit Anbeginn der neuen Ära dominieren (aber 2021 den Team-Titel knapp an Trident verloren), was dieses Risiko minimiert.

In der FDA verbleiben Dino Beganovic, Arthur Leclerc und James Wharton, von denen später noch die Rede sein wird, sowie Mick Schumacher und Maya Weug. Auch Robert Shwartzman bleibt Mitglied der Akademie, wird aber keine dritte Saison in der Formel 2 starten. Angekündigt sind Test- und Trainingseinsätze in der F1. Möglicherweise behält Ferrari ihn auch für den Hypercar-Einsatz in der Hinterhand und wird in 2022 noch vereinzelt im GT-Bereich einsetzen, ähnlich wie Callum Ilott in der vergangenen Saison. Ich hatte auf das neue Prema-LMP2-Team spekuliert, doch dort sind keine FDA-Mitglieder gemeldet.

Callum Ilott, Vizemeister der F2 2020, wird zumindest für 2022 nicht Teil der FDA sein, sondern sich ganz auf sein US-Abenteuer als Vollzeit-Indycar-Pilot für das neue Team Juncos Hollinger Racing konzentrieren. Da Ferrari dort keine Aktien hat, wurde der Brite freigestellt. Auch Marcus Armstrong ist nicht weiter Teil der Akademie. Der Neuseeländer hat nach dem F3-Vizetitel 2019 (mit Prema) zwei mäßig erfolgreiche F2-Saisons mit ART und DAMS absolviert: nur ein Sieg war ihm vergönnt (Jeddah-Sprint), beim Saisonfinale in Abu Dhabi fiel er in Führung liegend im zweiten Sprintrennen aus. Armstrongs Pläne für 2022 sind noch nicht bekannt.

Ferrari hat damit erst einmal keinen der eigenen Junioren mehr in der Formel 2, aber mit Shwartzman und Ilott in der Hinterhand durchaus noch potentielle Kandidaten, falls 2023 in einem der Teams, auf die Ferrari Einfluss hat, eine Lücke entstehen sollte.

Red Bull Junior Team

Die Formel 2-Piloten Liam Lawson, Juri Vips und Jehan Daruvala bleiben in der Akademie und werden alle eine weitere Formel 2-Saison in Angriff nehmen. Mit dem amtierenden F3-Champion Dennis Hauger steigt ein weiterer Red Bull-Pilot in die F2 auf, er und Daruvala werden das Prema-Duo 2022 bilden. Der 202er Champion der französischen F4, Ayumu Iwasa, steigt nach einer schwächeren F3-Saison ebenfalls (mit DAMS) in die F2 auf. Damit ist Red Bull in der F2 gleich fünffach vertreten, verteilt auf vier verschiedene Teams.

Anders als die FDA ist das Red Bull Junior Teams also aktuell sehr stark „kopflastig“, mit einer breiten F2-Besetzung. Hauger, Vips, Lawson und Daruvala haben alle eine Chance auf ein Top 5-Meisterschftsergebnis. Als einen ihrer härtesten Gegner sehe ich Jack Doohan, der allerdings nicht länger Mitglied des Red Bull Junior Teams sein wird. Gerüchteweise könnte der F3-Vizemeister in der Alpine Academy andocken.

Auf F3-Level hat Red Bull Jonny Edgar, Jak Crawford und Isack Hadjar aufzubieten, wobei Hadjar einen Neuzugang darstellt. Er und Crawford werden außerdem in den nächsten Wochen in der Formula Regional Asia antreten, wovon gleich noch die Rede sein wird. In der französischen Formel 4 hat Red Bull mit dem Japaner Yuto Nomura einen weiteren Neuzugang am Start.

Drei weitere Piloten sind nicht Mitglied des Junior Teams, werden aber von Red Bull unterstützt: Der Mexikaner Noel Leon, der vergangene Saison die US-Formel 4 gewonnen hat, wird nun in Europa in der FRECA sein Glück versuchen. Arvid Lindblad (15, aus UK) und Souto Arao (16, aus Japan) werden auf F4-Level neu einsteigen.

 

FIA Formel 2

Den Abschluss der Formel 2-Saison im Dezember möchte ich hier nicht ganz außer Acht lassen: Oscar Piastri konnte bei den letzten beiden Events auf ganzer Linie überzeugen und den Titel bereits im ersten Sprintrennen des Finalwochenendes sichern. Die Grundlage dafür bildete die Fortsetzung seiner Reihe von Pole Positions: nach Silverstone, Monza und Sochi war er auch in Jeddah und Abu Dhabi der Quali-Schnellste. In Jeddah siegte er von der Pole aus im Hauptrennen und gewann auch den zweiten Sprint.

In Abu Dhabi fuhr er dann im ersten Sprintrennen alles andere als zurückhaltend und konnte vom Reverse Grid-Startplatz 10 auf das Podium nach vorn fahren – eine starke Performance zum Titelgewinn. Piastri brauchte als Rookie ein paar Rennen, sich in der Serie zurecht zu finden (was in der F2 nicht unüblich ist), war dann aber nicht mehr zu schlagen. Er holte die Poles als Grundlage, dominierte soweit möglich von vorne und holte damit vier Feature Race-Siege, und vor allem machte er keine größeren (oder dummen) Fehler. So konnte er sich seinen dritten Titel in Folge sichern, alle davon fuhr er jeweils als Rookie in der Serie ein. Und dieses Talent darf nun ein Jahr bei Alpine auf die Ersatzbank…

60,5 Punkte hinter ihm landete sein Prema-Teamkollege Robert Shwartzman, der mit der Vizemeisterschaft seine F2-Karriere beendet hat. Der Russe kam mit enormem Potential, ist aber leider mit dem F2-Material nicht 100%ig warm geworden, insbesondere in Quali-Runden. Zudem hatte er jeweils zweimal starke Teamkollegen in Piastri und Mick Schumacher, und er musste den Covid-bedingten Tod seines Vaters Anfang 2020 verarbeiten. Auf eine dritte Saison verzichtet er, bleibt aber – wie bereits geschrieben – Mitglied der FDA und wird Test- und Freitagseinsätze für Ferrari fahren.

Meisterschaftsdritter wurde Guanyu Zhou, der als einziger der „Class of 2022“ in die Formel 1 aufsteigt. Er konnte nach dem technisch bedingten Ausfall von Marcus Armstrong das zweite Sprintrennen in Au Dhabi gewinnen, hatte aber mit einem schwachen Wochenende in Jeddah schien keine realistische Chance auf den Titel mehr. Dort drehte er sich im ersten Sprintrennen und fiel weit zurück. Zhou ist ein solider Pilot, der durchaus auch seine F1-Chance verdient hat, aber ich sehe bei ihm kein Star- oder WM-Potential. Piastri dagegen wäre die logische Fortsetzung der jungen F1-Generation gewesen und könnte (vielleicht ja ab 2023) für Alpine die Rolle einnehmen, die Leclerc bei Ferrari, Russell bei Mercedes und Norris bei McLaren spielen.

Leider gab es in Jeddah auch einen heftigen Startcrash beim Hauptrennen: Theo Pourchaire blieb am Start stehen und der von hinten gestartete Enzo Fittipaldi hatte zu spät freie Sicht auf den gestrandeten ART – er konnte nicht mehr ausweichen und fuhr mit hoher Geschwindigkeit in dessen Heck. Pourchaire konnte eine Woche später in Abu Dhabi bereits wieder starten, während es Fittipaldi mit einem Bruch der rechten Ferse und einem Schnitt über dem Auge härter erwischte. Er erholt sich derzeit noch von diesen Unfallfolgen, seine Pläne für 2022 sind noch nicht bekannt.

Theo Pourchaire dagegen wird in der kommenden Saison einer der Top-Anwärter auf den F2-Titel sein, in seiner Rookie-Saison holte er zwei Siege (darunter im Hauptrennen in Monaco) und wurde Gesamt-Fünfter trotz zweier heftiger Unfälle mit leichten Verletzungsfolgen (in Baku und Jeddah). Mit P4 im Abu Dhabi-Hauptrennen konnte er seine Rookie-Saison trotz dieser Widrigkeiten stark abschließen, auch wenn er Dan Ticktum, der die Saison mit neun aufeinander folgenden Punkte-Resultate sehr solide, aber unauffällig beendete, in der Tabelle nicht mehr einholen konnte.

Ticktum, der mit seinem Temperament und seinen Aussetzern aus diversen Akademien geflogen ist, wird in die Formel E wechseln. Sauber Academy-Pilot Pourchaire ist somit der höchstplatzierte Pilot, der in der F2 verbleibt.

Endstand:

  1. Oscar Piastri (Prema, Alpine Academy) – 252,5 Punkte
  2. Robert Shwartzman (Prema, Ferrari Driver Academy) – 192 Punkte
  3. Guanyu Zhou (UNI-Virtuosi, Alpine Academy) – 183 Punkte
  4. Dan Ticktum (Carlin) – 159,5 Punkte
  5. Theo Pourchaire (ART, Sauber Academy) – 140 Punkte
  6. Jüri Vips (Hitech, Red Bull Junior Team) – 120 Punkte

Nächstes Rennwochenende: Sakhir (F1), 18.-20. März (Saisonauftakt)

 

Formula Regional Asian Championship

Die ehemalige F3 Asia firmiert ab dieser Saison unter dem „Formula Regional“-Label, das für die nationalen oder regionalen Serien auf dem Level der „alten“ Formel 3 verwendet wird, seitdem es nur noch „die eine Formel 3“ im F1-Rahmenprogramm gibt. Aus europäischer Sicht dürfte es heutzutage die wichtigste Winterserie für den Formelnachwuchs sein. Die bis 2020 auch international sehr beliebte Toyota Racing Series, die jeden Winter in Neuseeland ausgetragen wurde und viele namhafte Youngster anzog, fällt in diesem Jahr leider pandemiebedingt komplett aus. Im Vorjahr wurde sie mit einem rein neuseeländischen Starterfeld ausgetragen.

Der Titelgewinn in der letztjährigen F3 Asia-Saison war für Guanyu Zhous Aufstieg in die Formel 1 wichtig, denn so war frühzeitig klar, dass er die nötigen Punkte für die Superlizenz generieren würde, auch wenn er sich nicht in den Top 3 der Formel 2 hätte halten können. 18, 14 oder 12 Punkte stehen für die Top 3 der FRAC zum Aufpolstern des Kontos bereit, für eine kurze Winterserie ist das ein ordentlicher Preis.

Der Kalender besteht aus fünf Events: Start (22./23. Januar) und Finale (19./20. Februar) werden auf dem umgestalteten Yas Marina Circuit in Abu Dhabi ausgetragen, dazwischen gibt es drei Läufe im Dubai Autodrome (29./30, 5./6. und 12./13. Februar). Von den Möglichkeiten unterschiedlicher Streckenkonfigurationen wird dabei leider kein oder kaum Gebrauch gemacht, wie es scheint. Gefahren wird – wie im Vorjahr – mit dem Tatuus-F3-Chassis, das wir aus der Formula Regional European Championship und der W Series kennen, wie in letzterer auch bestückt mit einem Alfa Romeo-1,8l-Turbomotor.

Die Entry List ist das, was die Serie beachtenswert macht, denn in dieser Winter-Meisterschaft treten viele namhafte Junior-Piloten an. Allein aus der Ferrari Driver Academy sind drei Piloten am Start: Arthur Leclerc, Dino Beganovic und Neuzugang Oliver Bearman werden allesamt für die Mumbai Falcons an den Start gehen, ein indisches Team, das allerdings operativ von Prema unterstützt wird. Auch Sebastian Montoya, der zu keiner Akademie gehört, ist hier gemeldet. Alle vier sind spannende und aussichtsreiche Piloten – am kritischsten wird das Jahr 2022 vielleicht für Dino Beganovic, der ein enttäuschendes FRECA-Jahr hinter sich hat. Der Frust machte sich beim Saisonfinale in Monza bemerkbar, als er im allzu verbissenen Kampf um den Sieg mit seinem Teamkollegen David Vidales aneinander geriet und hinterher Rumpelstilzchen-like seinem Ärger Luft machte.

Unter dem Label „Abu Dhabi Racing by Prema“ startet neben drei Mitgliedern der arabischen Motorsport-Familie Al-Qubaisi (Vater Khaled und seine zwei Töchter Hamda und Amna) der Mercedes-Junior Paul Aron. Unter eigenem Namen setzt Prema außerdem noch ein Auto für den 16jährigen US-Amerikaner Jak Crawford aus dem Red Bull Junior Team ein, der mit Hitech bereits die vergangenen F3-Saison bestritten hat – vielleicht etwas früh, aber doch mit soliden Mittelfeld-Ergebnissen. Crawford wird 2022 erneut die F3 bestreiten – mit Prema. Da wird Red Bull hohe Erwartungen haben.

Hitech Grand Prix bringt mit Gabriele Mini (F4 Italia-Champion 2020) und Isack Hadjar an den Start, die beiden Top-Rookies der vergangenen FRECA-Saison (auch wenn man von Mini vielleicht noch mehr erwartet hatte…). Der Zweitplatzierte der FRECA 2021 ist ebenfalls am Start, Franzose Hadrien David (auch Meister der französischen F4 2019) geht für 3Y bei R-Ace GP ins Rennen. Mit Dilano van’t Hoff ist außerdem noch der amtierende Meister der spanischen Formel 4 am Start. Der Niederländer startet mit MP Motorsport in seine zweite F3/FR Asia-Saison: im Vorjahr holte er den Vize-Titel hinter Guanyu Zhou. Außerhalb der starken Prema-Besetzung dürften dies die aussichtsreichsten Kandidaten für Top-Platzierungen in der Meisterschaft sein.

Nächstes Rennwochenende: Abu Dhabi, 21-23. Januar (Saisonauftakt)

 

F4 UAE Championship

Im Schlepptau der FRAC ist auch die ein Level niedriger angesiedelte Formel 4-Meisterschaft der Vereinigten Arabischen Emirate bei allen fünf Events dabei. Eine erste „Trophy Round“ ohne Meisterschaftspunkte wurde bereits im Rahmen des F1-Wochenendes in Abu Dhabi ausgetragen. Das Rennen gewann Charlie Wurz für Abu Dhabi Racing by Prema. Der Sohn von Alexander Wurz ist für Prema bereits bei zwei Events der letztjährigen italienischen F4-Meisterschaft angetreten und hat sich in den sechs Rennen für einen Rookie gut verkauft, unter anderem einen vierten Platz (bester Rookie) in Vallelunga geholt.

Noch stärker hat sich aber der erst 15jährige Mercedes-Junior Andrea Kimi Antonelli präsentiert. Er stieg für die letzten drei Events in die italienische Serie ein, fuhr beim Saisonfinale in Monza in allen drei Rennen aufs Podium und holte so noch den zehnten Platz in der Gesamtwertung. Antonelli, dessen Vater GT-Pilot war und nun ein GT-Team besitzt, wird einer der Fahrer sein, die man 2022 im Auge behalten sollte. Beim Trophy-Rennen der F4 UAW holte er die Pole und wurde Dritter.

Mit James Wharton ist (ebenfalls im Prema-Cockpit) auch ein Fahrer aus der Ferrari-Akademie am Start, der bisher nur Karts gefahren ist, 2022 aber auch in der italienischen und teils in der deutschen F4 antreten wird. Für ihn ist es die UAE-Meisterschaft der erste echte F4-Ausflug. Auch auf Conrad Laursen aus Dänemark, der in der F4 Italia den Rookie-Titel um einen Punkt verpasste, sollte man ein Auge haben.

Besiegt wurde Laursen von Nikita Bedrin, der sowohl die italienische als auch die deutsche F4-Meisterschafts komplett bestritten hat und in beiden Serien den Rookie-Titel und je 1-2 Rennsiege holte. Er wird für das neu gegründete deutsche Team PHM Racing antreten. Bei PHM Racing handelt es sich interessanterweise um eine gemeinnützige GmbH, Teamchef Paul Müller will (auch laut Aussage auf der noch spärlichen Webseite) einen anderen als den üblichen Ansatz verfolgen. Das ist ehrenwert und kann sich hoffentlich bewähren, denn dass die aktuelle Situation im Nachwuchsformelsport nicht gut ist, ist ziemlich offensichtlich. Bedrins Teamkollege Jonas Ried ist der einzige deutsche im F4 UAE-Feld.

Neu in die Serie einsteigen wird außerdem noch das britische Carlin-Team, das aber noch keine Fahrer-Besetzung benannt hat.

Nächstes Rennwochenende: Abu Dhabi, 21-23. Januar (Saisonauftakt)

Foto: Ferrari Media

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