2 to go heißt es an diesem Wochenende in Phoenix, wenn Denny Hamlin, Jimmie Johnson und Kevin Harvick den Grundstein für das große Saisonfinale in Homestead legen. Zwar könnte Hamlin auch schon am Sonntag alles klar machen, doch dazu müsste Johnson jenseits der Top30 ankommen, was gerade in Phoenix ziemlich unwahrscheinlich ist.
In Texas übernahm Denny Hamlin durch seinen Sieg die Tabellenführung von Jimmie Johnson, der „nur“ ein Top10-Resultat einfahren konnte. Der viermalige Meister liegt nun zwei Rennen vor Schluss 33 Punkte hinter Hamlin. Kevin Harvick auf Platz 3 in der Meisterschaft hat mit 59 Zählern Rückstand ebenfalls noch eine realistische Chance auf den Titel. Falls die Top3 der Fahrerwertung auch in Phoenix und Homestead an den Start gehen, was natürlich mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit geschehen wird, haben alle Fahrer hinter dem viert platzierten Carl Edwards auch rechnerisch kein Wörtchen mehr um die Trophäe mitzureden. Im Folgenden liste ich kurz die Clinch-Szenarien auf, die an diesem Wochenende auf dem Phoenix International Raceway Denny Hamlin vorzeitig zum Meister machen könnten.
Carl Edwards kann man trotz der verbleibenden rechnerischen Chance aber auch schon aus der Entscheidung rauswerfen: Für einen Rennsieg gibt es in der NASCAR 185 Zähler und zusätzlich erhält man automatisch 5 Bonuspunkte für eine geführte Runde, denn zumindest den letzten Umlauf muss man bei einem Erfolg ja zwangsläufig in Front des Feldes gelegt haben. Sollte ein Fahrer auch noch die meisten Runden geführt haben, bekommt er weitere 5 Extrazähler, was eine maximale Punkteausbeute von 195 pro Wochenende bedeutet. Der 43. und letzte Pilot eines Rennen bekommt allerdings immerhin noch 34 Punkte auf seinem Konto gutgeschrieben und das bedeutet, dass – sollte der entsprechende Konkurrent in der Rechnung am Rennen teilnehmen – nur 161 Zähler Rückstand aufgeholt werden können bzw. ein Vorsprung nur um diese 161 Punkte ausgebaut werden kann.
In zwei Rennen ergibt sich so eine Differenz von 322 Punkten und Carl Edwards hat 317 Zähler aufzuholen. Im unwahrscheinlichen Fall, dass Hamlin zweimal Letzter würde, Johnson und Harvick stets ebenfalls ausfielen und Edwards beide Rennen mit den maximal möglichen Punkten gewänne, könnte er also noch Meister werden. Sobald er aber in Phoenix oder Homestead nicht die 5 Bonuszähler für die meisten Führungsrunden holen würde, wäre es bereits aus. Diese Variante sei nur der Vollständigkeit halber ausgelistet und weil ich gerne rechne. Zu erwarten ist das natürlich nicht mehr, da wird in diesem Jahr eher Lewis Hamilton noch Formel-1-Weltmeister.
Denny Hamlin könnte an diesem Wochenende den Titel bereits unter Dach und Fach bringen, dazu müsste er mit voller Punktzahl gewinnen, während Jimmie Johnson nicht besser als 32. wird. Kevin Harvick könnte sich maximal Platz 21 leisten, damit Hamlin vor Homestead mindestens 161 Zähler in Führung liegt. Dieses Szenario ist allerdings ebenfalls ziemlich unrealistisch und das merkt man spätestens, wenn man einen Blick auf Johnsons bisherige Phoenix-Statistik wirft:
Die hat es wahrlich in sich, denn von den bisher 14 Auftritten beendete Jimmie Johnson alle in den Top15, zwölf in den Top7 und nicht weniger als neun in den Top4. Die letzten drei Chase-Rennen in Phoenix gingen allesamt an Johnson und dazu noch die Frühjahrsausgabe von 2008. Seit Ende 2006 kam der Titelverteidiger auf dieser Strecke nie schlechter als auf Rang 4 ins Ziel. Damit ist Johnson an diesem Wochenende der Fahrer, den es zu schlagen gilt und man sollte ihn wohl unbedingt in seinen Top5-Tipp aufnehmen.
Allerdings gilt: Wenn jemand den Dauermeister und –gewinner in Phoenix schlagen kann, dann eben Denny Hamlin. Dem ärgsten Konkurrenten gelang auf dem 1-Meilen-Oval zwar noch kein Sieg, in zehn Rennen aber immerhin schon vier dritte Plätze. Falls Johnson mit den meisten Führungsrunden siegt und Hamlin erneut Dritter wird, dann schleppt der jetzige Tabellenführer einen winzigen Vorsprung von drei Zählern zum Finale nach Homestead. Kommt er in diesem Szenario schlechter als die erwähnte Platzierung an, ist er seinen Platz an der Spitze bereits nach nur einem Rennen wieder los. Hamlin hat in Phoenix bereits zweimal richtig Pech gehabt und fuhr schlechter als auf Platz 30 ins Ziel. Ansonsten sieht es bei ihm wie bei Johnson aus (rechnet man mal damit, dass Hamlin vier Rennen weniger auf dem Buckel hat): Acht von zehn Mal Top16, sechs Mal Top6.
Der Glücks- und Unglücksrabe 2010 gleichzeitig ist momentan der Dritte in der Meisterschaft: Kevin Harvick. Zwar blieb der Kalifornier in diesem Jahr bereits drei Mal siegreich und verglichen mit 2009 ist diese Saison ein Griff nach den Sternen, doch im Kampf um die Meisterschaft musste Harvick dem Chase-System gewaltigen Tribut zollen. Nach dem alten Ablauf ohne Rücksetzen der Punkte hätte der Meister der regular season das Heft derzeit deutlich in der Hand. 300 Zähler Vorsprung in der Tabelle wären nur 22 weniger, als er zwei Rennen vor dem Schluss bräuchte, um alles klar zu machen. Spätestens nach Phoenix hätte Harvick wohl als Meister festgestanden.
Ich finde, NASCAR sollte die Leistung des Ersten der Qualifikationsphase zum Chase mehr anerkennen und ihn mit einem größeren Bonuspunktepolster in die Playoffs schicken. Maximal 50 Zähler wären zum Beispiel denkbar, oder halt 50 Punkte vor dem Top-Gesetzten durch Rennsiege, sonst schmeißt man 26 Rennen Konstanz einfach so weg. Riesige Vorsprünge in der Tabelle, wie die über 200 Punkte von Harvick in diesem Jahr nach Richmond, verringert man mit meiner Idee trotzdem signifikant.
Kevin Harvicks Chancen in Phoenix dürften allerdings ziemlich begrenzt sein. Zwar ist er für seine regelmäßigen Top10-Ergebnisse bekannt, doch in bisher 15 Ausgaben gelangen ihm jene nur sechs Mal. Im Frühjahr sprang Platz 13 für den Meister der regular season heraus. 2006 gewann Harvick übrigens beide Saisonrennen in Phoenix. An diesem Wochenende sehe ich ihn mal ausnahmsweise nicht in den Top10 und wenn, dann nur sehr knapp. Selbst im besten Fall sollte sich sein Rückstand in der Meisterschaft vor Homestead auf gut und gerne 100 Punkte vergrößert haben. Das wäre dann vermutlich sein Abschied aus dem Titelrennen. So wirklich ausschließen darf man in der NASCAR aber natürlich nichts, dafür passieren gerne mal kleine Wunder.
Neben Johnson und Hamlin haben an diesem Wochenende vor allem die Chevrolet-Teams gute Karten, das zeigt die Vergangenheit ganz deutlich: Seit Ende 2005 standen nur Chevys in der Victory Lane von Phoenix, davor war die Strecke eher eine Ford-Domäne, Toyota und Dodge gingen bisher leer aus. Im Frühling setzten sich die kompletten Top5 des Rennens aus Fahrzeugen von Chevy zusammen. Hendrick Motorsports und dem assozierten Stewart-Haas Racing muss man hier wohl die besseren Karten zuordnen, immerhin gewann Ryan Newman im Frühjahr knapp vor Jeff Gordon. Mark Martin kam in vier der letzten fünf Phoenix-Rennen in die Top5.
Die verbleibenden Chase-Piloten haben auf jeden Fall die Stärke, in die Top10 zu fahren. Bewiesen haben alle auch schon, dass die Top5 ebenfalls möglich sind. Da jetzt aber genauere Vorhersagen zu machen, dürfte schwierig werden. Außerhalb des Chase sollte man außer Martin und Newman noch den dritten Toyota von Joe Gibbs Racing, sowie die beiden Piloten von Earnhardt-Ganassi Racing im Auge behalten. Joey Logano erreichte im Frühjahr immerhin die Top10, nachdem er zuvor an den Top20 kratzte. Jamie McMurray hält sich derzeit immer am Rand der Top10 auf und kann in jedem Moment plötzlich mal in der Spitzengruppe um den Rennsieg mitfahren. Sein Teamkollege Juan Pablo Montoya beendete die letzten beiden Phoenix-Ausgaben in den Top8, das beste Ergebnis ist ein fünfter Platz aus dem Frühjahrsrennen.
Eine etwas bessere Statistikübersicht bietet noch die – wie gewohnt unten folgende – Grafik zu den Phoenix-Leistungen der Chase-Fahrer. Die Meisterschaftstabelle ist ebenfalls in bildlicher Form eingebunden, zusätzlich zur Situation rund um den Kampf am Cut der Top35 der Owner-Wertung. Geschrieben hatte ich dazu ja schon was in der Texas-Analyse. Bevor die Grafiken zum Schmökern einladen und die Ausstrahlungsdaten für das Wochenende folgen, noch ein paar kleine News:
Kyle Busch wurde von NASCAR für seinen Stinkefinger mit einer Geldstrafe von 25.000 US-Dollar belegt und fährt zusätzlich bis Ende des Jahres auf Bewährung. Noch einmal sollte er sich sowas also nicht leisten. Derweil haben sich die beiden Jeffs (Gordon und Burton) nach einer Aussprache wieder vertragen, bei der angeblich sogar etwas gewitzelt wurde. Ich konnte mir ohnehin keinen Reim daraus machen, warum da nun Absicht im Spiel gewesen sein sollte und warum die Gemüter so überhitzten.
Wirklich ruhig wird es derzeit allerdings nicht um Richard Petty Motorsports: Das Team kämpft nach wie vor mit der sehr angeschlagenen finanziellen Situation, während man vom Mehrheitsbesitzer George Gillett leider kaum etwas hört. Es ist bisher nicht sicher, ob die vier Autos von RPM auch beim Saisonfinale in Homestead am Start sein werden, nachdem die Rechnungen für Phoenix erst in letzter Minute bezahlt wurden. Die entsprechenden Wagen wurden zum Texas Motor Speedway gebracht, verblieben aber bis zum Mittwochnachmittag in der Obhut von Technik-Partner Roush-Fenway Racing. Nach Klärung aller finanziellen Ungereimtheiten bezüglich der folgenden Woche durften die Rennwagen dann in die eigenen Trucks umgeladen werden und selbige in Richtung Phoenix aufbrechen. Genauer nachlesen kann man den erwähnten Ablauf im hier verlinkten Artikel.
Wie ernst es um die Zukunft des Teams steht, zeigt eigentlich schon diese Woche-für-Woche-Herangehensweise und die Tatsache, dass die RPM-Mitarbeiter die Autos mittlerweile in den Räumen von RFR vorbereiten müssen. Weil die Leasingkosten momentan sehr spät beglichen werden, gibt Roush die Wagen daher erst kurz vor Beginn der Rennwochenenden an RPM heraus.
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Ausstrahlungsdaten
Freitag, 12.11.
18:00 Uhr, Nationwide Series Practice, SPEED
20:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, ESPN2
21:30 Uhr, Nationwide Series Final Practice, SPEED
22:30 Uhr, Truck Series Qualifying, SPEED
23:30 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, ESPN2
01:30 Uhr, Truck Series Rennen (Lucas Oil 150), SPEED
Samstag, 13.11.
18:00 Uhr, Nationwide Series Qualifying, SPEED
19:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
20:50 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, ESPN2 (TV um 21:00 Uhr)
22:00 Uhr, Nationwide Series Rennen (WYPALL 200), ESPN2
Sonntag, 14.11.
21:00 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Kobalt Tools 500), ESPN