Die Europa-Tour der Formula E endet am kommenden Wochenende mit einem Doubleheader auf dem bekannten Kurs am Flughafen Tempelhof in Berlin. Mercedes kommt als stärkstes Team zum Heim-ePrix.
Titelverteidiger Nyck de Vries hat zwar seit seinem Sieg beim Auftaktrennen in Diriyah im Januar eine sehr durchwachsene Saison erlebt, doch sein Teamkollege Stoffel Vandoorne ist momentan sehr stark unterwegs: in Monaco holte der Belgier seinen ersten Saisonsieg und führt nun die Meisterschaftswertung an. Der Vorsprung auf Jean-Eric Vergne ist mit sechs Punkten nicht groß und definitiv kein Polster, auf dem man sich ausruhen könnte. Aber Vandoorne ist Teil einer Spitzengruppe von vier Piloten, die sich herauskristallisiert hat und damit kurz vor Saisonmitte einer der heißesten Titelanwärter.
Zu diesen vier Piloten gehören nach Vandoorne (81 Punkte) und Vergne (75 Punkte) noch Mitch Evans (72) und Robin Frijns (71). Die vier landeten auch in Monaco auf den ersten vier Plätzen. Mit Respektabstand folgt dann Edoardo Mortara (49 Punkte), der zwei Ausfälle in Folge zu verzeichnen hatte. In Monaco war es ausgerechnet sein Teamkollege Lucas di Grassi, der seinen sechsten Platz nicht an Mortara abgeben wollte und ihm kurz vor Schluss einen Reifenschaden zufügte. Mortara war von Startplatz 16 aus durchs Feld gepflügt, doch diese Aufholjagd wurde letztlich nicht belohnt.
Auch die beiden Porsche-Piloten erlebten ein schwarzes Wochenende: Pascal Wehrlein hatte sich auf Startplatz 2 qualifiziert und führte zur Rennmitte, als er plötzlich langsam wurde und schließlich ausgangs des Tunnels ohne Vortrieb ausrollte – Grund war ein noch nicht näher benannter technischer Defekt. Andre Lotterer wurde einigen Minuten später im Kampf um Platz 5 von Oliver Rowland in Sainte Devote nach außen gedrückt und konnte einen Einschlag in die Barrieren nicht mehr vermeiden. Rowland muss dafür in Berlin drei Startplätze zurück.
Der Monaco ePrix war wieder ein sehr unterhaltsames Rennen, wenn auch vielleicht nicht ganz so ein Knaller wie im Vorjahr. Aber wie 2021 spielte auch diesmal wieder der Energieverbrauch eine große Rolle und für einen Piloten wurde es am Ende besonders knapp – zu knapp: Maximilian Günther lag im Nissan nach den oben genannten Ausfällen auf Kurs für einen guten siebten Platz, hatte aber wenige Minuten vor Schluss 2-3 % weniger Energie zur Verfügung als die Konkurrenten. Das ist in der FE ein massiver Unterschied und so ging der Bayer schließlich nur als 17. und damit Letzter über die Ziellinie. Es bleibt daher bei zwei mageren Pünktchen auf seinem Konto, aber auch Teamkollege Buemi hat bisher derer nur zehn gesammelt und ist nie mehr als Achter geworden.
Die Läufe 7 und 8 der 15 Rennen umfassenden Saison werden nun also in Berlin ausgetragen. Der Kurs ist unverändert, aber es gibt eine Besonderheit: wie im ersten Corona-Sommer wird er jeweils einmal in jede Richtung gefahren. Am Samstag gibt es zunächst die traditionelle Variante gegen den Uhrzeigersinn (mit der „Schneckenkurve“ nach dem Start), am Sonntag wird im Uhrzeigersinn gefahren. Die Attack Mode Activation Zone ist in beiden Varianten auf der Außenbahn der Haarnadel Turn 5 bzw. 6, was immer gut funktioniert hat. Das ist ein nettes Gimmick für ein Doubleheader-Wochenende, wenn die Strecke es – wie hier – erlaubt. Besser funktionieren dürfte aber die klassische Samstagsvariante.
Die vorgenannten Leidensgeschichten der deutschen Fahrer und Teams bieten Stoff für eine Comeback-Story. Einzig Mercedes mit der Führung in beiden Meisterschaftswertungen würde lieber eine Geschichte von Konsolidierung und Dominanz schreiben. Ich denke, wir werden wieder einen Kampf zwischen den „großen Vier“ (also Vandoorne, Vergne, Evans und Frijns) sehen, denn das ging über die letzten drei Läufe so. Vielleicht kann sich Porsche im Kampf ums Podium einmischen, vielleicht auch Antonio Felix da Costa im zweiten DS Techeetah, der 2020 von den sechs Rennen in Tempelhof zwei gewann und seine Meisterschaft dort zementierte.
Die Rennen finden am Samstag und Sonntag jeweils um 15 Uhr statt. Pro 7 und Eurosport 2 übertragen live. Am Samstag gibt es zudem das erste Qualifying ab 10:30 Uhr live auf Pro7 Maxx.
…und noch ein Blick auf die nächste Generation
Auf das Gen3-Auto, das im Rahmen des Monaco ePrix vorgestellt worden ist, bin ich vorher schon eingegangen, auch hinsichtlich der technischen Neuerungen. Nun wurde das Design präsentiert. Und ich muss sagen: ich bin enttäuscht. Der Gen2-Bolide hat mich wirklich einigermaßen begeistert, weil er eine andere Richtung einschlug als andere Formelserien, und auch robusteres Racing erlaubte. Bei der Gen3 werden wir nun wieder freistehende Vorderräder haben und einen Chassis-Form, die mich mit dem geradlinigen Undercut der Seitenkästen am ehesten an ein Boot erinnert, auch wenn von „jet fighter inspired“ die Rede war. Wie es sich auf der Strecke präsentiert, werden wir in einigen Monaten sehen. Hier aber schon einmal ein paar Bilder für Interessierte:
(Bilder: Formula E Media)