Red Bull demontierte die gesamte Konkurrenz in Spa nach Belieben. Die Dominanz war schon erschreckend.
Der Restart der Saison brachte ein paar Neuerungen, da die FIA mittels einer technischen Direktive die Flexibilität der Holzplanken unter dem Auto eingeschränkt hat. Viel wurde spekuliert, dass Red Bull und Ferrari besonders betroffen seien und dass Mercedes, in Ungarn auf der Pole massiv profitieren würde. Und eine offene zweite Halbzeit der Saison wäre keine schlechte Sache. Aber es kam dann mal wieder anders. Red Bull war in Spa erdrückend überlegen und deklassierte das gesamte Feld. Es war schon mehr als eine reine Deklassierung, es war eine Demütigung.
In der Quali lag Verstappen 0,6 Sekunden vor Sainz im schnellsten Ferrari und die Mercedes lagen satte 1,8 Sekunden zurück und fanden sich noch hinter beiden Alpine wieder. Ferrari war baff, Mercedes komplett verwirrt und beide hatten keine Antwort auf die Frage, warum die Red Bull so schnell und man selbst so langsam war. Lewis Hamilton kommentierte das Ergebnis mit der Bemerkung, dass er froh sein, wenn er das Auto hinterlassen kann und Toto Wolff fiel auch nichts anderes mehr ein, als zu sagen, dass man sich die Daten anschauen müsse.
Allerdings gab es in der Startaufstellung einige Verschiebungen. Gleich eine ganze Reihe von Fahrern bekamen neue Motoren und wurden damit zurückgesetzt. Die lange List: Verstappen, Leclerc, Norris, Ocon, Bottas und Schumacher. Damit flogen drei Autos, die vor den Mercedes gestanden hatten, aus den Top Ten, was die Chancen der Deutschen verbessern würde. Stark profitierten auch die Aston Martin, die mal wieder eine katastrophale Quali hatten. Stroll rutschte auf P9, Vettel, der in Q1 ausgeschieden war, startete plötzlich von P10. Die etwas gemischte Startaufstellung versprach dann Spannung, aber das Rennen lief dann doch anders.
Sainz, von Pole gestartet, behielt die Spitze, dahinter rutschte Perez zurück, während sich Alonso und Hamilton beharkten. Mit dem schlechteren Ende für den Briten. Der glaubte Eingangs Les Combes den Spanier schon hinter sich gelassen zu haben, der war aber noch neben ihm. Der Mercedes wurde relativ hoch in die Luft katapultiert und war danach so kaputt, dass er nicht mal in die Box kam. Eine Runde später räumte Latifi Bottas ab, was dann zu einem SC führte.
Zur Freude von Verstappen, der sich in den ersten drei Runden schon von P14 auf P8 gekämpft hatte und beim Restart dann nur noch acht Sekunden hinter Sainz lag. Schon vor dem Rennen hatte man spekuliert, dass Verstappen angesichts des enormen Speeds des Red Bulls, das Rennen relativ leicht gewinnen würde. Die folgenden Runden bestätigten dies. Verstappen fuhr teilweise über zwei (!) Sekunden schneller als der Rest der Welt und war auf der langen Geraden, auch dank DRS, bis 30 km/h schneller. Die Aufholjagd sah so aus, als würde Verstappen gegen F2 Autos unterwegs sein.
Zur Überlegenheit der Red Bull gehörten auch die Reifen. Verstappen und Sainz waren auf Soft gestartet, während der Rest auf Medium unterwegs war. Aber bei Sainz waren die Soft nach 11 Runden durch, Verstappen kam aber erst in Runde 15 und war selbst auf abgefahrenen Soft noch genauso schnell wie Sainz auf den frischen Medium. Dessen Teamkollege Leclerc war eine Position hinter Verstappen gestartet, hatte dann aber Pech. Da sich ein Abrissvisier in seiner Bremsbelüftung verfangen hatte, musste Leclerc früher rein, was seine Strategie dann durcheinander brachte.
Das warf ihn dann im Rennen in tiefe Mittelfeld zurück und er hatte Probleme sich aus dem DRS-Zug zu befreien. Dabei verlor er rund 10 Sekunden, was seine Chancen auf ein Podium zerstörte. Ferrari machte an diesem Wochenende zwar keine Fehler bei der Strategie, aber war erstaunlich langsam. Am Ende musste sich Sainz auch noch gegen Russell erwehren, dessen im Mercedes im Rennen mal wieder besser lief, als in der Quali. Am Ende stolperte Ferrari dann aber doch. Leclerc kam zwei Runden vor Schluss rein, um Soft zu nehmen, damit man die schnellste Rennrunde und somit einen Punkt erlangen konnte. Aber Leclerc war zu schnell in der Box und verlor durch die Strafe P5 dann auch noch an Alonso.
Die Alpine waren stark an diesem Wochenende. In der Quali lagen beide gleichauf, mit Vorteilen für Ocon. Da der, neben den anderen, aufgrund des Motorwechsel zurückgestuft wurde, startete Alonso auf P3. Aber um vorne zu bleiben, fehlte den Alpine dann doch etwas. Alonso rutschte schnell zurück und hatte ein Rennen, das von Zweikämpfen geprägt war. Der Spanier setzte sich aber durch und P5 war dann das lohende Ergebnis.
Der Kampf im Mittelfeld war geprägt durch unterschiedliche Reifenstrategien. Die meisten setzen beim Start auf die Medium, aber es folgten verschiedene Ideen, wann der erste Stopp erfolgen sollte. Aston Martin, in wie erwähnt guter Position, entschied sich für einen frühen Stopp in Runde 14 (Vettel) und 15 (Stroll) und setzte beide auf die harten Reifen. Der Rest, auch aus Angst vor dem Undercut, stoppte ebenfalls, aber fast alle entscheiden sich ein zweites Mal die Medium zu nehmen. Das führte dazu, dass beide Aston zeitweise aus den Top Ten fielen, aber zumindest kämpfte sich zurück.
Geschlagen geben musste er sich nur Esteban Ocon, der ein sehr gutes Rennen fuhr. Von P16 gestartet, landete er am Ende auf P7, nur zwei Sekunden hinter seinem Teamkollegen Alonso. Das war schon eine sehr beeindruckende Fahrt des Franzosen, der damit auch zeigte, dass er durchaus in der Lage sein kann, das Team im nächsten Jahr zu führen. Allerdings war es auch knapp mit dem Aston von Vettel, der seinerseits nur zwei Sekunden hinter Ocon lag.
Den neunten Platz sicherte sich Pierre Gasly, der meist abseits der Kameras ein ebenfalls starkes Rennen ablieferte. Seine Performance dürfte auch für ihn persönlich nicht ganz unwichtig gewesen, denn es gibt Gerüchte, dass Alpine bei Alpha Tauri angeklopft hat, um Gasly aus seinem Vertrag auszulösen. Tatsächlich würde die Verpflichtung Sinn ergeben, denn Gasly sollte nach seiner katastrophalen Saison bei Red Bull erneut eine Chance in einem guten Team bekommen. Den Platz von Gasly könnte Colton Herta einnehmen, an dem Red Bull angeblich großes Interesse hat.
Den letzten Punkt schnappte sich Alex Albon im Williams. Der hatte in der Quali alle überrascht und landete auf P6. Es war klar, dass er den Platz nicht würde halten können, aber das er es noch in die Punkte schaffte, war dann schon etwas überraschend. Der Williams war in Spa besonders im ersten Sektor stark, wo Albon teilweise Bestzeiten setzte. Williams ist deutlich auf dem Weg nach oben.
Nichts zu sehen war am Wochenende von McLaren, obwohl diese für Spa (und Monza) ein aggressives Update mitgebracht hatten, das besonders den Topspeed verbessern sollte. Zu sehen war davon allerdings nichts. Norris musste wegen seines Motorwechsels von hinten starten, Ricciardo, in Q2 ausgeschieden, stand zu Beginn immerhin auf P7. Doch die Position konnte er nicht halten. Seine Pace war miserabel und am Ende lag er auch noch drei Sekunden hinter Norris. Vielleicht fehlt dem Australier auch die Motivation nach seinem Rauswurf bei McLaren. Aber Norris war auch nicht viel schneller. Er tauchte nur in den Punkten auf, weil McLaren ihn etwas länger draußen ließ, lag dann, nach Bereinigung der Reihenfolge, wieder außerhalb der Punkten, wo er auch blieb.
Die WM ist nach dem Rennen schon fast entschieden. Verstappen hat 98 Punkte auf Leclerc, der zudem P2 in der WM an Sergio Perez verloren hat. In der Team-WM sind es 117 Punkte, die Trophäe kann Red Bull schon mal reservieren. Aufpassen muss Ferrari zudem auf Mercedes. Die haben zwar in Spa etwas Punkte verloren, aber 49 Punkte sind jetzt kein bequemer Vorsprung.
Nächste Woche geht es schon weiter, dann startet die F1 in Zandvoort. Red Bull behauptet, dass hier nicht so gut sein wird, da dem Auto enge, mittelschnelle Strecke nicht so gut liegen würden. Allerdings hat man in Ungarn auch gewonnen, also sollte man die Aussage mit Vorsicht genießen. Danach folgt mit Monza dann wieder eine Strecke, wo Red Bull schwer zu schlagen sein wird. Schaut man sich das restliche Programm an, gibt es mit Singapur eigentlich nur eine Strecke, auf der der Red Bull angreifbar sollte.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Aston Martin, McLaren F1, Alfa Romeo, Alpine, HaasF1, Williams F1