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Super Formula: Bolide für 2023 mit klimaneutralen Teilen präsentiert

von geinou
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Vor dem großen Saisonfinale in Suzuka an diesem Wochenende hat die japanische Super Formula erstmals den aufgerüsteten Boliden für die Saison 2023 präsentiert. Neben einer verbesserten Aerodynamik weist dieser auch erstmals klimaneutrale Teile auf. Die aktuelle Wirtschaftslage macht allerdings auch der Super Formula zu schaffen.

Passend zum 50. Jubiläum des japanischen Formelsports hat die Japan Race Promotion (JRP), die Dachorganisation der Super Formula, Ende des letzten Jahres mit dem SF NEXT50-Projekt die Weichen für die Zukunft gestellt. Zwei der Eckpfeiler sind dabei zum einem das Ziel, neue Fans für den Motorsport zu begeistern, zum anderen einen essentiellen Beitrag zum Thema Klimaschutz beizutragen. Die zweitschnellste Formel-Serie nach der Formel 1 soll zukünftig klimaneutral werden. Ein erster Schritt hierzu soll bereits 2023 gegangen werden – die aktuelle wirtschaftliche Lage sorgt aber auch hier für Probleme.

Im Zusammenarbeit mit Toyota und Honda wurde seit Beginn des Jahres ein intensives Test- und Entwicklungsprogramm abgespult, bei dem nicht nur innovative Technologien, sondern auch neue aerodynamische Teile erprobt wurden, um das Racing attraktiver und spannender zu gestalten. Die bereiften Testlabore von Toyota und Honda wurden dabei liebevoll „aka tora“ (roter Tiger) und „shiro tora“ (weißer Tiger) getauft. Die beiden Entwicklungsfahrer Koudai Tsukakoshi (Honda) sowie der zweifache Super-Formula-Meister Hiroaki Ishiura (Toyota) spulten seitdem über 8000 Testkilometer ab. Die Früchte dieser Arbeit wurden erstmals am Mittwoch sowie Donnerstag in Suzuka enthüllt und abermals erprobt. Passend dazu werden beim 21. JAF Grand Prix Suzuka, dem großen Doubleheader-Saisonfonale an diesem Wochenende, auch Demofahrten vor den Augen der Fans stattfinden.

Beim vorgestellten Boliden handelt es sich nach wie vor um den SF19 von Dallara, der erstmals 2019 zum Einsatz kam. Ein gänzlich neues Chassis ist erst für frühestens 2026 vorgesehen, womit der SF19 somit der Wagen mit der längsten Einsatzzeit in der Super-Formula-Geschichte wäre. Für die kommenden drei Saisons soll ein aufgerüstetes Bodywork zum Einsatz kommen. Besonders auffallend sind dabei die veränderten und deutlich kurvigere Front- und Heckflügel, die ein wenig an die verschiedenen Spezifikationen in der Formel 1 der letzten beiden Jahre erinnern. Nicht nur die beiden Entwicklungsfahrer, sondern auch ein großer Teil der einheimischen Fans zeigten sich von diesen beiden Teilen besonders begeistert. Des Weiteren wurde der Unterboden sowie die Motorabdeckung und die side pods überarbeitet. Die beiden zuletzt genannten Komponenten wurden zum Teil mit Flachsfaser, einem klimaneutralen Biokomposit des schweizerischen Unternehmens Bcomp, hergestellt. Es ist nicht die einzige klimaneutrale Komponente. Neben klimaneutralem Benzin wurden auch die Testreifen von Serienausstatters Yokohama mit nachhaltigen Materialien hergestellt. Alle drei Komponenten sollen die Weichen für die Zukunft stellen, in der die Super Formula ihren ökoloschen Fußbadruck drastisch reduzieren möchte.

Laut Angaben der JRP soll das neue Bodywork die Downforce der Autos um rund acht Prozent verringern. Im Gegenzug soll die neue Aerodynamik bis zu 50% weniger Dirty Air erzeugen. Koudai Tsukakoshi erklärte: „Die neue Aerodynamik funktioniert so wie von uns erhofft. Es war uns möglich, dicht hintereinander zu fahren.“ Dabei sprach er vor allem die S-Kurven im ersten Sektor an. „In der Vergangenheit konnte man in den S-Kurven schnell die Balance verlieren, wenn man zu dicht hinter dem Vordermann fuhr.“ Hiroaki Ishiura bestätigt diese Einschätzung: „Mit der neuen Aerodynamik konnte ich dicht dem Fahrzeug vor mir folgen, ohne irgendwelche Turbulenzen zu spüren.“ Ishiura gab zudem an, dass er bei den Testfahrten gar den Windschatten aus der Spoon-Kurve herauskommend besser ausnutzen konnte, ohne dabei OTS (Overtake System, bei dem der Benzinfluss erhöht und die Leistung um rund zehn Prozent gesteigert wird) zu verwenden: „Tsukakoshi war direkt vor mir und als ich aus der Spoon-Kurve herausbeschleunigte, funktionierte der Windschatten hervorragend und ich hatte das Gefühl, dass ich mich bis zur 130R neben ihn setzen kann, ohne OTS zu verwenden. Das könnte für Zweikämpfe sehr effektiv sein.“ „Wenn beide Fahrer gleich schnell sind, ist es sehr schwierig zu überholen“, erweitere Honda-Mann Tsukakoshi. „Mit der neuen Aerodynamik habe ich aber das Gefühl, dass es weniger Situation geben wird, in denen ein Fahrer hinter einem anderen Auto feststecken bleibt.“ Passend dazu hat die JRP über Twitter ein kleines Video veröffentlicht, das demonstriert, wie dicht hintereinander die beiden Testfahrzeuge durch die S-Kurven düsen konnten.

Yoji Nagai, technischer Berater des SF NEXT50-Projekts, kommentierte, dass das primäre Ziel es war, ein Auto zu entwickeln, mit dem man besser überholen könne. „Obgleich wir den Renneinsatz vorerst nur simulieren konnten, fiel das Ergebnis laut Angaben der Fahrer wie erhofft aus.“

Alles im Lot also? Nicht ganz. Zwar zeigte sich JRP-Boss Yoshihisa Ueno auf einer Pressekonferenz am heutigen Freitag in Suzuka nach anfänglicher Skepsis, ob man wirklich die gesetzten Ziele erreichen könne, begeistert vom Ergebnis. Gleichzeitig erklärte er aber auch, dass man sich noch nicht uneingeschränkt glücklich schätzen kann. „Wir konnten erst mit zwei Autos auf der Strecke testen. Zudem wissen wir nicht, wie sich das neue Paket im Nassen verhalten oder welchen Effekt es auf die Bremsen haben wird. Es gibt noch einige Probleme, die wir lösen müssen.“ Darunter fallen auch die Kosten, zu denen sich der Serienchef trotz Nachfrage der lokalen Journalisten und Journalistinnen nicht äußern wollte. So haben einige Teams ihre Bedenken zu den gestiegenen Kosten geäußert und man müsse klären, wer für diese aufkommen soll.

Ein Problem dabei ist auch der schwache Yen, der dieses Jahr deutlich an Wert gegenüber dem amerikanischen Dollar verloren hat, wodurch Bestellungen bei Chassis-Hersteller und Partner Dallara deutlich teurer als geplant ausfallen. Womöglich könnte gar die Einführung des klimaneutralen Benzins um ein Jahr verschoben werden. So erklärte Ueno, dass man in der Branche nur dann nachhaltig tätig sein könne, wenn man wirtschaftliche Umfeld der Teams nicht missachtet: „Ich halte wirtschaftliche Vernunft für sehr wichtig. Glücklicherweise hat die Anzahl der Fahrzeuge in diesem Jahr zugenommen. Wenn wir als Projektträger aber die falsche Richtung einschlagen, kann das wirtschaftliche sowie soziale Umfeld aber dafür sorgen, dass diese Zahl wieder zurückgeht.“

Ueno ließ sich deshalb nicht zu einer finalen Aussage für 2023 hinreißen. Er bestätigte lediglich, dass die aktuellen Spezifikationen noch nicht final seien, und eine Entscheidung bezüglich der Aerodynamik, sowie des neuen Kraftstoffs und Reifenspezifikation erst nach dem letzten Test in Motegi vom 21. bis 22. November erfolgen wird. Beim traditionellen Rookie- und Wintertest Anfang Dezember werden die Teams noch mit dem aktuellen SF19-Boliden antreten. Sollte das Paket also wie geplant 2023 zum Einsatz kommen, ist mit einer Auslieferung erst kurz vor Saisonstart zu rechnen.

Copyright Photos: Japan Race Promotion (JRP)

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