Ein Viertel der Saison ist bereits absolviert und wir befinden uns zwischen zwei neuen ePrixs – Porsche scheint weiterhin am besten aufgestellt zu sein.
Vier Rennen sind in den Büchern: in Diriyah gab es Ende Januar einen Doubleheader und vor anderthalb Wochen dann das erste Formel E-Rennen in Indien, genauer gesagt in Hyderabad. Der Eindruck des Saisonauftakts in Mexico City hat sich in den weiteren Läufen bestätigt: Porsche hat den besten Antriebsstrang für die ersten Gen3-Saison gebaut. So konnte Pascal Wehrlein, der in Mexico noch hinter Jake Dennis zurückstehen musste, in Diriyah gleich beide Läufe mit starken Performances gewinnen. Dennis wurde jeweils Zweiter. Gestartet waren die beiden im ersten Lauf von den Plätzen 9 und 11, im zweiten von 5 und 6, sie sind also nicht von vorn wegegefahren, sondern haben sich noch durch das Feld kämpfen müssen. Dabei konnten sie trotzdem noch so gut mit der Energie haushalten, dass sie am Ende jeweils um mehrere Sekunden vor der Konkurrenz lagen, die zum Teil auf dem letzten Watt (oder sogar darunter) über die Linie kroch.
Erst auf der neuen Strecke in Hyderabad stellte sich das Bild etwas anders dar, aber die Bedingungen waren hier auch nicht ganz einfach. Die dreckige neue Strecke stellte die Fahrer vor Herausforderungen, und auch an das Thema Track Limits mussten sich Piloten und Rennleitung erst einmal herantasten. Im ersten Training hatte Pascal Wehrlein einen heftigen Unfall, als sein Gaspedal stecken blieb; er musste zur Untersuchung ins Krankenhaus, war aber in Ordnung. Porsche verzichtete auf Trainingszeit, um erst einmal den Fehler zu suchen und die Autos zu checken. Wehrlein konnte später wieder fahren und erreichte sogar einen soliden neunten Rang in der Qualifikation. Das Rennen musste er allerdings von Platz 12 aus in Angriff nehmen, da er wegen der Behinderung eines anderen Piloten in der Quali noch eine Strafe aufgebrummt bekam.
Im Rennen stritten sich zunächst Jean-Eric Vergne, Sebastien Buemi und der von Pole gestartete Mitch Evans um die vorderen Plätze. Dahinter folgten – überraschend stark – Rookie Sacha Fenstraz im Nissan und Maximilian Günther im Maserati. Außerdem war mit Sam Bird der zweite der hier starken Jaguars mit im Spiel. Doch in Runde 13 verpasste der erfahrene Bird völlig seinen Bremspunkt und erwischte in der Haarnadel ausgerechnet seinen Teamkollegen Mitch Evans am Heck, drehte ihn um und blockierte so die Strecke für Fenestraz und Günther, die damit um tolle Ergebnisse gebracht wurden.
Nach dem Restart wurde Jakes Dennis, der sich wieder einmal durchs Feld gearbeitet hatte und auf Platz 2 lag – ebenfalls in der Hairpin von Turn 1 – von René Rast auf die Hörner genommen und musste mit beschädigtem Heck das Rennen aufgeben. So blieben am Ende nur Jean-Eric Vergne im DS Penske und die beiden Envision-Jaguars übrig, um den Sieg unter sich auszumachen. Cassidy auf P2 hatte dabei einen deutlichen Energie-Vorteil, aber Doppel-Champion Vergne ist einfach ein zu erfahrener und gewiefter Pilot, er fuhr die letzten Runden taktisch klug und machte alle Lücken sauber dicht, um sich den Sieg vor Cassidy und Buemi zu holen. Dahinter: die beiden Porsches von da Costa und Wehrlein, die saubere Schadensbegrenzung betrieben.
Der Stand ist der Fahrer-WM sieht nun wie folgt aus:
- Pascal Wehrlein (Porsche) – 80 Punkte
- Jake Dennis (Andretti-Porsche) – 62 Punkte
- Jean-Eric Vergne (DS Penske) – 31 Punkte
- Sebastien Buemi (Envision-Jaguar) – 31 Punkte
- Nick Cassidy (Envision-Jaguar) – 28 Punkte
- Sam Bird (Jaguar) – 28 Punkte
- Jake Hughes (McLaren-Nissan) – 27 Punkte
- René Rast (McLaren-Nissan) – 26 Punkte
Nun steht Kapstadt auf dem Plan, ein weiterer neuer Austragungsort. Das Debüt in der südafrikanischen Metropole hat sich Corona-bedingt verzögert, aber an diesem Samstag ist es soweit. Gefahren wird im Umfeld des für die Fußball-WM 2012 errichteten Stadions, aber das dürfte nicht der einzige visuelle Ankerpunkt sein, den die Kameras einfangen, denn die Strecke führt auf der entsprechend benannten Beach Road auch für ein paar Hundert Meter am Strand entlang.
Es sich um eine der schnellsten Formel E-Strecke bisher handeln, denn es gibt nur 13 Kurven auf knapp drei Kilometern und damit gleich mehrere lange Vollgas-Passagen. Eine Stelle schien aber vermutlich zu gefährlich, denn hier wurde nach den neuesten Streckenplänen noch eine Schikane eingerichtet, und zwar direkt nach dem schnellen Linksknick Turn 9, der die Fahrer auf die besagte Strandpassage bringt. Hier ist nicht viel Platz für Auslauf, daher müssen die Fahrer ausgebremst werden. Ich hoffe, es handelt sich dabei weder um eine allzu enge oder holprige Schikane, noch um eine, die einfach überfahren werden kann und Track Limits-Diskussionen auslöst, wie das in Hyderabad der Fall war.
Die darauf folgende 90 Grad-Links am Ende der Beach Road wird dadurch an Bedeutung verlieren, denn so kurz nach der Schikane wird diese wahrscheinlich kaum noch als Überholmöglichkeit taugen. Nur drei weitere Kurven werden ernsthaftes Bremsen erfordern: Turn 1, der uns vom Stadion weg auf eine mehrspurige Straße führt, die dann durch eine Kreisverkehrs-Schikane (Turns 4-6) unterbrochen ist, bevor es kurz danach mit einer 90 Grad-Links auf die Beach Road geht. Teile der Strecke haben eine neue (rote) Asphaltoberfläche bekommen, darunter die schnelle letzte Kurve, in der sich abseits der Ideallinie auch die Attack Mode Activation Zone befinden wird. .
Als Favoriten sind wieder die Porsche-motorisierten Teams anzusehen, hier insbesondere Pascal Wehrlein im Werksauto und Jake Dennis im Andretti-Porsche. Ob einer dieser beiden das Rennen macht, oder ob sich – wie in Hyderabad – eins der anderen Teams vorn einmischen kann, sehen wir am Samstag ab 15 Uhr. Pro7 und Eurosport 2 übertragen wie gewohnt live.
(Bilder: Formula E Media)