Waren die Rennen in Baku in den letzten Jahren immer sehr amüsant, stellte sich dieses Jahr das genaue Gegenteil ein.
Man kann das Rennen nicht mal als „Taktik Leckerbissen“ bezeichnen. Die frühe SC-Phase in Runde 10 lag genau im Fenster, um mit den Hard bis zum Ende durchfahren zu können. Und Red Bull war, wie erwartet, im Rennen eine Klasse für sich. Da half es auch nichts, dass Leclerc, etwas überraschend, den Ferrari sowohl für das (ebenso öde) Sprintrennen als auch das Hauptrennen auf die Pole setzen konnte.
Es wiederholte sich aber das Spiel aus dem letzten Jahr. Ferrari ist auf eine Quali-Runde schnell, aber nicht im Rennen. Da spielt der Red Bull seine Stärken beim Topspeed und beim Reifenverschleiß aus. Der interessanteste Moment im Rennen war dann allerdings die Entscheidung von Red Bull den Leader Max Verstappen nicht an die Box zu holen, als Nyck de Vries seinen Wagen abstellen musste und die Bergungsfahrzeuge auf die Strecke kamen. Statt Verstappen in Runde 10 an die Box zu holen, ließ man ihn eine weitere Runde draußen.
Kaum war der Weltmeister über die Start- und Ziellinie gefahren, kam das Safety Car und Perez holte sich seine frischen Reifen. Da der Zeitverlust bei seinem Stopp geringer war, lag er dann vor Leclerc, der ebenfalls in Runde 11 kam, und Verstappen. Interessant waren dann die ersten Runden nach dem Restart. Den Ferrari schnappte sich Verstappen schnell, aber an Perez kam er nicht ran.
Auch konnte der Niederländer keinen Druck auf seinen Teamkollegen ausbauen und dieser hielt ihn auch immer aus dem DRS-Fenster. Perez, der schon das Sprintrennen gewonnen hatte, erlaubte sich keine Fehler und war auf die Distanz genauso schnell, wie Verstappen. Der versuchte es am Ende noch mal, kam aber nicht an Perez heran, der das Rennen damit souverän gewinnen konnte.
Verstappen beschwerte sich am Ende auch nicht und nahm den taktischen Fehler seines Teams sehr gelassen hin. Ob das nun Show war oder nicht, ist schwer zu sagen. Denn Perez ist jetzt unangenehm nahe an Verstappen in der WM. Ganze sechs Punkte fehlen dem Mexikaner zu Verstappen und damit ist das Rennen um die WM zumindest ein bisschen spannend.
Dahinter sicherte sich Leclerc gerade eben so noch P3. Der Ferrari lief in Baku erstaunlich gut und viel besser, als ich erwartet hatte. Aber es fehlten dann am Ende doch 21 Sekunden auf die Red Bull. Ferrari verlor rund 0,5 Sekunden pro Runde auf die Spitze, was weniger war, als in den anderen Rennen. Da Baku aber eher ein Sonderfall im Kalender ist, dürfte das kaum Anlass zu Hoffnung geben.
Aston Martin konnte zum ersten Mal nicht so überzeugen, wie in den ersten Rennen. Das Auto produziert viel Abtrieb und die Strecke lag dem Aston nicht. Zudem benötigte man mehr Zeit, um die Reifen auf Temperatur zu bekommen, was dann zu den eher mauen Ergebnis in der Quali führte (Alonso P6, Stroll P9). Im Rennen sah die Sache aber anders aus. Alonso boxte sich an den Mercedes vorbei und schnappte sich auch noch Carlos Sainz, der ein schwaches Wochenende hatte. Leclerc hatte am Ende Mühe Alonso hinter sich zu halten, aber mehr als P4 war für Aston nicht drin.
Hamilton war der bessere Mercedes-Pilot an diesem Wochenende, aber P6 war dann auch alles, was drin war. Am Ende konnte er noch froh sein, dass er den eigentlich schnelleren Stroll hinter sich halten konnte. Das Mercedes in Baku keine Rolle an der Spitze spielen würde, war vorher klar, aber 46 Sekunden Rückstand auf Perez und 25 Sekunden Rückstand auf Leclerc waren doch sehr ernüchternd. Man wird bei Mercedes auf das neue Paket hoffen, das ab Imola eingesetzt werden soll.
Hinter Stroll (P7) und Russel (P8) sicherte sich Norris zwei Punkte. Das war kein leichtes Rennen für den Briten, der sich durchs Feld kämpfen musste. Das mittelgroße Update vom Team (neuer Unterboden, aufgeräumte Seitenkästen) brachte offenbar auch weniger, als man sich erhofft hatte. Immerhin schaffte es Norris in der Quali in Q3 und Piastri scheiterte mit 32 Tausendstel nur denkbar knapp. Muss man abwarten, ob die Updates in Miami nächste Woche besser funktionieren. Aber von Mercedes ist man weit weg.
Tsunoda sicherte sich den letzten Punkt. Auch er schaffte es nach Q3, was eine kleine Überraschung war. Im Rennen fiel er dann nicht weiter auf und fiel nach der SC-Phase aus den Punkten, weil Hülkenberg und Ocon pokerten und auf einen Stopp verzichteten. Als die dann später rein kommen mussten, erbte der Japaner dann P10.
Die Haas und die Alpine sahen in Baku sehr schlecht aus. Dafür lief der Williams besser, aber auch nur in der Quali. Im Rennen sah man vom Team auch nichts, was aber auch daran lag, dass man im DRS-Zug steckte und auf den Geraden nicht schnell genug war. Das galt auch für die weiterhin sehr enttäuschenden Alfa-Romeo, die überhaupt keine Akzente setzen konnten.
Nun ja, nicht jedes Rennen kann einen von den Stühlen hauen und Baku 2023 wird man zu Recht schnell vergessen. Aber ganz unwichtig war es auch nicht, denn man darf gespannt sein, wie sich die Lage bei Red Bull entwickeln wird. Verstappen ist weiterhin a) der Lieblingsfahrer und b) der Favortit, aber Perez zeigt dieses Jahr eine bessere Leistung, als noch 2022. Das er in der Lage ist, im Team einen gewissen Druck aufzubauen, kann der WM dieses Jahr auf gar keinen Fall schaden.
Bilder: Pirelli, Mercedes, Ferrari, McLaren, Aston Martin, Haas, Alfa Romeo, Alpine