Nach einem für beide eher mittelmäßigen Saisonstart holten Colin Turkington und Ash Sutton sich die Siege bei der zweiten Saisonstation der diesjährigen BTCC-Saison.
Am Ende einer regnerischen und chaotischen Qualifikation schien es zunächst so, als ob Dan Cammish, der beim Saisonauftakt vor zwei Wochen in Donington zwei Mal siegreich war, seine starke Form beibehalten könne. Der Ford-Pilot holte sich in den letzten Sekunden des Top Ten Shootouts die Pole Position vor den BMWs von Colin Turkington und Jake Hill sowie Teamkollege Ash Sutton. Die an sich für zwei Sessions a 30 und 10 Minuten anberaumte Qualifikation hatte sich zuvor angesichts grenzwertiger Bedingungen durch dauerhaften Starkregen zu einer über anderthalb Stunden dauernden Veranstaltung entwickelt.
Insgesamt vier Mal musste die Session unterbrochen werden, um im Kies gestrandete oder verunfallte Autos zu bergen. In die gefährlichste Situation waren Nic Hamilton und Adam Morgan verwickelt: Cupra-Pilot Hamilton drehte sich ausgangs von Paddock Hill Bend und blieb entgegen der Fahrtrichtung knapp neben der Ieallinie auf dem folgenden Bergaufstück zu Druids stehen. Während er auf eine Lücke im Verkehr wartete, um die Fahrt fortzusetzen, musste er zu seinem Schrecken beobachten, wie BMW-Pilot Adam Morgan ebenfalls die Kontrolle in Paddock Hill verlor, sich in mehreren Pirouetten direkt auf den stehenden Cupra zudrehte und schließlich unausweichlich in dessen Front einschlug. Glücklicherweise blieben sowohl Hamilton als auch Morgan unverletzt. Dass es aber trotz geschwenkter gelber Flaggen zu solch einer Situation kam, unterstreicht wie grenzwertig die Bedingungen am Samstagnachmittag waren.
Am Sonntag hatte sich der Regen dann verzogen und der Indy Circuit von Brands Hatch empfing das 27 Autos starke BTCC-Feld mit Temperaturen knapp unter 20° und einem mal wolkigen, mal sonnigen Himmel. Der erste Startversuch des ersten Laufs, bei dem sich sowohl Turkington als auch Sutton im Verlauf der ersten Runde an Pole Sitter Cammish vorbeiarbeiten konnten, musste nach einem größeren Unfall im Mittelfeld erst einmal wieder abgebrochen werden.
Zum Ende der ersten Runde hatte Dan Rowbottom versucht, sich ausgangs Clearways innen neben den BMW von Stephen Jelley zu setzen, der aber die Innenbahn zu machte, so dass Rowbottom den BMW rechts hinten berührte. Jelley schlug daraufhin in die Boxenmauer ein und drehte sich ebenso wie Rowbottom zurück ins Feld, wo er mitten auf der Strecke stehen blieb. Neben Jelley und Rowbottom erwischte es in der Folge auch noch Vauxhall-Pilot Andrew Watson und Jelleys Teamkollege Adam Morgan, dessen Auto nach dem Unfall am Vortag gerad erst frisch repariert war. Glücklicherweise wurde auch diese mal niemand verletzt, aber die Aufräumarbeiten zogen sich über mehr als eine Stunde, so dass der erste Lauf schließlich mit deutlicher Verspätung startete und von 24 auf 18 Runden verkürzt wurde.
Beim Neustart kam Pole Sitter Cammish, der sich für diesen Lauf eigentlich bewusst für die Soft-Reifen entschieden hatte, um gleich beim Start gegen die hinter ihm startetenden BMWs gut gerüstet zu sein, noch schlechter weg als beim ersten Startversuch und sowohl Turkington als auch Hill und Sutton zogen noch vor Paddock Hill an ihm vorbei. Während Turkington somit als Führender aus der ersten Runde zurückkehrte, attackierte Sutton dahinter Hill ausgangs Clearways und eroberte Platz zwei.
Die erfolgreiche Attacke von Sutton nutzte sogleich der direkt dahinter liegende Cammish und zog zu Beginn der zweiten Runde ebenfalls an Jake Hill vorbei auf den dritten Platz. Sutton probierte in den folgenden Runden zunächst den führenden Turkington unter Druck zu setzen, der sich aber, als seine Soft-Reifen endgültig auf Temperatur waren, ein wenig vom Ford-Piloten absetzen konnte. Stattdessen hatte es Sutton nun mit seinem hinter ihm liegenden Teamkollegen zu tun, der rund um die Rennmitte dank weicherer Reifen klar schneller zu sein schien, gleichwohl aber auch keine unnötig riskante Attacke probieren wollte. Gegen Rennende war Cammishs Reifenvorteil dann aufgebraucht und Sutton konnte eine kleine Lücke zwischen sich und seinen Teamkollegen bringen.
Es siegte somit Colin Turkington vor dem NAPA Racing-Duo Ash Sutton und Dann Cammish. Platz vier ging an Jake Hill, der am Ende ein recht entspanntes Rennen im Niemandsland mit mehreren Sekunden Abstand nach vorn zu den Podiumspositionen sowie nach hinten zu den weiteren Verfolgern fuhr. In den ersten Runden, nachdem Cammish ihm den dritten Platz abgenommen hatte, war Hill zunächst noch unter starken Druck vom ebenfalls mit Soft-Reifen fahrenden Rory Butcher. Der Toyota-Pilot musste mit im weiteren Rennverlauf stark nachlassendem Grip aber schließlich abreißen lassen und geriet seinerseits unter Druck von Hyundai-Pilot Tom Ingram, mit dem er sich einen rundenlangen Fight lieferte, den er letzten Endes für sich entscheiden konnte. Der im weiteren Rennverlauf immer mehr mit Grip und Balance hadernde Butcher verlor schließlich noch eine weitere Position gegen den an diesem Wochenende sehr guten Curpa-Piloten Bobby Thompson und belegte am Ende „nur“ Platz sieben. Josh Cook, Ricky Collard und Dan Lloyd komplettierten dahinter die Top Ten.
Zum zweiten Lauf präsentierte sich der Himmel dann sonnig und die Asphalttemperatur kletterte auf fast schon sommerliche 30° Grad, was zum einen einen theoretischen Vorteil für die BMWs bedeutete, die ihre Reifen nun tendenziell schneller auf Temperatur bringen können sollten und zum anderen mit ein Grund dafür gewesen sein dürfte, dass zumindest aus der Spitzengruppe niemand die weichen Reifen, die schon bei den kühleren Bedingungen im ersten Lauf gezeigt hatten, dass sie hinten raus dazu neigten, stark nachzulassen, für diesen Lauf wählte.
Während Turkington seine Führung beim Start zunächst gegen Sutton behaupten konnte, kam Cammish erneut schlecht weg und verlor Positionen gegen Hill und Ingram. Klar darauf bedacht zu attackieren, solange die Reifen am BWM noch nicht warm waren, eroberte Sutton in Druids schließlich doch die Führung von Turkington, während Ingram dahinter Hill für Platz drei überholte. Und damit noch nicht genug: Noch im Verlauf der ersten Runde attackierte Ingram auch Turkington erfolgreich in Surtees und schob sich somit auf den zweiten Platz vor. Dahinter gelang es derweil Dan Cammish wenigstens eine der verlorenen Positionen zurückzuholen, indem er den vierten Platz von Hill eroberte.
In der Reihenfolge Sutton vor Ingram, Turkington, Cammish und Hill waren die ersten fünf Positionen somit bezogen. Sutton und Ingram schafften es schnell, sich einige Wagenlängen von Turkington abzusetzen, der wiederum Abstand zu den hinter ihm fahrenden Cammish und Hill herstellen konnte. Cammish schaffte es unterdessen nicht, Hill abzuschütteln und musste sich schließlich in der 15. Runde nach einigen Angriffen geschlagen geben und den vierten Platz wieder hergeben. An der Spitze folgte Ingram Sutton derweil wie ein Schatten, fand aber keine Möglichkeit für eine Attacke. Sutton holte sich somit am Ende seinen ersten Saisonsieg vor Ingram, Turkington, Hill und Cammish. Platz sechs ging an Rory Butcher, der eine muntere Kampftruppe hinter ihm über die Ziellinie führte.
Zu Beginn der letzten Runde hatte zunächst noch Butchers Teamkollege Ricky Collard auf dem siebten Platz gelegen, knapp gefolgt von dem in diesem Lauf mit überraschend gut durchhaltenden Soft-Reifen kämpferisch aufgelegten Sam Osborne im vierten NAPA Racing-Ford. Osborne, im ersten Lauf nur 14., hatte zuvor mehrere Positionen, u.a. gegen Dan Lloyd, George Gamble und Bobby Thompson erobert. In der vorletzten Runde schnappte er sich schließlich auch Josh Cook und schickte sich schließlich in der letzten Runde in der letzten Kurve an, auch Collard zu attackieren. Dabei ging er aber leider etwas zu ungestüm vor und kollidierte mit dem Toyota-Piloten, der daraufhin mehrere Positionen verlor. Osbornes und Collards Scharmützel nutzte zugleich Cook, um kurz vor der Ziellinie wiederum an Osborne vorbeizugehen und sich den siebten Platz zu sichern.
Den an sich immer noch guten achten Platz verlor Osborne dann nach dem Rennen wegen einer aufgrund der rüden Attacke auf Collard verhängten Zeitstrafe, die ihn im Endklassement genau eine Position hinter diesem einreihte. Somit belegte schließlich Collards Teamkollege George Gamble den siebten Platz, gefolgt von Collard und schließlich Osborne. Collard war von der Aktion, die ihm letzten Endes zwei Positionen gekostet hat, verständlicherweise trotzdem nicht begeistert. Ein wenig versöhnlicher stimmte Collard dann aber, als der im zweiten Lauf Elftplatzierte Bobby Thompson auf die Pole Position für den dritten Lauf gelost wurde, was für Collard einen Start aus der ersten Reihe bedeutete.
Und Collard, schon lange hungrig auf seinen ersten BTCC-Sieg, schickte sich dann auch sogleich an, das Beste aus seiner Chance zu machen. Gleich nach dem Start zum dritten Lauf setzte er sich Seite an Seite mit Pole Sitter Thompson und konnte schließlich in Graham Hill Bend an diesem vorbeigehen und die Führung übernehmen. Auch wenn Collard sich anschließend ein wenig absetzen konnte, wurde der Traum vom ersten Sieg binnen weniger Umläufe zu einer Zitterpartie, denn von hinten nahte in großen Schritten Ash Sutton.
Der Ford-Pilot hatte allein in der ersten Runde sieben (!) Positionen gut gemacht und lag direkt hinter dem nach dem Start auf Platz drei vorgerückten Rory Butcher. Den nach wie vor mit Balance-Problemen kämpfenden Toyota-Piloten überholte er dann recht mühelos in der dritten Runde auf dem Bergabstück zwischen Druids und Graham Hill Bend. Sechs Umläufe später schnappte er sich schließlich auch den auf Platz zwei fahrenden Bobby Thompson in Paddock Hill und war kurz darauf an Collards Stoßstange angekommen.
Auf dem Papier hatte Collard für die zweite Rennhälfte mit noch neun Runden, in denen er die zusätzliche Leistung aus seinem Hybridantrieb abrufen durfte gegenüber deren drei für Sutton, die besseren Karten. Aber obwohl Collard hin und wieder den Zusatzboost aktivierte, um sich von Sutton zu lösen, schaffte der es trotzdem am Toyota dran zu bleiben. In den letzten drei Runden intensivierte Sutton dann den Druck, indem er nun seinerseits begann seine Zusatzleistung abzurufen. Stellenweise wurde es sehr eng zwischen den beiden und Collard verteidigte sich bis aufs Äußerste – und manchmal – wie sich gleich rausstellen wird – auch darüber hinaus.
In der letzten Runde schaffte Sutton es schließlich an Collard vorbeizugehen, der aber sogleich einen Konter setzte, so dass beide Seite an Seite über Start-Ziel fuhren, wobei Collard Sutton zusätzlich in Richtung Wiese auf der Innenseite drückte. Collard querte die Ziellinie dann zwar als Erster, aber bereits wenige Runden zuvor war durch die Rennleitung eine Zehn-Sekunden-Strafe für den Toyota-Piloten angezeigt worden, da er bei der Verteidigung gegen Sutton wiederholt die Track Limits überfahren hatte. So wirklich wollte Collard die Strafe aber nicht akzeptieren und fuhr im Stile eines Rennsiegers mit Lichthupe feiernd durch die Auslaufrunde.
Richtig bizarr wurde es dann, als er anschließend in den Parc Fermé für die Podium-Platzierten einbiegen wollte, ein Offizieller ihm dabei aber den Weg versperrte und die eigentlichen Erstplatzierten vorbeiwinkte. Kurz darauf gesellte sich dann auch noch Vater Rob Collard in dieses Szenario und im Nachgang fielen einige unhübsche Worte der Collards in Richtung Rennleitung wegen angeblicher dauerhafter Benachteiligung von Ricky. Ein ziemlich unrühmliches Ende eines an sich sehr guten Rennens von Collard, bei dem er nun mal akzeptieren muss, dass Regeln eben Regeln sind. Sich einem Ash Sutton geschlagen zu geben und am Ende immerhin einen auch für das Team fantastischen zweiten Platz einzufahren, wäre auch keine Schande gewesen.
Die Strafe für Collard, die ihn bis auf den achten Platz zurückwarf, passte aber zu einem generell enttäuschenden dritten Lauf für die Toyota-Truppe. Mit drei Autos, die zwischenzeitlich in den Top Fünf lagen und eines davon sogar in Führung war, sah es zunächst nach einem tollen Resultat für ganze Team aus. Butcher und Gamble verstrickten sich dann aber zeitweise derart intensiv in einen Fight um Platz vier, dass sie dadurch dem dahinter fahrenden Jake Hill ermöglichten, an beide ranzukommen. Der BMW-Pilot fackelte nicht lange und überholte zunächst Gamble und anschließend Butcher. Der Positionsverlust wäre an sich noch zu verschmerzen gewesen, aber kurz darauf platze Gamble ein Reifen und Butchers Turbolader verabschiedete sich in einer großen Rauchwolke.
So war es am Ende also Ash Sutton, der sich seinen zweiten Saisonsieg holen konnte. Platz zwei belegte ein überglücklicher Bobby Thompson, der sich sein bislang bestes BTCC-Resultat holte. Durch die Zeitstrafe für Collard wäre eigentlich Jake Hill auf den letzten Podiumsplatz vorgerückt, aber den BMW-Piloten holte ebenfalls das Pech ein, als ihm in Runde 16 ebenfalls ein Reifen platzte. Eine Runde in langsamer Fahrt mit anschließendem Boxenstopp war die Folge und Hill beendete ein für ihn ohenhin eher mittelmäßiges Wochenende auf Platz 22 mit zwei Runden Rückstand.
Den dritten Platz erbte schließlich Tom Ingram, der sich zuvor lange mit Josh Cook duelliert hatte, bis dieser in Runde 15 einen Ausflug durch das tiefe Kiesbett in Paddock Hill unternahm und mehrere Positionen verlor. Ohne den Ausrutscher und unter der Annahme, dass er Ingram hinter sich hätte halten können, wäre das ansonsten das bislang beste Saisonresultat für den Honda-Piloten gewesen. Bislang läuft es noch nicht wirklich rund beim zu One Motorsport umbenannten ehemaligen BTC-Racing Team, was vor allem daran liegt, dass man kein passendes Setup hinbekommt. Wegen des Wechsels vom TOCA-Motor auf den Honda-Werksmotor haben sowohl Cook als auch Teamkollege Aiden Moffat für diese Saison die (eigentlich frischeren und ausgereifteren) letztjährigen Chassis bekommen von Team Dynamics bekommen, mit denen man aber offensichtlich trotz technischer Unterstützung von ehemaligen Honda-Werksteam noch hadert.
Hinter den Podiumsplätzen komplettierten Dan Cammish, Colin Turkington, Adam Morgan, Tom Chilton, der zurück gestufte Ricky Collard, Dan Rowbottom und der nach seinem Ausrutscher zurückgefallene Josh Cook die Top Ten.
Die Ergebnisse der drei Läufe aus Brands Hatch können hier noch mal im Detail angesehen werden.
Trotz der Siege von Turkington und Sutton führt in der Meisterschaft nach wie vor Dan Cammish. Und auch auf Platz zwei finden sich weder Turkington noch Sutton, sondern Tom Ingram, der zwar noch keinen Sieg in diesem Jahr einfahren konnte, sich mit bislang vier Podumsplatzierungen aber zum stillen Punktesammler entwickelt und gerade einmal fünf Punkte Rückstand auf Cammish hat. Mit 10 bzw. 18 Punkten Rückstand folgen schließlich Sutton und Turkington bevor die erste größere Lücke zu Jake Hill mit 30 Punkten Rückstand klafft. Dahinter liegt als große Überraschung Bobby Thompson auf Meisterschaftsplatz sechs mit 40 Punkten Rückstand. Der Cupra-Pilot hat bislang in fast allen Läufen in diesem Jahr solide Punkteergebnisse eingefahren, gekrönt vom zweiten Platz im dritten Lauf in Brands Hatch.
Aber die Saison ist noch jung und wirklich viel lässt sich aus dem Meisterschaftsstand noch nicht ablesen. Brands Hatch hat allerdings noch einmal unterstrichen, wie stark die NAPA Racing-Ford in diesem Jahr sind und wie gut insbesondere Ash Sutton ist, wenn er einen Renntag ohne Probleme hat. Die nächsten drei Saisonrennen der BTCC finden am kommenden Wochenende in Snetterton statt. Als Besonderheit müssen auf dem Kurs in Norfolk alle drei zur Verfügung stehenden Reifenmischungen (Soft, Medium, Hard) in jeweils einem der drei Läufe verwendet werden. Ein durchmixtes Feld mit dem ein oder anderen Überraschungsresultat sollte also garantiert sein.
Bilder: btcc.net
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[…] zu keinem Zeitpunkt gefährdet und der dreifache Champion holte sich nach seinen beiden Erfolgen vor zwei Wochen in Brands Hatch einen weiteren Saisonsieg. Jake Hill und Colin Turkington komplettierten das Podium […]
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